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W cherih-KitlW. Beilage zu Nr. 135. Sonnabend, dm 16. November 1895. 61. Jahrgang. . — .11-.-^ —SU--».... . "i ! Vor fünfundzwanzig Jahren. 1«. November. Vor Pari« wird die württembergischr Felddivision unter die Befehle des Oberkommandos der Maasarmee gestellt. Vor Belfort machen 3 Bataillone mit 6 Geschützen einen Ausfall gegen Bessoncourt. Der Feind wurde mit Verlust von 200 Tobten und Verwundeten und 58 Gefangenen in die Festung zurückgeworfen. Die Einschließung der Festung Montmedy erfolgt durch ein Detachement unter Oberst van Pannewitz, wobei siegreiche kleine Gefechte deS t. und 2. Bataillons vom 74. Infanterie-Regiment bei Chauvency und Thonelle gegen die Besatzung von Montmedy statt finden und 47 unverwundete Gefangene in die Hände der Deutschen fallen. Vor der Festung Diedenhofen beginnt der Batterie bau für die Positionsgeschütze. 17. November. Bei Dreux wirst der Großherzog Friedrich Franz von Mecklenburg den Feind zurück und der zur Zeit die 17. Division befehligende Generaladjutant v.Treskow nimmt den Ort. Es wurden viele Gefangene gemacht. Der Verlust auf deutscher Seite betrug 3 Mann todt und 35 verwundet. Die Erstürmung der Stadt er folgte nach Einbruch der Dunkelheit durch das 75. und 76. Regiment mit den Jägern unter „Hurrah!" Die Franzosen, welche bei Dreux fochten, bestanden nur aus Mobilgarden, Marinetruppen und afrikanischen Jägern, Geschütze waren nicht vorhanden. Die ge schlagenen Mobilgarden flüchteten nach Westen und Nordwesten. 18. November. Bei Chateauneuf siegreiches Gefecht der 2 Bataillone Franke und Riedel des 94. Regiments. Der Verlust der Deutschen beträgt 1 Offizier und ca. 100 Mann, derjenigen der Franzosen über 300 Todt: und Ver wundete, sowie 200 Gefangene. Genannte Bataillone wurden zur Durchsuchung des Waldes bei St. Jean kommandirt und stieben dort aus französische Linien truppen, von denen sie, nachdem sie auf 150 Schritte — es war den ganzen Tag starker Nebel — nahe gekommen waren, mit einem tüchtigen Chrssepotkugel- regen empfangen wurden, der sofort einige Zwanzig tödtete und verwundete. Es entspann sich darauf ein 2'/«stündiger Kampf. Die Franzosen schossen zwar schlecht, standen aber gut, mußten sich jedoch schließlich, einem Bajonnetangriff weichend, nach großen Ver lusten zurückziehen. Ihr Kommandeur blieb todt auf dem Platze. Die jüngste Börsenkrifis. Allmählich beginnen sich die europäischen Börsen plätze von dem Sturme wieder zu erholen, der jüngst über sie so plötzlich dahinbrauste und einen jähen Kurssturz selbst der sichersten Werthe verursachte. Ueberall sind die Vertreter der Hochfinanz, Vereinigungen von Bankhäusern u. s. w. mit theilweiser Unterstützung der Regierung, wie z. B. in Paris, jetzt bei der Arbeit, die anfangs drohende allgemeine Börsenkatastrophe hintan zu halten und wieder normalere Verhältnifle herbeizuführen, was auch gelingen zu wollen scheint. Aber zahllose Millionen sind durch den einen „schwarzen Sonnabend" vom 9. November unwiederbringlich ver loren und so manche Existenzen vernichtet worden, und wie fast immer bei derartigen Börsenkatastrophen, sind die Grobfinanziers und die tonangebenden Geldinstitute verhältnißmäßig mit einem blauen Auge davon ge kommen, während die mittleren und kleinen Speku lanten, und nicht zum wenigsten auch das private Publikum, die Kosten der stattgehabten Deroute tragen müssen. Ueber die eigentlichen Ursachen des jüngsten gewaltigen und so umfassenden Börsenkraches läßt sich zwar noch kein ganz bestimmtes abschließende» Urtheil abgeben, offenbar spielen hierbei aber berechnete Börsen manöver, gegründet auf das unsinnige und jede« festen Rückhaltes entbehrende Spekulantenthum der letzten Zeit, eine Hauptrolle. Die vielverbreitcte Annahme, daß es sich bei der so jäh ausgebrochenen Börsenkrisis um eine längst vorbereitete Aktion der Hochfinanz zur Abschüttelung oer von allen Seiten aufgeschossenen hohlen Bö senexistenzen gehandelt habe und daß hier bei die politischen Wirren im türkischen Orient, die Etambuler FinanzkrisiS und dMmgebliche Zuspitzung des russisch-englischen Verhältnisses schlau ausgenutzt worden seien, ist wohl nicht unberechtigt, worauf na mentlich