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Vereinbarungen und als erste Baurate 3 Millionen Mark. Zugleich beschloß die Kammer, eine aus sechs Mitgliedern bestehende StändehauSbaudcputation, deren Mandat erst mit Beginn des nächsten Landtag» erlöschen soll, etnzusetzen. In der Debatte wie» zunächst der Vorsitzende der Finanzdeputatton AÜg. Uhlemann- Görlitz, den Vorwurf zurück, als habe die Deputation die Berathung über den vorliegenden Gegenstand ver zögert, und begründete dann seine Zustimmung zu dem Depulationsantrag. Das letztere that auch der Abg. Horst. Die Abg. Kästner und Uhlmann-Stoll- berg erkannten die Genialität bei der Entwerfung des Etändehausprojekts an und wünschten nur ganz ge ringe Abänderungen. Abg. Crüwell stimmte, wie schon in der Vorberathung, dem Projekte zu. — Die Zweite Kammer trat am 5. März in die Berathung des Wahlgesetzentwurss ein und bot die ganze Debatte, die schließlich aus die folgende Sitzung vertagt wurde, thatsächlich keine neuen Mo mente. Von der tiefen Erregung, die wegen der Vor lage weite Volkskreise angeblich ergriffen haben soll, ist nicht einmal in der Volksvertretung etwas zu spüren. — Paragraph 1 wurde mit 56 gegen 23 Stimmen angenommen. Freiberg. Vom kgl. Landgericht wurde der Müller und Schlaffer Richard Eugen Franz Kreibich in Dip poldiswalde wegen Diebstahls zu 8 Monaten Ge- fängniß, wovon 2 Monate für verbüßt zu erachten sind, verurtheilt. Pirna. Das hiesige Kriegerdenkmal soll am 10. Mai, dem 25. Jahrestag des Frankfurter Friedens, enthüllt werden. Den Platz findet das Denkmal aus dem vorderen Theile des alten Nikolaifriedhofes, welcher nach seiner vollständigen Säkularisation in einen Stadlpark umgewandelt wird. — Der Prozeß gegen die Aussichtsräthe der Pirnaer Vereinsbank hat einen ungeheuerlichen Umsang. Neun Rechtsanwälte find in ihm thälig. Die Kläger beantragen, daß acht Aussichtsräthe ins- gesammt zu einer Million Schadenersatz verurtheilt werden möchten. Letztere verlangen Abweisung der Klage und Verurtheilung der Kläger zur Tragung der Prozeßkosten. Bisher ist nur ein kleiner Theil der sehr umfänglichen Klageschrift zum Vortrag gelangt. Ob in dem nächsten Verhandlungstermin der noch übrige Theil der Klageschrift ganz zum Vortrag ge langen kann, ist sehr fraglich. Noch viel umfänglicher wie die Klageschrift sind die VertheidigUngLichristsätze der Beklagten. Die Kosten betragen allein für die erste Instanz 50000 Mk. In zweiter Instanz (Be rufung — Oberlandesgericht) und dritter Instanz (Re vision — Reichsgericht) sind die Kosten noch höher. Königstein. Bezüglich des gemeldeten Einbruchs diebstahles in Reich st ein theilt der Bestohlene mit, daß die Kassette erbrochen im Dorfe Reichstein auf gesunden worden ist. Die Staatspapiere und das Silberzeug (Löffel) waren noch vorhanden; nur das baare Geld halten sich die vorsichtigen Diebe an geeignet. Meißen. Zu 300 Mk. Strafe und Tragung sämmtlicher Kosten wurde dieser Tage ein in hiesiger Umgegend wohnender Hundebesitzer verurtheilt, weil er seinen bissigen Hund nicht zur rechten Zeit zu rückgerufen hatte, als ein Beamter sei i Grundstück be trat. Der Hund verletzte den Beamten durch einen Biß so erheblich am Bein, daß er vierzehn Tage lang dienstunfähig war. Radeberg. Eine aus fünf Glaseinträgern ver schiedener Hütten bestehende Diebesgesellschaft ist seitens der hies. Polizei hinter Schloß und Riegel ge bracht worden. Die Burschen haben bereits seit Weih- na^sten 1895 Ladendiebstähle auf rasfinirieste Art und Weise ausgesührt, in