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Nr. 121 Einträge in das Dienstbuch über Verhalten auf Wunsch der Dienstboten gemacht werden dürften, und daß die Dienstboten bis zum 17. Lebensjahre in elterlicher Zucht ständen. Schließlich wandt« sich Herr Geh. Hof rath Ackermann an seine Gegnerschaft, in Sonderheit an die ihn bekämpfende Reformpartei, deren dreiste Behauptung, daß stch die alten Parteien abgewirth« schäftet hätten, nicht bewiesen worden sei, und deren neuesten Programmentwurf er in mehreren Punkten nicht beistimmen könne. Wenn unter der Forderung: „Kampf für christliche Sitte gegen jüdische Anmaßung" bedeute energische Zurückweisung iremder Einflüsse in unsere kirchlichen Angelegenheiten, so würde die Re- formpartet die Unterstützung des Redners finden, aber für eine allgemeine Judenhetze sei er nicht zu haben, UebrigenS könnten stch die Gemeinden auch jetzt schon gegen den Zuzug von Juden schützen, wenn sie deren Gesuche um Aufnahme in die Bürgerschaft zurückwiesen, und diese Abweisung sei bisher stets von der Ober behörde bestätigt worden. Die Juden aber, die schon die Staatsangehörigkeit erworben haben, unter ein Fremdengesetz zu stellen, sei ungerecht. Zugegeben könne werden, daß bet gewissen Verbrechen die Juden mehr bethetligt sind, al» die Christen. Diese könnten schon nach den bestehenden Gesetzen scharf verfolgt werdeu, und wo eine Verschärfung der Gesetze nothwendig sei, würde Redner gern mithelfen, auch könne er nicht» dagegen sagen, daß die jüdischen ReligionSbücher eine getreue Uebersetzung finden sollten, aller mit allgemei nen Phrasen und Programmen sei nichts gemacht. Für eine Aenderung des Wahlrechts, des Verein-Wesen» und des PreßgesetzeS sei die konservative Partei nicht zu gewinnen, denn schon die jetzige Preßfreiheit sei zur Preßsrechheit herangewachsen und obige Einrichtungen könne man als nothwendig« Waffen gegen die Sozial demokratie nicht entbehren. Ueber den Wunsch nach gesetzlicher Festsetzung eines Maximalarbeitstages ließe sich diSputiren, aber derselbe habe auch! wegen der Verschiedenheit der Arbeiten seine 3 Smen. Die Forderung nach Versicherung gegen unverschuldete Arbeitslosigkeit sei aber ganz und gar unannehmbar, weil bedenklich und schwierig. Jetzt sei man mit Per sicherungen genug belastet, und doch habe man damit keine Erfolge gegen die Sozialdemokratie erzielt, und wer versichere den Arbeitgeber gegen Schädigungen bei Handelskriesen? Sollten etwa alle vom Staate genährt und deren Kinder gefüttert werden? Hätten wir da nicht den reinen sozialdemokratischen Staat, in dem dann aber auch Jeder an irgend eine Arbeit kommandirt würde? So haben die Konservativen auch die obligatorischen Innungen, den Befähigungsnachweis, die Wanderlager u. dergl. Angelegenheiten zur Sprache gebracht, die theils durch Gesetze geregelt wurden, theilS aber bei der Regierung kein Entgegenkommen gefunden haben. WaS zu Ungunsten der Konservativen von der Gegen partei behauptet wurde, hat hiermit der Redner gründ lich wiederlegt. Herr Geh. Hosrath Ackermann, der den Namen seines Gegenkandidaten in keiner Wahl rede erwähnt hat, hielt eS zuletzt noch für seine Pflicht, sich gegen die Angriffe auf seine Person zu verlhei- digen. Erstaunt sei er, daß man ihm vorwerse, sich wohl als Freund des Handwerk- aufgesptelt, aber nichts für dasselbe gethan zu haben, und doch habe er stch zur politischen Aufgabe gestellt, gerade für den städtischen Mittelstand, für daS Handwerk etnzutreten, und habe deshalb zahlreiche Anträge etngebracht, jeder zeit die Petitionen der Handwerker um Abhilfe der durch die liberale Gesetzgebung der siebziger Jahre verursachten Schädigungen deS Handwerk» kräftigst unterstützt und mit Hilfe de» Zentrum» und der Reichspartei mehrere Anträge auch bet der Regierung durchaesetzk, z. V. das Recht rühriger Innungen, allein Lehrlinge zu halten. Korporationsrecht« der Innungen u. dergl., und gerade di« Innungen in Sachsen hätte« von diesen Rechten großen Gebrauch gemacht. Durch die Konservativen seien die Wanderlager wesentlich „LSeikeritz -Settung" «scheint wöchentlich drei mal: DimStag, Donners tag und