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Wchmtz-Zitililg Nr. 137 61. Jahrgang Sonnabmd, dm 23. November 1895 -Lokale» und Sächsische». Dippoldiswalde. Der dem Gedächtniß der Tobten geweihte morgende Sonntäg bildet zugleich den Schluß d«S Kirchenjahres. Die Gottesdienste Verantwortlicher Redacteur: Paul Ichnr in Dippoldiswalde. Mit achtseiligem »Hllustrirten Unterhaltung»«««". Mit land« und havSwirthschastlicher MonatSbellage. LranSport deS Verletzten bespricht. Den Dank für diese trefflichen Ausführungen wurde hierauf Herrn Eidner durch Herrn Etadtrath Reichel ausgesprochen, womit die jeden Turngenossen wiederum befriedigende Versammlung beendet war. — Mag es Gleichgiltigkeit ober Nachlässigkeit, übelangebrachte Sparsamkeit, oder sonst etwa- sein, Thotsache aber ist eS aus jeden Fall, daß sich in diesem Herbste eine auffällige Verminderung der Ver sicherung der Schweine gegen Trichinen gegen die gleichen Zeiten der Vorjahre bemerklich wacht. Da nicht anzunehmen ist, daß das HauSschlgchten der Schweine, trotz der wirthschastlichen Nothlage eine wesentliche Verminderung erlitten hat, indem es in den meisten Fällen als wirthschaftliche Nothwendigkeit erscheint, ein Vergessen der VersicherungSnahme, da ja der Trichinenichauer bestellt werden muß, undenkbar ist, so ergiebt sich lediglich daS Sparenwollen der geringen Prämie als Ursache der Verminderung der Versiche rungen. — Wer aber nöthig hat zu sparen, hat noch viel nöthiger, sich, soweit dazu die Möglichkeit vor handen ist, vor Verlusten zu schützen und die Prämien sind, wie bekannt, allgemein und so z. B. auch bei der Trichinengefahr Versicherung des landw. Verein» für Dippoldiswalde und Umgegend, so gering, daß eigentlich Niemand verantworten kann, von der ge gebenen Gelegenheit keinen Gebrauch zu machen. Hat doch letztere Versicherung während der vorigen zwei Jahre auch den Werth zweier trichinös befundener Schweine innerhalb unserer Amtshauptmannschaft zu ersetzen gehabt, und daS natürlich, wie auch aus dem öffentlichen Danke der Betroffenen zu ersehen war, in zuvorkommendster Weise gethan. Der Bund der Landwirthe aber hat im letzten Jahre seinen Mit gliedern 26 Stück trichinös befundene Schweine ent schädigt. Ist das nicht eine Mahnung auch in dieser Beziehung nicht lässig zu sein? — Geschäftsführer der Versicherung des landwirthschastlichen Vereins ist bekanntlich z. Z. Herr Gasthosbesitzer Stephan im „Stern". — In Abtheilung 47 des WendischcarSdorfer StaatssorstreviereS wurde der Leichnam eines Er hängten ausgefunden und wegen eingetretener Fäul- niß an Ort und Stelle vergraben. SeiferSdorf. Ein beim hiesigen Gutsbesitzer Hauptmann wegen plötzlicher Erkrankung getödtete Kuh ist mit Milzbrand behaftet gewesen. Der Kadaver ist daher vorschriftsmäßig vergraben und sind gegen Weiterverbreitung der Seuche alle sonstigen Vor sichtsmaßregeln getroffen worden. Hauptmann besitzt noch lt Rinder, welche bei vorgenommener Unter suchung durchgehends gesund erschienen. Großölsa. Im hiesigen Orte ist während der letzten drei Monate von 2 hochgeachteten Ehepaaren das seltene Fest der goldenen Hochzeit gefeiert worden. Nachdem Gott im September d. I. Herrn PrivatuS C. Klügel und Frau diese Freude erleben ließ, folgte am vergangenen Sonnabend in noch geistiger Frische und körperlicher Rüstigkeit da» Bor- mannsche Ehepaar. Der Jubilar Friedrich Bormann, welcher im 76. Lebensjahr steht, geht nach wie vor seinem BerusSgeschäste als Waloarbeiter treulich nach und da die Jubilarin trotz ihres 72jährigen Alter» sich ebenfalls des besten Wohlseins erfreut, gestaltete sich daS Jubelfest zu einer recht fröhlichen Feier. Nachdem am frühen Morgen das Menzersche Musikchor ein Ständchen gebracht, wurde diesen ehrwürdigen Alten manche ehrende Gratulation zu Theil. Vor allen erschienen u. A. die Vertreter der hies. Gemeind« und beglückwünschten unter Ueberreichung eines