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„Weitzeritz.Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Ab Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie dte Aaenten nehmen Be stellungen an. Inserate, Welche bet der bedeutenden Auflage deS Blattes «ine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 1v Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag.— Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Amlsölaü für die Königliche Amishauplmannschaft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem »Zllustrirten Unterhaltung»»««". Mit land- und hauSwirthschaftlicher MouatSbe läge. Nr. 26. Sonnabmd, dm 7. März 1896. 62. Jahrgang. -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die hiesige Schneider-Innung hielt am 2. d. Mts. ihre erste diesjährige Quartals versammlung ab, in welcher zunächst das LoSsprechen eines Lehrlings erfolgte, dessen gefertigtes Gesellenstück mit dem Prädikat vorzüglich belegt werden konnte. Es folgte hierauf die Ablegung der Jahresrechnung, ferner die Ergänzungswahl des Vorstandes und bildete den vierten Gegenstand der Tagesordnung ein von dem Ausschuß vereinigter Innungen an den Gewerbeverein gestellter Antrag, eine Prämiirung von Lehrlings - arbeiten betreffend. Der Gewerbeverein hat beschlossen, zur Verwirklichung dieser Angelegenheit die Hand zu bieten und hat einen entsprechenden Betrag aus der Vereinskaffe bewilligt, vorausgesetzt, daß auch die Innungen ihren Theil dazu beitragen. Nachdem nun in der Versammlung diese Sache genügend erläutert worden war, wurde einstimmig der hierzu nöthtge Auf wand bewilligt. Weiter gab die immer mehr zuneh mende marktschreierische Reklame jüdischer Kleider händler Veranlassung zur längeren gegenseitigen Aus sprache. ES ist Thatsache, daß ein großer Theil des Publikum weder genaue Stoffkenntniß noch ein ein gehendes Urtheil über oie Bearbeitung ein°s Kleidungs stückes besitzt, daß gar häufig nur der äußere Schliff, verbunden mit dem scheinbar billigen Preise, beachtet wird. Kommt nun auch der Käufer solcher Kleidungs stücke noch kurzer Zeit des Tragens zu der Einsicht, daß dieselben aus ganz geringwerthigen Zuthaien und auf die leichtfertigste Art hergestellt sind, so hütet er sich in der Regel aus leicht erkennbarem Grunde, dieses Anderen mitzutheilen. Es liegt auf der Hand, daß sür die Hungerarbeitslühne, die von meist jüdischen Kletdersabrikanten gezahlt werden, eine nur annähernd reelle Arbeit nicht geliefert werden kann; zahlt man doch z. B. für ein Jacket, Mannesqröße, 50 und 75 Pfg., eine Arbeitsleistung, die, reell ausgesührt, aller mindestens zwei Tage in Anspruch nimmt. Es giebt Fabriken, die ihre Stoffe ausschließlich nur au Kon fektionäre liefern und diese Maaren, aus gering- werthigem Material hergestellt, erhallen ihr Ansehen nur durch Appretur, die Haltbarkeit kommt hierbei nicht in Frage. Wie sollte aber das reelle Handwerk noch fortbestehen, wenn nicht ein großer Theil im Publikum der Ueberzeugung wäre, daß eine reelle Waare schließlich doch die billigste ist. Da» Sprüch- wort „Vom Besten ist der beste Kauf" bewahrheitet sich nirgends mehr als im Schneidergewerbe, denn ein Kleidungsstück, was noch einmal so theuer ist als ein an einem Fabriklager gekauftes, daS aber zwei ja drei Mal länger getragen werden kann, ist doch ohne Zweifel daS billigere zu nennen. Außerdem kann jeder Käufer vom Schneider, dtr doch genügend Stoff- kenntniß besitzen muß, Auskunft über die Qualität des zu wählenden Stoffes oder Kleidungsstückes verlangen. — Nach Erledigung einiger interner Angelegenheiten schloß der Vorsitzende die Versammlung mit den besten Wünschen für unser Handwerk. — Für den Dienstag Abend hatte der Vorstand DeS Gewerbeverein« einen RecitationSabend an Pesetzt, an welchem Herr vr. Auerbach nach einigen einleitenden Worten über die Macht und den an regenden und veredelnden Einfluß der Künste im Allgemeinen und der Dichtkunst tm Besonderen feinen intt bespannter