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Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend M die Königlich- Amtshnuplmannschaft, das Königliche Amtsgericht und dm Mdtrath zu Dippoldiswalde. Inserate, nxlch« bet der bedeutenden Auflage de» Blattes «in« sehr wirk sam« Verbreitung finden werden mit 1l> Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und eomplieirt« Inserat« mit entsprechen dem Aufschlag.— Einge sandt, im redaktionellen LH eile, die Spaltenzeil« LOPfg. die Agenten nehmen Be stellungen an. Verantwortlich«! R-dact-nr: Paul Ithtlt in Dip»°ldi«waldc. MI« .qu,ui,E MI. ,.«w. h-.«>.>rq,ch.ft,ich-- M.«a»M.,«. Nr. 152. Dienstag, de» 31. Dezember 1895. Kl. Jahrgang. Sylvefkekabeub. Da» ist ein Hasten und Jagen, Rur „vorwärts" drängt die Zeit, Gin Streben und et» Wagen, Ein. Haffen und ein Streit; Und Stunde rinnt um Stunde, G» schwindet Jahr um Jahr, Dich brennt so manche Wunde, Und bleicher wird drin Haar. Da lohnt fich'S, rinzuhalten Und einmal still zu steh n, Sus unser Leben und Walten Betrachtend zurück zu seh n. Und am Sylvestertage Scheint just die rechte Frist gu ernster, stiller Frage, Wie weit du gekommen bist. Wa» hast du dir errungen In diese» Jahre» Kreis? Wa» ist dir Gute» gelungen Und wa» erwarb dein Fleiß? Hat Sorge dir und Jammer Gin freundlich' Geschick verjagt? Hast du in einsamer Kammer Getrauert und geklagt? Verschieden brachte die Loose De» Jahres reiche» Horn: Der Tine pflückte die Ros«, Den Andern ritzte der Dor»; Dem Einen blühte da» Leben Um seinen Ptlgerstav, Der Andre trug mit Bebe«, Wa» er geliebt, zu Grab. Warst du vom Glück begnadet, So juble heute nicht! Hat Unheil dir geschadet, Da- dir da» Herz fast bricht, Go laß dein zagend' Trauern Und blicke wieder klar, Denn Sonn' und Regen dauern Richt durch da« ganze Jahr. Zum neuen Jahre. Wenn nach alter Sitte am Sylvesterabend mit Sang und Klang da» alte Jahr zu Grabe getragen, und da» junge, neue Jahr räthselhaft und mit einem groben Fragezeichen seinen Lauf beginnt, so pflegen entweder rosige Hoffnungen oder bange Befürchtungen die Herzen der Menschen und Völker zu erfüllen. Will man aber nicht die in diesem Falle unberufene und zweifelhafte Rolle eine» Propheten spielen, so muß man sich mit kühlem Verstände sagen, daß in allen rosigen Hoffnungen und schwarzen Befürchtungen in Bezug auf da» kommende neue Jahr sehr leicht die Uebertreibung und die Phantasie eine Wirkung heroorbringen, welche mit den Erfahrungen des wirk lichen Lebens und Streben» im Staate und Berufe, in der Familie und Gesellschaft nie und nimmer über einstimmen können. Darum gilt al» bester Grundsatz für alle zukünftige Entwickelung und für alle Er wartungen im neuen Jahre: Weg mit aller Ueber- schwenglichkeit im Hoffen und fort mit allem llebermatze im Fürchten! Stetig und verhältnißmäßig langsam nach festen Gesetzen der Natur und Moral beweg; sich alle Entwickelung vorwärts, und der jähe Umsturz zum Unheil oder der plötzliche Fortschritt zum Besseren find große Ausnahmen von der Regel. Deshalb darf der pflichttreue Bürger auch mit Vertrauen in die Zukunft schauen, denn die obersten Bedingungen fried lichen bürgerlichen Wirkens sind voll erfüllt, ein dauernder Friede, und eine feste, starke überzeugte Friedenspolitik herrscht in Europa, und eine starke Regierung und ein festgefügtes mächtiges Staatsge bäude scdirmt den Staat und die Gesellschaft vor innerer Umwälzung, wenn auch manche