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106 Nostitz Wallwitz, während die Kammerherren v. Burgk und v. Schönberg den Deputationtantrag vertheidigten. Der Antrag v. Trützschler wurde angenommen. Endlich beschloß die Kammer, ihre erste Deputation durch drei Mitglieder zu verstärken. — Die Zweite Kammer erledigte am selben Lage zunächst den Bericht der Rechenschaftsdeputation über das König!. Dekret Nr. 7, die Verwaltung und Vermehrung der König!. Sammlungen für Kunst und Wissenschaft in den Jahren 1892 und 1893 betreffend, und erklärte sich ohne Debatte mit dem im Dekret Nr. 7 gegebenen Bericht für befriedigt. Weiter er klärte sich die Kammer ohne Debatte mit den im König!. Dekret Nr. 14 aufgezählten, in den Jahren 1893 und 1894 geschehenen Veränderungen am StaatS- gute einverstanden. Sodann wurde die Petition deS Gemeindevorstandes Kühn in Wachwitz um Korrektion der fiskalischen Straße zwischen Loschwitz und Pillnitz und um Anlage einer Straßenbahn berathen. Die Sbg. Philipp! und May sprachen gegen den Antrag der Deputation, diese Petition auf sich beruhen zu lassen. Abg. vr. Schill vertheidigte den Deputations antrag. Etaatsminister v. Watzdorf erklärte, daß wegen der vielen Krümmungen, Steigungen und des regen Verkehrs auf der in Frage kommenden Straße Konzession zum Bau einer Straßenbahn nicht gegeben werden könne, daß die Regierung aber gegen eine außerhalb der Straße zu bauende elektrische Bahn keine prinzipiellen Bedenken habe. Die Kammer ließ die Petition auf sich beruhen, ebenso ohne Debatte eine Petition der SchaffnerSwittwe Glück in Dresden. — Immer wieder wird in landwirthschastlichen Kreisen Klage darüber erhoben, daß die Proviant ämter ihren Bedarf an Naturalien nicht direkt von den Produzenten kauften. Gegenüber diesen Klagen wird es den betreffenden Kreisen von Interesse sein, zu erfahren, wie sich beispielsweise beim Proviantamt Dresden die letzte AnkausSperiode abgewickelt hat. Ja den Monaten Oktober, November und Dezember hat dieses Amt von 538 einzelnen Produzenten bezw. deren Vertrauensmännern in 1827 einzelnen Posten für rund 630000 Mk. Natural erkauft. Unter diesen 538 Personen befinden sich nur Händler, sofern sie von den betreffenden landwirthschastlichen Vereinen pp. als Vertrauensleute selbst gewählt und bestellt sind. Sonst ist von Händlern überhaupt nicht gekauft worden. Bei den übrigen Proviantämtern liegen die Verhält nisse ebenso; sie im Einzelnen anzuführen, kann unter bleiben, da das angeführte Beispiel genügen dürfte, um darzuthun, wie ungerechtfertigt die oben erwähnten Klagen find. Unter jenen 538 Produzenten befinden sich auch solche aus den Amtshauptmannschaften Dip poldiswalde, Meißen, Großenhain, Bautzen und Löbau. Es ist hierdurch gleichzeitig der Nachweis er bracht, daß auch für Gegenden, welche ein königliches Proviantamt nicht in unmittelbarster Nähe haben, die Lieferungen an die Militär-Verwaltung keinesfalls aus geschlossen find, sondern sich nur etwas unbequemer gestalten. Pirna. Der Wassecingenienr Horra aus Naum burg wohnte der letzten gemeinschaftlichen Sitzung unserer städtischen Kollegien bei, um in der Wasser- beschaffungSsrage sein Urtheil als Sachverständiger abzugeben. Durch den Genannten erfolgt bereits, wie schon erwähnt, die Erbohrung eines artesischen Brunnens auf Rottwerndorfer Flur bei Pirna; die Verhältnisse lassen es jetzt jedoch als geboten erscheinen, eine Neubohrung aus dem Terrain der Kaserne auf der Rottwerndorfer Straße vorzunehmen. Nach langer Debatte entschied man sich schließlich für diesen Plan. Rochlitz. Im Nöderschen Grundstück