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Mchmtz-ZeitW 62. Jchrgang. Sonnabend, den 29. August 1896 — Durch das Gesetz vom 6. August ist bekanntlich das Detailretsen, ausgenommen mit Schrift- und Bildwerken, verboten, eS sei denn, daß der Bunde»« rath einzelne Maaren oder Gegenden mit diesem Ppi« vilegium auSstattet. Um bis zum Beginne des neuen Jahres, an dem die Novelle in Kraft tritt, über die dieses Privilegium benöthigenden Objekte einen lieber« blick zu haben und geeignete Vorschläge im BundeS- rath machen zu können, werden in Bayern zur Zett gemäß Anordnung des Ministeriums in den Land gemeinden Erhebungen gepflogen, die sich vor Allem auf Beantwortung der Frage erstrecken, ob und für welche Maaren Detailreisende nöthig oder erwünscht erscheinen. ES steht zunächst in Frage, ob Weine, Cigarren, Maschinen, auch Leinwand und Möbel vop» Verbote ausgenommen werden sollen. Von dieser und jener Seite wird freilich für fast alle Maaren dieses Vorrecht in Anspruch genommen, in welchem Falle man fast ganz oder wenigstens sehr nahe am Standpunkt vor Erlaß der Novelle angekommdn wäre. Die eingeforderten Erhebungen sind in allerkürzester Zeit durch die Behörden an das Ministerium einzu senden, das dann nicht verfehlen wirb, das tnter- efsante Material auch weiteren Kreisen zugänglich zu machen. — Kein Gesetz ist seit der Wiedererrichtung de» deutschen Reiches so häufigen Abänderungen unter worfen worden, wie die Gewerbeordnung. GS ist das auch natürlich, da die gewerblichen Verhältnisse gerade in der Neuzeit einer fortwährenden Umgestal tung ausgesetzt gewesen sind, und die Gesetzgebung die Aufgabe hat, sich dieser Entwickelung anzupassen. Vom 7. April 1868 dalirt der Entwurf zu einer Ge werbeordnung für den norddeutschen Bund, wie er dem Parlamente vorgelegt, damals aber nicht erledigt wurde. In der folgenden Tagung wurde die Vor lage wiederholt und auch zu Stande gebracht, so daß, nachdem Anfang» der siebziger Jahr« das Geltungs gebiet auf Hessen, Württemberg, Baden und Bayer», später auch auf Elsaß-Lothringen ausgedehnt war, diese Gewerbeordnung die Basis für daS deutsche Reich darstellt, auf Grund deren dann weiter gebaut wurde. Schon vom 2. März 1874 dalirt die Novelle, welche eine Erweiterung der genehmigungspflichtigen gewerb lichen Anlagen vornahm, vom 8. April 1876 diejenige, welche die Verhältnisse der gewerblichen HilsSkassen neu regelte. Die Novelle vom 11. Januar 1878 be handelte den Gewerbebetrieb der Maschinisten aus See» dampsschiffen. Eine völlige Umgestaltung erfuhr der Titel VII über die gewerblichen Arbeiter in der No velle vom 17. Juli 1878. Die darauf folgenden Novellen behandelten Punkte von nicht wesentlicher Natur, so die vom 23. Juli 1879 eine Verschärfung der Bestimmungen bezüglich gewisser konzesfionirter Betriebe und die von 15. Juni 1880 die Schauspiel unternehmungen. In den achtziger Jahren wurde dann dem JnnungSwesen eine fortwährende Auf merksamkeit zugewendet. Vom 18. Juli 1881 datirt das Gesetz, welches das JnnungSwesen auf eine neue Grundlage stellte, vom 8. Dezember 1884, 23. April 1886 und 6. Juli 1887 drei weitere, vas JnnungS wesen behandelnde Novellen. Eine umfassende Novelle, welche auch den Gewerbebetrieb im Umherziehen be traf, wurde am 1. Juli 1883 erlassen. Damals wurde auch eine vollständige Neuredaktion des Textes der Gewerbeordnung veröffentlicht. In den neunziger Jahren hat die Umwandlung der Gewerbeordnungs bestimmungen nicht geruht. Da« sogenannte Arbeiter schutzgesetz, das sich hauptsächlich auf den Titel VII bezog, datirt vom 1. Juni 1891. Ja der vorige» Reichstagslagung ist die Novelle, deren Hauptpunkte das Detailretsen und das Haustrgewerbe betrafen, zu Stande gekommen und am 6. August d. I. erlassen. Nunmehr »wird beabsichtigt, den Titel VI über da» Handwerkswesen einer gänzlichen Neubearbeitung zu Tagesgeschtchte. Berlin. Ein allgemeiner deutscher Handwerker tag soll noch in