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möchte eine vierzehngliedrige Kommission, die aus beiden städtischen Kollegien zu gleichen Theilen zu bilden wäre, sich mit der Erörterung der Frage be schäftigen, ob Angesichts der gegenwärtig in Chemnitz obwaltenden Verhältnisse in Zukunst das bei den Etadtverordnetenwahlen bisher geltende System beizubehalten oder durch einen andern gesetzlich zu lässigen Modus zu ersetzen sei. Für den letzteren Fall würden alle Klassenstusen und Berufsstände ent sprechende Berücksichtigung finden müssen. Das für die Landtagswahlen geltende Dreiklaffen-Wahlsystem soll vornherein ausgeschloffen bleiben. Lengefeld. Die schon längst schwebende Waffer- leitungssrage ist nun endlich zum Abschluß gekommen. Der Stadtgemeinderath hat einstimmig den Beschluß gefaßt, eine Wasserleitung unter Benutzung der Loßnitzquelle für unsere Stadt zu errichten. Glauchau. Natürlich hat es hier gewaltige Freude erregt, daß das grobe Loos der Landeslotterie nach Glauchau gefallen ist. Unserer Stadt ist dieses Heil zum ersten Male widerfahren. Mit Blitzesschnelle verbreitete sich die Kunde. Von der Glücksnummer 72077 in der Kollektion Hartig wurden 5 Zehntel hier, 5 Zehntel auswärts gespielt. Die Gewinner sollen durchwegs Leute sein, die mit Glücksgütern nicht übermäßig gesegnet find. Auch ein Damen-Kaffee kränzchen ist an dem Loose betheiligt. Oel-nitz i. V. Der von hier gebürtige Koch lehrling Fritz Reinhold hatte sich nebst einem Kollegen Namens Roßner vor dem König!. Landgericht Plauen wegen fahrlässiger Tödtung zu verantworten. Die jungen Leute haben am 22. April (Vorabend des Königs-JubiläumS) in der Bahnhofstraße in Plauen Raketen abgebrannt, und es wuroe ein Sjähriges Mädchen von einer Rakete am Kopfs genossen und so schwer verletzt, daß das Kind nach fünfwöchentlichen Leiden gestorben ist. Da aber an der Unfallstelle in der Menschenmenge, welche gelegentlich der Illumination die Bahnhofstraße belebte, mehrere Feuerwertskörper abgebrannt worden sind, so vermochte der Gerichtshof nicht die Uebecz-ugung zu gewinnen, daß gerade di Reinholdsche RakeU das Unglück herbeigesührt hat, und sprach Reinhold und Roßner von der Anklage der fahrlässigen Tödtung frei und verurtheilte sie nur wegen Uebertretung einer Polizeiverordnung zu zwei Wochen Hast. Plauen i. V. Der ,,Vogtl. Anz." meldet: Fürst Herbert BiSma ck hat auf die vom Vorstande deS sächsischen Gemeindetages an ihn gerichtete An frage betreffs der Theilnahme des Vorstandes als Vertreter der sächsischen Gemeinden an der Beisetzung seines Vaters unter dem Ausdruck des Dankes für den das Andenken seines Vaters ehrenden Wunsch er widert, daß mit Rücksicht auf die Jahreszeit und den Mangel an Gelegenheit, die betreffenden D-putationen empfangen zu können, er zu seinem Bedauern Abstand nehmen müsse, Einladungen zur Beisetzung ergehen zu lasten. Hellendorf. Ein sonderbares Gewächs ist in der Gestalt etneS Krautstrunkes von Herrn Hammer gutsbesitzer Röder in Btenhof auf seinem Felde ent deckt wordsn. Es ist dies ein Krautftrunk mit sechs schönen, festen Krautshäupten. Säwmtliche Krauthäuple waren mit sehr großen Blättern umgehen, was einen sehr schönen Anblick oot. Lichtenhain. Einen seltenen Fund machte am Montag ein hiesiger Einwohner aus Günther'S Hübel bet Lrchtenhatn. Mitten im Gestrüpp fand er ein Fahrrad, welches nach seinem verrosteten Aussehen schon längere Zeit gelegen haben muß. Der Rover war außerdem mehrfach beschädigt, auch fehlte das Namensschild. Wie das Rad dorthin gekommen, ist vorläufig