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Writz -Mms Nr. 87 Sonnabend, den 27. Juli 1895 61. Jahrgang der drei Be- Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Jllustrirten Unterhaltungsblatt". Mit land- «ud hanSwirthschastlicher MonatSbellage. Tagesgeschichte. Berlin. Kaiser Wilhelm hat seine diesjährige Nordlandfahrt beendet und gedenkt, sich zunächst nach Saßnitz auf Rügen zu begeben. — Der NeichSanzeiger veröffentlicht folgende Be kanntmachung : „Die Reichsschuldenoerwaltung hat eine Belohnung von 3000 Mk. Demjenigen zugesichert, der die Verfertiger und Verbreiter falscher Fünfzigmark scheine zuerst ermittelt und dergestalt nachweist, daß die Verbrecher belangt werken können." — Am 24. Juli, Abends 9 Uhr SS Min. ist der von Liegnitz kommende gemischte Zug Nr. 1010 von einem Unfall betroffen worden. Als er in Raubten einsuhr, versagte, wie das „Niederschles. Tagebl." be richtet, die Carpenter-Bremse. Der Zug fuhr über die Drehscheibe hinaus, riß die Bremsböcke um und drang in das Stationsgebäude ein. Getödtet wurde der Maschinenführer und ein Bremser. Der Zug führer ist schwer verletzt. Viele Passagiere wurden verwundet, von denen inzwischen mehrere gestorben sein sollen. — Ueber den Umsang der Unglücks fälle während der achtjährigen Bauzeit am Kaiser-Wilhelm- Kanal giebt folgende Zusammenstellung eine be- merkenSwerthe Ausklärung: Es sind im Ganzen 1884 Unfälle vorgekommen. Von diesen waren 1165 von so geringer Bedeutung, daß keine Entschädigung ge zahlt wurde. 629 andere Fälle hatten Erwerbs einschränkungen zur Folge und 90 nahmen einen lödtlichen Verlauf. Unter den Letzteren kamen 39 beim Eisenbahn- oder sonstigen Maschinenbetriebe, 2S durch Ertrinken, 19 bei Einstürzen und 7 bei ver schiedenen anderen Gelegenheiten vor. — Die „Thorner Presse" meldet: Aus sicherer Quelle erhallen wir die Mittheilung, daß die russischen Grenzbehörden angewiesen sind, allen Juden, auch den diesseits ansässigen, die nur mit Grenzlegitimations- scheinen versehen sind, den Uebertrilt über die Grenze nicht mehr zu gestatten. Durch diese Maßregel soll der von den Juden in ausgedehntem Maße betriebene Schmuggel eingeschränkt werden. — Bei Güstrow in Mecklenburg ist der erste Spatenstich zu einem SchifsfahrtSkanal gethan worden, durch den eine Verbindung zwischen Rostock und Berlin geschaffen werden soll. Der verstorbene Moritz WiggerS hatte den Kanal erdacht und mit Hilfe deS Bauraths Heß nachgewiesen, daß mit Be nutzung der Warnow, der Nebel und der Seen des sogenannten süd-mecklenburgischen Plateaus der Zu gang zur Havel und deren Kanälen gewonnen werden kann, daß Wasser genug vorhanden ist und daß die Schwierigkeiten und Kosten nicht zu groß sein werden -Lokaks und Sächsisches. Dippoldiswalde. Durch die anhaltende warme und trockne Witterung ist das Winterkorn in der Reise so vorgeschritten, daß schon der Roggenschnitt be gonnen hat. Leider haben die Brachen und Wiesen unter der Trockenheit sehr zu leiden und versprechen «ine sehr geringe zweite Ernte. Auch die beliebten Steinpilze wollen sich auS Mangel an Feuchtigkeit nicht «instellen, ja die kleinen Gelblinge, welche den Pilz sammler noch erfreuten, sind wieder verschwunden. — Am Donnerstag b gann der an Herrn vr. Kirbachs Stelle gewählte Lehrer, Herr Reulmann, an hiesiger Müllerschule seinen Unterricht und hat sein erstes Auftreten bei seinen Schülern den besten Ein druck hervorgerufen, was zu den schönsten Hoffnungen für segensreiches Wirken berechtigt. — Die Kutschpferde vom Rittergute Berreuth jagten im Durchgehen am Mittwoch Nachmittag die Bahnhof straße herein. Von ihrer erst innegehaltenen Bahn abbiegend lenkten dieselben nach dem Freiberger Platze ein, wobei das eine Thier leider zwischen zwei eiserne Masten der elektrischen Leitung