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594 Topfmarkt-RathhauSstraße-Markt in dieser Zeit SV Mal. Trotz dieser ansehnlichen Leistung wäre er aber doch durch einen 12jährigen Schuljungen, der 19 Runden lang fortwährend vor ihm herlief, besiegt worden, wenn nicht zuletzt noch die für die Gesundheit ihre- Kindes besorgte Mutter des Knaben durch energischen Einspruch den berufsmäßigen Schnellläufer von seiner jugendlichen Konkurrenz befreit hätte. Rochlitz. Am 19. August Nachmittags entstand auf dem Fleischer Köhler'schen Haferfelde, das sich auf dem sogenannten Galgenberge 2V Minuten östlich von der Stadt befindet, durch Unachtsamkeit beim Pseifen- anzünden Feuer. Als der auf dem Krenkel'schen Getreidefeld« in der Nähe arbeitende Knecht Dathe den Brand wahrnahni, rannte er sofort nach der Stadt, um die Feuerwehr zur Hilfe zu veranlassen, hatte aber, kaum bis zum Rathhaus gelangt, leider das Unglück, vom Sonnenstich getroffen zu werden. Er wurde in ein Bürgerhaus ausgenommen und später, da sich heftige Tobsucht einstellte, mittelst SiechkorbeS nach dem Krankenhause gebracht, wo der unglückliche Mann noch jetzt zwischen Leben und Tod schwebt. Die freiwillige Feuerwehr rückte '/«3 Uhr nach der Brandstätte ab, konnte aber nicht viel zur Eindämmung des Feuers thun. Ein angrenzendes Kleefeld setzte der weiteren Ausbreitung von selbst erfolgreich Schranken. Ver nichtet hat das Feuer etwa 4'/» Acker in Schwaden liegenden Hafer auf dem Köhler'schen Grundstück, sowie die Stoppeln auf einem anderen Felde. Riesa. Aus dem kürzlich von dem Leiter unserer städtischen Schulen, Direktor Bach, veröffentlichten 8. Berichte machen wir folgende Mittheilungen: Das Lehrerkollegium ist seit Ostern d. I. auf 39 Köpfe gestiegen, worunter sich 4 seminaristisch gebildete Lehrerinnen und 2 Lehrerinnen für Nadelar beiten be finden. Die hiesigen Schulen gliedern sich in eine höhere Abtheilung für Knaben und Mädchen, eine mittlere und eine einfache, beide ebenfalls je für Knaben und Mädchen mit zusammen 44 Klaffen. Die Anzahl der für diese benöthigten wöchentlichen Unterrichtsstunden beträgt 1065. Die Kinderzahl ist auf fast 1700 angewachsen, letzte Ostern betrug der Zuwachs allein 117. Die durchschnittliche Schülerzahl .einer Klaffe beträgt jetzt 38. Auf mittlere Klaffen eines Gymnasiums gingen 2, nach Untersekunda eines Realgymnasiums ebenfalls 2, auf Lehrerseminare 2 und nach der Oberklaffe einer Realschule 1 Schüler über. Die höhere Knabenschule hat die Berechtigung erhalten, daß Schüler, die sich über den erfolgreichen Besuch dieser Schule mittelst Schulzeugnisses ausweisen können, ohne vorheriges Bestehen einer besonderen Prüfung für den mittleren Postdienst zugelassen werden. Von den bestehenden Schulabtheilungen ist die stärkste die einfache, die mehr als die Hälfte aller Schüler enthält. Unter den Schülern der beiden anderen Ab- theilungen befinden sich 92 aus fremden Schulorten. Vom gesammten Schülerbestand sind 4l»/o auswärts geboren, was einen Schluß auf die Bewegung der Bevölkerung gestattet. Grimma. Von einem herben Mißgeschick wird die hiesige Fürstenschule verfolgt, seit der berühmte Rektor Wunder das Rektorat niederlegte. Sein Nach folger, Rektor Dietsch, mußte nach einigen Jahren wegen Gehirnerweichung zurücktreten. Rektor Müller übernahm wieder nach einigen Jahren das Rektorat eines Gymnasiums, der Zittauer Rektor Schnelle führte das Regiment auch nicht zu lange Zeit, denn er starb plötzlich Weihnachten 1890. Nun liegt der jetzige treffliche Rektor Bernhardt schwer erkrankt darnieder. Leipzig. Die altehrwürdigen