präch tigen Geschenkes daS Jubelpaar au>S Herzlichste. Nachmittag 2 Uhr fand in der herrlich dekortrtea Wohnung im Kreise lieber Kinder, Enkel, Geschwister und Freunde, durch Herrn Pastor Köhler-EeiferSdorf, die kirchliche Einsegnung statt und wirkte dieser feier liche Akt, zumal unser allverehrter Seelsolger herzliche gleichen ernsten Todtenfeiern; in stillem Gedenken widmet man den Heimgegangenen ehrende Erinnerung; Trauerklänge und Trostlieder umrahmen die geistlichen Reden in den Kirchen. Den Todtensonntag hat die Kirche mit Recht in den Spätherbst, in den Ausgang des Novembers, gelegt. Die Idee des Vergänglichen und der Gedanke des Todes, sie können nicht ein dringlicher gepredigt werden, als im Welken und Ver gehen des farbenreichen Schmucks, mit dem die Natur all ihre Kinder in Wald und Flur und Garten ge kleidet hatte zu Frühlingshoffnung und Sommerlust. Nun sind sie alle dahin, der rauhe Herbstwind hat sie geknickt und gebrochen und auf Nimmerwiedersehen davongetragen, und ihres Schmuckes entkleidet stehen Feld und Garten öde da und leer, traurig ragen die kahlen Aeste der Bäume zum Himmel. So sieht es öde aus und traurig in manches Vaters oder mancher Mutter Herzen, die die Blume ihres Lebens, ein blühendes Kind, hingeben mußten an den Fürsten des Schattens, so trauert mancher Gatte, manche Gattin heute um den Heimgang des unvergeßlichen Lebensgefährten, und manch-S Kinderauge, das Vater und Mutter sinken sah ins Grab, es fließt heute über vor bitterem Harm und Weh. Den Verblichenen ihre Lieb- zu bezeugen, ziehen sie heute hinaus zum stillen Friedhof und schmücken mit Blumen und Kränzen den Hügel, de: den Geliebten birgt. Und Blumen und Thronen verbinden sich zu einem feierlichen Opfer, das dem Herzen seine schwere Last leichter macht; da innige Gedenken führt den Vollendeten in die lebens volle Anschauung des Trauernden. Grabeslrauer und llufersiehungshoffnung gehören eng zu einander. Auch Denen, die da meinen, daß für sie die Sonne auf ewig untergegangen sei, wird schaffenssreudige Arbeit für Andere Trost verleihen, und dem Ver lassenen und Verwaisten wird Schutz und Hilfe kom men. Denn ewig recht hat doch das Dichterwort, wie auch der Winter dräut: „Es muß doch Frühling werden". — Einen schönen, erfreulichen Beweis kirchlichen Sinnes gab am Bußtag der zahlreiche Besuch der Abendkommunion, an der 165 Männer und 243 Frauen iheilnahmen. — In einer gestern Abend anberaumten außer ordentlichen Hauptversammlung nahm der hies. Turn verein zunächst die vom Turnrath getroffenen Ab änderungen des Grundgesetzes an. Außer einigen kleinen anderen Abänderungen handelt eS sich besonders um § 1, welchem, den Eßlinger Beschlüssen, die be sonders jeden Grund z^m Zwiespalt in der deutschen Turnerschast den Boden entziehen sollen, sich anpaffend, folgende Fassung gegeben wird: „Der unter dem Namen Turnverein zu Dippoldiswalde bestehende Per sonenverein bezweckt die Förderung des deutschen Turnens als eines Mittels zur körperlichen und sitt lichen Kräftigung, sowie die Pflege deutschen Volks bewußtseins und vaterländischer Gesinnung. Alle po litischen Parteibestrebungen sind ausgeschlossen." — Den zweiten Theil des Abends füllte ein Vortrag des Herrn Vorsitzenden Eidner aus über daS Thema: „Die am häufigsten beim Turnen vorkommenden Ver letzungen und deren erste Hilfe." Nachdem Redner im Eingänge vor der Anwendung alleiniger Selbst hilfe gewarnt, vielmehr die Zuziehung eines Arztes bei ernsteren Fällen als unbedingt nothwendig be zeichnet hat, bespricht er die einzelnen Verletzungen nach folgender Reihenfolge: Quetschungen, Verstauchun gen, Verrenkungen, Knochenbrüche, andere, besonders blutende Wunden, Erschütterungen und sogenannte Brüche deS Unterleibes." Nach der festgehaltenen Disposition: „Wodurch entstehen diese Verletzungen? welches sind die Kennzeichen und der Verlauf der selben? und was ist als erst« Hilfe