Sonnabend. —< Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- staltim, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehne in Dippoldiswalde. Mit achts-ttig-m »Hllustrirten NnterhattungSblatt". Mit land- und hanSwirthschastlicher MonatSbeilage. Staates mit abhängig. Auch brauche sich Niemand zu fürchten, sich durch die Wahl links oder rechts un beliebt zu machen, da die Wahl eine geheime sei. Wenn aber dem Wähler dies oder daS an dem Ab geordneten nicht gefällt? Keiner könne es Allen ganz recht machen. Der Wähler solle sich fragen: Wer paßt für dich und deine Anschauungen am besten? Redner trat dann der anderen falschen Ansicht ent gegen, daß Sachsens Landtag keine Bedeutung mehr habe. Trotzdem ihm der Reichstag manche Aufgabe abgenommen habe, unterstehen ihm doch noch eine Fülle von Rechten, z. B. die selbständige Verwaltung der Volksschule, die Verwaltung des Staatshaushalts, die Einkommensteuer, die Unterstützung der Wissen schaft, der Kunst und der Gewerbe, die Ausführungs verordnungen zu den Reichsgesetzen. BtSmarckS Auf forderung zur Reichspolitik in den Landtagen nach kommend, habe die konservative Partei in den letzten Landtagsfitzungen eine Debatte über die Doppel währung herbeigeführt. Wenn auch Redner der An sicht sei, daß sich der Einzellandtag in der Hauptsache nicht um alle Angelegenheiten des Reiches kümmern könnte, da ihnen ost daS genügende Material zur Beurtheilung fehle, und daß stch die Regierung auch nicht ganz und gar beeinflussen lassen könnte, sondern sich ihre freie Entschließung Vorbehalten müsse, so gebe eS doch Sachen, wo die LandtagSabgeordneten nicht zu ängstlich zu sein brauchten, z. B. bei Steuer fragen, bet Regelung der Reichsfinanzen. Im Weiteren beantwortete Redner die Frage: „WaS hat die kon servative Partei im Landtags gethan?" In Beantwor tung der Frage: „Was hat die konservative Partei im Landtage gethan?" erinnerte der Redner zunächst an die Erweiterung des Eisenbahnnetzes, wobei freilich noch nicht alle Wünsche der Bevölkerung be friedigt werden .konnten, da in jeder Landtagssaison 40—50 Petitionen um Eisenbahnen vorlägen. So wenig man die Bewilligung einer Bahn «nein Ab geordneten zu Gute rechnen könne, ebenso thöricht wäre es, ihm anzurechnen, wenn nicht olle Wünsche sich er füllten. Er, Redner, sei in dieser Beziehung ziemlich glücklich gewesen. Während die Bahnen Hainsberg- KipSdorf, die Müglitzthalbahn schon fertig, die nach Sayda im Bau begriffen und die nach Frauenstein vor läufig abgesteckt sei, habe der Landtag andere zur Kenntnißnahme überwiesen. Wetter sei das neue Einkommensteuergesetz erlassen worden, durch welches die unteren Klaffen von Steuern befreit und der Mittelstand entlastet worden sei. Ein Mißstand bei Feststellung des sächsischen Haushaltsplanes bestehe in der Unbeständigkeit der Finanzverhältniffe des Reiches, weshalb man auch der Negierung einen 20- prozenttgen Zuschlag zu den Einkommensteuern be willigt habe. Glücklicher Weise komme nächstes Jahr auch der wproz. Zuschlag, der im lausenden Jahre erhoben worden sei, in Wegfall. Die Bier- Brannt wein- und Tabaksteuer streifend, erklärte sich Redner al» Gegner einer Erhöhung, die nur blühende In dustrien vernichten und Unzufriedenheit stiften würde, aber die theuren Tabaksorten und der ausländische Tabak könnte zur Besteuerung höher herangezoge i werden. Ein weiteres Produkt der letzten Landtags sitzungen sei die Revision der Gesindeordnung, die die Sozialdemokraten am liebsten abgeschafft hätten, sowie sie auch die Ausstellung eine» Dienstbuches für überflüssig hielten. Aber die Dienstboten lebten mit der Herrschaft in HauSgenoffenschaft, opferten der- selben ihre ganze Kraft und Zeit. Darum müsse letztere auch für da» geistige und leibliche Wohl ihrer Dienstboten sorgen. Ebenso habe man da» Dienstbuch beibehalten, denn in der Industrie seien mit Abschaffung de» Arbeitsbuch«» schlechte Erfahrungen gemacht worden. Ebenso angebracht sei die Bestim mung, daß wortbrüchige Dienstboten zum Antritt ge- zwungen, die Koffer oder Laden der Dienstboten im Beisein derselben sowie einer Gerichtsperson geöffnet, Makaks und SäEksches. Dippoldiswalde. Am