Gebäude der Uni versität, die jetzt niedergelegt werden, erinnern Man chen, der in den alten Räumen verkehrt hat, an frohe, aber auch an trübe Stunden. So wird u. A. auch der allberühmte Karzer, den die Studenten das „Asyl für obdachlose Männer" nannten, mi: fallen. Die Wände und Decken der Zellen weisen mancherlei kunst volle Zeichnungen, die mit Kohle oder Kreide hergestellt sind, auf, und dichterische Naturen haben vielfach ganz wunderbar humoristische Kinder ihrer Muse den Wän den anvertraut. Ein jüngst erschienenes Cchristchen enthält eine Sammlung davon, sodaß sie auch der Nachwelt erhalten bleiben. — Ueber dem Grassi-Museum, das aus den Erb- schastSgeldern des Domenico Grassi erbaut werden und den Sammlungen für Völkerkunde als Ausstellungsort dienen soll, schwebt ein eigenthttmliches Verhängnis;. Nachdem sich der Rath über den Bauplatz mit den Stadtverordneten jahrelang nicht einigen konnte, ist endlich das Areal der alten Handelsschule und des an grenzenden Nupprechtshoses dazu bestimmt worden. Die beiden Gebäude wurden an ein Konsortium von 6 Mitgliedern für 11,500 Mk. zum Abbruch verkauft und sind verschwunden. Nun kann man sich über den Bauplan nicht einigen, so daß der Bau erst im nächsten Jahre in Angriff genommen werden soll. Leipzig. Seit einigen Tagen zirkuliren in hiesiger Stadt falsche Fünfmarkscheine. Dieselben unter scheiden sich von den echten Stücken dadurch, daß die Falsifikate auf der Rückseite anstatt der eingepreßten Fasern bei den echten Scheinen nur gemalte Fasern aufweisen. Ueberdies ist der bei den echten Scheinen daselbst befindliche rothe Aufdruck bei den Falsifikaten ins Bräunliche spielend und verschwimmend. (Fortsetzung deS Sächsischen in der Beilage.) Tagesgeschichte. Berlin. Von verschiedenen Seiten wird bestätigt, daß sich in der Thal der Kaiser gegen die zweijährige Dienstzeit ausgesprochen habe. Vielfach wird an genommen, daß sich dadurch die Grundlagen der pro- jektirten neuen Heeresvorlage derart verschoben hätten, daß sie in keinem Falle in der nächsten Reichstags session eingebcacht werden könnte. Es mag dahin gestellt bleiben, ob. diese Ansicht Recht behält; ebenso unentschieden ist es zur Zeit noch, ob sich der Reichs kanzler Graf Caprivi mit der Forderung der zwei jährigen Dienstzeit derart identifizirt hat, wie man es bisher annahm, und ob infolgedessen die Stellung Caprivi's neuerdings erschüttert erscheint. Es ist aber durch die Stellungnahme des Kaisers so ziemlich Alles, was man bisher über die Vorlage zu wissen glaubte, völlig ins Schwanken gerathen, und ehe man beglau bigte und positive Nachrichten über die wirklichen Ab sichten der Regierung besitzt, werden alle Diskussionen über diese Angelegenheit rein theoretische Bedeutung besitzen. Nur Eins wird man jetzt schon ziemlich sicher sagen dürfen: daß nämlich die Chancen der neuen Vorlage durch das Ausscheiden der zweijährigen Dienstzeit ganz erheblich verloren haben. Andererseits ist dadurch allerdings zugleich der feste Boden gegeben, auf dem sich das „schwarze Kartell" zu gemeinsamer positiver Arbeit im Sinne der Negierung zusammen finden kann. — Gegenwärtig sind seitens der Reichsregierung bez. des Reichsschatzamtes Erhebungen über den Um fang der Bierbesteuerung im Gange. Dieselben deuten darauf hin, daß eine Aenderung in der Bier besteuerung, die natürlich nur in einer Erhöhung der selben bestehen könnte, thatsächlich geplant ist. Nicht nur mit der von süddeutscher Seite angeregten Reform der Branntweinsteuer beschäftigt sich das Neichsschatz- amt, sondern auch das Bier soll noch mehr Steuern