Elemente der Zersetzung jahraus, jahrein ihr Unwesen treiben. ES ist nun wahr, und «S muß deshalb auch ausgesprochen werden, daß eine große Unzufriedenheit mit der wtrlh- schaftlichen und sozialen Entwickelung der Dinge in weiten Kreisen herrscht, aber auch in dieser Hinsicht muß man sich vor Uebertretbungen hüten und auf eine natürliche Besserung und auf die Auffindung gang barer Wege zur Lösung der vorhandenen Probleme hoffen. Unser Vaterland hat in früheren Perioden seiner stets schwierigen Entwicklung in wirthschastlicher Hinsicht viel größere Nothstände glücklich überwunden, Nothstände, gegenüber welchen die Kalamitäten, über welche man jetzt klagt, als «in wahres Kinderspiel erscheinen. Deshalb darf auch mit Zuversicht erwartet werden, daß mit Geduld und Ausdauer und mit einer gewissen Ein- und Umkehr auch die wirthschastlichen Schäden und sozialen Gebrechen der Gegenwart geheilt werden können. Daß in dieser Hinsicht in naher Zukunft gute Fortschritte erzielt werden möchten, bleibt Mser bester Neujahrswunsch. Wer heute lebt in Freuden, Kann morgen trostlos sein, Und «er gequält von Leiden, Den kann der Herr befrei'«; D rum frag' nicht nur: Wie «ar eS? Rein auch: Wie «ird ,S sein Am Ziel des nächsten JahreS? — Es wechselt Glück und Pein. -LoLaks und Sächsisches. Dippoldiswalde. Das selige, fröhliche Weih- nachtSfest ist vorüber. Die Natur hat eS diesmal in ihrem reinst-n Weiß mitgeseiert. Sie sorgte nicht nur für eine schöne Schlittenbahn nach dem Gebirge zu, sondern bot auch den Schlittschuhläufern eine feste, wenn auch nicht ganz glatte Eisbahn dar, die auch besonders am 2. Feiertage während des I. EiSconcert» recht fleißig benutzt wurde. Aber die 5- bis 8gradige Kälte trieb die jugendliche Schaar gleich nach Schluß deS Concerts wieder in die traute Familienstube, wo sich um den hellleuchtenden Christbaum die Familie sammelte, spielend und scherzend Freudig lauschte sie den Welhnachtslied-rn der Stadtkapelle, die am heiligen Abend durch die stille Weihenacht erklangen. Fröhlich ober auch folgten die Besucher des ConcertS am 1. Feiertage im Sternsaale den Weisen der Kapelle, die im Programm die weihnachtliche Herzensstimmung so gut getroffen hatte, daß an manchen Stellen Orchester und Publikum zu verschmelzen schienen. Am Abend des 2. Feiertages hatte der Bürgerverein durch Concert und Ball für Unterhaltung gesorgt und dadurch sich gleichzeitig Milkt! verschafft, arme Konfirmanden aus zustatten. O du selige- Weihnachtsfest, an dem die Liebe wallet. Zur Anbetung der unendlichen GotteS- liebe halte sich eine zahlreiche Gemeinde der Gläubigen zu den Gottesdiensten versammelt, um sich an den er hebenden Worten der Prediger und an Gesang und Kirchenmusik zu erbauen. Auch am 3. Feiertage er freute sich das Jahnsche Concert im Schützenhaussaale eines zahlreichen Besuch» und wegen deS erheiternden Programms groben Wohlgefallens, worauf besonders die junge Welt sich im Tanze belustigte. — Eine schöne Weihnachtsfeier gestaltete sich am 1. Feiertag früh in der Herberge zur Heimath. Die selbe begann mit dem Liede »Dies ist der Tag", woraus Herr Diakonus Büchting das Weihnachts evangelium vorlaS und die Bedeutung des lieben Weihnachtssestes den anwesenden 25 Handwerksburschen ans Herz legte. Von diesen waren 19 als Hand werker und 6 als Arbeiter ins Fremdenbuch ein getragen. Alle erhielten von den Gaben (z. B. 19 Paar Stiefel, Röcke und dergl.), die Freunde der