stürnste nNd sich den Brustkasten eindrückte, so daß eS nach thierärztlicher Untersuchung getödtet werden mußte. — Die zum Militär ausgehobenen Schulamts kandidaten in Sachsen haben ihre Ordre zum Ein treffen zur ersten uno zwar zehnwöchentlichen Uebung auf den 5. August lautend zugestellt erhalten. Dieder wird eine Lehrerkompagnie und zwar bei einem Leip ziger Regiment gebildet. Auch der Hilfslehrer unsrer Stadtschule, Herr Mehnert, hat mit einzutreffen. Reinhardtsgrimma, 2S. Juli. Am Schluffe heutigen Schul- und Kirchenprobe ist von den für die hiesige Kirchschulstelle vorgeschlagenen Werbern Herr Kirchschullehrer Oskar Emil Schubert, z. Z. in Schönberg b. Meerane, mit Stimmenmehrheit gewählt worden. Kreischa. Bei Gelegenheit einer, am Donnerstag Nachmittag, den 25. o. M., hier stattgesundenen Hoch zeit wurde vom Vorreiter des Zuges, dem Sohne des MühlenbefltzerS Müller, in Folge Scheuens deS Pferdes das 8 Jahre alte Söhnchen des Maurers Hickel über ritten und an den Füßen derartig verletzt, daß sofort ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden mußte. Am Unfall selbst trägt der Reiter keine Schuld. Schmiedeberg. Von dem Führer eines aus Altenberg stammenden Geschirres (Landauers) wurde am Montag, den 22. dsS. Mts., des Nachm. gegen 5 Uhr, da« 2 Jahre alte Söhnchen des hiesigen Tischler meisters Arnold überfahren. 'Außer mehreren Haut abschürfungen erlitt der fragliche Knabe wunder barer Weise weiter keine Verletzungen. Der Geschirr- Führer ist am Malheur vollständig schuldlos. Es kann eben nicht genug gerügt werden, daß, wie auch im gegenwärtigen Fall, kleine Kinder so oft ohne jede Aufsicht auf öffentlichen Straßen und Plätzen, bez. in der Nähe von Wässern belassen und somit der Ge iahr für Leben und Gesundheit ausgesetzt werden. Rehefeld. Sonntag, den 21. d. MtS., hat der königl. Marstall Hierselbst einen empfindlichen Verlust erlitten. Ein im hiesigen Forsthause installirteS Pferd zerschlug sich beim Abwehren der Fliegen das rechte Hinterbein, sodaß 2 sofort telegraphisch herbeigerufene Roßärzte einen Beinbruch konstatirten und die sofortige Tödtung anriethen. Montag Mittag wurde das Thier erschaffen. Dresden. Dieser Tage wurde hier ein erst vor Kurzem angestellter Posthilfsbote, der als Bries- marder ertappt worden war, in Haft genommen. Derselbe hat zahlreiche Briefe und mit Bleistift ge schriebene Postkarten entwendet, von ersteren die Marken wieder abgelöst, letztere durch AuSradiren der Adresse und der Mtttheilungen wieder gebrauchsfähig gemacht und in seinem Interesse verwendet. In seiner Woh und daß endlich der Verkehr nur einen Theil der Kosten zu tragen hat, da die land- und forstwtrth- schastlichen kulturellen Folgen, zahlenmäßig berechnet, ungeahnte Vortheile verheißen. Bonn. Wie der „Bonner General-Anzeiger" meldet, ist das hiesige ReichShallen-Theater in der Nacht zum 24. Juli vollständig ausgebrannt. DaS Personal ist gerettet; ein Mädchen ist jedoch schwer verletzt. Lübeck. In Folge Versagens der Bremse fuhr der Lübeck-Travemünder Zug in Travemünde gegen den Fänger. Der ganze Zug prallte zurück. Sechs Personen sind verletzt. Breinen. Die Sammlung für die Hinterbliebene« der „Elbe" ist am 20. Juli geschloffen worden. Es find im ganzen 663 000 Mk. eingelaufen. Straßburg. In verschiedenen Orten im Elsaß und in Lothringen wurden bei Mitgliedern deS Rad- sahretvereinS »Ilmon volooipoäiguo cko kranoo" Haus suchungen vorgenommen und Papiere beschlagnahmt. Pyrmont. Bei der Reichstags - Stichwahl im Wahlkreise Waldeck-Pyrmont ist das Endergebntß folgendes: Für vr. Böttcher (nat.