diesem Herbste nach BreSlau einbe rufen werden, sobald die Handwerkerkonferenz in Berlin ihre Beschlüsse gefaßt haben wird. Gegenstand des KobgresseS wird ebenfalls der Gesetzentwurf zur Neuorganisation des Handwerks sein. — Zu Ehren der russischen'Majestäten treffen am 4. September das Kaiser Alexander-Gardegrenadier- Regiment Nr. 1 und eine Eskadron des 2. Garde dragoner-Regiments Kaiserin Alexandra von Rußland mit der Standarte und dem Trompeterkorps aus Berlin, sowie einer Eskadron des Husarenregiments Kaiser Nicolaus II. von Rußland (1. Westfäl.) Nr. 8, dessen Chef Czar Nicolaus seit dem Jahre 1888 ist, aus Paderborn mit der Standarte und dem Trompeter- korpS in Breslau ein. Die Kommandeure der Alexandra-Dragoner und der NicolauS-Husaren sind zum Ehrendienst bei den kaiserl. russischen Majestäten kommandirt. Die genannten Truppentheile werden voraussichtlich im Laufe des 7. Septembers Breslau wieder verlassen. — Die Erklärung des „ReichSanz." über die Re form der Militärprozeßordnung hat auf die Presse im Allgemeinen einen günstigen Eindruck ge macht. Verschiedentlich wird die Frage aufgeworfen, weshalb eine solche Mttlheilung nicht längst ver öffentlicht wurde, da sie doch die Wirkung des Wechsels im Kriegsministerium hätte abschwächen können und jedenfalls die Unsicherheit über das Schicksal der Re form die Erregung über den Gegensatz des Militär- kabinets zu der Regierung steigern mußte. In ein zelnen Blättern tauchen freilich auch Zweifel über die Tragweite der Erklärung auf. Kündigt sie die bisher ausgearbeitete Vorlage oder eine andere an? Ist der Widerstand gegen ein zeitgemäßes Gesetz gebrochen, oder ist nur eine Pause in dem Kampf, ein Waffenstillstand über die Zett de» Czarenbesuche» hinaus etngetreten? Wir meinen, eS wäre loyaler, wenn die Presse die Debatte über diese Fragen vertagen wollte, bis die Vor- läge erst eingebracht ist. Blatt« eine sehr Wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Eirmr- sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Bombenattentats zu sein, zeigt folgender Vorfall. In einem Dors in der Nähe von Wilsdruff verweigerte eine biedere Bauernfrau einem Meßgehilfen, der auf den benachbarten Feldern bei Eisenbahnvorarbeiten der Linie Wilsdruff-Mohorn-ZollhauS-Nossen beschäftigt gewesen war, und der in ihrem Hause vor einem der in diesem Sommer so beliebten Regengüssen Schutz suchen wollte, den Eintritt in ihr Gehöft, da sie fürchtete, daß in dem Jnstrumentenkasten, den er bei sich trug, und in dem sich ein ganz unschuldiges Ni- vellirinürument befand, eine — Höllenmaschine ver borgen sein könnte. Schade, daß es ihr nicht gelang, ihre Nachbarn und die Polizei zu alarmiren, um die vermeintlichen Anarchisten zu verhaften, es wäre dem Vermessungspersonal gewiß ein einzig dastehendes Ver gnügen gewesen, als Verschwörer und Bombenattentäter festgenommen zu werden. Drehsa. Die zum hiesigen Rittergut gehörige Schäferei ist zu einem Gebäude umgeschaffen worden, in dem 86 Pferde des Deutschen Kaisers Platz finden werden. Nach den bis jetzt getroffenen Dispositionen sollen bei der event. Anwesenheit des Prinzen von Meiningen noch weitere 30 bis 40 Reitpferde in einem weiteren Marstall (der Reithalle) untergebracht werden. Der Bau des Stallgebäudes ist jetzt soweit fertig, daß nur noch Krippen zu stellen sind. Die Stallungen werden vom Schlosse aus sämmtlich elek trisch erleuchtet. — Während der Anwesenheit des Kaisers auf dem Manöverterrain werden auch 7 Leib feldgendarme in Drehsa einquartirt werden, die für die persönliche Sicherheit deS Kaisers Sorge zu tragen haben. (Fortsetzung deS Sächsischen in der Beilage.) ,Mtt-eritz-Leitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2K Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfq. Einzelne Nummern . jy Pfg. — All- Postan- galten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Lokales und Sächsisches. Dippoldt-walbe. Am Abend deS 