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Mchmtz-ZeitW „Welser^Seltung" erscheint wöchentlich drei« mal: PienStag, Donners» tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welch« bei de» bedeutenden Auflage Blatte» eine sehr wirk same Verbreitung finde«, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder der«« Raum berechnet. — Ta bellarische und eomplicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag.— Einge sandt, im redaltionellen »heil«, die SpaltenzeÜe Verantwortlicher Redacteur: Paul Ithne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem .Zllustrirteu UnterhaltuugSblatt". Mit land- und hanSwirthschastlicher Manattbeilage. Nr. 50. Dienstag, dm 30. April 1895. —— Jahrgang. > I> ! > > — ' -Lokaks und Sächstsches. Dippoldiswalde. Durch weiter eingegangene Mittheilungen ist da» in letzter Nummer kurz mitge- theilte Resultat der Nachwahl in unserem Reichstags wahlkreise lediglich bestätigt worden: Der Kandidat der Sozialdemokraten Horn ist mit IK516 Stimmen gewählt worden. Rittergutsbesitzer Andrä (konservativ) hat 7569 Stimmen, Baumeister Hartwig (Reformer) hat 8538 Stimmen erhalten. Daraus ergiebt sich eine Majorität für Horn von 389 Stimmen. Gegen über der ersten Wahl im Jahre 1893 hat jetzt der Kandidat der Konservativen 2725 Stimmen mehr, der Kandidat der Resormpartei 3242 Stimmen weniger, der Kandidat der Sozialdemokraten 866 Stimmen mehr erhalten. Daß der Sieg der Sozialdemokratie bei dem starken Wachsthum der industriellen Ärbeiterbe- völkerung des Wahlkreises ein überraschender sei, kann nicht behauptet werden. Weniger betrübend wird das Wahlergebniß dadurch gewiß nicht, daß man es vor aussehen konnte, und auch die Thatsache kann nicht als tröstlich angesehen werden, daß eS, wie das Wahl- ergebniß lehrt, nur weniger Stimmen bedurft hätte, um eine Stichwahl herbeizufahren, in der dann doch vielleicht die vereinigten Gegner der Sozialdemokratie den Sieg hätten davontragen können. Im Gegentheil ist die immer und immer wieder zu Tage tretende Indolenz der notorischen Nichtsozialdemokraten, die wieder zu Tausenden hinter dem Ofen geblieben sind, gerade ein ganz besonders betrübender Umstand, — wohl geeignet, schwere Befürchtungen insbesondere für die im Herbste dieses Jahres für unser engeres Vater land bevorstehenden Landtagswahlen zu erwecken, für welche die Umstürzler schon mit Macht agitiren. WaS in aller Welt soll denn die Anhänger der Ord nung auf die Bresche rufen, wenn nicht die bedrohlichen Anzeichen, die uns jetzt an jedem Tage entgegentreten? — Die Abordnung der sächs. Städtevertretungen^ welche dem Altreichskanzler das Ehrenbürgerrecht der sächsischen Städte überreichen soll, wird am 8. Mai in FriedrichSruh vom Fürsten Bismarck empfangen werden. — Trotzdem ein Antrag auf Bewilligung <ineS Kredits zur offiziellen Vertretung der Stadt Dippoldiswalde die Zustimmung der Mehrheit der städtischen Kollegien nicht zu finden vermochte, werden Herr Bürgermeister Voigt und Herr Stadtverordneten- Vorsteher Ulbrich bei der Uederreichung des Ehren- bürgerbrieseS doch zugegen sein. — Vom 1. Mai ab werden die zur Postbesörde- rung benutzten Privat-Personensuhrwerke von Altenberg (Erzgeb^) nach Kipsdorf um 3.40 Vorm., 8.55 Vorm. und 7.00 Abends aus Altenberg abgeserligt. — Nach der Uebung der freiwilligen Feuerwehr am vergangenen Sonnabend nahm das Korps im Rath- hauSsaale Aufstellung und übergab Herr Bürgermeister Voigt im Beisein der Herren Stadtverordnelen-Vor- fieher Ulbrich und Branddirektor Müller unter herzlichen Dankesworten für ihre bisherige Thätigkeit und mit dem Wunsche, ihre Kräfte auch fernerhin in den Dienst der Stadt zu stellen an Maurer Donner und Schuh machermeister Thömel da« kgl. Ehrenzeichen für un unterbrochene 25jährige Dienstzeit, sowie an Maurer A. Beyer, Zimmermann T. Beyer, Schuhmacher Köhler, Maurer Nestmann, Buchbinder Quase, Schlossermeister Schmidt und Bandagist Sellinger das Diplom des Landes-Ausschuß sächs. Feuerwehren für 20jährige Dienst zeit. Ein