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60 Dresden. König Albert spricht für die ihm bei der Geburt des jüngsten Sprossen des Wettiner Hauses »«gegangenen Kundgebungen in folgendem Schreiben seinen Dank auS: Die vielfachen Beweise treuer Liebe und Anhänglichkeit, die Mir und Meinem Hause auS Anlaß der Geburt Meines Groß, nessen des Prinzen .Georg« von Behörden und Korporationen drS Lander, sowie aus allen Ständen Meines Volkes ^gegangen find, haben Mich wahrhaft erfreut und Meinen, landesväterlichen Herzen überaus wohlgethan Ich fühle Mich daher gedrungen, dies noch öffentlich auSzusprechen und Allen, die Mir und Meinem Hause in diesen Tagen der Freude ihre Theilnahmc be zeigt haben, dafür Meinen herzlichsten Dank zu sagen. Möge Gott den dargebrachten Wünschen und den ausgespro chenen Hoffnungen seinen Segen verleihen. Dresden, am 22. Januar 1893. (gez.) Albert. — Da das Allgemeinbefinden der Prinzessin Friedrich August und des jungen Prinzen ein vortreff liches ist, werden regelmäßige Bulletins nicht mehr auSgegeben. — Wie man aus Wien meldet, begiebt sich der König von Württemberg, der daselbst mit seiner Gemahlin den Hochzeitsfeierlichkeiten beiwohnt, am Sonnabend nach Dresden zum Besuche der sächsischen Königsfamilie. Bekanntlick mußte vergangenes Jahr, als der König von Württemberg dem Kaiser seinen Antrittsbesuch in Berlin machte, der dem sächsischen KönigShofe zugedachte Besuch wegen Erkrankung der Königin Carola unterbleiben. Ob gleichzeitig die Königin von Württemberg, die am Donnerstag Abend über Bodenbach Dresden-Röderau in Berlin eintrifft, mit ihrem Gemahl in Dresden erscheint, steht noch nicht fest. Auf dem Böhmischen Bahnhofe zu Dresden findet großer Empfang statt, wobei eine Ehrenkompagnie ausgestellt ist. König Albert und die Prinzen des kgl. HauseS begrüßen den württembergischen Monarchen und geleiten denselben nach dem kgl. Residenzschloß. Pirna. Eine seltene Thal kraft bekundete der 13jährige Sohn des in der Dohnaischen Straße wohn haften Tuchhändlers Querner. Beim Schlittichuh- sahren auf der Elbe brach in der Nähe des Karola- bades der 13 jährige Schulknabe Höhnet aus Copitz durch die Eisdecke. Auf die Hilferufe Höhnels, welcher bis an die Nase in das Wasser gesunken war, nahm der kleine Querner die Jacke eines anderen Knaben, rutschte, indem er sich aus das Eis legte, vorsichtig der Unfallstelle zu und zog den ertrinkenden Spielgefährten, nachdem derselbe der Aufforderung gefolgt und die Jacke erfaßt hatte, langsam und sicher an das User. Zwickau. Auf hiesigem Bahn Hose ist der Weichen steller Hilarius von einer Lokomotive umgerissen und überfahren worden. Hilarius kam zwischen das GeleiS zu liegen. Die Maschine ging über ihn weg und verletzte in — wunderbarer Weise -- nur leicht, f Auerbach. Die Vermuthung, daß der seit dem 14. Januar vermißte Feuerwehrmann Robert Liebold auS Rebesgrün vom Wege abgekommen und erfroren sei, hat sich leider bestätigt. Am 19. Januar gegen Abend wurde der Leichnam desselben mitten im Felde aufgefunden. Infolge des heftigen Schneetreibens hatte sich Liebold rechts gewendet und war in der falschen Richtung fortgegangen, bis er am Rande des zwischen Rebesgrü» und Reumtengrün liegenden Waldes liegen blieb. Der Verunglückte stand im 25. Lebens jahre und hinterläßt eine Wittwe und ein Kind. Döbeln. Trotz eifriger Bemühungen der Be hörden und Familienangehörigen ist es bis jetzt noch nicht gelungen, den seit 14. Januar vermißten 71 Jahre alten Gasanstaltsarbeiter Liebers aufzufinden. Man nimmt jetzt ganz bestimmt an, daß der Vermißte nicht mehr unter den Lebenden weilt und rechnet nur noch damit, daß man seinen Leichnam bei eintretendem Thauwetter finden werde. Wenn nicht Verunglückung vorliegt, so wäre ein Naubanfall, bei dem es auf den Wochenlohn des alten Mannes