Volltext Seite (XML)
178 wonach in die zweite Abtheilung nicht nur alle die Urwähler gehören sollen, die mindestens SO Mk., sondern schon alle die gehören sollen, die mindestens 38 Mk. an Grund- und Einkommensteuer zahlen. Bei Beginn der Debatte zu den einzelnen Paragraphen erklärten die Sozialdemokraten, sich nicht an derselben betheiligen zu wollen. Die Abgg. Wetzlich, Herfurth, vr. Schill und Hähnel sprachen für, Abg. Theuerkorn gegen die Vorlage. Nachdem sich Abg. vr. Mehnert eine Erklärung der Regierung erbeten hatte, ob diese in eine Herabsetzung der Grenze für die zweite Ab theilung aus 38 Mk. wi igen werde, erklärte Staats minister v. Metzsch, daß die Negierung prinzipielle Bedenken dagegen nicht habe und ihrerseits dem An trag zustimmen werde. Nachdem noch Abg. Leuthold für die Vorlage eingetreten war und die Abgg. Preibisch, Kockel, Herfurth und vr. Schill einzelne Erklärungen abgegeben hatten, wurde der von Abgg. vr. Mehnert und Gen. zu H 7 gestellte Abänderungsantrag an- genommrn. Schließlich wurde die ganze Wahlrechts vorlage in namentlicher Abstimmung mit 56 gegen 22 Stimmen mit den von vr. Mehnert u. Gen. sowie den von der Deputation vorgeschlagenen Abänderungen angenommen. (Das Resultat konnte im größten Theile unserer letzten Nummer bereits telegraphisch gemeldet werden.) — Die Hochbauten des König Albert-Hafens zu Dresden sind nunmehr auch am Südquai nahezu seriig- gestellt, indem sämmtliche Gebäude, Lagerschuppen, Wohn- und Dienstgebäude, Wärterhäuser rc. zur Be nutzung bereit stehen. Die vier Portalkrahne, die StromzusührungS-Anlagen, circa 12 Bogenlampen, überhaupt sämmtliche BeleuchtungS- und Starkstrom leitungen sind im Laufe der letzten Wochen fertig montirt worden. Von den umfänglichen Gleisanlagen sind bis jetzt vier an der Quaimauer entlanggehend ausgeführt worden und zum Theil bereits in Be nutzung. Nur mit den Tiefbauten, den Planirungs-, Pflaster- und sonstigen Arbeiten, welche sich während der kalten Jahreszeit nicht gut ausführen ließen, ist man noch etwas im Rückstände, doch herrscht auch jetzt nach Eintritt milderer Witterung auf diesem Gebiete rege Thätigkeit. — Die Enthüllung des Wettin-Obelisken in Dresden hat eine Verzögerung aus einem seltsamen Grunde erfahren. Bei der Ablieferung des steinernen Unterbaues zeigte sich, daß das betreffende Geschäft seine Firma in auffälliger Weise am Sockel des Monu ments angebracht hatte. In Folge dessen verweigerte Stadtbaurath Bräter die Abnahme und die Firma hat sich entschließen müssen, die Schrift wieder zu ent fernen und den Stein neu zu schleifen uns zu Policen. — Das Treiben der bekannten spanischen Schwindler, die sich neuerdings wieder Sachsen und auch die Umgegend Großenhains zum Operations felde ausgesucht und mit ihrer Fabel von den ver grabenen Schätzen offenbar immer noch Gläubige ge funden, hat bei seiner Gemeinschädlichkeit die ernste Aufmerksamkeit unserer Regierung erregt und diese dazu geführt, den Reichskanzler um diplomatische Inter vention bei der spanischen Regierung zu ersuchen. Darauf ist beim sächsischen Ministerium folgendes Schreiben des Herrn Reichskanzlers vom 1. Februar 1896 eingegangen: „Dem königlich sächsischen Mini sterium der auswärtigen Angelegenheiten beehre ich mich auf das gefällige Schreiben vom 21. vorigen Monats zu erwidern, daß ich mir keinen Erfolg davon zu versprechen vermag, wenn ich die spanische Regie rung erneut auf das betrügerische Treiben der darin bezeichneten Personen aufmerksam machen lasse. Wie der kaiserliche