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Temperatur war ziemlich großen Schwankungen unter worfen und bewegte sich zumeist zwischen 3—12° Wärme und nur wenige Tage in der Pfingst- und zweiten Juniwoche zeigten eine höhere Temperatur bis zu 22« Wärme. Nur in der Umgegend von Markranstädt war trockenes Wetter vorherrschend. Infolge dieser Witterung erlitt das WachSthum aller Feldsrüchte mehr oder minder große Störungen, wogegen den Futter kräutern die nasse Witterung zu statkn kam. Während Mitte Mai das WachSthum der Winter- und Sommer halmfrüchte um 14 Tage bis 3 Wochen voraus war, ist dasselbe jetzt infolge der niedrigen Temperatur gegen normale Jahre eher zurück. Trotzdem ist der Stand derselben im Allgemeinen noch ein sehr guter zu nennen; inwieweit die durch fortwährende Regengüsse theilweis entstandene Lagerung im Roggen, insbesondere während der Blüthe, die Körnerbildung beeinträchtigt hat, läßt sich zur Zeit noch nicht übersehen, obwohl vielfach weiße Aehren bemerkbar sind. In mehreren Bezirken ist der Weizen mehr oder weniger stark verloht, wäh rend in Gerste und Hafer viel Hederich sich zeigt. Der RapS hat die abnorme Witterung noch am besten überstanden; sein Stand kommt dem vormonatlichen fast gleich. Sehr zu statten kam die feuchte Witterung den Zucker- und den Futterrüben, welch' letztere nach der Verpflanzung schnell anwuchsen, ebenso gingen die zeitig gesteckten Kartoffeln sehr schön und kräftig auf; jedoch traten die Engerlinge an vielen Orten in solcher Menge auf, daß in de» Rüben- und vereinzelt auch in den Kartoffelfeldern durch dieselben bereits ziemliche Schädigungen entstanden sind und sogar Umackerungen, besonders in den Zuckerrübenfeldern, sich nöthig machten. Die bedeutenden Niederschläge in den letzten 8 Wochen brachten zwar üppigen Klee- und Graswuchs, doch konnte von dem reichen Futtersegen bis jetzt nur wenig geborgen werden. Die Heuernte mußte von einem Tage zum anderen verschoben werden; wo mit der selben begonnen wurde, sind Klee und Gras, zum Theil seit Wochen, dem Verderben durch Verfaulen ausgesetzt, so daß selbst bei Eintritt beständiger Witte rung, welche das Einbringen des Heues gestatten würde, dasselbe durch Einbuße an Nährwerth sehr minder- werthig sein wird; wo noch nicht» gemäht wurde, fängt das Gras auf dem Halme zu faulen an. Für alle Feldsrüchte, besonders aber für die stark bedrängte Heuernte, thut daher anhaltend warme Witterung sehr noth. — Ueber das vorläufige Ergebnißd er Klee- und Kleegrasernte liegen nur wenige Berichte vor; dieselben gehen, dem sehr ungleichmäßigen Stand der Kleefelder im Frühjahr entsprechend, sehr weit auseinander und schwanken die Erträge zwischen 5 und 100 Ztr. in Heu, aus den Hektar berechnet. Die meisten Angaben schwanken zwischen 40 und 60 Ztr. Das Mittel von 23 Angaben beträgt 54,i Ztr. Freiberg. Zum Besuche der Ausstellung ist König Albert am 23. Juni, Vormittags 11 Uhr, hier ein getroffen. Am Bahnhose sand kleiner Empfang statt. In der Ausstellung wurde der König von dem Komitee empfangen und durch den Möbelfabrikanten Heinrich mit einer Ansprache begrübt. Der König machte hierauf einen zweistündigen Rundgang durch die Halle der Ausstellung und äußerte sich sehr befriedigt. Um r/,3Uhr fuhr er nach dem „Hotel de Saxe", wo ein Frühstück von 20 Gedecken eingenommen wurde, zu dem sämmtliche betheiligte Herren zugezogen wurden. Alsdann besichtigte er noch den Dom und trat um 3 Uhr die um eine halbe Stunde verschobene Rück reise an. Plauen im Vogtl. Eine Anzahl Taugenichtse hatte sich hier zusammengethan, um Diebstähle aus,»führen. Die Burschen wählten sich den Wald zum Nachtquartier und rüsteten sich mit Revolvern aus. Zwei Einbruchs diebstähle sind auf ihre Rechnung zu setzen. Den Be mühungen der Gendarmerie und der hiesigen Schutz mannschaft ist es gelungen, die Uebelthäter zu ver haften. Die letzten vier dieser im Alter von 16-17 Jahren stehenden Burschen wurden am 20. Juni hier eingelieserl. AuS dem Vogtlande. Eines guten Geschäfts ganges erfreut sich gegenwärtig nur die Teppich fabrikation. Es ist der einzige Industriezweig, in dem noch über die