abgesehen war, nicht ausgeschloffen, denn daß Liebers, der in ganz guten Verhältnissen lebte und bei seinen Bekannten auch gern gesehen war, sich ein Leid angethan haben sollte, ist kaum anzunehmen. Leipzig. Auf telegraphisches Ersuchen des hiesigen Polizeiamtes wurde kürzlich in Meißen ein 17 jähriger Handlungsgehilfe von dort verhaftet. Der Festge nommene, welcher vorher in einer Fabrik des hiesigen StadttheileS Plagwitz in Stellung sich befunden, hat sich verschiedener Unterschlagungen von Geldern schul dig gemacht, welche sich aus die beträchtliche Gesammt- höhe von gegen 1800 Mk. beziffern. Der leichtsinnige junge Mann war mit der Abholung der Postanwei sungsgelder betraut und hatte sich an den Geldern in 56 einzelnen Fällen vergriffen. Er bewerkstelligte seine strafbaren Handlungen in der Weise, daß er Post anweisungen unterschlug, dieselben dann mit der Unter schrift seines Dienstherrn versah und sich dann bei der Post die auf den Anweisungen verzeichneten Beträge auszahlen ließ. Der Beschuldigte wird sich sonach wegen Unterschlagung und Urkundenfälschung zu ver antworten haben. (Fortsetzung deS Sächsischen in der Beilage.) Tagesgeschichte. Berlin. Am 24. Jan. Abends '/»10 Uhr ist der Großfürst-Thronfolger von Rußland auf Bahnhof Friedrichstraße zu den VermählungSfeterlich- keiten hier eingetroffen und von dem Kaiser feierlich und herzlich empfangen worden. Die zum Ehrendienst befohlenen Offiziere, Generaladjutant und General- lieutenannt Graf von Schlieffen II., Ches des General stabes der Armee, und Oberst Freiherr von Bülow, Kommandeur des Kaiser Alexander-Garde-Grenadier- Regiments Nr. 1, waren dem Großfürsten-Thronfolger bereits am Sonnabend Abend bis Eydtkuhnen ent gegengereist, um den hohen Gast von dort nach Berlin zu geleiten. Die Herren meldeten sich früh 8 Uhr beim Eintreffen des Zuges in Eydtkuhnen. Auf dem Bahnhofe daselbst war eine Kompagnie des Füsilier- Regiments Graf Roon (Ostpreußisches) Nr. 93 mit der Fahne des betreffenden Bataillons und der Regiments musik als Ehrenwache aufgestellt. Die Reise nach Berlin erfolgte mittels Hofzuges. Außer dem Kaiser waren auf dem hiesigen Bahnhofe zum Empfange versammelt: die Prinzen des Königlichen Hauies mit ihren Adju tanten, die in Berlin und Potsdam garntsonirenden Prinzen aus regierenden deutschen Häusern, das Haupt quartier, die hier anwesenden General-Adjutanten, Generale ä la 8uite und Flügel-Adjutanten, der Gou verneur, der Kommandant, sowie die aktiven Generale und Admirale der Garnison Berlin. Auf dem Bahn steig war eine Ehrenwache in der Stärke einer Kom pagnie vom 3. Garde-Regiment z. F. mit der Fahne des betreffenden Bataillons und der Regimentsmusik aufgestellt; die direkten Vorgesetzten waren dabei zu gegen. Vor dem Bahnhofs war eine Eskadron des Garde-Kürassier-Regiments als Eskorte aufgestellt, welche zur Hälfte vor bez. hinter dem Wagen ritt. Der Regiments-Kommandeur und Eskadrons-Chef ritt neben dem Wagen. Die Fahrt ging durch die Friedrich straße über die Südseite der Straße Unter den Linden zum Kaiserlich russischen Botschastshotel, woselbst eine zweite Ehrenwache vom Kaiser Alexander Garde- Grenadier-Regiment Nr. 1 stand. Als Ehrenposten vor den Gemächern werden Unteroffiziere dessen 1. West fälischen Husaren-Regiments Nr. 8 verwendet; ab wechselnd mit diesen stehen Unteroffiziere des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiments Nr. I. Vor der russischen Botschaft steht einen Gemeinen - Ehren posten vom Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regi ment Nr. 1. Berlin. Die mit dem Krönungs- und Ordens fest eingeleiteten diesmaligen Winterfestlichkeilen am Berliner Hofe erhalten mit dem herangenahten Ver mählungsfeste der Prinzessin Margarethe von Preußen und der letzterem unmittelbar folgenden Feier des 34. Geburtstages