Botschafter in Madrid schon in seinem, dem königlichen Ministerium seiner Zeit durch den königlich preußischen Gesandten mitgetheilten Bericht vom 26. Mai 1894 ausgeführt hat, sind die von Spanien aus betriebenen Schatzgräberschwindeleien, um die es sich im vorliegenden Falle handelt, der spanischen Regierung seit langer Zeit bekannt, ohne daß ihr trotz wiederholter Anregungen von Seiten der kaiserlichen Botschaft in Madrid gelungen wäre, die Schwindler zu ermitteln. Da die Gründe hierfür, die sowohl in der Eigenart der spanischen Verhältnisse insbesondere der Gleichgiltigkeit der Behörden, als auch in den anscheinend ungewöhnlich ausgedehnten Verbindungen der Gauner liegen, nach den noch neuer dings gemachten Erfahrungen bis jetzt unverändert fortbestehen, würde auch mit erneuten Schritten in Madrid nichts erreicht werden. Es bleibt nur übrig, ebenso wie bisher, durch fortgesetzte Warnungen in der Presse, namentlich in den Provinzblättern, die Reichs angehörigen zur Vorsicht gegenüber dem Schatzgräber schwindel zu mahnen." Großenhain. Zum ersten Male hat rin Kirchen vorstand gegen die Heranziehung ausländischer Kräfte in den sächsischen Kirchendienst Einspruch erhoben. Für das erledigte zweite Diakonat in Großenhain war vom Kollator (Stadtrath) unter den drei Kan didaten ein Ausländer (Preuße) vorgeschlagen worden. In der Sitzung d«S Kirchenvorstandes beantragte aber gleich nach der Veröffentlichung der Vorschläge ein Mitglied die Ablehnung des Ausländers mit dem Hin weise darauf, daß wir in Sachsen zur Zeit Ueberfluß an Kandidaten haben. Wurzen. Der hiesige GastwirthSverein führte bei der Kreishauptmannschaft Leipzig über den hiesigen Etadtrath Beschwerde, weil dieser in der bestimmten Annahme, daß nach der am 1. Dezember v. I. vor genommenen Volkszählung die EinwohnerzahlWurzenS über 15000 ergeben habe, eine größere Anzahl Gasthofs- und Schankkonzessionen erlheilt hatte und weil ferner eine weitere Anzahl derartiger Gesuche um Konzessionsertheilung noch vorlagen, die ohne Zweifel ebenfalls Genehmigung gesunden haben würden. Der GastwirthSverein begründete seine Be schwerde damit, daß er, entgegen der Ansicht des Rathes, behauptete, das Ergebniß der am 1. Dezbr. 1895 stattgehabten Volkszählung Wurzens sei nur ein vorläufiges und kein amtliches, und eS sei des halb noch die Einwohnerzahl vom 5. Dezember l890 maßgebend. Die Kreishauptmannschast trat dieser Ansicht bei und verfügte die Wiederaushebung der beschlossenen neuen Gasthofs- und Schankkonzessionen. Borna. Im benachbarten Frohburg soll am kommenden Himmelfahrtsfeste eine Zusammenkunft sämmtlicher sächsischer Militärvereine der Bezirke Leipzig, Borna, Rochlitz und Glauchau abgehalten werden. Es werden ungefähr 400 Vereine erscheinen; größere Festlichkeiten sind bereits in Vorbereitung. Wahrscheinlich wird auch der Altenburgische Landes verband sich an dieser Versammlung betheiligen. Nerchau. Der hiesige Spar- und Vorschuß verein mit unbeschränkter Haftpflicht wird in nächster Zeit liquidiren. An seine Stelle wird eine Vereins bank mit 100000 Mk. Betriebskapital treten. Pausa. Unter Vorsitz des König!. Bezirksschul inspektors Schulrath Seltmann hat der Schulvorstand beschlossen, die Zahl der Lehrkräfte an hiesiger Schule um zwei zu erhöhen, sodaß hier also von Ostern ab 1 Direktor, 10 Lehrer und 1 Handarbeits lehrerin wirken werden. Sayda. Vorigen Dienstag Nachmittag wurde auf Dörnthaler Rittergutsflur der Hausauszügler Hermann Hengst aus Wernsdorf erfroren aufgefunden. Der selbe hat sich