Geschästsläden die Tageskaffen geplündert oder auch die verschiedenartigste» Gegen stände gestohlen. Von dem entwendeten Gute konnte noch ein ansehnlicher Theil beschlagnahmt werden. Frankenberg. Im benachbarten Niederwiesa hat sich der Fall ereignet, daß ein Ehepaar an einem Tage starb und auch gemeimam beerdigt wurde. A n Donnerstag Abend verstarb der 60jährige Hausbesitzer Vogel an Lungenentzündung, nachdem eine Stunde zuvor seine 67 jährige Ehefrau an der gleichen Krank heit verschieden war. Am Sonntag wurden beide Eheleute beerdigt. Wurzen. In der letzten Sitzung des Stadt- vervldneten.Kollegiums wurde an Stelle des Herrn Destillateurs Moritz Kießling, welcher sein Amt frei willig niedergelegt hatte, Herr Kaufmann Karl Sieg mund Eckhardt zum unbesoldeten Stadtrathe gewählt. Diese Wahl wird allseitig mit Freuden begrüßt, da Herr Eckhardt als ein erfahrener, tüchtiger Mann bekannt ist, der eine feste Stütze der Ordnungspartei bildet. Leipzig. Die Mutter des Geschäftsreisenden Rock stroh von der Leipziger Firma Weickert und Enke, der aus einer Reise in Marokko ermordet worden ist, ist bekanntlich in Leipzig wohnhaft; sie hat durch die Vermittelung der deutschen Regierung vom Reiche — 170 — Marokko 100000 Mk. Entschädigung dafür erhalten, daß sie ihre» Ernährer- beraubt wurde. An die Firma sind 50000 Mk. Entschädigung ausgezahlt worden. Nun hat die Letztere eine Klage gegen die Mutter ihres Reisenden wegen des ArzthonorarS an gestrengt. Dem schwer verwundeten Nockstroh waren zwei französische Aerzte zu Hilfe gekommen, die jedoch sein Leben nicht zu retten vermochten. Ein deutscher Arzt, der telegraphisch berufen wurde und deshalb ein eigenes Schiff miethen mußte, kam zu spät, hat ober in Folge widriger Umstände neun Tage Zeit verloren. Obwohl nun anzunehmen ist, daß in den 50000 Mk. auch die Entschädigung für das von der Firma be zahlte Arzthonorar mit inbegriffen ist, behauptet diese das Gegentheil und verlangt von Nockstrohs Mutter eine Summe von 6000 Mk. In Geschäftskreisen ist man auf den Ausgang dieses merkwürdigen Prozesses sehr gespannt. Bemerkt sei, daß die Firma 68000 Mk. Entschädigung verlangt, aber nur 50000 Mk. bekom men hat. Olbernhau. Durch den herrschenden Schneesturm ist am Freitag Abend ein Güterwagen unbeachtet von Olbernhau nach Grünthal zu forlgetrieben worden und auf der Strecke mit dem nach Neuhausen ver kehrenden Abendpersonenzuge zusammengetroffen. Dis Lokomotive und der Wagen wurden beschädigt. Elterlein. Die Festfreude über die von der Zweiten Ständekammer bewilligte Bahn Zwönitz- Grünhain-Elterlein-Scheibenberg fand Abends, als noch das Rathhaus und viele Privatgebäude illuminirt waren, ein- jähen Abschluß. Gegen Uhr er tönte das Feuersignal. Es brannte die Herrn Tuchscherer gehörige Schiefermühle, die völlig ein geäschert wurde. Mau vermuthet Brandstiftung. Lichtenstein. Hier ging ein Agent umher und suchte, wen er versichere. Das Versichern soll sonst ein sehr schweres Geschäft sein; der Mann hatte aber Erfolg, denn seine Bedingungen waren geradezu lächer lich günstige. Nach einigen Tagen kam der Herr Agent auch wieder, ließ sich die erste Rate auszahlen und händigte dann die „Police" im verschlossenen Couvert ein. Ehe die Versicherten dieses geöffnet und die „Police" als einen werthlosen Wisch erkannt hatten, war der Agent längst über alle Berge, und die Hoff nung, daß er nach einem Vierteljahre wegen der zweiten Rate wiederkommen werde, ist zunächst auch noch wcht begründet. Plauewi. V. Einen Speichelstein von 135 