die ursprüngliche und ganz ausfällige Zurück haltung der maßgebenden Börsenmadatore aller Haupt plätze beim Ausbruche der Krisis hindeutet. Als der Ausgangspunkt der gesammten Börsenpanik ist jedoch Wien zu betrachten, wo ein plötzliches Massenangebot fast aller an der Börse gehandelten Werthe, selbst die sichersten und besten Papiere nicht ausgeschloffen, einen furchtbaren Kurssturz herbeiführle, der sich dann blitz artig nach den anderen hauptsächlichsten Börsenplätzen Europas fortpflanzte. An der Wiener Börse hat denn auch der jüngste Sturm die größten und schwersten Verwüstungen angerichtet und es dürfte vielleicht noch längere Zeit dauern, ehe dort wieder eine vollständige Erholung eintritt und das aufs Tiefste erschütterte Vertrauen wieder hergcstellt wird. DaS Bedauerlichste an der ganzen Krisis bleibt jedenfalls, daß durch sie gerade eine Menge Sparer aus den mittleren Volks schichten und kleine Kapitalisten am härtesten betroffen und theilweise zu Grunde gerichtet worden sind. Die Verantwortung für eine solche unter allen Umständen tief bedauerliche Erscheinung trifft zweifellos zum guten Theile jene gewissenlosen eigentlichen Börsenspekulanten, welche stets mit fremdem Kalbe pflügen und jedem Unerfahrenen, der sein Glück an der Börse versuchen will, die offene Brieftasche zum frischen Zulangen Hin halten, sich selber aber dabei meist zu decken wissen. Die Grobfinanz ihrerseits aber kann von dem Vor wurf nicht freigesprochen werden, ein solches verwerf liches Treiben aus Egoismus viel zu lange begünstigt oder wenigstens geduldet zu haben, die Entschuldigung, daß sie unter dem professionellen Spekulantenthum jetzt Musterung halten wollte, kann da nicht als stich haltig erachtet werden. Vielleicht, daß indessen.die jüngste Börsenkatastrophe wenigstens das eine Gute im Gefolge hat, unsere im Züge befindliche Börsenresorm in Deutschland zu beschleunigen und zu helfen, daß der betreffende Gesetzentwurf im Reichstage endlich unter Dach und Fach kommt. Sächsisches. — Bei den 4 Kreishauptmannschasten des Landes sind gegenwärtig thätig außer je einem Kreishauptmann und einem ärztlichen Beisitzer 6 Räthe und Hilfsarbeiter bei der Bautzner, 13 bei der Dresdner, je 10 bei der Leipziger und Zwickauer Kceishauptmannschaft. — De: Landtag wird sich auch mit einem Anträge der Regierung zu beschäftigen haben, der eine ganz erhebliche Vermehrung der Eisenbahnwagen in Sachsen bezweckt. Obgleich der Landtag in den letzten Jahren wiederholt erhebliche Mittel für ähnliche Ver mehrungen bewilligte, ist doch immer noch ein nament lich in günstigen Geschäftszeiten empfindlicher Mangel an Güterwagen vorhanden. So soll gegenwärtig der Wagcnmangel im Zwickauer Kohlenbezrrk etwa 25 Prozent betragen, und manche Werke müssen Feier schichten einlegen, weil sie nicht verladen können. — Nicht pfändbar sind nach einer kürzlich er gangenen Kammergerichts-Entscheidung Uhren, sofern der zu Pfändende die Uhr zur Ausübung seines Be rufes zwecks pünktlichen Antritts seiner täglichen Arbeit nölhig hat. Auf welche Weise aber kürzlich dennoch in gesetzlicher Form eine solche Uh: verpfändet worden ist, zeigt folgender interessante Fall. Im Auftrage eines Gläubigers hatte ein Rechtsanwalt die einzige im Besitz des Schuldners befindliche Wanduhr (Re gulator) im Werthe von 25 Mk. pfänden lasten. Hiergegen erhob der Schuldner aus Grund des vor erwähnten Kammergerichts - Erkenntnisses Einspruch. Daraus kaufte der Gläubiger eine Wanduhr zum Peise von 4 Mk. und ließ das Richtiggehen vom Uhrmacher bescheinigen und garantiren. Diese Uhr wanderte in die Wohnung deS Schuldners, der nun eine richtig gehende Uhr hatte, und der Regulator wurde gepfändet. Diese vom Gläubiger vorgcnommene Manipulation ist jetzt vom Gericht als rechtsgillig anerkannt worden. Eisenberg-Moritzburg. Wie man hört, ist der Gcsammtertrag der diesjährigen AuSfischungen der in der Umgegend unserer Doppelgemeinde befindlichen königlichen AmtSteiche befriedigend ausgefallen, was die Menge und Güte der das Ibst gefangenen Fische (be sonders Karpfen und Hechte) anbetrifft. Leider waren die Ausfischungen der bedeutendsten Teiche (Groß- und Dippelsdorfer Teich) nicht von der Witterung be günstigt, doch gestaltete