nach einem häuslichen Zwiste am 15. Februar von seiner Wohnung entfernt und dürfte sich in der Trunkenheit zum Ausruhen im Walde nieder gesetzt haben, wo er erfroren ist. Dem Anscheine nach ist dies bereits in der Nacht vom 15. bis 16. Februar geschehen. Er hinterläßt Frau und drei Kinder. Eibenstock. Der neubcgründeten Handels schule Hierselbst gewährt die Stadt unentgeltlich die erforderlichen Lokalitäten mit Heizung und Beleuchtung. Der Stadtrath wollte noch eine einmalige Beihilfe von 1000 Mk. zur Bildung eines Reservefonds be willigen, die Stadtverordneten beschlossen aber, mit Rücksicht auf die Finanzlage der Stadt, für drei Jahre nur einen Beitrag von je 150 Mk. zu gewähren. Reichenbach. Die verhängte Konkurs-Erklä rung über den Nachlaß des vor einigen Wochen ver storbenen Rechtsanwalts Langlotz macht hier großes Aussehen. Der Verstorbene hat sich schwere Ver untreuungen zu Schulden kommen lassen, indem er in seiner Eigenschaft als Konkurs-Verwalter Gelder und zwar in beträchtlicher Höhe, in seinem Interesse verwendete, statt dieselben an die Depositenkaffe abzu führen. Hierdurch werden eine ganze Anzahl Gläubiger der Konkursmasse in erneuten starken Verlust gebracht. Die unterschlagene Summe ist noch nicht genau fest gestellt Plauen i. V. Von den hies. vierzehn Innungen wird jetzt ein JnnungsauSschuß errichtet. Das Statut ist der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung bereits eingereicht worden. Zweck deS JnnungSauS- schusseS ist die Förderung der gemeinsamen gewerb lichen Interessen der betheiligten Innungen. AuS dem Bogtlande. Die Ermittelung des viel fachen Raubmörders Kögler zieht ihre Kreise bis ins Vogtland. In Oelsnitz brannte im Mai 1894 ein Hoteloberkellner namens Priebsch durch und nahm gegen 500 Mk. seinem Prinzipal gehöriger Gelder mit. Dieser Priebsch entkam nach Algier, trat in die Fremdenlegion ein und lernte dort seinen Landsmann Kögler kennen (Priebsch stammte aus Grenzendors an der sächsisch-böhmischen Grenze). Wenn nun dieser Priebsch mit dem seinerzeit aus OelSnitz Entflohenen identisch ist, so ist es ein starkes Stück, wenn der Vater Priebschs nunmehr Anspruch auf die Belohnung erhebt, welche auf den Kopf Küglers gesetzt war (1500 M.) Der durch den jetzigen Fremdenlegionär geschädigte Oelsnitzer Hotelier aber würde auf diese Weise vielleicht wieder zu seinem Gelbe kommen. A«S dem Bogtlande. Die in diesem Winter im Vogtlande eingekehrten KrammetSvögel erreichen auch nicht annähernd die Zahl, welche in den vorher gehenden Wintern, insbesondere 1893/94, hier Einkehr hielten und zum größen Theile Pulver und Blei zum Opfer fielen. Ein Flug von 50 bis 60 Stück ist schon «ine Seltenheit, und dies sind in der Mehr zahl im Vogtland« erbrütete Zeumer, während die aus Skandinavien gekommenen KrammetSvögel in diesem Winter gar nicht „hielten", sondern flüchtig das Vogt land durchzogen. Der verhältnißmäßig geringe Schnee des Winters ermöglichte den Vögeln, noch andere Nahrung zu finden, als die sonst ihre Hauptnahrung bildenden Beeren der Eberesche. Zittau. Der Stadtrath hat beschlossen, dem nächst eine ständige Lebensmittel-Kontrole ein- zusühren. Dieselbe soll dem hier ansässigen Chemiker vr. Jonscher, mit dem bereits ein diesbezüglicher Vertrag abgeschlossen ist, übertragen werden. (Fortsetzung des Sächsischen in der Beilage.) Tagesgeschichte. Berlin. Entsprechend der vom Grasen Mirbach an den Reichskanzler gerichteten Aufforderung zur Ein leitung von Verhandlungen zur Herbeiführung eines internationalen