bringen, um den erhöhten Bedarf für Militärzwecke zu decken. Die Negierung legt Werth darauf, bei dieser Gelegenheit eine einheitliche Regelung der Bier steuer herbeizuführen. Sollte in dieser Richtung wirklich eine Vorlage beim Reichstage eingebracht werden, die beiläufig bemerkt in Bayern wohl am wenigsten Sympathie finden würde, so erscheint es uns geboten, daß darin vorwiegend die kleinen Brauereien eine Begünstigung, ähnlich wie im Branntweinsteuer gesetz die kleinen Brennereien, erfahren. Letztere ent richten einen niedrigeren Steuersatz als die großen Betriebe. So würden auch zur Entrichtung der Brau steuer die kleineren Brauereien, welche nur einen ge ringen Absatz haben oder zum Thcil in eigner Gast- wirthschaft ihr Fabrikat absetzen, bester gestellt werden muffen. Auf eine empfindliche Vertheuerung des Vieres würde die Steuererhöhung auf jeden Fall hin auslaufen. Thorn. Im Anfänge des nächsten Jahres werden 100Jahre verflossen sein, seitdem Danzig und Thorn in preußischenBesitz gekommen sind. Beide Städte haben am 7. Mai 1793 gemeinschaftlich in Danzig dem König Friedrich Wilhelm II. gehuldigt. Es ist angeregt, die 100. Wiederkehr des Huldigungstages in gebührender Weise zu feiern. Von Thorn haben die Preußen am 24. Januar 1793 Besitz ergriffen, in Danzig rückten die Preußen im März desselben Jahres ein. Braunschweig. Der fürchterliche Hagel sch lag, der im Braunschweigischen am 1. Juli d. I. binnen 15 Minuten in einer Breite von 16 Kilometer und einer Länge von 24 Kilometer den mittleren Theil des Herzoglhums durchzog und 73 Gemeinden traf, hat amtlich angestellten Ermittelungen nach an den Feldern einen Schaden von 3,643,000 M. verursacht. Davon haben die Hagelversicherungs-Gesellschaften 1,400,000 Mark zu ersetzen. Baden. In Mannheim, wo der dortige Führer der Sozialdemokratie, Hünsler, mit 21,000 Mark, die dem Arbeiter - Medizinal - Verein gehörten, durch- gebrannt ist, wollen die Geschädigten das von ihnen früher so heftig angegriffene Bürgerthum um freiwillige Beiträge zur Deckung des Defizits bitten. Ob die Nächstenliebe soweit geht, dies Verlangen zu erfüllen, bleibt denn doch abzuwarten. Frankreich. ES gewinnt immer mehr den An schein, als müßte man sich in Paris auf Unglücks botschaften aus jenen Ländern gefaßt machen, welche Ferry, der „Mehrer des Reiches", Frankreich erobert hat. Die französische Regierung hüllt sich in Schweigen, -obwohl seit längerer Zeit verlautet, aus Tonkin seien ungünstige Meldungen eingelaufen; heute wird ge meldet: Der „GauloiS", auf die neuliche geheimniß- volle Andeutung deS „Figaro" über Wirren in Tonkin zurückkommend, ergänzt sie dahin, daß in Anam unter den Augen der vertrauensseligen französischen Residen ten eine allgemeine Erhebung vorbereitet werde, deren Niederwerfung, wenn man ihr nicht vorbeuge, ein Heer von 50,000 Mann erfordern dürfte." — Die Franzosen liefern neuerdings wieder ein mal recht nette Beweise dafür, wie sie die politische Gerechtigkeit handhaben. Während die französischen Chauvinisten jede Gelegenheit benutzen, in Elsaß-Loth- ringen gegen die deutsche Regierung zu agitiren, wird jenseits der Vogesen sofort ein Sturm der Entrüstung entfesselt, sobald in Nizza, welches Departement sich bekanntlich Frankreich von Italien 1859 abtreten ließ, sich nicht etwa separatistische Tendenzen geltend machen, sondern auch nur leise Kritik an gewissen Maßnahmen geübt wird. So verlangt jetzt die französische Presse die Ausweisung des Leiters des in Nizza erscheinenden Blattes „Jl Pensiero", ja, der „Parti National" geht sogar noch we'ter und verlangt