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über diese Vorkommnisse in England selbst viel gesprochen und viel geschrieben worden, man hat versucht, die Ursachen zu diesen schweren Havarien auf grofse und übergrofse Beanspruchungen der Wellen zurückzuführen; alles das ist falsch, alles das ist belanglos, der Grund der Wellen brüche ist fast allein in dem verwendeten Material zu suchen; wenn das Material gut ist, wenn es gut behandelt wird, dann brechen die Wellen so leicht nicht. Wir in Deutschland haben auch nicht annähernd solch hohen Procentsatz von Wellenbrüchen zu verzeichnen wie England. Unsere mächtigste Hülfsindustrie ist also die Stahl- und Eisenindustrie und habe ich zu Beginn meiner Abhandlung zahlenmäfsig angegeben, was sie uns in den letzten Jahren geliefert hat. Auf das engste damit verbunden ist aber eine andere mächtige Industrie, die Kohlenindustrie! Wenn man bedenkt, dafs beispielsweise der Schnelldampfer , Kaiser Wilhelm der Grofse“ für eine einzige Passage von Europa nach Amerika rund 3000 t Kohlen verbraucht, so gewinnt man eine ungefähre Vor stellung von dem eminenten Antheil, welchen die Kohlenindustrie an unserm heimischen Schiffbau und unserer heimischen Schiffahrt nimmt. Um dies etwas näher zu präcisiren, sei mir gestattet, einige wenige Daten von unsern beiden gröfsten Rhedereien, dem Norddeutschen Lloyd und der Hamburg- Amerikalinie bezüglich der letzten Jahre anzugeben. Mit einer Flotte von 101 Seedampfern, 20 Flufs- dampfern und Schleppern und 115 sonstigen Fahr zeugen trat der Norddeutsche Lloyd in das neue Jahrhundert ein. Die Dampfer des Lloyd besitzen in ihren Maschinen insgesammt 397010 Pferde kräfte. Der Lloyd unterhält 22 selbständige Linien und beschäftigt 11200 fest angestellte Personen in seinen Diensten. Die Dampfer des Lloyd durch liefen im letzten Jahre etwa 3 545 000 Seemeilen, also etwa 164 mal den Umfang der Erde. Auf diesen Fahrten beförderten sie im Jahre 1898 rund 162 000 Personen, 1899 rund 180000 Per sonen, an Ladung dagegen rund 1 983 000 cbm. Der Gesammtwerth des Proviants und der Ge tränke für 1898 belief sich auf etwa Millionen Mark und an Kohlen verbrauchten die Schiffe des Lloyd im Jahre 1898 rund 880 000 Tonnen. Aehnlich gewaltig stehen die Zahlen der Ham burg-Amerikalinie da. Mit ihrer Flotte beförderte diese Hamburger Linie im Jahre 1897: 73 089 Personen und 2 304 785 cbm Frachtgüter, 1898: 74 661 Personen und 2 388640 cbm Güter; ihre Schiffe durchliefen im letzten Jahre 3 920000 See meilen, also etwa 181 mal den Erdumfang! Dabei betrug der Kohlenverbrauch pro 1898 insgesammt 562 000 Tonnen. Fafst man alle Gesichtspunkte der Gonstruction und Leistungsfähigkeit des modernen Schiffbaues und seiner Hülfsindustrien zusammen, so dürfen wir ohne Ueberhebung aussprechen, dafs unser deutscher Schiffbau in jeder Beziehung auf höchster, augenblicklich erreichter Stufe steht: klares Ziel- bewufstsein in den Entwürfen, gröfstes Streben nach Erkenntnifs aller einschlägigen Verhältnisse, gröfste Sorgfalt und Reellität in der Ausführung sind die Mittel, welche unsern deutschen Schiffbau stützen und welche uns berechtigen, energisch auf dem eingeschlagenen Wege weiter zu schreiten. Welch hohe, verantwortungsvolle Anforderungen auch die neue Flottenvorlage an unsere Schiffbau- Industrie stellen mag, wir sind imstande, diesen Anforderungen zu genügen; unabhängig vom ge- sammten Auslande, sind wir ihnen gewachsen, und dafs wir heute hier ohne Ueberhebung dies aus sprechen können, das verdanken wir den ernsten, ehrlichen Eigenschaften des deutschen Charakters und deshalb dürfen wir auch von der Zukunft unseres Schiffbaues ein gleich erfolgreiches Fort schreiten auf der einmal betretenen Bahn erwarten zur Hebung des Wohlstandes und zur Ehre unseres deutschen Vaterlandes! Die Pariser Weltausstellung. II. Rundgang durch die Ausstellung. Indem wir heute unsere Leser zu einem Rund gang durch die Ausstellung einladen, kann es sich dabei angesichts des Umstandes, dafs von den eigentlichen Ausstellungsgegenständen selbst zur Zeit nur ein verschwindend kleiner Theil zu sehen ist, nur um eine Orientirung über die Platzvertheilung handeln. In dem einleitenden Artikel* ist bereits darauf hingewiesen, dafs die * Vergl. Stahl und Eisen“ 1900 Nr. 8 S. 409. IX.ao 120 Klassen, in welche die Gesammtheit der Ausstellungsgegenstände eingetheilt ist, in 18 Gruppen untergebracht sind, deren jede eine in sich geschlossene Ausstellung bildet. Wir haben auch schon angedeutet, dafs dieses in der Ge schichte der Weltausstellungen neue System der Klassification, bei welchem den französischen Aus stellern überall etwa die Hälfte des jeweiligen Raums angeboten worden war, und den gesamm- ten übrigen Nationen nur der Rest zur Verfügung 2