Kongresses betreffs der Währungs frage beabsichtigen die Bimetallisten, im Reichstage wiederum eine Resolution gleichen Inhalts einzu bringen, jedoch soll erst die Stellungnahme deS eng lischen Unterhauses zur Frage der Wiederöffnung der indischen Münzstätten, die voraussichtlich am 17. März fallen dürste, abgewartet werden. Sollte die Ent scheidung im Sinne der Bimetallisten auSsallen, so wird beabsichtigt, gleichzeitig in den Parlamenten Eng lands, Frankreichs und im Deutschen Reichstag eine Resolution in dem oben angedeuteten Sinne ein zubringen. — Die Budgetkommission des Reichstages be willigte ohne Vorberathung die einmaligen Aus gaben des ordentlichen Marineetats, sowie eine Reihe kleinerer Forderungen, darunter für artilleristische Armirung insgesammt, dann für das Torpedowesen, für Gebäude und Neubauten der Wersten zu Kiel und- Wilhelmshaven. — Der Zenlralverband deutscher Kaufleute hat zwei Petitionen zum Bürgerlichen Gesetzbuch au den Reichstag gerichtet. Ferner ist er mittels dreier Eingaben bei den betheiligten Ressortministern dahin vorstellig geworden, das Offenhalten der Schaufenster auch an Sonn- und Feiertagen während des ganzen TagS — mit Ausnahme der Stunden des Haupt- gotteSdienstes — einheitlich für die ganze Monarchie zu gestatten. Er weist auf die große Bedeutung der Schaufenster für die Hebung des geschäftlichen Verkehrs hin und hebt hervor, daß durch das Schließen der selben gerade an diesen verkehrsreichsten Tagen de« Kaufleuten ein ansehnlicher Kundenkreis — namentlich aus der Landbevölkerung — entzogen werde, der sich infolge der Unmöglichkeit, des Sonn- oder Feiertags in ergiebiger Weise Auswahl hallen zu können, an die Haufirer oder Versandgeschäfte wende. — Der „Norddeutsche Lloyd" verlangt von der verurtheilten Rhederei des Dampfers „Crathie" als Schadenersatz für die untergegangene „Elbe" 565500 Gulden. Gotha. Das der hiesigen Stadt durch Fräulein Therese Gayer zugewandte großartige Vermächtnis beläuft sich nach Abzug der Legale auf 300000 Mk. außer dem Grundstück Löwenstraße 20. Da 90000 Mark als gesonderte Stiftung zu behandeln sind, deren Zinsen bedürftigen, elternlosen, unverheirathete« Töchtern Gothas zufließen sollen, so verbleiben mehr als 200000 Mk. und der Werth des Grundstücks zur Begründung eines „Altersheims" für bedürftige Frauen. Schönhausen. Mittwoch Nacht ist die Gräfin Herbert Bismarck in Schönhausen von einem ge sunden Töchterchen entbunden worden. Oesterreich. Bei der Wiener Gemeinderathswahl. deS ersten Wahlkörpers behaupteten die Antisemiten ihren Besitzstand (14) und gewannen 4 neue Mandate. Die Entscheidung hing in den meisten Bezirken von wenigen Stimmen ab. Der neue Gemeinderath besteht nun aus 96 (früher 92) Antisemiten und 42 Liberalen! Oesterreich. In Abbazia wurde eine prachtvolle Villa im Auftrage der Gräfin Henckel von Donners marck gebaut und von der Gräfin „Villa Rosalia" getauft. Die Gräfin stellte die Villa dem deutschen Kaiser uni seiner Familie zur Verfügung. Kaiser Wilhelm nahm das Anerbieten unter der Bedingung an, daß die Gesundheit seiner Gemahlin soweit her gestellt werde, daß sie eine weite Reise unternehme« könne. Dies ist nun der Fall, und heute wurde die Gräfin verständigt, daß die deutsche Kaiserin mit ihren Kindern sehr bald, der Kaiser später nach Abbazia kommen werden. Die Villa ist mit fürstlichem Luxus eingerichtet. Der dazu gehörige Park ist klein, aber gefüllt mit den herrlichsten Seltenheiten, womnter sich große Palmen befinden, die au» Italien gebracht