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‘äH- Stahl und Eisen. Entspricht das zur Zeit übliche Prüfungsverfahren u. s. w. 1. April 1900. und 5 = 23,5$. Auch für Schienen, die zu hart sind und doch bei den Schlagproben nicht zu Bruch gingen, wie z. B. Nr. 51 bis 53, kann man nach dem Umstande, dafs sie sich einige Jahre gut hielten, an sich noch nicht den Schlufs als berechtigt zugestehen, dafs sie im Betriebe dauernd weniger gefährlich sein werden als Schienen von mittlerem Verhalten; auch hier dürfte die Beobachtungszeit im Betriebe noch zu knapp be messen sein. Auch das zuletzt angeführte Bei spiel der im Betriebe gebrochenen Schienen zeugt meines Erachtens nicht durchschlagend gegen den Schlagversuch, denn das Ergebnifs di = 73mm weist doch auf zu weiche Schienen hin und sollte an sich schon stutzig machen und genauere Prüfung veranlassen. Zu beachten ist bei alledem ja immer wieder, dafs überhaupt nicht zu erwarten ist, dafs durch die Materialprüfungen oder durch das Verhalten im Betriebe jede wirklich ge fährliche oder wirthschaftlich gering- werthige Schiene sicher gekennzeichnet wird. Daher brauchen auch nicht durchweg Versuchs- ergebnifs und Belriebserfahrung parallel zu gehen und man wird sich schon zufrieden geben, wenn nur eine praktisch grofse Uebereinstimmung zwischen Versuchsergebnissen und dem Verhalten im Betriebe erreicht wird. Ich nehme Gelegenheit, hier noch auf eine andere Schlufsfolgerung des Verfassers einzugehen, weil sie eine oft geäufserte Anschauung ausspricht, die jedoch keineswegs zutreffend sein dürfte. Er sagt Seite 152: „Bei einem Vergleich der Fliefsgrenzen auf Biegung (Biegegrenze) im Zusammenhänge mit den Schlagproben der Schienen der ersten und zweiten Versuchsreihe (in Spalte 2 Tabelle 1 mit I und II bezeichnet) fällt es auf, dafs unter den letzteren, welche schon bei vier Schlägen (Nr. 1, 2, 4, 9 und 15) 110 mm Einbiegung aufwiesen, sich Fliefsgrenzen bis zu 25 t (ff s . = 3900) be finden, während unter den ersteren drei solche Parallelproben (Nr. 3, 16, 19) sind, die bei sechs bis sieben Schlägen auch keine höhere Fliefs- grenze erreicht haben. Diese Erscheinung läfst sich damit erklären, dafs durch die längere Be nutzung der breitgefahrenen Schiene im Dienste die äufsersten Kopffasern sich ver dichtet haben, wodurch die Quetschgrenze (*L„) der Schienen und damit auch die Fliefsgrenze auf Biegung (o s .) sich bedeutend erhöhten. Hier nach dürften sich abgelängte, früher an den Enden breitgefahrene Schienen, die weiter verlegt werden, ein zweites Mal weniger leicht breitdrücken.“ Die Beobachtung des Verfassers, dafs sich die Biegegrenze der Schienen im Betriebe erhöhte, hat sehr viel Wahrscheinlichkeit für sich (immerhin fehlt der unmittelbare Beweis), aber eine „Ver dichtung“ der äufsersten „Kopffasern“, d. h. eine Vergröfserung des Raumgewichtes (r) der äufsersten Kopfschicht, dürfte nach der allgemeinen Erfahrung schwerlich nachzuweisen sein. Es ist zu bedauern, dafs nicht vor Ingebrauchnahme der Schienen die Biegegrenzen des Materials ermittelt wurden, dann hälte sich die Wirkung des Rollens der Räder auf der weichen Schiene unmittelbar aus der Erhöhung der o' s ,-Grenze ergeben. Dafs diese Veränderung nicht ausgeschlossen, ja sogar recht wahrscheinlich ist, geht aus der Zusammenstellung Tabelle 4 hervor, in der ich ohne Auswahl in einer Gruppe die Schienen vereinigte, bei denen die Og'-Grenze nahezu mit der o s -Grenze zusammen fiel (<; s ./o 8 kleiner als 1,15) und in einer anderen die Schienen mit dem Verhältnifs o s ./o s gröfser als 1,35. Man sieht in die erste Gruppe fallen (zufällig?) nur Schienen, die für die Versuchs strecken D und E besonders erzeugt und mit Kohlenstoff allein oder mit Kohlenstoff und Silicium gedichtet wurden. In die zweite Gruppe fällt die Mehrzahl der Schienen, die im Betriebe breit gefahren wurden; bei ihnen liegt ff s . wesentlich höher als ffg. Nun wissen wir durch die Versuche von Bausehinger* und durch die Erfahrung, dafs Eisen, das im kalten Zustande durch mecha nische Bearbeitung bleibende Formänderungen er leidet, seine Streckgrenzen erhöht; beim Draht ziehen kann bis auf 0,98 und 1,00 wachsen. Wesentliche Aenderungen des Raumgewichtes r werden hierbei aber nicht bemerkt. Es würde sich wohl lohnen, eine besondere Versuchsreihe darüber anzustellen, ob die vom Verfasser gemachte Vermuthung der Erhöhung von ff s , Betriebe auf Thatsache beruhen, denn unsere Materialienkenntnifs würde wesentlich er weitert werden, und für den Eisenbahnbetrieb ist es sicher nicht ohne Bedeutung, festgestellt zu sehen, wie weit eine solche Materialänderung etwa geht. Ich halte es aber auch für nothwendig, darauf aufmerksam zu machen, dafs beim Biege versuch mit abgenutzten Schienen selbstverständ lich das wirkliche Trägheitsmoment der geprüften Schiene zur Umrechnung benutzt werden mufs, weil man sonst zu Trugschlüssen kommen würde. Auch darauf möchte ich noch aufmerksam machen, dafs beim Biegeversuch mit abgenutzten Schienen etwaige gröfsere Abweichungen zwischen den Eigen schaften von Randstahl und Kernstahl das Ergeb nifs trüben und zu Trugschlüssen führen könnte. Daher ergiebt sich auch hier wieder, dafs der richtig durchgeführte Zugversuch wahr scheinlich immer die klarste Erkenntnifs über die Materialeigenschaften liefern wird. Bei der Lösung der liier beregten Frage wird man auf Probestäbe kleinster Form zurück gehen müssen, die unmittelbar an der Oberfläche zu entnehmen sind, wenn man Klarheit über die Materialänderungen schaffen will. Auch die mikro skopische Untersuchung dürfte Licht bringen. * Ueber die Veränderung der Elasticitätsgrenze und Festigkeit des Eisens. „Mitth. München* 188ti H. Martens: „Materialienkunde* Abschn. 12 S. 207.