an der Zwickauerftraße befindet sich ein 8 Ellen tiefer, halb mit Wasser gefüllter Brunnen, der mit Steinplatten bedeckt ist. Als an einem der letzten Tage mehrere Kinder auf diesen Platten standen, fiel eine derselben in den Brunnen und mit ihr stürzten zwei neunjährige Jungen hinab. Glücklicherweise gelang eS ihnen, sich über Wasser zu halten, bis der durch das Hilfegeschrei herbeigerusene Schuhmacher Hübsch ihnen Rettung bringen konnte. Waldheim. Die Vorstandsmitglieder der hiesigen Innungen waren dahin übereingekommen, daß es richtiger sei, wenn Fragen, die das gesammte Handwerk betreffen, nicht bloS im engen Rahmen der Innungen, sondern in weiteren Kreisen selbst ständiger Handwerker erörtert werden. Es wurde daher beschlossen, einen Handwerkerverein für Waldheim und seine nähere Umgebung zu gründen. Diese Absicht ist nun zur Thatsache geworden, indem sich am 3. d. M. ein solcher Verein konstituirte. Zweck des Vereins ist Wahrung und Förderung der Interessen des Hand werk». . Mittweida. DaS hiesige Technikum, eine unter Staatsaufsicht stehende höhere technische Fach schule, zählt im gegenwärtigen 29. Schuljahre 1677 Be sucher, welche die Abtheilungen für Maschineningenieure und Elektrotechniker bez. die für Werkmeister besuchen. Die Anstalt dient zur Ausbildung i« gesammlen Maschinenwesen und in der Elektrotechnik und wurde, um dieser letzteren Aufgabe auch fernerhin vollauf gerecht werden zu können, vor mehreren Jahren durch Erbauung eines besonderen Elektrotechnischen In stitutes wesentlich erweitert. Leipzig. Vor einigen Wochen überbrachte 2in Kaufmann von der russisch-deutschen Grenze dem hies. Lithographen L. den Auftrag, die »oer-seite eine« Rubelscheines nachzudrucken ; die Rückseite wolle er sich dann zu Reklamezwecken bedrucken lassen. Die Sache gelang vorzüglich, und der Auftraggeber fragte schließlich verschmitzt, ob L. nicht auch gleich die Rück seite des echten Rubelscheines nachdrucken wolle. Scheinbar ging der Lithograph darauf ein und nahm die Bestellung auf 20000 Rubelscheine entgegen, bei deren Ablieferung er 20000 Mk. in Baar erhallen sollte. In Wahrheit aber übergab L. die Sache der Behörde, und als der Kaufmann zur Abnahme der nachgemachten Scheine wieder hier erschien, wurde er verhaltet, als er in einem Restaurant bei einem guten Frühstück saß. Leipzig. Eine außerordentliche Generalversamm lung des nationalliberalen Vereins für Sachsen am 9. Februar verwarf mit großer Mehrheit einen An trag auf Ablehnung der Wahlreformvorlage und erklärte dieselbe für eine sorgsam zu prüfende und eventuell zu verbessernde Unterlage für die ständischen Verhandlungen und für die geheime Stimmabgabe. Chemnitz. In der sächsischen Maschinenfabrik, vormals Richard Hartmann, liegen gegenwärtig so viele Aufträge vor, daß die Zahl der Arbeiter, die gewöhnlich 3000 beträgt, auf 4300 erhöht worden ist. Zschopau. In Hohndorf hat eine dem Gasthofs besitzer Gerlach gehörige Kuh zwei kräftige Kälber geboren, die mit dem Unterleibe zusammengewachsen waren. Die Thiere, die bald nach der Geburt ver endeten, sollen konseroirr werden. Eppendorf. Vor kurzem ist, vermuthlich nach Mitternacht, in der Expedition der hiesigen Spar kasse ein Einbruch versucht worden, glücklicherweise ohne jeden Erfolg. Der rasfinirte Einbrecher ist von der Straße aus über d:n rechts vom Hause befind lichen Lat.enzaun gestiegen und hat sich an die Hinter - feite deS Gebäudes begeben. Die großen Fußstapsen sind jetzt noch deutlich im Schnee sichtbar. Mit äußerster Vorsicht, ohne die über der Kaffenexpedition Schlafenden zu stören, ist der