noch unaufgeklärt. Tagesgeschichte. Berlin. Die amtliche Einberufung des Reichs tages wird täglich erwartet. Es scheint, daß man an dem für den Zusammentritt in Aussicht gestellten Tag, den 29. Noo-mber, festhalten will. — Auf der Rückreise von Palästina wird die kaiserliche Dacht „Hohenwllern" «sil dem Kaiserpaar an Bord die größte Seereise unternehmen, die das Schiff bisher unter der kaiseilrchen Standarte auSzuiühren hatte. Die gesammle Strecke v m den Küsten Palästinas durch das Mitlelländiiche Meer, die Straße von Gibraltar, den Atlantischen Ozean, den Aermel Kanal und einen Tbeil der Nordsee beträgt nicht weniger als gegen 6600 Kilometer. — Auch der neueste Ausweis, den das Reichs- versicherungSamt über die Zahl der am 1. Oktober d. I lausenden Invaliden, und Altersrenten ver öffentlicht hat, läßt erkennen, daß noch dieselbe ver schiedenartige T ndenz in der Entwickelung der beiden Rentenarten vorherrscht, wie in den früheren Berichts perioden. Die Invalidenrenten nehmen beträchtlich l zu, und zwar vorläufig auf das Jahr berechnet mit l — 948 — 60000, die Altersrenten nehmen noch immer an Zahl ab, wenngleich sich jetzt das Weniger auch nur auf einige Hunderte beläuft. In etwas setzt sich diese Entwickelung doch in Widerspruch mit den Voraus sagen, welche der frühere Präsident des ReichS- versicherungSamteS Vr. Bödiker bei der Eröffnung der neuen Abtheilung für JnvalidttätS- und AlterS- Verficherung auf Grund der damaligen Erfahrungen aussprechen zu können meinte. Die Entwickelung der Renten ist aber auch gegen die Zeit vor fünf Jahren eine völlig verschiedene. Am 1. Oktober I89S waren inSgesammt 44642 Invalidenrenten und 200532 Altersrenten bewilligt. Am 1. Oktober 1898 hatte sich die Zahl der bewilligten Invalidenrenten auf 360253, die der Altersrenten auf 333064 gehoben. Es ist demnach in den letzten fünf Jahren für die Invalidenrenten eine Steigerung von 3152l1 oder im Jahresdurchschnitt rund 63000, für die Alters renten dagegen nur eine solche von 132532 oder jährlich rund 26000 zu verzeichnen gewesen. Wie sehr diese Zahlen gegen die frühere Entwickelung ab stechen, ergiebl sich am besten daraus, daß in der Zett vor dem 1. Oktober 1893 die Jahresbewilligung im Durchschnitt bei den Invalidenrenten rund 16000, dagegen bei den Altersrenten rund 73000 betrug. Man kann als ziemlich gewiß annehmen, daß die unterschiedliche Entwickelung in den Renten, wie sie sich in diesen Zahlen ausdrückt, auch noch für die Folge anhalten dürste. — Zu dem bekannten Falle des neugewählten Landtagsabgeordneten Re<chsgerichtsrath Spahn, dem das Reichsgericht im Hinblick auf die Geschästsüber- bürduna des obersten deutschen Gerichtshofes keinen Urlaub für die Dauer der Landtagssesston ertheilen will, während die Aachener Landtagswähler an dem Manne ihres Vertrauens festhalten, hat jetzt der Reichskanzler Stellung genommen. Er hat sich außer Stande erklärt, dem Reichsgerichtsrath und LandtagS- abgeordneten Spahn den gewünschten Urlaub zu be willigen, und zugleich einen allgemeinen Erlaß an den ReichSgerichtsprästdenten anläßlich dieses Zwischenfalles gerichtet. In dem Erlaß wird darauf hingewiesen, daß von jeher die Rücksichten auf eine ungestörte Thätigkeit des Reichsgeril ts die Bet eiligung seiner Mitglieder an den Arbeiten der «nzelstaatlichen Par lamente verboten hätten und daß von dieser allge meinen Regel keine Ausnahme in einzelnen Fällen gemacht werden könne. — Unter Zugrundlegung einer — übrigens em- psehlenswerthen — statistischen Zusammenstellung der Entwickelung