Gramm Gewicht operirte dieser Tage der Bezirksthirr- arzt Möbius einem Pferde. Ein solch schwerer Stein dürste wohl noch nie beobachtet worden fein. — In den letzten Tagen sind bei Erdabtragungen im Hose des Hauses Nr. 75 der Dobenaustraße in Plauen fünf vollständige Menschengerippe und zwei einzelne Köpfe gefunden worden. Die Skelette lagen der Länge nach aneinander, zwei übereinander. In den Kiefern des einen Kopfes befanden sich noch sämmt- liche Zähne. Die Leichen müssen sich schon sehr lange dort befunden haben. Schon vor etwa 15 Jahren wurden auf dem Grundstücke des Nachbarhauses 5—6 Menschengerippe entdeckt. In der Nähe des Fund ortes stand in früheren Zeiten eine Pechhütte. AuS dem Vogtlande. Am Sonnabend Nach mittag halb 4 Uhr ist im oberen Vogtlands abermals ein Erdstoß von ziemlicher Heftigkeit verspürt worden. Die Richtung der Bewegung war wieder von Südost nach Normest. Tags vorher sind im ganzen sieben Stöße verspürt worden, die ein Klirren der Fenster und ein Bewegen der Gegenstände im Zimmer zur Folge hatte. Die Menschen hatten das Gefühl, als ob der Boden unter den Füßen wanke. Telegraphische Depeschen. Dresden, 6. März. Die Zweite Kammer nahm die Wahlrechtsvorlage mit dem Abänderungs- anlrag Mehnert, welcher die Grenze für die 2. Klaffe aus 38 Mark herabsetzt, nach der Regierungsvorlage und der Deputationsänderung mit 56 gegen 22 Stimmen an. Tagesgefchichte. Berlin. Sämmtliche früheren Reichstagsabgeord neten, welche nach 1871 in den Reichstag gewählt waren, werden im Namen des Reichstagsprästdenten gebeten, an der Jubiläumsfeier des Reichstages am 21. März lheilzunehmen. — Die vorzeitige Veröffentlichung des kaiserlichen Gnadenerlasses vom 18. Januar wird nun that sächlich den Gegenstand eines Strafprozesses bilden. Die Anklage, welche gegen die Buchbinder Hillat, Schunet und Zetsche erhoben ist, lautet aus Diebstahl bez. Hehlerei. — Bezeichnend für die abgeschmackte Wuth der Engländer aus Anlaß der von Kaiser Wilhelm an den Präsidenten Krüger in der Transvaalsache ge richteten Depesche ist, daß aus England zahlreiche anonyme Briefe mit elenden Verdächtigungen un^ Schmähungen an unseren Kaiser gelangt sind. Diese Machwerke sollen vielfach aus dem feinsten Briefpapier, das mit hocharistokratischen Kronen verziert war, nieder geschrieben sein. Selbstverständlich hat man deutscher seits darauf verzichtet, den Absendern irgendwie nach zuforschen. Andererseits verlautet mit Bestimmtheit, daß unser Kaiser hierdurch in seinem Entschlüsse bestärkt ist, auf Reisen nach England vorerst zu verzichten. Auch wird das große Wettsegeln des kaiserlichen Nacht klubs sich auf die Kieler Bucht beschränken. — Der frühere Marineminister General v. Stosch ist infolge eines Herzschlages in seiner Villa zu Oestrich, wo er seit langen Jahren in stiller Zurück gezogenheit lebte, gestorben. General v. Stosch war am 20. April I8l8 zu Koblenz geboren, trat im Jahre 1835 als Sekondelieutenant in das 29. Infanterie regiment, ward 1856 Major im Großen Generalstabi 186l Chef des Generalstabes des 4. Armeekorps und Oberst und 1866 Generalmajor. Den Krieg gegen Oesterreich machte er als Oberquartiermeister der zweiten Armee mit. In den folgenden Jahren sun- girte er als Direktor des Militäröekonomiedepartements im Kriegsministerium. 