Dieb nach Eindrücken einer Fensterscheibe und Oeffnung der beiden Flügel in das Zimmer gedrungen und hat versucht, mit einer ziemlich scharfen Radehacke den eisernen Geldschrank zu zerbrechen. Eibenstock. Am Donnerstag früh vernahm der Grenzausseher QuaS im Gasthose zu Weitersglashütte ein verdächtiges Geräusch. Der junge Beamte, der erst seit zwei Tagen Grenzdienst leistete, betrat die Gaststube und bemerkte hier, daß er es mit einem Einbrecher, der bereits die Kästen eines Schrankes geöffnet, zu thun hatte. Entschlossen trat der Grenz beamte mit ausgepflanztem Seitengewehr und geladenem Gewehr dem Embrecher gegenüber, so daß ein Wider stand ausgeschlossen war. Der Einbrecher entpuppte sich als -der schon mehrfach mit Zuchthaus vorbestrafte Gärtner Löbel aus Limbach bei Chemnitz. Lichtenstein. In der letzten Stadtverordneten sitzung wurde der RatbSbeschluß, die Bewohner Lichten steins gegen Unfälle usw., welche auf Verschulden der Stadtgemeinde, bezw. ihrer Angestellten verursacht werden, bei dem Allgemeinen Deutschen Versicherungs verein in Stuttgart zu versichern, angenommen. Die jährliche Versicherungssumme soll 42 M. betragen. Auerbach. Im hiesigen König!. Seminar ist die Influenza ausgedrochen; über 100 Schüler zeigten Symptome dieser Krankheit. Auf Anordnung des Bezirksarztes vr. Schröter wird deswegen der Unter richt zunächst bi» 18. Februar geschloffen und werden die Seminaristen nach Hause beurlaubt. Reichenbach. Eine tief enttäuschte Schaar passirte dieser Tage unsere Stadt. Es waren 80—90 Böhmen, welche aus Amerika zurücktamen, ärmer, als sie dort hin gegangen waren, aber um viele Erfahrungen reicher. Netzschkau. Die Militärbehörde hat über die hiesigen drei Säle das Militärverbot verhängt, weil die Inhaber derselben ihre Räume sozialdemo kratischen Versammlungen zur Verfügung stellen. Dem entsprechend sollten auch in Zukunft die Kontrolleoer sammlungen nicht mehr in Netzschkau, sondern in der Nachbarstadt Mylau stattfinden. Auf ein Gesuch der hiesigen Militärvereine hat sich die Behörde jedoch entschlossen, die Kontrolleversammlungen auch fernerhin in unserer Stadt, und zwar in der Turnhalle abzu halten. Alle patriotischen Festlichkeiten wird man in Zukunst ebenfalls in der Turnhalle veranstalten, solange I unsere Saalinhaber daS sozialdemokratische Joch von I sich abzuschütteln nicht den Muth haben. Neuerdings kursirt hier zwar abermals das Gerücht von einem gegenseitigen Vertrage der Eaalbesitzer, der Umsturz partei den Stuhl vor die Thür zu setzen, er ist diesem Gerüchte aber wenig Glauben beizumeffen, solange nicht «in« öffentliche Erklärung vorliegt. Eine Anzahl, hiesiger Vereine und Gesellschaften trägt sich mit dem. Gedanken, allen Verkehr in jenen drei Lokalen und alle gesellschaftlichen Veranstaltungen aufzugeben, bis in Netzschkau ein neuer Saal entstanden sein wird^ zu dessen Bau angesichts der obwaltenden Umstände die behördliche Genehmigung wohl sicher zu erwarten sein dürfte. Tagesgeschichte. Berlin. Von verschiedenen Seiten wird ver sichert, man betrachte den Gedanken, daS bürgerliche Grsetzbüch noch in der laufenden Reichstagssession durchzuberathen, als aufgehoben und befreunde sich bereits mit der Idee, eine Zwischenkommission für diesen Fall einzusetzen, welche nach dem Schluß der Reichstagssession zusammentreten würde. (Damit wäre also bereits di« vorläufige Todesanzeige vrrschickt.) — Die diesjährigen Kaisermanöver finden be kanntlich in Schlesien statt. Bei denselben werden sich, wie der „Berl. Lok.