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Di« „Weißeritz.Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 Pk. 25 Psg., zweimonatlich 84 Pfg., eiNmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mchmtz-ZkitW. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate, welch« bei der bedeutenden Auflage d«S Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg: die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag.—Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Amtsblatt für die Königliche Kmtshaupimannschafi, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: Paul IthNt in Dippoldiswalde. Mil achtseitigem „Jllustrirten Nnterhaltung-blatt". Mit land- und hauswirthschastlicher MonatSbeilagr. Nr. 91. Dienstag, dm 11. August 1896. 62. Jahrgang. «Fokales «nd Sächsisches. Dippoldiswalde. Am Sonnabend Vormittag r/,10—12 Uhr war also die große Kanonade von 6 Batterien der Pirnaischen Artillerie aber nur gegen hölzerne Schanzen und ebensolche Figuren, die am Freitag am Röthenbacher Holze und aus dem Lämmer berge ausgestellt worden waren, während Herr General von Schlieben und Herr Oberst von Rabenhorst mit anderen Offizieren (die Herren General Blohm und Major Dietrich als Zuschauer) auf dem Schafberge Aufstellung nahmen, wo >/,10 Uhr die ersten 3 und ^»12 Uhr die anderen 3 Batterien erschienen. Nach wenigen Probeschüssen konnten die Geschütze genau eingestellt werden, so daß die meisten Geschosse die Ziele trafen und in denselben viele Lücken entstanden. Wie fauchten die Kanonen, wie pfiffen die Kugeln, die Luft durch schneidend, daß der Donner ob dieser Störung grollte. Lautes Krachen, blitzartiges Aufzucken und kugelför miger Pulverdampf verriethen, wo die Granaten ge platzt waren und die Schrapnell ihre Kugeln zerstreut hatten. Nachdem 240 Schuß abgegeben waren, kehrten die Batterien nach kurzer Rast wieder nach Pirna zurück. — Wie sehr Herr BahnhofSwirth Stenzel bemüht ist, seinen Gästen den Aufenthalt in seinem Garten restaurant angenehm zu machen, bewies er wieder am Freitag Abend durch eine wirklich prächtige Illumina tion der Wege, Rasenplätze und Lauben während eines von der Kapelle des Herrn Jahn ausgesührlen Con- certs, dessen fein gewähltes Programm eine so zarte, von allen Bläsern gleichmäßige Behandlung erfuhr, wie sie nur durch fortgesetzte unermüdliche Hebung und eingehende individuelle Schulung ermöglicht wird. — Am Sonnabend Nachmittag marschirte unter sröhlichem Gesang die Ferienkolonie aus Körner's Gasthof in Oberreichstädt nach unserm Pahnhof, um l/,5 Uhr mit dem Zug, in dem sich schon die Kolo nien aus Hermsdorf und Hennersdorf befanden, wieder nach Dresden zurückzukehren. Die Kinder sahen alle frisch und munter und neu gekräftigt aus. Freilich die rothen, feisten Wangen der Jugend des oberen Gebirges erreicht man nach 3 wöchigem Aufenthalte noch nicht. — Der heißen Jahreszeit angemessen zeigt die Rothe Wsißeritz Heuer ein ganz anderes Aussehen als in anderen Jahren, indem dieselbe statt der seichten Wafferrinne schon seit Wochen sich als rauschender Gr- birgSfluß präsentirt; ein Zeichen, daß in der oberen Gegend bedeutende Waffermengen niedergegangen sind, die, vom Boden ausgenommen, auch jetzt noch die Quellen speisen. Die Dampsanlagen brauchten deshalb in diesem Sommer an der Weißeritz noch nicht in Thätigkeit gesetzt zu werden. Kipsdorf. Wie man hört, soll hier vm zwei Dresdener Aerzten auf unsrer Höhe nach dem Dorfe Bärenburg zu ein großes Kurhaus (Sanatorium) an gelegt werden. — Die sog. Ranstwiese bei Bärenburg soll von DippoldiSwalder Baumeistern angekauft worden sein, um dieselbe zu Baustellen zu verwerthen. Bärenstein. Ein längst gehegter Wunsch, außer der vom Gebirgsverein Bärenstein geschaffenen reizend gelegenen Eachsenhöhe noch bequem