gemüthlicheS Beisammensein schloß sich an den feierlichen Akt an. — E» ist bereits darauf hingewtesen worden, daß vom I. Juli d. I. ad an eine Reihe der durch das Invalidität-- undAlterS-Versicherungsgesetz versicherten Personen auf besonderen Antrag die Hälfte der seit dem 1. Januar 1891 einbezahlten Beiträge zurückoer- gütet wird. Am 1. Juli d. I. sind 5 Beitragsjahre verflossen, nämlich 5 mal 47 gleich 235 Wochen Bei trags,eit. ES handelt sich dabei um folgende Fälle: 1. Weibliche Arbeiterinnen (Dienstmädchen, Tage löhnerinnen, Fabrikarbeiterinnen u. s. w.), die sich ver- heirathen, erhalten die Hälfte der für sie geleisteten Beiträge zurückoergütet, wenn sie ihren Anspruch hier auf vor Ablauf von drei Monaten nach ihrer Verhei- rathung geltend machen. 2. Für verstorbene männ liche Arbeiter wird der hinterlassenen Wittwe oder — falls eine solche nicht vorhanden sein sollte — den hinterlassenen ehelichen Kindern unter 15 Jahren die Hälfte der für den Verstorbenen entrichteten Beiträge ausbezahlt. 3. Für verstorbene weibliche Arbeiterinnen wird den hinterlassenen vaterlosen (ehelichen oder un ehelichen) Kindern unter 15 Jahren die Hälfte der für die Verstorbene einbezahlten Beiträge zurückvergütet. In allen Fällen muß der bezw. die Versicherte min destens fünf Beitragsjahre hindurch die Beiträge ent richtet und darf noch nicht eine JnvaliditätS- oder Altersrente bezogen haben. In den unter 2 und 3 angeführten Fällen findet eine Rückvergütung dann nicht statt, wenn den Hinterbliebenen aus Anlaß des Ablebens des Versicherten eine Unfallrente nach den Bestimmungen deS Reichs - Unfallversicherungsgesetzes gewährt wird. Glashütte. In der am 26. April stattgefundenen öffentlichen Prüfung in der deutschen Uhrmacher schule hatten sich, wie jedes Jahr, eine größere An zahl Herren eingesunden: Als Vertreter der Regierung Herr Amtshauptmann vr. Uhlemann-DippoldiSwalde, als Vertreter des Centralverbandes deutscher Uhr macher Herr Uhrmacherinnungs-Obermeister und Ver trauensmann des Verbandes E. Schmidt-Dresden, die Uhrmacher-Vereine Dresden, Leipzig und Berlin hatten ebenfalls Vertretung gesandt, ferner waren u. A. noch anwesend die Herren vr. Schlaoe-Dresden und Stadt rath Bucher-Dippoldiswalde. Die in Gegenwart dieser Herren und der Mitglieder des Aussichtsrathes der Schule vorgenommene Prüfung in der Theorie er streckte sich auf Arithmetik und Geometrie, je 3 Klaffen, Mechanik und theoretische Uhrmacherei, je 2 Klassen, Elektrizität, angewandte Theorie, Technologie, Fran zösisch und Englisch und verlief höchst befriedigend. Die ausgelegten Reinhefte waren durchaus sauber, übersichtlich und mit Verständniß geschrieben, während die Zeichnungen viele vorzügliche Leistungen auswiesen. Die im Bibliothekzimmer befindliche Ausstellung der praktischen Arbeiten brachte wieder recht interessante Arbeiten, sodaß auch diesmal mit Befriedigung auf das zurückgelegte Schuljahr zurückgeblickt werden konnte. Zum Schluß richtete der Vorsitzende des Aussichtsraths, Herr Uhrensabrikant R. Lange, ermahnende Worte an die abgehenden und verbleibenden Zöglinge der Schule, zollte auch dem Lehrerkollegium herzliche Worte der Anerkennung. — Das Ehrendiplom der Schule erhielt der Schüler August Frohne-Braunschweig, 7 andere Zöglinge erhielten Belobigungen mit Eintragung ins Zeugniß, unter diesen befindet sich der Lehrling der Elektrotechnik KurtBaßler-Luchau, 3 weiteren Zöglingen wurde ehrende Erwähnung zu Theil; auch gelangten einige als Geschenk eingelausene Bücher fachwiffenschast- lichen Inhalts und einige Werkzeuge als Prämien zur Vertheilung. — DaS 18. Schuljahr beginnt den I.Mai. — Nach der Prüfung fand gemeinsame Mittagstafel der anwesenden Herren im Hotel Kaiserhof statt. Am andern Tage, der schulfrei war, besichtigten die noch anwesenden Schüler mehrere hiesige Werkstätten. Lockwitz. Als die drei Kinder des hiesigen Fabrik arbeiters Schulze an der Lockwitzbach spielten, hatte das kleinste Mädchen im Alter von 2 Jahren das Un glück, in daS Wasser zu