Kaiser Wilhelms ihren Glanz- und Höhepunkt. Zahlreiche Fürstlichkeiten von nah und kern werden dieser erhebenden Doppelfestlich keit im Schooße des deutschen Kaiserhauses beiwohnen und die Reichshauptstadt wird darum in diesen Tagen am Hose sich ein ganz besonders glänzendes und be wegtes Treiben entfalten sehen. Bei dem familiären Charakter, der den Grundzug beider Feste bildet, ist es selbstverständlich, daß hierbei die Politik nicht in Betracht kommt, aber auch ohne eine politische Um rahmung präsentiren sich die Vermählungsfeier der Prinzessin Margarethe und das Geburtsfest des Kaisers bedeutungsvoll und imposant genug. Die Doppelfeier weist namentlich dadurch ein spezielles bemerkenswerthes Moment auf, daß sie mit den Königen von Sachsen und von Württemberg, sowie den Großherzögen von Baden, Hessen und von Weimar fast sämmtliche her vorragenderen Bundesfürsten als Gäste am kaiserlichen Hofe vereinigen wird und vielleicht dürfte diese Ge legenheit zu traulicher Aussprache zwischen den erlauchten Fürstlichkeiten über dies und jenes führen. — In der Militärkommission erklärte der Reichskanzler, der Vorschlag einer erhöhten Rekruten einstellung innerhalb der gegenwärtigen Präsenzstärke gefährde die Landesvertheidigung, sei also unannehmbar. Die Vorlage der Heeresverstärkung beruhe nicht auf der Geringschätzung des Dreibundes, noch auf dem Zweifel an der Fortdauer desselben, sondern aus der Erkenntniß, daß Deutschland auch im Verein mit den beiden anderen dem Dreibund angehörigen Mächten in einem Kriege mit überlegenen Kräften zu rechnen habe. — Mit der Militärvorlage befaßt sich aber mals ein bei E. S. Mittler und Sohn erschienenes Flugblatt, und zwar beantwortet es die Frage: „Wie viel kostet uns Deutsche die Vertheidigung des Vater landes?" Zu diesem Zwecke werden sehr sorgsame, vergleichende Berechnungen für Deutschland und die Staaten Frankreich, England, Italien und Oesterreich- Ungarn angestellt und deren Ergebnisse dahin zu- sammengesaßt: .AuS unsirm Berechnungen ergiebt sich, daß, wie inan den Steuerdruck auch berechnen mag, er in Deutschland am geringsten ist. Wir sind daS Land, daS den vcrhältnißmäßig geringsten Theil seiner EtaatSauSgaben durch Steuern zu decken hat; wir sind daS Land, da- pro Kopf der Bevölkerung den geringsten! und zwar den weitaus geringsten, Steuersatz aufzubringen Hai,! Unser« MilitärauSgaben drucken unS am wenigsten. Unser Schttldmverhältniß ist das günstigste in Europa, man mag berechnen, wie man will, und ist auch darum daS günstigste, weil fast alle, unsere Schulden für Anlagen aufgenommen sind, die ihrerseits wiederum der Staatskasse Reineinnahmen bringen, Vorstehende Ergebnisse werden durch Hinzunahme der Ge meindesteuern innerhalb der verglichenen Staaten zu den Staats ausgaben kaum verändert. Auch unter Hinzurechnung der Ge meindesteuern und -Aufbringungen ist Deutschland das Land, in welchem pro Kops der Bevölkerung bei weitem am wenigsten Steuern gezahlt werden, also di« MilitärauSgaben am wenigsten den Bürger drücken. Unter diesen Umständen ist die Behauptung falsch, daß wir an der Grenze unserer Leistungsfähigkeit ange langt seien. Mag man gegen die Militärvorlage Gründe geltend machen, welche man immer wolle: dieser Grund ist hinfällig. Denn auch selbst nach Annahme der Militärvorlagc zahlt dn Deutsche doch immer an Steuern nur, 21,» Mk. gegen k>8,i Mk., die der Franzose, 39 Mk., die der Engländer, 32,» Mk., die der Italiener, 28,» Mk., die der Oesterreich« zahlt. Für Landes- vertheidigung und Schuldenzinscn zusammen aber zahlt der ein zelne Deutsche nach Annahme der Vorlagen in Steuern nur 8,i Mk. gegen 32,i Mk, die an Steuer» für diese Zwecke den Franzosen heute schon belasten, gegen 2b,» Mk., die der Eng- länder, 21,« Mk., die der Italiener, 13,» Mk., die der Oester