sich der Einzelverkaus der Fische immerhin an allen Tagen recht lebhaft. Sitzung des Stadtverordneten-KollcgiumS zu Dippoldiswalde am 25. Oktober 1895. Von den Mitgliedern fehlte entschuldigt Stadtverordneter Heinrich. Es wurde zunächst Kenntniß genommen von der Seiten deS Stadtraths getroffenen Wahl des Herrn Brand- versicherungs-Jnspektors Herzog als Bausachverständigen für hiesige Stadt, weiter von dem Beschlüsse des Stadtraths, wonach derselbe in der Angelegenheit der Erhöhung deS Wafferzinses dem diesseitigen Beschlüsse zwar beitritt, sich aber vorbehält, auf die Angelegenheit später zurückzukommen und endlich von der über die Verwaltung der Kaltwasierbadeanftalt auf das Jahr 1895 abgelegten Rechnung. Diese schließt bei einer Einnahme von 193 Mk. 7 Ps., welcher 502 Mk. 71 Ps. Ausgaben gegenüber stehen, mit einem von der Stadt gemeinde zu deckenden Fehlbetrag von 309 Mk. 64 Ps. ab. Letzterer ist durch die in diesem Jahre vorgenommenen um fassenden Reparaturen der Anstalt, namentlich Neudielung des Bassins entstanden. Das königliche Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts hat an Beihülsen 150 Mk. der hiesigen Fortbildungsschule und 2850 Mk. der hiesigen Stadtschule aus Staatsmitteln zugebilligt, in der Voraussetzung, daß an hiesiger Stadtschule das Schulgeld für ein Kind und für daS Jahr im Durchschnitt nicht mehr als 5 Mk. beträgt. Einverstanden erklärte sich das Kollegium damit, daß der elektro-lechnischen Anstalt in Leipzig die Prüfung und Ab nahme der hiesigen elektrischen Anlage, sowie künftig die ständige, mindestens zwei Mal im Jahre vorzunehmende Re vision der Centrale übertragen werde. Der sich erforderlich machende Aufwand an 200 Mk. für die Prüfung und 180 Mk. jährlich für die Revisionen wurde verwilligt. Herr Kaufmann Max Schmidt beabsichtigt eine Fern sprechanlage zwischen seiner Fabrik und seinem Geschäftshause anzulegen und hat um Genehmigung zu Ausstellung der aus städtischen Grund und Boden zu stehen kommenden drei Masten gebeten. Dieses Gesuch hat der Stadlrath unter Vorbehalt des jederzeiligen Widerrufs und unter der Bedin gung genehmigt, daß Herr Schmidt ein jährliches Bezeugungs geld von 1 Mk. für den Mast entrichtet. Diesem Beschlüsse tritt das Kollegium bei, unter dem weiteren Vorbehalte, daß Herr Schmidt für alle Schäden, welche durch seine Fern sprechanlage an der städtischen elektrischen Anlage, sowie über haupt an städtischem Eigenthum entstehen, auszukommen hat, nicht minder, daß er Veränderungen, welche sich in Folg« der Erweiterung oder Verlegung der städtischen elektrischen Anlage an seiner Fernsprechanlage nölhig machen sollten, aus seine eigene Kosten ohne Inanspruchnahme der Stadt gemeinde aussührt. In der Angelegenheit, den vom Marktausschusse empfoh lenen Ankauf der Jahrmarktsbuden betreffend, schloß sich da» Kollegium der stadträlhlichen Anschauung an und lehnte demnach den Ankaus der Buden ab. Zum Schluß beschäftigte sich das Kollegium mit Darlehns gesuchen. Sitzung am 2. November 1895. Das Kollegium war vollzählig. Der erste Gegenstand der Tagesordnung betras ein Gesuch des Herrn Steinbruch besitzer Liebel um Arealabtretung vom Zipserteiche Zweck» Erweiterung seines Lagerplatzes. Der über dieses Gesuch gutachtlich gehörte Flurausschuß schlägt vor, Herrn Liebel pachtweise gegen Zahlung eines Pachtgeldes von 5 Psg. für das Quadratmeter und das Jahr ein Areal von 180 Quadrat metern zu überlasten. Dieser Vorschlag hat die stabträth- liche Genehmigung gesunden, von dem diesseitigen Kollegium wurde er indes, bekämpft und einstimmig abgelehnt und zwar in Hinblick daraus, daß die vollständige Ausfüllung de» Zipserteiches schon in gesundheitlicher Hinsicht nicht mehr länger beanstandet werden kann und daß dann das ganze gewonnene Areal Anlagenzwccken dienen soll. Dadurch würde auch für die von Fremden vielfach besichtigte Mallerschule eine bester« Umgebung geschaffen. Zweiter und letzter Gegenstand der Tagesordnung war die Vornahme der Wahl zweier Ralhsmitglieder an Stelle der ausscheidenden Herren Reichel und Rotlmann. Die ge nannten beiden Herren wurden wievergewählt, ersterer mit 12, letzterer mit 11 Stimmen. Das Stadtverordneten-Kollegium. Albin Ulbrich, Vorsitzender. l