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Reucar-dorf, hatte sich, wahrscheinlich beim Rafiren, eine keine Verletzung an der Lippe -«gezogen; in diese ist bei der Arbeit vermuthlich Rost gedrungen und dadurch Blutvergiftung eingetreten, der »ach wenigen schmerzensreichen Tagen der Lod folgt». Flöha. Für den Bezirk der köntgl. AmtShaupt- mannschaft Flöha mit Ausnahme der Städte mit re- vidirter Städteordnung ist unter Zustimmung des Bezirksausschusses ein Nachtrag zum Tanzregulativ aufgestellt worden, nach welchem vom 1. November d. I. ab von jeder ein öffentliches Tanzvergnügen als Theilnehmer oder Zuschauer besuchenden Person ein Eintrittsgeld von mindestens 10 Pfennigen zu er heben ist. Aue. Die hiesige Stadt soll eine elektrische Straßenbahn erhalten, und zwar suchte Herr Bankier L. Fischer jun. von hier um Genehmigung der Errichtung derselben bei der Stadtvertretung nach. Letztere hat einen besonderen Ausschuß, bestehend aus Mitgliedern des RatheS und de: Stadtverordneten niedergesetzt, um die Bedingungen, unter welchen die Erlaubniß ertheilt werden soll, zu berathen. Zwickau. Die jetzt in großartiger Restauration befindliche Katharinenkirche, deren Leitung Baurath vr. Mothes führt, ist dadurch denkwürdig, daß an ihr von 1520—1522 der bekannte Schwärmer und An führer des thüringer Bauernaufstandes, Thomas Münzer, als Pfarrer angestellt war. Schon in seiner Antrittspredigt zog er wie unsinnig über Papst und Klerisei los und bald nachher forderte er von der Kanzel herab auch die Ausrottung der Obrigkeit. Als Gleichgesinnte schloffen sich ihm zwei Tuchknappen, Nikolaus Storch und Markus Stübner, an. Seine Predigten und sein Verhalten als Privatmann, wie auch gegen seine AmtSbrüddr, zeigten, daß er zwar ein Narr, aber ein gefährlicher und boshafter Narr war. AIS Münzer im Jahre 1522 von Zwickau fort gejagt worden war, kam er nach langen Kreuz- und Querzügen als Pfarrer nach Altstädt. Hier wiegelte er die Landleute auf und zog mit 6000 Bewaffneten vor Frankenhausen gegen das Heer der Fürsten. Auf dem noch jetzt sogen. Schlachlberge wurden am 15. Mai 1525 gegen 5000 Bauern, die fast gar keinen Wider stand leisteten, niedergemacht, ihr Anführer Münzer aber, der sich vermessen hatte, die Kugeln der fürst lichen Geschütze mit den Aermeln aufzufangen, in einem Versteck gesunden und in Mühlhausen hingerichtet. Falkenstein. Einen wichtigen Beschluß faßte das hiesige Sladtverordnetenkollegium in seiner letzten Sitzung. Nachdem das Klaffenwahlsystem von beiden städtischen Kollegien bekanntlich kürzlich Annahme ge sunden hat, will sich das Etadtverordnetenkollegium, um eine Menge UebergangSbestimmungen im Nachtrag zum OrtSstatut zu vermeiden, mit Ende dieses Jahres, bezw. mit der Einweisung deS neugewählten Kollegiums auslösen und ist deshalb bei der demnächst stattfinden den Stadtverordnetenwahl eine Ur wähl vorzunehmen. OelSnitz i. V. Der Grenzverkehr ist in Folge einer eben ergangenen Verfügung des k. k. BezirkS- hauptmannS zu Asch sehr erschwert worden. In Folge der in sächsischen Grenzorten vorgekommenen Vieh seuchenfälle darf nämlich weder Ochse noch Rind die Grenze nach Böhmen zu überschreiten; die Beschrän kung erstreckt sich auch auf die Zugthiere, als welche hier in der Hauptsache Ochsen dienen. Die Vieh einfuhr nach Sachsen wird durch diese Verfügung nicht berührt. (Fortsetzung deS Sächsischen in der Beilage.) Tagesgefchtchte. Berlin. Der Reichstag wird nach neuerlichen Bestimmungen am 22. November zusammentreten. Vorher, vielleicht am 15. November, wird eine be sondere Einweihungsfeier, deren Charakter