stürzen. Während nun das 4 jährige Mädchen weinend die Mutter rief, sprang der 6jährige Knabe beherzt in den jetzt angeschwollenen Bach und rettete seine Schwester. Dresden. Der König und die Königin begeben sich am 2. Mai zu mehrwöchentlichem Aufenthalte nach Sibyllenort. — Ein gememschastlicheS Verbot, betreffend Auf- und Umzüge, An- und Versammlungen am 1. Mai in Dresden, erlassen die königl.AmiShauptmannschaften Dresden-Neustadt und -Altstadt und die königliche Polizeidirektion. Den Auf- und Umzügen find nach Befinden gleichzuachten sogenannte Massenspazier gänge, auch wenn sie nur gruppenweise und ohne feste Gliederung sich bewegen. —'Die von den detheiligten Eisenbahnverwaltungen alljährlich veranstalteten Sonderzüge zu ermäßigten Preisen nach München, Tyrol, Lindau und Salzburg sollen in Folge ihrer großen Beliebtheit auch in diesem Jahre verkehren; für Reisende von Dresden ist der 15. Juli, 20. Juli und 15. August in Aussicht ge nommen. Von Leipzig (Bayer. Bhf.) wird überdiü« bereit» am 6. Juli ein Sonderzug abgelassen werden, zu welchem man in DreSden-Altst. Anschlußfahrkarten bis Reichenbach i. V. erhalten kann. — Saatenstand im Königreich Sachsen Mitte April 1895. (Zusammengestellt in der Kanzlei des Landeskulturraths). Der Witterungscharakter de» Winters 1894/95 war in seiner ersten, kleineren Hälfte bis Ende Dezember ziemlich milde mit viel Nässe, fast keinem Schnee und nur geringem Frost aus den Höhengebieten ; die zweite, größere Hälfte, vom Be ginn des Januar bi» Mitte März, zeichnete sich da gegen durch fast ununterbrochenen Frost und starken Schneefall aus. Während die nasse Witterung de» Herbstes, die bis zum Jahresschluß anhielt, den Stand der Wintersaaten, besonders den des Roggens, bereits ungünstig beeinflußte, that die nun folgende Frostperiode mit ihrer starken und lang anhaltenden Schneedecke sowie das Schmelzen derselben, unter TagS mit folgendem Nachtfrost bis Mitte April ihr UebrtgeS, um die Roggensaaten fast allenthalben zu verschlechtern; besonders sind die späteres Saaten am meisten in Mitleidenschaft gezogen, die hohe, wochenlang an dauernde Schneedecke hat dieselben zumeist erstickt. In fast allen Bezirken müssen Umpflügungen von Roggensaaten, sobald die Witterung eS gestattet, in kleinerem oder größerem Maße erfolgen; der Umfang derselben schwankt zwischen 5 und 80 Prozent der Anbaufläche, in vielen Bezirken kann er noch gar nicht beurtheill werden; jedoch läßt sich heute schon die umzupflügende und neuzubeftellende Fläche im ganzen Lande auf etwa 25 Prozent der Anbaufläche berechnen. Eine große Summe von Geld und Arbeit ist hier als verloren zu bezeichnen. BemerkenSwerth ist, daß die Saaten aus 1893er Saatgut sich widerstandsfähiger erwiesen haben, al» diejenigen aus Saatgut der 1894er Ernte. Der Winterweizen ist zumeist besser durch den Winter gekommen und zeigt vielfach recht guten Stand. RapS hat stellenweise ebenfalls durch den hohen Schnee gelitten und- wird manches Feld neu bestellt werden müssen. Am besten haben die Kleefelder überwintert, Mäusefraß ist nur ganz ver einzelt uud in geringem Umsange bemerkbar. Die Wiesen sehen nicht so günstig au», jedoch werden sich dieselben bei der nunmehr eingetretenen Wärme schnell erholen. Wie in Folge des langen Winters da» Wachsthum der Wintersaaten noch sehr zurück ist, so sind die Bestellungsarbeiten der Sommerfrüchte noch sehr im Rückstand, da mit denselben zumeist erst nach Ostern begonnen werden tonnte; hoffentlich hält die günstige Witterung an, damit die Frühjahrssaaten nicht nur schnell und gut untergebracht werden, son dern auch bestens auslausen und sich rasch entwickeln können. Die Obstbäume sind fast noch ganz kahl, während um dieselbe Zeit deS Vorjahres bereits ein reichlicher Blüthenansatz Kirsch-, Birnen- und Pflaumen bäume schmückte. Oelsen bei Gottleuba. Ein seltenes Naturschau spiel war am Donnerstag Abend hier zu beobachten. Zu gleicher Zeit wurde die hiesige Gegend von drei Gewittern bedroht. Man war allgemein gespannt.