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„»ei-erltz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern K Pfg. — Alle Postan-' stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Uchentz-MW. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de« BlatteS eine sehr wirk same Verbreitung finden/ «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta-- bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 2V Pfg. Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschafi, das Königliche Amtsgericht und -en Stadtrach zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: P-Ilt Ithne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem .Lllvstrirte« U«terhaltung»blatt".Mit land- und hauSwirthschastlicher Monattbellage. Nr. 36. Dienstag, dm 31. März 1896. 62. Jahrgang. Eine neue englische Gehässigkeit gegen Deutschland. Seitdem die Engländer in Erfahrung gebracht haben, daß auch Deutschland eine Weltmacht geworden ist, mit welcher die englischen Anmaßungen zu rechnen haben, so fliegen auch nicht selten giftige Pfeile von England nach Deutschland herüber. Der neueste dieser Pfeile besteht in der Herabsetzung des deutschen Heeres durch einen englischen Militärschrislsteller in der „Pall Mall Gazette". Unter dem Vorgeben, daß Deutschland eines TageS unter den möglichen Feinden Englands zu finden sein werde, wird die deutsche Armee einer hämischen und lügenhaften Kritik unter zogen. Die frechste Behauptung ist dabei die, daß die Deutschen deshalb im Kriege gegen Frankreich so große Siege errungen hätten, weil die deutschen Generäle es verstanden hätten, ihren Truppen keine so schweren Aufgaben zuzumuthen und weil außerdem die deutsche Artillerie der französischen überlegen war. Liegt in dieser Behauptung nicht eine elende Entstellung der Thatsachen?! Nach englischem Urtheile fochten also die Deutschen nur dort, wo der Sieg leicht war, die Kriegsgeschichte bezeugt aber, daß der Angriff der Deutschen bei Spichern, bei Wörth an der Sauer, und bei Gravelotte sehr schwer und sehr blutig war. Thalsache ist ferner, daß bei Vionville und Mars la Tour und auch in der dreitägigen Schlacht an der Lisaine, bet Belfort die Franzosen die Uebermacht hatten. Außerdem ist es ebenso gehässig als kindisch, wenn in dieser englischen Kritik behauptet wird, daß die deutschen Bataillone oft schon bei einem Verluste von 10 Prozent in Verwirrung gerathen wären. Die glänzende Tapferkeit der deutschen Truppen und vor allen Dingen ihre Tollkühnheit im Angriff ist sogar von den ersten flanzösischen Generälen Mac Mahon und Trochu, Bazaine und Canrobert gerühmt worden. Auch kann man in den Kriegsberichten der englischen Leitungen vom Jahre 1870/71 ganz genau nachlesen, daß die englischen Berichterstatter damals voll LobeS über die deutschen Truppen waren. Ganz besonders ist damals die Kaltblütigkeit der Landwehr vor Metz ^Division Kummer bei Noiffeoille) von den englischen Berichterstattern gerühmt worden. Ferner ist bekannt, daß ein österreichischer Offizier, welcher bei Würth im französischen Hauptquartiere als Beobachter der Schlacht beiwohnte, nach Wien berichtet hat, daß er eine solche Tapferkeit wie die der Deutschen und eine solche Nieder lage wie die der Franzosen bei Wörth noch nie ge- fehen habe. Da darf man wohl fragen, welche Gründe ,jetzt die englische Presse auf einmal bekommen hat, die Leistungsfähigkeit des deutschen Heeres gering zu schätzen. Nun die Gründe bestehen in der englischen Heuchelei, dem englischen Dünkel und vor allen Dingen in dem Aerger der Engländer, daß Deutschland sich nicht mehr englische Zumuthungen gefallen laß'. Aber die englische Druckerschwärze kann ja das deutsche Heer noch so sehr anschwärzen, so bleibt eS doch bis auf den Beweis des GegenthetleS in einem neuen Kriege das erste Heer der Welt, weil es die größte Militärmacht im Jahre 1870/71 gezeigt unv das für unüberwindlich gehaltene Frankreich gänzlich geschlagen hat. UebrigenS entschlüpft an einer Stelle seines -hämischen Artikels dem englischen Kritiker doch das Urtheil über die deutsche Armee, „daß sie in ihrer Organisation und