aber noch ungewiß ist, in Gegenwart des Kaisers, vielleicht auch andrer Fürstlichkeiten, stattfinden. — Am vergangenen Sonnabend hat der Kaiser zu Potsdam eine Deputation von Mitgliedern des Bundes der Landwirthe der Provinzialabtheilung Ost preußen empfangen, um eine Adresse entgegen zu nehmen. Nachdem dies geschehen, erwiderte der Kaiser, er freu« sich aufrichtig, aus dem Erscheinen der De putation zu entnehmen, daß seine in Königsberg ge sprochenen Worte richtig aufgefaßt worden seien, und daß sich die Ostpreußen, diesen Worten folgend und vertrauend auf seine landesväterlich« Fürsorge, per sönlich an ihren König gewendet hätten. ES gereiche ihm zur besonderen Befriedigung, daß sein« Hoffnung, die Ostpreußen würden auch in erster Linie ihrem Kö nige in dem Kampfe für Religion, Sitte und Ordnung folgen, sich schon jetzt erfülle. Seine Sorge für die Landwirthschaft, den großen und kleinen Bauernstand, werde nie Nachlassen, wie er andererseits auch Gott vertraue, daß, wenn alle wohlgesinnten Theile der Nation sich um ihn schaartr», e» möglich sein werde, unser theureS Vaterland ohne schwere Erschütterungen durch die Kämpfe hindurchzusührrn, welche zersetzende Bestrebungen uns aufnöthigte«. Der Kaiser sprach dann erneut seinen Dank für die Kundgebung a«S und schiech mit den Worten: „Grüß«n Sie Mir Ihre Mir so lieb, Heimath". Der Kaiser unterhielt stch zu» Schfuß der Audienz längere Zett mit jede» ein zelnen Mitglied« der Deputatton, und zwar vorwiegend über landwirthschaftltche Dinge. Es wurden u. A. berührt: die Pferdezucht, die Tariffrage, die Dampf- pflugkullur, die Kleinbahnenfrage, Zuckerrübenbau, Kali- und Kainitgewinnung, der projektirte masurische Kanal und die Schönheiten deS masurischen Seen- gebieteS. Kiel. Die Kaiser-Dacht „Hohenzollern", welche erst kürzlich ihre Besatzung auf ein Drittel reduzirte, hat Befehl erhalten, sofort die volle Besatzung einzu stellen und bis Montag, den 29. Oktober, seeklar zu machen. Montag früh hat das Schiff 450 Tonnen Kohlen übernommen. In Marinekreisen verlautet, daß die Kaiser-Dacht für den Fall des Ablebens des Kaisers von Rußland zur sofortigen Abfahrt nach Petersburg klar liegen soll. Es heißt ferner, daß Prinz Heinrich den deutschen Kaiser auf der Reise nach Petersburg an Bord deS Panzerschiffes „Wörth" begleiten wird. Köln. Ein Arbeiter, der einen Kollegen mit ge ladenem Revolver verfolgte, gab am 22. Oktober auf die angesammelte Menge 5 Schöffe ab. 2 Personen wurden tödtlich verwundet. Der Thäter wurde ver haftet. Oesterreich-Ungarn. In Oesterreich dauern die sozialistischen Kundgebungen für das allgemeine Stimm recht fort, wenn auch in mitynter sehr ver schiedener Gestalt. So wurden in einer der jüngsten Nächte in Brünn an Gebäuden und Bäumen Tausende von Flugzetteln mit der Aufschrift: „Heraus mit dem allgemeinen Wahlrecht!" angeschlagen. Auch in meh reren anderen Städten Mährens waren gleiche Zettel angeschlagen. In Brünn beschlagnahmte die Polizei gegen 7000 solcher Zettel und verhaftete sie zugleich 23 Individuen, welche beim Zettelankleben erwischt wurden. In Lemberg wollten die Sozialisten am Sonntag einen Straßenumzug zu Gunsten des all gemeinen Stimmrechtes abhalten, welcher aber polizei- licherseitS verboten wurde. — Die Kaiserin Elisabeth kann nirgends Ruhe finden. Demnächst will sie über Egypten nach Indien reisen. In Wien bei ihrem Gemahl ist sie im Jahre kaum einige Tage. — Oesterreich, das einst mehr Schulden als Gulden hatte, erlebt die vor Jahren noch für unmög lich gehaltene Thatsache, daß in seinen Staatskassen ein frei verfügbarer Ueberschuß