der Sozialdemokratie von vr. Ad. Neu mann-Hofer bemühen sich liberale Blätter, herauS- zurechnen daß die Sozialdemokraten in allen deutschen Reichstagswahlkreisen, außer in zweien, wo ihre Sttmmcnzahl mehr als die Hälfte der Wahl berechtigten umfaßt, durch Zusammenschluß sämmtlicher Parteien überwunden weroen könnten, wenn alle Wähler an die Urne gingen. Auf dem Papier macht sich diese Ueberwindung der „rothen Gefahr" sehr schön und nimmt sich die „Jnitiaiive" hierzu sehr forsch aus. Mit welchen Mitteln man aber die Saum seligen zu den Wahlen bringen könnte, ist eine Frage, deren Beantwortung gerade auf liberaler Sette aus dem Wege gegangen wird. Ebenso wird man nicht behaupten, daß das liberale Reaktionsgeschrei und dir Uberale Behauptung, die Junker seien die „gefährlichste Menschenrasse", gefährlicher noch als die Sozial demokratie, einen Zusammenschluß fördern könnten. Es wäre also gut, wenn man die Ueberwindung der Sozialdemokratie, mehr für die Praxis ins Auge fassen und weniger auf dem Papiere vorgauksln wollte. — In Lobsnstein im R-ußischen wurde dieser Tage ein Kind mit doppeltem Kopf geboren. Da» Kind, ein Mädchen, lebte über 24 Stunden und war sonst vollständig normal ausgebildet. Am Hinlerkopf war ein zwe.ter Kopf angewachsen, ebenso groß wie der vordere, er bestand aber nur aus einer schwammigen Masse, Augen, Nase und Mund waren deutlich ge kennzeichnet. Die Frau soll im Laufe des Sommers bei -Anwesenheit einer Bärensührertruppe, die auch Kameele und Affen mit sich führte, beim Anblick eines Affen erschrocken sein. Straßburg. Die Petroleumgewinnung im Reichslande hat sich aus ganz unbedeutenden Anfängen heraus zu ganz achtbarer Höhe entwickelt. Dieselbe beschränkte sich 1874 noch auf 853 t, 1879 auf 1848 t, stieg dann 1882 auf 2168, 1885 auf 3086, 1890 auf 12,977, 1895 auf 15,439 und 1897 auf 22,000 t. Der Hauptsitz der einer wetteren Ent wickelung fähigen Petroleumindustrie ist Unterelsaff, wo dieselbe etwa 600 Arbeiter beschäftigt. Die Qualität deS elsässischen Erdöles steht dem russi schen und amerikanischen n.cht nach. Seit einigen Monaten hat man auch im Sundgaue, dem südlichsten Thetle des Oberelsaß begonnen, Ttefbohrungen nach Erdöl auSzusühren. Anlaß dazu gab der Umstand, daß die geologische Formation dieselbe ist, wie im > unterelsäfftschen Oelgebiete. Die in den letzten Jahren l zur Erlangung von BergwerkSkonzesstonen von hollän dischen Kapitalisten vorgenommenen Schürfungen haben das Vorhandensein des bituminösen Fischschiefers fest gestellt, welcher als ständiger Begleiter des Petroleum» gilt. Auch tritt mehrfach ein mit Erdöl durchtränkter Sand zutage, in den schon »u französischer Zeit, vor etwa 50 Jahren, ein 80 Meter tiefer Schacht ge trieben worden ist. Die gegenwärtig betriebenen Boh rungen, die auch während deS Winters fortgesetzt werden sollen, sollen erforderlichenfalls bis auf 600 w Tiefe fortgesetzt werden. Schweiz. DaS Urtheil gegen Luccheni ist so ausgefallen, wie man es mit Bestimmtheit voraus gesehen hatte. Die Verhandlung war in einem Tage beendet und bot nicht ein einzige« Moment, das als neu bezeichnet werden könnte Mitschuldige deS nichts würdigen Mörders sind nicht aufgefunden worden und neue Einzelheiten über die Geschichte des Attentats haben sich nicht ergeben. Auch die cynische Frechheit des Mörders, die bei den Zuhörern Entsetzen erregte, war nach den bisher schon bekannt gewordenen Charakterzügen und Aeußerungen LuccheniS nichts Un erwartetes. Die Erwartung eines sensationellen Ver laufes des Prozesses hat sich — glücklicher Weise! — nicht erfüllt. Den Mörder trifft die gerechte Strafe und man darf nur hoffen und wünschen, daß er fortan der verdienten Vergessenheit anheimfallen möge. — Luccheni wurde bereits in das Epichegefängniß in Genf geführt und dort i' der unterirdischen Zelle etngefchloffen, in welcher er ein halbes Jahr zubringen wird. Oesterreich. In Prag fanden am 11. November wieder deutsch-feindliche Krawalle statt. — Unglaublich ist es, was von einzelnen Staats ämtern an offenkundiger absichtlicher Verhöhnung der Deutschen in letzter Zeit geleistet wird. Es wird planmäßig vorgegangen, um die Deutschen bei jedem, selbst dem geringsten Anlässe zu reizen, indem man ihnen die „Oberherrschaft" der Czechen zu fühlen aiebt. Ein recht bezeichnender Fall hat sich, wie man der „Tägl. Rundschau" aus Wien schreibt, dieser Tage ereignet. Für die verschiedenen in Prooinzstädten ver anstalteten Ausstellungen, deren cs gerade Heuer, zur Jubiläumsfeier, viele gab, werden von der Regierung Staatsmedaillen abgegeben, welche dann als höchste Preise den Ausstellern verliehen werden. Diese Me daillen tragen die Umschrift in den verschiedenen Sprachen Oesterreichs. So lange man nun czechischen Ausstellungen Medaillen mit czechischer Umschrift zu wies, war die Sache schließlich noch in Ordnung, ob wohl sich auch hierin die bis in Kleinigkeiten aus gebildete sprachliche „Gleichberechtigung" zeigte. Me daillen mit oeutscher Inschrift werden von den Czechen natürlich zurückgewicsen. Nun geht man aber weiter! Für die Jubiläumsausstellung, welche in der kern deutschen Stadt Steyr in Oberösterreich veranstaltet wurde, bewilligte die Regierung gnädig zehn Stück Medaillen. Diese sind pünktlich eingetroffen, sieben der Medaillen tragen czechische Umschriften! Den keines czechischen Wortes mächtigen oderösterreichischen Landwirthen spricht also die österreichische Regierung die Anerkennung für wirthschaftliche Arbeit in czechischer Sprache aus. Ungarn. Durch die vom Kaiser Franz Josef neuerdings getroffene Anordnung, über die man sich in Budapest leidenschaftlich aufregt, ist die Angelegen heit des Denkmals für emen der tapfersten Offiziere der österreichischen Armee, der bis in den Lod getreu für seinen Kaiser und sein deutsches Land gekämpft hat, in einer den Gefühlen der Armee und der Deut schen mehr Rechnung tragenden Weise erledigt wor den, als man Lnfängltch zu hoffen wagen durfte. Wenn sich darüber in Ungarn eine heftige Erregung kund giebl, so fordert das eine scharfe Kritik heraus; ein Volk, daS sich mit Vorliebe als ritterlich be zeichnet, sollte bemüht sein, dies ehrende Beiwort durch ritterliches Handeln und Denken auch zu verdienen, damit eS mehr werde als eine chauvinistische Redens art eitler Selbstberäucherung. Ein rit erlicheS Volk ehrt auch den gefallenen Gegner und nicht nur die eigenen Tobten. Die Herren Magyaren brauchen nicht weit ,v suchen, um Vorbilder für jene Denkart zu finden, v!e in der Erwstsung äußerer Ehren für die gefallenen Feinde ein Gebot der Selbstachtung zu befolgen pflegt. In Bayern und am Rhein giebt es Denkmäler im Kriege gefallener Franzosen, denen der Deutsche die ehrende Rücksicht widmet, die man dem tapferen Feinde schuldet; die Magyaren würden nur sich selbst ehren, wenn sie in Hentzi, wie es ritterliche Denkart verlangt, den tapferen Offizier ehrten. Belgien. Um der immer mehr um sich greifenden Schnapspest entgegrnzutreten, ist jetzt die belgische Regierung auf eine ganz neue und ziemlich originelle Idee verfallen, die im „Moniteur" vom 31. Oktober