Vorbereitung auf den Krieg von keiner anderen Armee erreicht sei!" — Nun, da sällt wohl die vorhergehende hämische Kritik erst recht in ihr Nichts zusammen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Zahlreich hatten am gestrigen Sonntag Palmarum die Andächtigen die weiten Hallen unseres Gotteshauses gefüllt, um Zeuge zu sein, wie Herr Sup. Meier auf Grund deS Echristwortes „Ein Jeglicher sei gesinnt, wie JesuS Christus auch war", die diesjährigen Katechumenen (54 Knaben und 47 Mädchen) feierlich zu konfirmiren und in den Bund der erwachsenen Christen aufzunehmen. — Möchten alle die Wünsche, die aus liebendem Elternherzen für das fernere Wohl dieser Jünglinge und Jungfrauen zum Höchsten gesendet wurden, Erfüllung finden. — Kaum ist die Natur zu neuem Leben erwacht, da macht sich wieder ein alter, schon ost gerügter Un- fug bemerkbar: das Abreiben der Zweige von Sträu chern und Bäumen. Manche der Sträucher, insbe sondere diejenigen, an welchen sich die Kätzchen oder Schäfchen befinden, sehen infolge dessen schon wie Besenstiele aus. Nicht Kinder allein, sondern auch viele Erwachsene scheinen sich des Unschicklichen und Verwerflichen solcher Handlungsweise gar nicht bewußt zu sein. — Vom 1. April an werden die Schalter bei dem kaiserlichen Postamte um 7 Uhr Vormittags geöffnet. — Zu Ostern tritt in der Gültigkeitsdauer ge wisser Eisenbahnfahrkarten eine Verlängerung ein, und zwar gelten die am 4. April (Sonnabend vor Ostern) und j5. April (1. Osterfeiertag) gelösten drei- und viertägigen Rückfahrkarten und die dreitägigen Rundreisekarten im sächsischen Binnenverkehre bis mit 8. April d. I., die am 4. April entnommenen drei tägigen Rückfahrkarte» im direkten Verkehre zwischen sächsischen Stationen und solchen anderer deutschen Eisenbahnen aber bis mit 7. April d. I. Elend. Am Freitag Nachmittag, den 37. dss. Mts., verunglückten die beim Schieferdeckermeister Wendler in Dippoldiswalde in Arbeit stehenden Ge hilfen Laubmann und Hegner, sowie der Lehrling Schwarz. Dieselben waren mit Vornahme von Dach deckerarbeiten am Rehnschcn Hause beschäftigt und hatten eine Leiter als Gerüste benutzt. Letztere brach und kamen die Genannten infolgedessen, zum Absturz, wobei Laubmann drei Rippenbrüche erlitt, während Hegner mit Erschütterung des rechten Kniees davon kam und der Lehrling Schwarz sich nur den rechten Fuß verstauchte. Kreischa, Ein Vermessungs-Ingenieur mit Per sonal der Firma Kummer L Co. ist hier thätig, um die Strecke Kreischa-Possendors aufzunehmen. Die Straße zwischen Kreischa und Kleincarsdorf soll aber, wie man hört, zu viel Steigung aufweisen, es wird infolge dessen die Thalstrecke Hauswaldmühle-Zscheckwitz- Theisewitz-Poffendorf vermessen. Auf welche Weise man da Kreischa direkt berühren will, muß abgewartet werden. Possendorf. Die Zahl der am Palmsonntage konsirmirten Kinder der Kirchsahrt Poffendorf betrug 156 (84 Knaben, 72 Mädchen) wovon auf Poffendorf 40 kamen. Dresden. Beide Kammern hielten am 27. März die letzten Sitzungen des 26. ordentlichen Landtages ab und wurden zunächst davon in Kenntniß gesetzt, daß der feierliche Schluß desselben am 28. März, Mittags 1 Uhr, im königl. Restdenzschloffe stattfinden werde. — In der Ersten Kammer gelangte zu nächst die Mittheilung zum Vortrag, daß das Ver einigungsverfahren, betreffend das Eisenbahnprojekt Dürröhrsdorf-Dresden keine Uebereinstimmung ergeben habe. Hierauf bewilligte die Kammer einen zweiten Nachtrag zum außerordentlichen Staatshaushalt, Titel 55, Umgestaltung des Bahnhofs Wüstenbrand betreffend. Ferner wurde zur Beschaffung weiterer Unterlagen für die Beurtheilung der projeklirten Errichtung eines Fernheiz- und Elektrizitätswerkes in Altstadt-Dresden ein Berechnungsgeld von 10 000 Mk. und zur Er bauung eines Künstlerhauses in Dresden eine Bei hilfe von 80000 Mk. an die Dresdner Kunstgenoffen schaft, sowie «in Nachtrag zu dem ordentlichen Staats haushalt, Kap. 59, Frauenklinik und Hebammenlehr anstalt zu Dresden, und Kap. 69 a, Kunstzwecke im Allgemeinen betreffend, bewilligt. Dem königl. Dekret Nr. 28, den Entwurf eines Gesetzes über