von 29>/> Millionen Gulden liegt. Italien. Durch Dekrete wurden gleichzeitig in allen Provinzen sämmtliche Vereinigungen, welche sich als sozialistische italienische Arbeiterpartei bezeichneten, aufgelöst, ebenso die Gesellschaften, welche eine Sektion solcher Vereinigungen bilden, und die Vereine, welche, obgleich zu philanthropischen oder wirthschaftlichen Zwecken gegründet, sich dem bezeichneten Partei-Pro gramm zuwandten, welches zwischen den verschiedenen Klaffen der Gesellschaft Streit errege und die Umsturz- ideen verbreite. Die bis zum 23. Oktober eingelau fenen Nachrichten besagen, daß die Auflösungen der Vereine und die Haussuchungen bisher zu keinem Zwischenfall geführt haben. Frankreich. Als Stilprobe des Talentes ge wisser sozialistischer Journalisten mag nachstehender Auszug aus dem Artikel des „Chambard" gelten, welcher nach dem Beschlüsse des MinisterratheS in vor. Woche vor das Schwurgericht verwiesen werden soll. „Und das Volk schwieg immer noch. ES hatte sich aber letzten Sonntag zum Reden entschlossen. 5000 Stimmen spieen auf den falschen Patrioten, den falschen Republikaner, den falschen Philanthropen. Hat Casimir die- gehört und, wenn erS gehört, ver standen? In diesem Falle wird sich sein Haß ver doppeln. Die Verbrechen des Großvaters nützen dem Enkel, da sie ihm die Ueberlegenheit im Königreiche der Ausbeuter sichern. Casimir kennt de« entehrenden Ursprung dieser Millionen; er behält sie und sein politischer Ehrgeiz hat kein anderes Ziel, als stch deren ewigen Genuß zu sichern. Heute schweigen die Bürger, wenn er vorüberfährt. Morgen wird der populäre Ruf ertönen: „Nieder mit Casimir!" was heißen will: „ES lebe die Republik der Arbeiter!" — Man wird begreifen, welchen Ekel dergleichen Prosastücke Hervor rufen müssen, die offenbar nicht den Namen einer Polemik zu tragen verdienen. Der Verfasser dieses Artikels, Gerault-Richard, heute eine der Stützen der Petite Repudlique, war im Augenblick derBoulangeRe- daktionssekretär der „Bataille" LiffagarayS, dessen äußerst heftige Angriffe auf voulanger und seine Um gebung geradezu rosafarbig neben den heutigen Lei stungen der Sozialisten dastehen. — Die allerneueste Erfindung de» „Jntransiaeant" ist heute die, der Präsident der Republik hätte im Ministerrathe seinen festen Entschluß angekündiat, nach de» Wiede rzusam- mentrttt« dal Parlament» sein« Entlassung zu nehmen, da er di« unausgesetzten Angriffe der Sozialisten und di« so schlecht ausgehenden Preßprozeffe satt hätte. E» wär» allerdings neu, daß Herr Castmir-Perier, dem selbst feine Gegner de« Muth nicht absprechen können, vor dem kleinen Häuslein revolutionärer Schreimäuler die Flucht ergriffe, indeß weitaus die große Mehrheit des Landes von ihm die Erreichung einer Periode der ruhigen und friedlichen Arbeit erwartet. Herr Castmir- Perier hatte in der Kammer der Koalition der Rechten, der äußersten Linken und der Sozialisten tapfer Stand gehalten, als sein Schicksal als Conseilspräsident in deren Hand lag und wird jetzt als Staatsoberhaupt eS gewiß nicht anders halten. — DaS bisherige Schutzzollsystem in Frank reich wird auch fernerhin beibehalten werden, wie aus einer Kundgebung deS HandelSminifterS Lourties deut lich heroorgeht. LourtieS weilte dieser Tage in Lyon anläßlich eines Besuches der dortigen Ausstellung und wurde er hierbei vom Präsidenten der Lyoner Han delskammer mit einer Ansprache begrüßt, welche in freihändlerischem Sinne gehalten war. Der Minister schlug aber in seiner Erwiderung einen ganz unerwar teten Ton an, er bezeichnete daS gegenwärtige Zoll system Frankreichs als ein