inneren Mission freundlichst zugesandt hatten. Kluger Weise wird ein Mißbrauch m t den neuen Kleidungs stücken dadurch verhütet, daß die Beschenkten ihre alten Sachen zurücklassen müssen. — Einen würdigen, stimmungsvollen Abschluß fand die diesjährige Weihnachtsfeier in der Ausstellung transparenter Weihnacht »bilder de» Verein« für innere Mission. Sanftes Harmoniumspiel und all gemeiner Gesang und Vorlesung einer Schriststelle bereiten Herz und Gemllth wirkungsvoll vor, der Vorhang zertheilt sich, und vor unserm Auge steht je eins von den 12 bibl. Bildern, die, von Künstlerhand So denk' und bete stille In der Sylvesternacht: Wa» auch geschah, dein Wille, O Herr, hat » gut gemacht. Gieb, daß ich Tröstung finde Im Glauben immer neu, Und bleib« deinem Kinde Mit deiner Gnade treu! auSgesührt, die Personen aus Jesu Jugendgeschichte sowie Jesus als Ktnderfreund und als Tröster geradezu plastisch vorftellen. — Am 1. Februar 1896 wird Herr Steuerausseher Petz old ins Bvreaux des Hauptzollamts in DreSoen versetzt. Im Kreise der Sänger und Musikfreunde wird man seiner al» früherer Dirigent des Gesang vereins, sowie al» vorzüglicher Oboebläser al» auch Komponist und Arrangeur hübscher Märsche und Tänze stets gern gedenken. — Neujahr zur Großvaterzeit. Die Sylvester feier war früher ein spezielles Familienfest, da» der Hausvater im Kreise der Seinigen verlebte. Den Neujahrstag in irgend einer Gastwirthschaft anzu treten, würde al» große Ungeschicklichkeit auSgelegt worden sein. Sogenannte „Sylvesterbälle" kamen erst in den dreißiger Jahren auf. Das Neujahr»- graluliren unter Freunden war zu Ende deS vorigen Jahrhunderts, als veraltete Sitte, nicht mehr üblich; man wünschte sich ein glückliches Neujahr, wenn man sich eben sah. In der sogenannten „feinen Welt" herrschte d r Brauch, die Bedienten oder Mägde auS- zuschicken, um entweder den Namen ihrer Herrschaft aufzuschreiben oder ein villet abzugeben. Die öffent lichen Gratulanten, welche von Haus zu Hau» gingen, waren die Rathsdiener, Thürmer, Schornsteinfeger und Bälgetreter. Sie richteten ihre Wünsche nach dem Geldgeschenk ein. Für 2 Groschen wünschten sie nur ein glückliches neues Jahr, und wer acht Groschen gab, bekam auch noch die ewige Seligkeit mit in Kauf. Die Nachtwächter gingen in der Sylvester nacht mit einer Schaar ihrer Bekannten, darunter auch Weiber, von Haus zu HauS und sangen geistliche Lieder. Da sie fast überall mit einem Schnapse Irak- tirt wurden, nahm gewöhnlich zuletzt der Gesang einen Charakter an, der mehr einem Geheul, al» Segens wünschen in harmonischem Gewände glich. Raundorf. Auch in diesem Jahre wurden, wie seit langer Zeit alle Jahre, von Herrn Ritterguts besitzer Otto aus Naundorf 50 Kinder, darunter neun Konfirmanden, zur Bescheerung ins Schloß geladen, wo sie freudestrahlend die von der Hand der Fra» Kästner sinnig ausgestellten reichen Geschenke in Em pfang nahmen. Möchten alle die guten Wünsche, welche die jugendlichen Empfänger gewiß für da» Wohlergehen des hochherzigen Geber» und deffe» WirthschastSleiterin in ihrem Inneren tragen, in Er füllung gehen. Sadisdorf. Bei der am 26. Dezember 18SS vorgenommenen Ergänzungswahl de«hiesigen Kirchen- Vorstandes wurden sämmtliche ausscheidende Mit glieder wiedergewählt. ES sind dies die Herren GptS- besitzer Wilhelm Büttner für Obercarsdorf, OrtSrichter Friedrich Krumpolt für Niedrrpöbel und Gemeinde vorstand Hermann Liebschner für Naundorf.