Aufnahme einer dreiprozentigen Rentenanleihe betreffend, stimmte die Kammer zu. Alsdann ertheilte die Kammer der Staatsregierung hinsichtlich des königl. Dekrets Nr. 1, den Rechenschaftsbericht auf die Jahre 1892 und ÖS betreffend, Entlastung. Neber das Umlageversahren bei der land- und forstwirthschaftlichen Berufsgenoffen« schast für das Königreich Sachsen (königl. Dekret Nr. 22) beschloß die Kammer in Uebereinstimmung mit der Zweiten Kammer. Hierauf erfolgte die Bewilligung des Kap. 110 des Staatshaushalts, Reservefonds be» treffend, und die Genehmigung des mit dem königl. Dekret Nr. 2 vorgelegten Entwurf« des Finanzgesetzes aus die Jahre 1896 und 1897. — Die Zweite Kammer wählte zunächst als Mitglieder der StändehauSdeputation den Präsidenten Ackermann, den Vizepräsidenten Georgi, die Abgg. Hähnel, vr. Mehnert, Philipp, Uhlemann-Görlitz und als Stellvertreter die Abgg. Uhlmann-Stollberg, Niet hammer und Steyer-ReinholdShain, genehmigte den Entwurf deS Finanzgesetzes für 1896/97 und trat so dann in die Berathung der Petition, die Besteuerung von Konsumvereinen und WirthschaftSgenoffenschaftea betreffend, ein. Die Petitionsdeputation beantragt, diese Petition zur Kenntnißnahme zu überweisen. Mit der Berathung über diese Petition wurde die Be rathung des Antrags Rüder und Gen. und der dazu eingegangenen Petitionen, die Einführung einer Be triebssteuer für den von Genossenschaften rc. betriebenen Detailhandel betreffend, verbunden. Die Deputation wünscht hierzu im wesentlichen diejenigen Betriebe, die in Detailgeschäl'en Lebens- und Genußmittel, Bekleidungsgegenstände und ähnliche für den täglichen Gebrauch dienende Artikel verkaufen, zu einer gemeind lichen Sonderbesteuerung heranzuziehen und erklärt dies bereits nach bestehenden Gesetzen für möglich. Gegen die Anträge der Deputation wendeten sich die Abgg. Postell, Grünberg, Hofmann und Seifert, für die Anträge sprachen die Abgg. Rüder und Huste. Darauf wurden die Deputationsanträge angenommen. Weiter wurde die ständische Schrift genehmigt und die Petition des Elster-Saale-KanalvereinS um Er bauung eines Elster-SaalekanalS der Regierung zur Kenntnißnahme überwiesen, nachdem Hr. Abg. vr. Schill dazu gesprochen und Hr. Geh. Rath Meusel versichert hatte, daß die Regierung der Petition wohl wollend gegenüberstehe. Nach Verlesung deS Aller höchsten Acceptationsdekrets erledigte die Kammer den letzten Gegenstand des gegenwärtigen Landtages, einige Petitionen um Abänderung des Z 4 des Einkommen steuergesetzes betreffend, die der Regierung zur Kennt- nißnahme überwiesen wurden. — Mit einem dreifachen Hoch auf den König wurde sodann die Sitzung ge schlossen. — Unter dem althergebrachten Ceremoniell fand am 28. März Mittags der feierliche Schluß des Landtages statt, bei welchem von Sr. Maj. dem König folgende Thronrede verlesen wurde: Meine Herren Stände! Sie sind nunmehr zum Schlüsse einer langen und arbeits vollen Landtags-Session gelangt und stehen im Begriffe, wieder an ihren häuslichen Herd zurückzukehre». Die Gesinnungen treuer Anhänglichkeit an Mein HauS haben Sie auch bei dem Jubiläum bcthäligt, das Mein erlauchter Bruder, Prinz Georg, nach Ablauf eines 50jährigen Zeitraum seit Seinem Eintritt in die Armee in diesem Monat mit Gotte- Hilfe feiern konnte. Es ist Meinem Herzen Bedürsniß, Ihnen dafür Meinen wärmsten Dank anszusprechen. Der weitaus wichtigste Gegenstand, den Sie in dieser Session zu berathen halten, war der Gesetzentwurf wegen Aenderung der gesetzlichen Bestimmungen über die Wahlen zur Zweiten Kammer. Die Einmülhigkeit, mit der Sie dieser Gesetzesvorlage Ihre verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt haben, erfüllt Mich mit lebhafter Genuglhuung und befestigt Mich in der Ueberzeiraung, das, Meine Negierung, indem sie der aus der Mitte der Volks- Vertretung hervorgegangenen Anregung folgte, einen auch in zahlreichen Bcvölkerungskreisen je länger je mehr empfundenen Bedürfnisse Rechnung getragen bat. Ich vereinige Mich mit Ihnen in dem Wunsche, daß die veränderten Bestimmungen Meinem Sachsenlande dauernd zur Wohlfahrt gereichen mögen.