zu bieten ? werden tue einzelnen Fälle gründlich beleuchtet, und eine Fülle beherzigender Fingerzeige vom Bottragenden gegeben, worauf er noch am Schluffe eingehend auch den Todtenfest. Von dem Dome schwer und bang Tönt der Glocke Gradgelana. Ernst begleiten ihre Trauerschliige Emen Wandrer auf dem letzten Wege. Ja, so klingt heul alles Geläut, viel ernster, viel feierlicher als sonst. Denn Todtensonntag ist ein Tag der Wehmuth und der Klage, ein Tag schmerzlicher Erinnerung. Und wenn dann die Trauernden in langen Reihen mit ihren Kränzen zum Friedhof wallen und ihren Lieben die Grabstätte schmücken, dann fallen bittere Thränen ins welke Glas und die Herzen quält wieder der alte Schmerz um die Lieben, die unten im dunklen Schooß der Erde schlummern. Da werden wir es wieder inne, welch furchtbare Herrschaft der Tod übt. Er raubt das muntere Kindlein, das kaum die ersten Tritte ins Leben gethan und mit seinem glücklichen Lachen den Eltern Sonnen schein ins hauS gebracht hat. Er fordert die blühende Jungfrau und reißt sie fort von der Seite des Mannes, dem sie sich vertraute; er fällt die Männer, die start, fest und treu, dem Vaterlande zu Schutz und Wehr ins Feld hinauSzogen; er ruft das stille, geschäftige Weib mitten aus seiner Arbeit und achtet nicht das Weinen der Kinder, den Schmerz des einsamen Mannes. Selten nur kommt er als der erwünschte Bote, der dem Müden die Thür zum Schlaskämmerlein aus schließt; und auch da noch thut das Scheiden so weh. Ja, wir spüren es jedesmal: wir sind zum Leben ge schaffen und nicht für den Tod! Ec ist unS ein Feind, der unS vergewaltigt, ein Räuber, dem wir nur ge zwungen folgen. Darum gtebt es auch kein Volk auf der ganzen Erde, das nicht in seiner Hoffnung dem Sehnen nach ewigem Leben Ausdruck gegeben hätte. Die kamps frohen Deutschen wissen sich nach dem Tode von den Walküren zur Walhalla getragen, während die In dianer im fernen Westen erwarten, in die Jagdgründe des großen Geistes versetzt zu werden. Die Neger in Afrika suchen die Gunst der abgeschiedenen Seelen durch Gaben zu gewinnen, und die Chinesen im Osten dringen pietätvoll ihren Ahnen Opser dar. Was sollen wir sagen, die Kinder des neunzehnten Jahr hunderts? Die Stimme deS Gewissens ist auch bei unS noch lauter als das trunkene Schreien der genuß süchtigen Welt, die vom Jenseits nichts wissen mag. Und ob sie manchmal schwieg — heute am Lodten- sonntag ruft sie wieder unmißverständlich nach LebenS- gewißheit. Gott Lob! Der Christ hat eine gewiss« Hoffnung. Jesu Auferstehung, bezeugt von der Geschichte, bezeugt «mch in dem nach Gott dürstenden Herzen, bedeutet -den Sieg über alle Schrecken deS finsteren Todes. Leit JesuS auS dem Grabe hervorging, ist daS Grab -nur oin Kämmerlein, da sich dieser Erdenleib, morsch «nd müde, zur Ruhe legt, während die Seele heim wärts eilt zu dem, der sie schuf und der sie erlöste, wenn sie anders ihr« schon hier aus Erden von Herzen gesucht hat. So sind denn die Lieben in Gottes «euer Hut geborgen. Entrückt der Mühsal und Last ideS Lebens, ruhen sie und warten des großen Tages, da der Herr kommt, zum Heil den Frommen, zur Pein denen, die sein Rufen verachteten. Jst'S aber so, dann wisch die Thräne ab, die dir im Auge quillt. Gott hat sie gerufen, um die du trauerst. Du weißt, wohin er sie rief: in seins Hut! Er weiß, warum er sie rief, warum schon so früh. Frag' lieber ganz still: Was hat er mir sagen wollen, als er sie ries? Und wer so fragt, der betet leis', wie die Alten so gern beteten: Mein Gott, ich bitt' durch Ehristi Blut, Mach'- nur mit meinem Ende gut! Inserate, welche bet der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung, finden, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spavenzeil« 20 Pfg. ,Mei-etttz.3ttt««g" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Amlshauptmannschaft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zu Mp-oldiswalde.