1870 zum Generallieutenant ernannt, leitete er während des deutsch-französischen Krieges als Generallieutenant der deutschen Heere das Verpflegungswesen. Nach der Beendigung des Krieges wurde er zum Generalstabschef der Occu? pationstruppen in Frankreich ernannt, am 1. Jannar 1872 zum Chef der deutschen Admiralität und Staats minister und 1875 zum General der Infanterie und Admiral befördert. Als Chef der Admiralität hat sich v. Stosch um die deutsche Marine die größten Ver dienste erworben. Die Marine war zur Zeit seines Eintritts noch sehr unbedeutend, er hob sie auf eine Achtung gebietende Höhe. Die Häfen wurden mit allem ausgerüstet, was für den Kriegsall nothwendig ist, und namentlich das Torpedowesen wurde unter dem Regime Stosch wie bei keiner anderen Nation ausgebildet. Sein Bestreben, die straffe Disziplin der preußischen Landarmee auf die Marine zu über tragen, stieß indeß vielfach auf den Widerstand der älteren Seeoffiziere, auch wurde er für das Unglück des „Großen Kurfürsten" verantwortlich gemacht, sodaß, er im Jahre 1883 sich veranlaßt sah, seinen Abschied zu nehmen. Der Kaiser richtete hierbei an den General v. Stosch einen äußerst anerkennenden Erlaß, in dem es hieß, Stosch habe in den I I Jahren seiner Thätigkeit als Chef der Admiralität Ungewöhnliches geleistet, indem er die Entwickelung der jungen Marine in kaum zu hoffender Weise gefördert und dieselbe in feste und sichere Bahnen geleitet habe. Das Be dauern über den Rücktritt des, Generals v. Stosch war ein allgemeines; sein Nachfolger wurde der General v. Caprivi, der spätere Reichskanzler. — Rund dreißig Dachstuhlbrände sind im Monat. Februar im Berliner Stadttheil Moabit oorgekommen, die fast ausschließlich auf Brandstiftung zurückzuführen sind. Der nachweislich durch Brandstiftung hervor gerufene Schaden beträgt weit über 100 000 Mk. Meuselwitz S.-A. Am 2. März wurde dec achte Sohn eines hiesigen Schuhmachermeisters getauft; da. die Ehefrau d-s letzteren aus Mecklenburg-Strelitz, stammt, so hat aus Ersuchen der Erbgroßherzog Adolf Friedrich von Mecklenburg-Strelitz erlaubt, ihn als Pathen des kleinen bruderreichen Täuflings in das Kirchenbuch einzutragen, während Herzog Ernst dem selben Kinde ein Sparkaffenbuch mit ansehnlicher Einlage gestiftet hat. Auch der Reichstagsabgeordnete Oberst Iwan Baumbach zu Kaimberg übernahm Pathen- stelle bei dem Kinde deS Meisters und Vorstandsmit gliedes vom hiesigen Militär- und Kriegerverein. BreSlau. In dem Rechtsstreit der Staügemeinde Breslau gegen den Postfiskus, ob dieser befugt sei, über öffentliche Straßen und Plätze öffentliche und private Telegraphen, und Fernsprechdrähte ohne Ge- nehmignng der Stadt zu ziehen, entschied das Land gericht gegen den PostfiSkuS, und oerurtheilte ihn über dies zur Wegnahme der ohne Genehmigung angelegten Privatleitungen. Kattowitz (Schlesien.) In der Nacht zum 4. März brach in der Grube „Kleophas" ein Brand aus, der zahlreiche Menschenopfer kostete. Bisher sind 86 Leichen geborgen, darunter 4 von den Rettungsmannschaften; etwa 20 Leichen befinden sich noch in der Grube. Oesterreich-Ungarn. Die Reichsrathsverhandlung über den Voranschlag für die „Mittelschulen" ließ die slawische Bewegung in Oesterreich wie alljährlich in ihrer vollen Begehrlichkeit erkennen. Insbesondere nach Mittelschulen gelüstet es die Slaven, um in ihnen geeignete Werkzeuge für die nationale Propaganda heranzuziehen und slawische Besatzungen in die vom Slawenthum umfloffenen deutschen Städte und Gemein wesen zu werfen. Mit der Halbbildung, welche in diesen meist sehr mittelmäßigen Schulen aufwächst, werden die unteren und mittleren ManipulationS-und! BuchsührungSämter, die Eeminarien der Bischöfe über-! fluthet. In Post- und Telegraphenämtern, in den