Aufmerksamkeit lauschenden Zuhörern Proisilkte meist neuerer Dichter mit vorzüglichem, dekla matorischem Stimmwechsel vorführte. Beginnend mit dem Gesangbuchslied Rr. 279 von Spitta ließ er das tiefernste, düstere Gedicht „Das Hexenlied" vom Wilden- Dtuch, „Heim" von Baumbach und „Der Gesang der Geister über dem Wasser" von Göthe folgen. Für den zweiten, heiteren Theil hatte er 4 humorvolle Lieder von Baumbach gewählt: „Der Schwanenritter", „Der Liebesbrief", „Liedchen- Garten" und „DaS Lied vdn der Kreide". Für sein« belehrende und an- regende Unterhaltstng erntete Herr vr. Auerbach laute Anerkennung von den Zuhörern, unter denen einige Damen, eine große Zahl Müllerschüler, aber leider nur wenige Mitglieder des G-.werbevereins zu sehen waren. Letzterer Umstand ist sowohl sür den Vor tragenden, als auch sür den Vorstand, der es sich angelegen sein läßt, möglichst oft sür Unterhaltung zu sorgen, wenig erfreulich, und muß man sich wirklich wundern, daß bei dem schwachen Besuch der Vereins und Vortragsabende die Vorstandsmitglieder in ihrer Rührigkeit noch nicht erlahmt sind. Bittere und be schämende Wahrheit liegt in dem schalkhafter Weise dem Vorstand ertheilten Rathe, die „Muldenthaler oder einen anderen Tingeltangel" zu engagiren. Auch können wir es nicht für richtig heißen, wenn daS Gute nur von Auswärts gesucht wird, denn erstens verursachen solche Engagements immerhin beträchtliche Kosten und schützen dabei nicht einmal vor dem Reinsall. Es wird hohe Zeit, daß die Bemühungen des Vor stands von Seilen der Mitglieder kräftigere Unter stützung finden durch einen zahlreicheren Besuch der Vereinsabende. — Auf das Sonntag Abend '/,8 Uhr im Saale der „Reichskrone" stattfindende Wohlthätigkeitsconcert des hiesigen WohlthäUgteitsvereins „Sächsische Fecht schule" sei auch an dieser Stelle mit dem Bemerken aufmerksam gemacht, daß das Programm ein sehr reich haltiges ist. (Siehe Jnseratentheil.) — Nach Eintritt der milderen Witterung ist für diesen Winter die Suppenkolonie aufgelöst worden. Erfreulicher Weise wurde mit einem hübschen Ueber- schusse abgeschlossen, der als Fond die Garantie zur Wiedereröffnung ver segensreichen Einrichtung im nächsten Winter bietet. — Mit dem seiner Zeit am Auge durch ein ab springendes glühendes Stück Eisen schwer verletzten Maschinenschlosser Teicher soll es insofern verhältniß- mäßig gut gehen, als das Auge wenigstens nicht ganz verloren, sondern die Hoffnung vorhanden ist, daß Letzerem ein Schimmer seiner Sehkraft erhalten bleibt. Der Verunglückte befindet sich noch in ärztlicher Be handlung in Dresden. — Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatz und erfolgreiche Löschthätigkeit gelegentlich des Brandes bei der Wittwe HauSwald in Löwenhain am 30. Jan. ds. Js. hat die König!. Brandoersicherungskammer der Gemeindespritze von Fürstenau und der Spritze der freiwilligen Feuerwehr von Lausnstein Prämien nach Höhe von 20 Mk. und beziehentlich von 25 Mk. bewilligt. — Am 13. März findet eine größere Holzver steigerung vom Altenberger Reviere statt, die die Schläge in Abthetlung 17 und 64 betrifft. Schmiedeberg. Bei der hies. Gemeindeverbands- Sparkasse wurden im Monat Februar d. I. 146 Ein zahlungen im Betrage von 7740 Mk. 91 Pf. geleistet, dagegen erfolgten 31 Rückzahlungen im Betrage von 1565 Mk. 89 Pf. Kreischa. Unter den Kindern hier und in Quohren treten mehrfache Fälle von DiphtheritiS auf. Der tückischen Krankheit ist das 8jährige Töchterchen des Kutschers Berndt hier bereits erlegen. Poffendorf. In unserem Orte trieben seit einigen Wochen Diebe ihr Wesen. Am Montag Abend gegen 9 Uhr brachen dieselben in die im Parterre gelegene Studirstude des Pfarrhauses, um Geld zu suchen, erreichten aber glücklicherweise ihren Zweck nicht. Hoffentlich gelingt eS der Polizei, die frechen Einbrecher bald dingfest zu machen. Ruppendorf. Am Bußtag sind in der hiesigen Kirche bei der Feier deS heiligen Abendmahls die heiligen Gesäße nach ihrer Erneuerung zum