-Anz." auS angeblich gut informirter Quelle erfährt, Ariilleriekämpfe in einer Großartigkeid abspielen, wie sie noch nie zuvor zur Darstellung ge langt sind. Die Artillerie w'rd hierbei in großen Verbänden auftreten, und da die Meinungen, wie sich Artilleriemaffen im Rahmen der höheren Truppen verbände bilden und wie sie wirken können, in den- militärischen Fachkreisen oft recht zweit auSeiuander- gehen, so erwartet man von den schlesischen Kaiser- manöoern eine Klärung der Ansichten nach dieser Rich tung. Auch soll sich die höhere Truppenführung noch gründlicher in das Wesen des Massenartilleriegefechts, dessen planvolle Leitung besonders schwer ist, o-rtiefen. In der Hauptsache aber wird eS sich bei den in Rede stehenden Hebungen um die praktische Prüfung fol gender Fragen handeln: Wie ist die Vertheidigungs- artillerie zu verwenden, welche nicht siegreich gegen die Angriffsartillerie gewesen ist, oder welche den ent scheidenden Kampf aus diesen oder jenen Gründen nicht ausführen konnte? Und ferner, bietet in der Ent scheidungsschlacht ein Angriff Chancen deS Gelingens, wenn die VertheidigungSartillerie sich siegreich behauptet? Man mißt an den leitenden Stellen diesen Fragen eine ungeheure Wichtigkeit für die moderne Kriegs führung bei, und deshalb soll, wie gesagt, eine eins gehende Prüfung derselben bei den diesjährigen Kaiser- manövern erfolgen, zumal hierzu auch die schlesische» Bodenerhebungen eine vorzügliche Gelegenheit bieten. — Zur Frage der Umgestaltung der vierten Bataillone dürfte folgender Plan vielleicht feste Gestalt onnehmen. Je zwei (vierte) Halbbataillone werden in ein Vollbataillon mit etwa 500 Köpfen umgewandelt, wozu die übrigen Bataillone noch Mann schaften abzugeben hätten. Zwei dieser neuen Boll bataillone bilden ein Regiment und wieder zwei Re gimenter eine Brigade, so daß jedes Armeekorps eine sünste Brigade erhalten würde. Sollte dieser Plan zur Durchführung kommen, so würden die laufenden Ausgaben vielleicht etwas, aber nicht beträchtlich, höher werden. Die Unterbringung würde natürlich besondere Kosten machen; aber man hofft in Regierungskreisen anscheinend, daß sie bewilligt werden würden, da einige kleine Städte bei dieser Gelegenheit Garnisonen er halten könnten. — Im Fürstenthum Lippe ist man sehr unge halten über die Weigerung des Bundesraths, die Erbfolgefrage durch daS Reichsgericht entscheiden zu lassen. Unter Berufung auf die Eingangsworte der Verfassung, nach denen das Reich gegründet ist, auch zum Schutze des im Bundesgebiete giltipen Recht» wird in der „Lipp. Landeszeitung" ausgeführt, daß der BundeSrath verpflichtet sei, dem Reichstage einen Gesetzentwurf zur Regelung deS lippeschen VersaffungS- streiteS vorzulegen, wenn der lippesche Antrag beim BundeSrathe und auch der Versuch des letzteren, ein Kompromißgertcht zu schaffen/ keinen Erfolg habe. In dem Blatte wird die Vermuthung ausgesprochen^ daß der BundeSrath den lippeschen Streit um des willen nicht an daS Reichsgericht bringen wolle, unt keinen Präcedenzsall für die Entscheidung der olden- burgischen Erdsolgefrage zu schaffen, bet der politisch» Gesichtspunkte in Betracht kämen. Demgegenüber wird betont, daß eS sich in dem Fall Lippe um rein rechtliche Fragen handle, die vor das Reichsgericht gehörten. Schweiz. Im Groben Rath von Genf brachte, wie die „N. Zür. Ztg." meldet, der SiaatSrath dreL Gesetzentwürfe ein, betreffend Abänderung de» Gesetze» über die verwahrloste Jugend. Der StaatSrath hat danach die Besugniß, verwahrloste Kinder iw BefferungShäusern oder landwirthschastlichen Kolonien unterzubrtngen. Die zweite Vorlage betrifft den Ver^ kauf eine» Gelände» an den Verein zum Schutz ver