ein Ausnahmegesetz, weil das in italienischer Sprache erscheinende Blatt gewisse Lächerlichkeiten der Stadtverwaltung von Nizza nach Gebühr verspottet hatte. Schweiz. Der verheerenden Feuersbrunst in Grindelwald (s. Telegramm in vor. Nr.) wurde am 19. August Einhalt gethan, nachdem 90 Firsten nieder gebrannt und 400 Ortseinwohner obdachlos geworden waren. In den eingeäscherten Hotels befanden sich 200 Fremde, von denen die meisten ihr Gepäck ein büßten. — Nach einem veröffentlichten Gesetze soll der Abschluß wucherischer Geschäfte beim Ankauf von Ge treide durch die Bauern, durch die Friedensrichter mit Arrest bis zu drei Monaten, beziehungsweise mit Ge- fälWiiß von einem bis sechs Monaten bestraft werden; Außerdem haben die Käufer den Pieisunterschied zu ersetzen, um welchen sie die Verkäufer übervortheilt haben. Rußland. Was man in Rußland unter Rechts pflege versteht, zeigt folgender Vorfall: Der Schul lehrer des Dorfes Gussin, Gouvernement Ljublin, be schwerte sich beim Ljublinschen Landgerichte darüber, daß ein Gutsbesitzer einen Theil des Schullandes für sich genommen habe, vas Holz für die Schule nicht liefern wolle und alle Servituten gegen die Schule verweigere. Es wurde ein Kommissar geschickt, um an Ort und Stelle zu entscheiden. Der Kommissar fragte den Lehrer in Gegenwart ver Bauern, ob er die Krü- lowsche Fabel von dem Wolfe und dem Lamme kenne, und fügte hinzu, daß auf solche Beschwerden eines Schulmeisters gegenüber einem Gutsherrn 2 Wochen Arrest gehörten. Als die umstehenden Bauern betheuerten, daß der Schulmeister im Rechte sei, befahl der Kommissar ihnen, zu schweige». Und zu besserem Verständniß für die dumme Menge fügte er mit Pathos hinzu, daß er in seinem Kreise wegen Widerstandes gegen seinen Willen drei Bauern ins Gefängniß habe stecken lassen, deren einer sich jetzt aufgehängt habe. Solcher Autorität gegenüber blieb den Bauern das Wort in der Kehle stecken und die Sache war zu Gunsten des Gutsherrn entschieden. England. Nachdem Gladstone, de: neue eng lische Premierminister, von der Königin in Osborne empfangen worden und das neue englische Ministerium vollständig gebildet worden ist, hat sich daS englische Parlament vertagt. Auf seiner Reise von London nach Osborne und zurück ist der ehrwürdige Minister Gladstone der Gegenstand vielfacher Huldigungen ge wesen. Bei der Ankunft in Southampton wurde Glad stone von einer jubelnden Menge begrüßt. Die Rück reise nach London war ein neuer Triumphzug. In Eastleigh und Bischopstoke harrte die Menge auf dem Babnhofe und hatte die Kopfbedeckung abgezogen. Dasselbe wiederholte sich in Basingstoke. Die Londoner hatten Stunden lang geduldig gewartet, um einen Blick von dem wunderbaren Greise zu erhaschen. Jubel begrüßte ihn, als er das Bahnhofsgebäude der Waterloo- Station verließ und nach seiner Wohnung in Carlton Gardens fuhr. Am 17. August Abends fand in Gladstones Hause ein Mintsterrath statt, um den Mit gliedern des neuen KabinetS die Genehmigung der Königin mitzutheilen. Lord Herschell, der neue Lord kanzler, und Lord Rosebery, der von allen Parteien vielbegehrte Minister des Äeußeren, waren mit die Elsten, welche in Carlton Gardens eintrafen. Großbritannien. Die Einsetzung des MinW> riums Gladstone hat am 18. d. M. in der üblichen Weise stattgefunden. Mit Eröffnung der politischen Aktion wird eS minder rasch vor sich gehen, da die Uebertragung des legislatorischen Programmes Mr. Gladstones in die Gestalt parlamentarischer Vorlagen viel Zett und Mühe beansprucht. Inzwischen gilt es, die öffentlich« Meinung bet Laune zu erhalten, sie über