zu erreichende Anlagen zu errichten und zu besitzen, ist in Erfüllung gegangen und wie hingezaubert liegt der kleine, idyllisch gelegene Park, dessen Einweihung am Sonntag erfolgte, vor uns. Lanenstein. Zur Annehmlichkeit unserer Som mergäste ist von fetten deS BerschönerungSvereinS, sowie deS GebirgSverein» auch in diesem Jahre manches geschaffen worden; u. a. wurden Wegweiser erneuert und neu aufgestellt, auch neue Ruhesitze eröffnet rc. Lauenftei«. Der Kirchenbau schreitet rüstig vor- ärtS; die Malerarbeiten gehen dem Ende entgegen. die Orgel wird bereits wieder aufgestellt und in der allernächsten Zeit werden die neuen Bänke eingestellt; Ende August hofft die Bauleitung mit Gottes Hilfe das Gotteshaus schmuck und neu fertiggestellt zu haben, das nunmehr zu den kostbarsten Kirchen weit über die Grenzen unseres Vaterlandes hinaus gehört und sicher von Nah und Fern zahlreiche Besucher heran ziehen wird. Grillenburg. Von einem durch den Waldwärter Nobst auf hiesigem Forstrevier erschossenen herrenlosen Hunde wurden kurz zuvor im Orte sechs Hunde ge bissen. Die vorgenommene Sektion ergab, daß das Thier tollwuthkrank gewesen ist. In der Umgegend sollen übrigens noch viele Hunde gewissen worden sein. Dresden. „Was ein Häkchen werden will" . Beim vorjährigen Vogelschießen war einem Restaura teur ein Faß Lagerbier — kein Fäßchen, denn es ent hielt 54 Liter — von seinem Büffet im Schützenzelt gestohlen worden, ohne daß es gelang, über den Ver bleib des Fasses resp. die Diebe Näheres zu ermitteln. Jetzt endlich sind zwei damals kaum 11 Jahre alte Schulknaben als die „Dmstigen" entdeckt worden, welche es verstanden hatten, das Faß unbemerkt von seinem Aufbewahrungsorte auf einen Seitenweg zu befördern. Wilsdruff. Die anläßlich ihrer rohen Thaten aus Unkersdorf flüchtig gewordenen drei Knechte sind nun mehr verhaftet. Meißen. Im ländlichen Krankenhaus zu Cölln an der Elbe befindet sich zur Zeit ein Herr, der auf der Fahrt von Dresden von einem Schlaganfall be troffen und daselbst eingeliefert wurde. Zuerst fand man bei demselben nur etwas über 2 Ml. Baarschast vor, doch bei genauerer Durchsicht der Sachen in der oberen Westentasche in einem ziemlich abgenutzten Etuis 1400 Franks in 100-FrankSscheinen. Ueber die Person des Kranken ist nichts Näheres bekannt, doch nimmt man an, daß eS ein gewisser Röhn oder Röhm aus Zürich ist. An die dortige Behörde ist am Montag Anfrage ergangen. Der Kranke ist noch nicht vernehmungsfähig. Siebenlehn. In unserer Stadt, deren haupt sächlichster Nährzweig die Schuhwaarenindustrie ist, wird am 1. Oktober d. I. eine Schuhmacherschule eröffnet werden, zu deren Unterhaltung die königliche Staatsregierung ansehnliche Beträge bewilligt hat. LeiSnig. Hier wurde dieser Tage die Gründung eines „Sächs. Handwerkerbundes" beschlossen. Derselbe soll die wirthschastlichen Jntereffen des Handwerks wahr nehmen und besonders die Forderungen der Innungen vertreten. Falkenkein. Im vorigen Winter wurde im Göltzschthale eine Hirschkuh ausgesunden, welche vor Ermattung nicht weiter konnte. Das Thier wurde in die Försterei nach Grünbach gebracht, woselbst es die beste Pflege erhielt. Zur Freude des Försters erholte sich auch das Thier bald. Es gewöhnte sich aber so überraschend schnell an seine neue Umgebung, daß eS die Gefangenschaft nicht wieder aufgab und im Forst hause verblieb. Die Hirschkuh ist jetzt ganz zahm ge worden. Während man bei eingefangenem Wilde bekanntlich die Erfahrung gemacht hat, daß es über kurz oder lang wieder die Freiheit aussucht, ist diese Hirschkuh im Gegensatz hierzu so zahm wie ein Haus thier geworden. Das Thier begleite: die Hausbe wohner auf ihren Ausgängen, geht mit aus den Holz schlag in den Wald und kehrt mit dem Förster wieder zurück, verträgt manche