aus der Erfahrung heroor- gegangeneS, daS erst in gebührender Weise erprobt werden müsse. Nur ganz zwingende Gründe könnten Frankreich zu einer Aenderung seiner Zollgesetzgebung veranlassen. Zugleich wies der Minister darauf hin, wie in dem freihändlerischen Nachbarlande Frankreichs Verringerungen in dem Steuererträgnisse bemerkbar seien; auf welches Land hierbei Mr. Lourties eigent lich anspielte, das ist freilich noch unklar. Jedenfalls beweist die Lyoner Rede deS Handelsministers, daß die Vertreter und Befürworter der in die Wege ge leiteten extremen Schutzzollpolitik Frankreichs noch immer ihren maßgebenden Einfluß ausüben. Am Sonntag nahm Lourties im „Großen Theater" in Lyon die feierliche Vertheilung der Auszeichnungen für die Aussteller vor, wobei er Carnot Worte der Er innerung widmete. Belgien. Bei den am vergangenen Sonntag vorgenommenen Stichwahlen haben in Brüssel die Ka tholiken gegen die Koalition der Liberalen und So zialisten gesiegt. 18 liberale Kammermitglieder find also durch Katholiken ersetzt worden. Nach den aus Tournay eingelaufenen Meldungen sind auch dort 4 Katholiken an Stelle der bisherigen liberalen Abgeord neten, unter denen sich Staatsminister Bara befindet, gewählt worden. In Charleroi haben nach den bis herigen Meldungen die von den Liberalen unterstützten Sozialisten die Mehrheit. In Lüttich sind liberale Senatoren mit Hilfe der Sozialisten gewählt; in die Kammer sind dort Sozialisten und Progressisten mit liberaler Hilfe gewählt worden. In Hoy und Thuin haben die Liberalen, in VeroierS und Soignies die von den Liberalen unterstützten Sozialisten die Kammerfitze erhalten. — In Nivelles sind nach vorläufiger Fest stellung drei Liberale und vier Katholiken gewählt. Der Ministerpräsident de Burlet ist nicht wiedergewählt worden. — Nach den bisherigen Feststellungen wird die Kammer aus 104 Katholiken, 19 Liberalen und 29 Sozialisten und Radikalen zusammengesetzt sein. Rußland. „Nowoje Wremja" meldet über die Ankunft der Prinzessin Alix von Hessen in Ruß land: Auf der Grenzstation Alexandrowo wurde die Prinzessin von ihrer Schwester, der Großfürstin Elisabeth Feodorowna, empfangen und nach Livadia begleitet. Die Fahrt von Simferopol nach Livadia legten die Prinzessinnen weqen deS prachtvollen Wetters in offenem Wagen zurück. Der Weg war mit Triumph bogen geschmückt. In Alushta wurde die Prinzessin von dem Großfürsten-Thronfolger und dem Groß fürsten Sergei Alexandrowittch begrüßt. Hier war das Frühstück seroirl. Nach 5 Uhr Nachmittags (23. Oktober) erreichten die Herrschaften Jalta. Der Thron folger saß neben der Braut. In Jalta begrüßte eine dichtgedrängte Volksmenge da» Brautpaar herzlich. — Telegramm. Da» Bulletin vom 23. Oktober, Abend» 7 Uhr, theilt mit, daß der Kaiser im Laufe de» Tage» einige Schläfrigkeit gezeigt habe, wie auch leichte asthmatische Erscheinungen bemerkt wurden. Der Appetit ist schwächer al» am Tage vorher. Griechenland. Der Prozeß gegen die grie chischen Offiziere, die seiner Zett die RedaktionSräume der Zeitung „Akropolis" in Athen demolirt hatten, am 6. d. M. jedoch fretgesprochen worden find, hat nun mehr für den Besitzer und Herausgeber de» erwähnten Blatte», B. Gabrielidi», ein seltsame» Nachspiel ge zeitigt. Wie griechische Blätter melden, hatte gleich am nächsten Tage nach dem Angriffe der Direktor de» Personals des Kriegsministerium» eine Klage gegen Gabrielidi» eingereicht, de» Inhalt», daß dieser das Volk gegen die Arme« aufgehetzt und dadurch die Ge fahr eine» Bürgerkriege» herausbeschworen habe. Auf Grund dieser Anklage ist jetzt ein Haftbefehl gegen