l. Male wieder in Gebrauch genommen worden. Die Er neuerung ist durch Herrn Otto BüUner in Dresden in vollendeter Weise zur Ausführung gebracht und der hiesigen Kirche, <n welch« seine jetzt hier wohnhaften Eltern gehören, ,um Geschenk gemacht worden. Die dankbare Freude über dieses schöne Geschenk ist in der Gemeinde eine allgemeine. Frauenstein. Dem Jahresbericht der hiesigen Feuerwehr entnehmen wir Folgendes: Die Zahl d°r Mitglieder bezifferte sich am Jahresschlüsse 1895 auf 37 Mann. Im Lause des Jahres wurden neun Gesammlübungen abgehalten, mit welchen die Steiger- und Spritzenübungen verbunden waren. Bei einem Brande außerhalb des OcteS war die hiesige Feuer wehr mit Erfolg thätig und erwarb sich den I. Preis. Es stehen der Feuerwehr zur Verfügung: 2 Saug- und Druckspritzen, 1 Druckspritze, 8 kleinere Hand spritzen sowie verschiedene größere und kleinere Aus rüstungsgegenstände. Für das Feuerlöschwesen wurden im Jahre 1895 66 Mk. 10 Pfg. verwendet. Die Einnahmen deS Korps beliefen stch auf 383 Mk. 54 Pfg., die Gesammtausgaben auf 379 Mk. 22 Pfg., so daß ein Kassenbestand von 4 Mk. 32 Pfg. verblieb. Hierzu kommt noch ein Vermögensbestand von 1689 Mk. 70 Pfg. Die Straskaffe hatte eine Einnahme von 12 Mk. 62 Pfg. und eine Ausgabe von 10 Mk. 29 Pfg., demnach 2 Mk. 33 Pfg. Kaffenbefland. Seit dem 16. Februar hat Herr vr. wsä. Ullrich hier in anerkennenswerther, uneigennütziger Weise für die Mitglieder der Feuerwehren des Feuerwehrverbandes Frauenstein und Umgegend einen Unterrichtskursus über Sanitätswesen eröffnet. Der Unterricht findet Sonntags Nachmittags statt und ist die Betheiligung an demselben eine sehr erfreuliche. Tharandt. Ueber eine ganz besondere Selbst - mordaffairemit gefährlicher Verletzung eines Andern in der Stube der hiesigen Fremdenherberge, in der „Garküche zu Tharandt", schreibt ein Augenzeuge etwa Folgendes: Vor den Augen von drei Handwerks burschen erschoß stch am Sonnabend Mittag halb 1 Uhr der am Freitag Abend zugereiste Ziegelei arbeiter Schädlich aus Eubusch bei Zwickau. DeS stürmischen Schneewetters wegen hatten die Leute nicht Weiterreisen können und sich während deS Vormittags harmlos unterhalten. Um obige Zeit brachte ge nannter Schädlich die Unterhaltung auf das Schießen, wobei er einen Revolver aus seiner Tasche zog, nach der Thür aus einen Punkt zielte, losdrückte und dabei unglücklicher Weise den kaum 20 Minuten vorher zu gereisten Schuhmachergesellen Scholz au» Ltssa in Posen in den Hinterkopf traf. Unmittelbar nach diesem ersten Schuß hielt Schädlich die Waffe an seine rechte Schläfe, drückte loS und die Kugel endete sofort das Leben des kaum 20jährigen ManneS. Daß sich Letzterer das Leben hat nehmen wollen, bewies der neuerworbene Revolver, sowie «in in seinen Taschen vorgefundener Abschiedsbries an seine Mutter. Der Selbstmörder wurde sofort nach der Todlenhalle geschafft, während der schwerverletzte Scholz, da die hiesigen Aerzte die wahrscheinlich im Echädelknochen sestfitzende Kugel nicht zu erfernen vermochten, nach dem KarolahauS in Dresden tranSportirt wurde. Dresden. Am 2. März bewilligte die Zweite Kammer die Titel 6, 7 und 8 deS außerordentlichen Etats, Neu- und Umbauten bei der Universität Leipzig uiid der Technischen Hochschule in Dresden nach der Vorlage. Der Abg. May bemängelte die Kosten einer Scheune beim landwirthschaftlichen Institute in Leipzig, wurde jedoch vom Abg. Schubert-Euba und Staats minister vr. v. Seyvewitz widerlegt. Abg. RoftoSky dankte der Regierung für die Begründung eine» Maschinenhauslaboratoriums am Polytechnikum. — Am 3. März gab die Zweite Kammer zu dem geplanten Neubau eines Ständehauses ihre Zustimmung, erklärte sich mit den Vereinbarungen, die zwischen dem Ministerium de» König!. Hause« und dem Finanz ministerium über die Erwerbung de« vrühlschen Palais und über die Abfindung an die König!. Zivilliste ge- troffen worden sind, einverstanden unv bewilligte, abweichend von der Vorlage, zur Erfüllung dieser