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354 Stahl und Eisen. Hr. Richard Vopelius, der Centralverband deutscher Industrieller u. s.w. 1. April 1900. haupt Stellung dazu genommen habe, constatire ich, dafs weder das Directorium noch ihr Aus- schufs noch die Delegirtenversammlung selbst sich jemals mit der Kanalvorlage beschäftigt hat. Aus diesem Grunde darf ich wohl annehmen, dafs die Meinung des Hrn. Generalsecretärs Bueck, dafs die grofse Mehrheit des Centralverbandes sich für die Kanalvorlage aussprechen würde, wohl eine etwas gewagte ist. M. H., es stehen sich entschiedene Freunde und schroffe Gegner der Vorlage gegenüber, und ein grofser Theil der Mitglieder des Central verbandes ist meiner Meinung nach der Frage gegenüber völlig indifferent. Es betrifft das namentlich die süddeutschen Industriellen, es be trifft die elsafs-lothringischen Industriellen u. s. w. Den Industriecentren des Westens, Niederrhein und Westfalen, stehen gegenüber Saar, Ober schlesien und Niederschlesien. (Zuruf: Oberschlesien nicht!) Oberschlesien zum Theil doch wohl auch. Also, m. H., hier apodiktisch zu sagen, die grofse Majorität des Centralverbandes sei dafür — ich glaube wohl, das ist nicht richtig. Dieser Ueberzeugung mufs ich hier Ausdruck geben, damit nicht in die Welt hinaus gesprochen wird, der Gentralverband hat sich für die Kanalvorlage erklärt. “ (Ruf: Sehr wahr! — Ruf: Bravo!) Nachdem dann noch Hr. Dr. Mohs (Halle) bemerkt: „Ich wollte anschliefsend an die Bemerkungen des Hrn. Vopelius, mit denen ich mich ganz einverstanden erkläre, nur noch ein Wort zu den Ausführungen des Hrn. Bueck sagen. Er hat gesagt, dafs die Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen erschöpft sei, und ich möchte diese Aeufserung auch nicht unwidersprochen lassen. Ich glaube nicht, dafs dies, noch dazu in dieser Allgemeinheit, zutreffend ist. Es haben sich in letzter Zeit Zweifel erhoben, ob die Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen im Ruhr bezirk erschöpft sei, aber es soll dies doch erst im Laufe von zehn Jahren eventuell eintreten. Ich glaube aber doch, dafs, wenn die zehn Jahre vorübergegangen sind, sich Mittel und Wege ge funden haben werden, um die Leistungsfähigkeit der preufsischen Staatseisenbahnen auch im Ruhr bezirk auf der Höhe der Zeit zu erhalten,“ erwiderte Hr. Bueck: „Die Aeufserung, die ich in der Beziehung gemacht habe, habe ich nicht als meine Meinung angeführt, sondern ich habe nur, wie ich hinzufügte, die Worte wieder holt, die von mafsgebender Stelle gefallen sind. Es wird Ihnen Allen bekannt sein, dafs der Minister der öffentlichen Arbeiten — wenn ich nicht irre, aber auch der Herr Finanzminister dieses Argument aufgestellt hat.“ Wenn sich an diese Darlegungen keine ein gehende Kanaldebatte knüpfte, so ist dies unserer Ansicht nach in erster Linie darauf zurückzuführen, dafs als 2. Punkt die Verhandlungen über die umfangreichen Gesetzentwürfe, betr. die Unfall versicherung, auf der Tagesordnung der Delegirten versammlung standen und man für diesen Haupt punkt der noch zur Verfügung stehenden Zeit auf das dringendste bedurfte. Nun könnte aber durch die obigen Stellen des stenographischen Berichts in weiteren Kreisen die Meinung erweckt werden, als sei thatsächlich der „Gentralverband deutscher Industrieller“ in seiner Mehrheit kanalgegnerisch gesinnt und befinde sich somit im Gegensatz zu seinem Geschäftsführer. Unserer Ansicht nach ist das aber durchaus nicht der Fall; wir glauben vielmehr, dafs Hr. Bueck über dieses „Gulturwerk ersten Ranges“, wie der Mittellandkanal wiederholt mit Recht genannt worden ist, der überwiegenden Mehrheit der Mit glieder des Gentralverbandes völlig aus dem Herzen gesprochen hat und dafs sich die isolirte Minder heit nur aus den HH. Vopelius, Dr. Mohs und ihren wenigen Anhängern zusammensetzt. Dies kurz fest zustellen und der irrigen Annahme entgegenzu treten, als bilde die Forderung eines leistungsfähigen Wasserstrafsennetzes in Deutschland keine will kommene Aufgabe des Centralverbandes, ist die Aufgabe dieser Zeilen, die zu schreiben wir der Nothwendigkeit überhoben gewesen wären, wenn die Darlegungen des Hrn. Bueck nicht jene, unserer Meinung nach völlig unbegründeten Angriffe er fahren hätten. Von den Bemerkungen des Hrn. Vopelius ist nur so Viel richtig, dafs den „Industriecentren des Westens, Niederrhein und Westfalen, die Saar gegenübersteht“; eine Gegnerschaft, die sich ja nicht allein beim Kanal, sondern auch bei der Frage der Ermäfsigung der Erztarife u. a. geltend gemacht hat. Wenn aber Hr. Vopelius am 13. Februar 1900 Oberschlesien als kanal gegnerisch ins Treffen führen zu dürfen glaubt, so zeigt er sich doch sehr schlecht auf dem Gebiete der Kanalfrage unterrichtet. Der „Oberschlesische Berg- und Hütten männische Verein“ hat bereits in seiner Sitzung vom 20. December 1899 dem Antrag der „Oest- lichen Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller“ zugestimmt, der dahingeht, bei Wiedereinbringung einer neuen Kanalvorlage für dieselbe einzutreten, wenn die seitens der Regierung in der letzten Landtagssession im Interesse Schlesiens gemachten Zusagen bezüglich Aufrecht erhaltung der bisherigen Frachtenparität bezw. Frachtenspannung zwischen Oberschlesien und dem Westen Aufnahme in das Gesetz gefunden haben. Dafs dabei eine genaue Stellungnahme zu der Gesetzesvorlage, die ja noch nicht bekannt ist, vorbehalten wurde, erscheint ganz natürlich; die Hauptsache bleibt der Kernpunkt des Be schlusses, dafs man unter der angegebenen Voraussetzung eine feindselige Stellungnahme