Freitag hatte sich «ine große Zahl von Wählern im Saale der „NeichSkrone" versammelt, um Herrn Geh. Hofrath Ackermann, den Kandidat der vereinigten Ordnungsparteien, zu hören. Nach Begrüßung der Anwesenden durch Herrn Stadtgutsbesitzer O. Müller als Vorsitzendem und einem Hoch auf Se. Maj. König Albert, erklärte Herr Hof rath Ackermann, daß er sehr erfreut wäre, hier in altem bekannten Kreise reden zu können, denn seit 1877 vertrete er ununterbrochen den ö. städtischen Wahlkreis in der 2. Ständekammer, und als die Frage an ihn gerichtet worden sei, ob er wieder kandidiren würde, habe er nach reiflicher Ueberlegung stch zur Kandidatur entschlossen, denn gerade jetzt sei es Jeder manns patriotische Pflicht, auf seinem Posten auS- zuhalten. Nachdem er die Zusammensetzung der beiden sächs. Sländekammern und die bekannten Bedingungen zur Wahlberechtigung und Wählbarkeit aufgezählt hatte, erinnerte er daran, daß schon die Sozialdemo kraten gegen daS bestehende Wahlrecht und gegen das Fortbestehen der 1. Kammer. agitirt haben. Aber durch die Landesverfassung sei selbst eine Aenderung derselben sehr erschwert, und die konservative Partei widersetze sich auch mit allen Kräften einer Aenderung nach jener Richtung, denn die 1. Kammer bilde in aufgeregten Zelten einen abwehrenden Damm gegen lleberstürzungen in der Gesetzgebung und mit Ab schaffung des Census von 3 Mk. für das aktive und 30 Mk. für das passive Wahlrecht ziehe man sich den Boden unter den Füßen weg, und die Erfahrungen, die mit drin allgemeinen Wahlrecht zum Reichstage gemacht worden seien, wären nicht dazu angethan, zu gleichen Versuchen beim sächs. Landtagswahlrecht zu reizen. In Sachsen, wo wir uns geordneter Ver hältnisse erfreuten, die wir im Besitz von Gesetz, Ord nung sind, die wir den Bestimmungen der Landes verfassung und der weisen Regierung des Königs zu verdanken haben, sei eS bedauerlich, daß die Reform partei die Aenderung deS Wahlrechts aus ihr Pro gramm gesetzt habe, dem stch die konservative Partei widersetzen müsse. Er, Ackermann, sei durchaus kon servativ, d. h., er wolle daS Gute erhalten. Dabei verschließe er sich aber nicht dem Fortschritte und werde auch eintreten sür Aenderungen, die an der Gesetz gebung geboten seien, aber sein Grundsatz, in allen Dingen Maß zn halten, richte stch nach dem Aus spruche: „Des Maßes Schwert, deS Maßes Werth ist gut in allen Landen, nur wer das Uebermaß begehrt, der kommt sehr leicht zu Schanden." Was sein Pro gramm anbelange, so könne er ohne Ueberhebung sagen: „Mein Leben ist mein Programm." Die kon servative Partei bestand in der letzten 2. Kammer aus 44 Mitgliedern, 2 davon sind gestorben. Die 3 Ordnungsparteien, Konservative, Nationalliberale und Fortschrittler, gingen in den meisten Fällen zusammen, besonders aber, wenn eS galt, unberechtigte Forderungen der Sozialdemokraten zurückzuwetsen. Ein schöner Beweis der Einigkeit der OrdnungSparleien sei die Abmachung, gegen die Umsturzparteten geschloffen vor zugehen, sich bei den Wahlen den jetzigen Besitzstand zu schützen und stch gegenseitig zu unterstützen. Die Zukunst der Parteien und deS Wohles de» Vater landes liege jetzt in den Händen der Wähler. Unser Volk sei zwar in der Mehrzahl konservativ gesinnt, aber Jedermann müsse sich vergegenwärtigen, daß daS Wahlrecht auch eine Wahlpflicht in sich schließe. Darauf tadelte Redner die Lauheit mancher Wähler. Der Eine sage, aus meine Stimme kommt «» nicht an, und doch könne die Entscheidung, ob d^r Kreis konservativ, re formerisch oder sozialdemokratisch vertreten werde, von einer Stimme abhängen. Der zweite bleibe zu Hou in der Meinung, di« großen Herren machen» schon, oder mit der Ausrede: „Ich befasse mich nicht mit Politik". Diese Anschauungen seien sinnlos, denn die Wohlfahrt de» Einzelnen sei von dem Wohl de» Inserate, welche bet der bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Gpaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und eomplicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag.— Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschaft, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrath zu Dippoldiswalde.