reicher an Steuern sür Sicherung seines Vaterlandes nach außen und für Verzinsung der Schulden seines Landes ausbringcn muß.' — Die Annahme des Gesetzes über das Abzah lungswesen seitens des Reichstages kann, nach dem Verlaufe der erstmaligen parlamentarischen Erörterung der betreffenden Vorlage vom vorigen Sonnabend zu urtheilen, als gesichert gelten. Das Zentrum, die beiden konservativen Fraktionen und die Nationallibe ralen äußerten sich durch ihre vorgeschickten Redner durchaus sympathisch über den genannten Gesetzentwurf und seine Grundtendenz, das vorwiegend auf die Ab zahlungsgeschäfte angewiesene Publikum gegen seine bislang von vielen Inhabern solcher Waarengeschäfte beliebte Ausbeutung und Uebervortheilung zu schützen, so daß die Vorlage zweifellos mit großer Mehrheit angenommen werden wird. Indessen wird der Regie rungsentwurf in der Kommission nach verschiedenen Richtungen hin nicht unerheblichen Abänderungen unterzogen werden, was die Generaldebatte bestimmt erkennen ließ. Da jedoch diese voraussichtlichen Ab änderungen den Grundcharakter der Vorlage unberührt lassen werden, so dürfte die Regierung denselben schließlich zustimmen. — Den Schneeschuhen hat auch die Militär behörde ihre Aufmerksamkeit zugewendet, um in Hin blick auf die Möglichkeit eines im Osten zu führenden Krieges auch in dieser Beziehung für die Schneefelder Rußlands gerüstet zu fein. Weil dort von großem Nutzen für den Nachrichtendienst, haben bereits mehr fache militärische Hebungen mit Schneeschuhen stattge funden. Man hielt sich übrigens bei diesen Hebungen nur an bereits gegebene militärische Vorbilder, da sowohl im norwegischen und russischen Heere wie bei derMiliz der kanadischen Kolonien Mannschaften mit diesen Schuhen ausgebildet sind und in Norwegen ganze Abtheilungen aus Schneeschuhläufern bestehen. — Der deutsche Kriegerbund hat seinen Ver einen eine Art Eidesformel empfohlen, nach welcher die Aufnahme neuer Mitglieder zu erfolgen hat. Die selbe gründet sich auf die Bundessatzungen und ist von vielen Vereinen in die Aufnahme-Erklärungen ausge nommen worden. Die Formel lautet: „Vor Gott und allen Kameraden gelobe ich, daß ich als Mitglied des Kriegeroereins zu L. mich treu nach den Satzungen richten, meinen geleisteten Fahneneid hochhalten, fest zu König und Vaterland stehen, auch alle Umsturz gedanken der Sozialdemokratie verabscheuen und nach besten Kräften meine Kameraden vor revolutionären Ideen bewahren will." Diese Formel wird mit ge ringen Abänderungen fast überall angewendet. Hildesheim. In einer am 22. Januar abgehal tenen nationalliberalen Versammlung, die von zahl reichen Wählern des 10. hannoverschen ReichstagS- und 16. Landtagswahlkreises besucht war, wurde ein stimmig eine Resolution beschlossen, der zufolge die Versammlung in Anbetracht der politischen Lage eine ausreichende Verstärkung des militärischen Materials für nolhwendig erachtet und sich den Vorschlägen Bennigsens in der Militärkommission unter gleichzei tiger Festlegung des Prinzips der zweijährigen Dienst zeit anschließt. Oesterreich. In der Grube „Fortschritt" bei Dux hat am 23. Jan. eine Explosion schlagender Wetter stattgesunden, wodurch 10 Mann getödtet und 15 ver wundet worden sind. Abgeblich befanden sich noch mehrere hundert Bergleute im Schacht. Frankreich. Nachdem kürzlich die Kammer eine vorgeschlagene Börsen steuer abgelehnt, hat der Finanz minister Tirard seitens der Regierung einen neuen Entwurf eingebracht. Dessen Sätze, beginnend mit 10 Centimen für 1000 Franken, sind für höhere Summen erheblich geringer als diejenigen der bestehenden deutschen Börsensteuer. Andererseits ist aber in Betracht zu ziehen, daß die Werthe, welche an der Pariser Börse gehandelt werden, schon mit hohen Abgaben — viel höheren als in Deutschland — beschwert sind, welche