2. September veranstaltet Herr Musikdirektor Jahn im Saale der Reichskrone ein patriotisches Concert, bei dem der hiesig« Männer-Gesangverein mitwirken wird, nicht nur durch Vortag eines vaterländischen Liede», sondern auch in dem Melodrama „Die Schlacht von Sedan". Der bekannte und berühmte Romanschriftsteller Felix Dahn führt un» darin durch schwungvolle Deklama tionen und Liedertexte die verschiedensten Szenerien der Schlacht deutlich und anschaulich vor Augen und wird dabei durch die Tongemälde für Orchester von Steinhäuser kräftig und günstig unterstützt. Wir schicken dem Concerte diesen Hinweis voraus in der Meinung, daß derselbe den verschiedensten Kreisen an genehm sein wird, bei deren öffentlichen gesellschaft lichen oder patriotischen Veranstaltungen Herr Musik direktor Jahn bisher immer in entgegenkommendster Weise thätig gewesen ist. — Die harte Geduldsprobe, welche die lange Reihe der Regentage für den Landwirth bildeten, scheint mit gestern Donnerstag ihr Ende erreicht zu haben. Sogleich begann auch auf den Feldern reges Leben. Denn da man noch nicht traute, wurde überall eingefahren, obgleich daS Getreide noch nicht die nöthige Dürre hatte. Da der heutige Tag wieder mit gold- nem Sonnenschein und blauem Himmel die Fluren begrübt, kann man mit weniger Unruhe und Hast die Ernlearbeit weiter fortsetzen. — Zu dem nächsten Montag geplanten Gilden - feste in der alten Stadt der Dresdner Ausstellung ist auch die hiesige Echützengilde eingeladen worden. Die Theilnahme daran scheint gesichert. Kautzsch. Beim hiesigen Gutsbesitzer Heinrich Schneider ist wegen plötzlicher Erkrankung eine Kuh .getödtet word-n, welche nach bezirksthierärztlichem -Gutachten mit Milzbrand behaftet gewesen ist. Der Kadaver hat daher vorschriftsmäßig vergraben werden müssen und sind gegen Weiteroerbreitung der Seuche alle übrigen Schutz- und Vorsichtsmaßregeln getroffen worden. Die im Besitze Schneiders sonst noch befind lichen zahlreichen Rinder erschienen bei oorgenommener Untersuchung durchgängig gesund. Dresden. König Albert hat das ihm von den °für die Erbfolge im Fürstenthum Lippe in Betracht kommenden Linien deS Hauses Lippe angetragene Schiedsrichteramt nunmehr angenommen, und damit ist der sogenannte „Lippesche Echiedsvertrag", welcher bereits früher erwähnt wurde, ins Leden getreten. Laut dieses Vertrages setzt sich das Schiedsgericht für .die Entscheidung des Lippeschen Erbsolgestreites aus dem König Albert von Sachsen und sechs von diesem nach freier Wahl zu berufenden Mitgliedern des Reichs berichts zusammen. Die Berufungen werden vermuch- lich erst nach Ablauf der Gerichtsferien erfolgen. Hoffentlich nehmen nunmehr die von gewisser Seite mit einem Uebermaße von Parteilichkeit geführten Er örterungen der Lippeschen Erbfolgesrage ein Ende. — Die bekanntlich versuchsweise eingesührte Ab sperrung der Bahnsteige an der Linie Leipzig-Hof hat im Allgemeinen zu einem befriedigenden Resultate ge führt, so daß, wie bereits gemeldet, von der General direktion der sächsischen EtaatSeisenbahnen beschlossen worden ist, diese Absperrungsmaßregeln auch anderweit in ihrem Verwaltungsbereiche einzuführen. Dabei kommen vorerst diejenigen Linien in Frage, auf welche da» reisend« Publikum von der Linie Leipzig-Hof aus zunächst übergeht. Vorläufig fallen deshalb auf den Strecken Reichenbach t. N.-Lhemnitz (einschl. de» Bahn hofe» Chemnitz), Chemnitz-Kieritzsch, Glauchau-Gößnitz- Gera, Gera-Weischlitz, Reichenbach i. V.-Eger und Brunn-Greiz die Bahnsteige gesperrt werden. Wilsdruff. Wie selbst der unschuldigste Mensch in den Verdacht kommen kann, der Urheber eine» Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Mögliche Amtshauptmannschaft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zu MppMswald«. Verantwortlicher Redacteur: Paul Ahne in Dippoldiswalde. Mit achtf-itige« .-Mustrirte« Unterhalt»»«,blatt". Mit l-»d- uud hauSwirthschastlicher Monat,beilage. Nr. 99