-lib.) wurden 3985, für Müller (Antisemit) 5075 Stimmen abgegeben. Letzterer ist somit gewählt. Oesterreich-Ungaru. Unter der Führerschaft des österreichischen Parlaments kriselt eS gegenwärtig. Kaum hat Plener dem Abgeordnetenhaus« den RÜckeq, gekehrt, um die Präsidentschaft des gemeinsamen ober sten Rechnungshofes anzutreten, da verlautet schon, daß auch der langjährige Präsident deS Abgeordneten hauses, Baron v. Chlumecki (seit 1888 Vizepräsident, seit 1893 Präsident) demnächst sein Amt niederzulegen beabsichtige, um sich gänzlich ins Privatleben zurück zuziehen. Reichenberg in Böhmen. In der Fremdenher berge in Röchlitz erfolgte die Verhaftung eines Barbiergehilfen, der 15000 Mk. in Baar und Spar- kasiengeldern bei sich führte. Man glaubt in dem Ver hafteten, der mit einem falschen, auf Bernhard Schwarze aus Laucha (Preußen) lautenden Paffe versehen war, einen gefährlichen Verbrecher ermittelt zu haben. — In Nordböhmen treten die Feldmäuse so zahlreich auf, daß sie zu einer wahren Landplage werden. Trotzdem auf einzelnen Gütern die Mäuse zu Tausenden und Tausenden erschlagen werden, ist keine Abnahme der Schädlinge zu bemerken. DaS Ackerbauministerium hat nun aus Ansuchen des böh mischen Landeskulturraths den von Professor Löffler in Greifswald entdeckten Mäusebacillus im bakteriolo gischen Laboratorium des Wiener Thterarznei-JnstitutS in ausreichender Menge erzeugen und in kleinen Fläschchen nach Nordböhmen senden lassen. Der Bacillus, der vor einigen Jahren Thessalien von einer furchtbaren Mäuseplage befreit hat, erzeugt in den Thieren eine typhusartige Krankheit, an der sie rasch zu Grunde gehen. Das für Menschen und HauS- thiere unschädliche Mittel wird in verdünntem Zu stande auf Brotschnitten ausgelragen, die man in Mäuselöcher wirst. Da die Mäuse ihre tobten Kameraden gierig zu verzehren pflegen, verbreitet sich die tödtliche Krankheit unter den lästigen Thieren mit großer Schnelligkeit. — In ganz Ober-Oesterreich und Steyermark rich teten furchtbare Hagelschläge und Wolkenbrüche kolossalen Schaden an. Mehrere Personen sinv durch den Blitz getödtet und viele Brände hervorgerufen worden. Die Felder sind total vernichtet. Italien. Der „Italia militare" zufolge beschlag nahmten die Engländer in den letzten Tagen infolge des Einfuhrverbotes von Waffen nach Abessynien 20000 Gewehre, welche durch englische Besitzungen hindurch nach Abeffynien eingeführt werden sollten. — Seit Sonntag finden in Palermo, Catania und vielen anderen Orten Siziliens fortgesetzt heftige Erd- Inserate, welche bet der bedeutenden .Auflage d«S Blattes eine sehr wirk same Verbreitungfinden, werden mit llv Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag.— Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. nung wurde noch ein ganzer Stoß Briefe und Post karten, zu deren Vernichtung der Dieb wahrscheinlich noch keine Zeit gefunden, entdeckt. Lockwitz. Beim Kirschenpflücken fiel am Freitag ein Obsthändler von hier von der Leiter und zog sich einen Rippenbruch und verschiedene andere Verletzun gen zu. Aus der Lößnitz. Nachdem der Roggen schnitt in unserer Gegend fast überall beendet und der reiche Erntesegen in der Hauptsache in den Scheunen ge borgen ist, hat man gestern in der Radebeuler Flur bereits mit der Haferernte den Anfang gemacht. Der Ertrag beider Getreidearten ist im allgemeinen durchaus zufriedenstellend.' Aus dem Vogtlande. Seit einer langen Reihe von Jahren ist es im Vogtlande nicht möglich ge wesen, mit der Kornernte so zeitig zu beginnen, wie dieses Jahr. In verschiedenen Gegenden des Vogt landes hat der Roggeuschnitt bereits Ende der vorigen Woche begonnen. (Fortsetzung des Sächsischen in der Beilage.) „Weileritz.8«itm,g" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1V Pfg. — Alle Postan- sialten, Postboten, sowie vie Agenten nehmen Be stellungen an. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschafi. das Königliche Amtsgericht und den Städtisch zu Dippoldiswalde.