Scherze, läßt sich aber von Fremden Neckereien nicht gefallen. Glauchau. Ein hies. Arbeitgeber, welcher für seine Arbeiter auf längere Zeit die Beiträge an die Orts krankenkasse nicht bezahlte, wurde vom kgl. Land gericht Zwickau zu 2 Monaten Gefängniß und zur Tragung der Kosten verurtheilt. Nrtzfchkau. Die Kunde von einem Raubanfall versetzte Donnerstag Vormittag die hiesige Einwohner schaft in große Aufregung. Der frühere Webereibesttzer und jetzige Agent Winkler ist in der achten Stunde früh auf der Straße nach Elsterberg von einem plötz lich aus dem Walde tretenden Strolche überfallen und mit einem birkenen Knüttel derart über Kopf und Rücken geschlagen worden, daß er betäubt zusammen brach. Der Wegelagerer nahm Winkler in diesem halb besinnungslosen Zustande Uhr mit Kette, Porte monnaie, Schlüssel und Messer ab und verschwand dann wieder im Gehölz. Unmittelbar daraus kam ein Geschirrsührer an der bezeichneten Stelle an und fand Winkler im Straßengraben. Er nahm sich deS Un glücklichen an und brachte ihn zurück nach Netzschkau. Leider soll der Zustand deS Verletzten zur Zeit nicht unbedenklich sein. (Fortsetzung deS Sächsischen in der Beilage.) Tagesgeschichte. Berlin. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht fol gende Bekanntmachung des Kriegsministers: ES wird hiermit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß den Unteroffizieren und Mannschaften dienstlich verboten ist, sich auf Veranlassung von Civilpersonen mit dem Vertrieb von Druckwerken und Maaren innerhalb von Truppentheilen oder Behörden — seien dies nun ihre eigenen oder fremde — zu befassen. Den Unter offizieren und Mannschaften ist zugleich befohlen, von jeder seitens einer Civilperson an sie ergehenden Auf forderung zum Vertrieb von Druckwerken oder Maaren ihren Vorgesetzten Meldung zu machen. » Berlin. Kaiser Nikolaus von Rußland hat sich mit Gemahlin bei Kaiser Wilhelm nach BreSlau zu den Anfang September stattfindenden Manöver« angesagt. Nach einer Meldung aus BreSlau ist der Besuch des russischen Kaiserpaares für die Zeit vom 5. bis 7. September angekündigt. — Zu dem immer und immer wieder auftauchen den Gerücht von dem Rücktritt des Reichskanzlers schreiben die „Münchener Neuesten Nachrichten": Die jenigen Persönlichkeiten, welche die Ehren hatten, mit dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe während seines kurzen Aufenthaltes in München zusammen zu sein, waren hocherfreut über die außerordentliche Frische und Arbeitsfreudigkeit deS hohen Herrn, obwohl sein diesjähriger Aufenthalt auf seinem Sommersitze in Auflee nichts weniger al» eine Erholung von den Geschäften war. Die außerordentlich verwickelte poli tische Lage hat dem Reichskanzler in seiner Sommer frische vielmehr eine große Arbeitslast aufgebürdet, sodaß er, nach seinem eigenen Ausdruck, kaum Zeit zu einem kleinen Spaziergang fand. Die orientalischen Angelegenheiten sind auch die einzige Veranlassung zu der Reise nach Wilhelmshühe, wo der Kanzler seinem Kaiserlichen Herrn persönlich Vortrag über die Lage erstatten wird. Mit Rücksicht auf diese Thatsachen ist die Version der „Leipziger Neuesten Nachrichten" über die Veranlassung zur Reise oes Kanzlers völlig unzutreffend. (Diese schrieben, daß der Reichskanzler den Kaiser in Wilhelmshöhe um seine Entlassung bitten wolle.) Wie wir aus bester und vollständig einwandsfreier Quell? zu erkläre» ermächtigt find, denkt Fürst Hohenlohe gerade unter diesen Umständen nicht an einen Rücktritt. Jenes patriotische Gefühl, daß den Fürsten seiner Zeit dazu bewogen, trotz seines hohen Alters die Bürde der Reichsregterung zu über- nehmen, wirkt in ihm auch heute noch fort und hat in ihm den Entschluß gereift, dem Reich und dem Kaiser seine Dienste zu weihen, solange eS ihm seine Kräfte gestatten.