gewöhnliche Arbeitszeit hinaus ge arbeitet wird, während z. B. in der Korsettbranche die Arbeitszeit eingeschränkt werden mußte. Besse: noch als mit dieser steht eS mit der mechanischen Weberei und der Gardinenweberei. Geht auch im Ganzen das Geschäft flauer als in den Vorjahren um dieselbe Zeit, so steht doch zu hoffen, daß die besseren Aussichten der Landwirthschast einen regeren Absatz einzelner Artikel bewirken werden. Wenn man jetzt liest, daß so viele neue Teppichsabriken im Vogtlande entstehen, so läßt sich doch die Befürchtung nicht unter drücken, daß schließlich einmal auch in diesem gut lohnenden Artikel Ueberproduktiün eintreten wird. Döbeln. Seit Jahresfrist besteht hier zwischen dem Stadtrathe und der Fleischerinnung eine Meinungs verschiedenheit über die Errichtung einer Kühlanlage im hiesigen Schlachthofe. Der Rath hält eine solche Anlage für nothwendig, die Innung dagegen nicht. Der Etadtrath hat in 16 Städten angesraat und ge funden, daß fast überall mit den Schlachthöfen Kühl anlagen verbunden sind. Auch der LandeSthierarzt Siedamgrotzki, der um ein Eachverständigenurtheil ge beten war, hat berichtet, daß eine Kühlanlage schon im wirtbschastlichen Jnter-ffe der Fleischer selbst nothwen dig sei. Der Stadtrath hat deshalb beschlossen, diese Angelegenheit der Kgl. KreiShauplmannschaft zur Ent scheidung zu übergeben, bezw. den Schlachthof zwangs weise in den Besitz der Stadt zu bringen und dann die Kühlanlage auf städtische Kosten auszuführen. Eine solche Anlage dürfte mit den neuesten Einrichtungen im höchsten Falle SO 000 Mark kosten. Die Stadt verordneten genehmigten den RathSbeschluß mit 23 gegen 1 Stimme. Grimma. Eine eigenartige Aktiengesellschaft wird in nächster Zeit zu bestehen aushören. ES ist hier nämlich zur Zeit im Werke, das sogenannte Aktienhaus auf der Langenstraße durch Auskaufung der im Privatbesitz befindlichen Aktien völlig in den Besitz der Stadt überzuführen. ES dürfte nicht un interessant sein, bei dieser Gelegenheit auf die Ent stehungsgeschichte dieses Hauses, die sehr wenig Seiten stücke haben dürste, hinzuweisen. Von 1856 bis 1859 lag die betreffende Baustelle, die einem gewissen Rößger gehörte, wüst und diente der Stadt durchaus nicht zur Zierde. Da der Besitzer kein Geld zum Bau hatte, nahm schließlich der Stadtrath die Angelegenheit in die Hand, indem er zur Bildung einer Aktiengesell schaft ausforderte. Dieselbe kam auch glücklich zu Stande, indem Aktien zu je 25 Thalern ausgegeben wurden; 35 Jahre lang hat die ungewöhnliche Ge noffenschaft auch bestanden, jetzt aber soll ihr ein Ende bereitet werden. Leipzig. Nach genauer Besichtigung der Brand stätte in der Klostergasse ergiebt sich das überraschende Resultat, daß das Feuer im Erdgeschoß entstanden ist und sich nach oben forlpflanzte. Man dürfte nicht irre gehen, wenn man den Maprer Schmidt, der in den Flammen umkam, als den Urheber des Brandes ansieht. Der verkommene Mensch ist um 2 Uhr früh in betrunkenem Zustande nach Hause gekommen und verlangte von dem Gastwirth Klöster zu essen, wurde aber abgewiesen. Wahrscheinlich ist er nochmals mit der Lampe nach unten gegangen, um in der Küche etwas Eßbares aufzutreiben, ist auf der frisch ge strichenen Treppe ausgeglitten und hat sie mit der zerbrochenen Lampe in Brand gesetzt. In eiliger Flucht gelangte er noch bis zu seiner Dachstube, wo er vor dem Bette erstickt zusammenbrach. Gera. Eine Blutvergiftung zog sich der Fleischermeister Eckstein aus UntermhauS dadurch zu, daß er sich ein Hühnerauge an der Zehe mit dem Barbiermeffer ausschnitt. Obgleich der rüstige Mann sofort nach J°na zur Ablösung des ergriffenen Fußes reiste und diese Operation aussühren ließ, starb er dennoch nach unsäglichen Schmerzen. (Fortsetzung des Sächsischen in der Beilage.) Tagesgeschichte. Berlin. Wie nun aus guter Quelle verlautet, ist in den Verhandlungen Deutschlands mit Eng land in der Kongofrage eine vollkommene Wendung zum Besseren eingetreien. In London fürchtete man, daß es zu einer Konferenz kommen würde, auf der auch die egyptische Angelegenheit dann in den Kreis der Erörterungen gezogen werden würde; außerdem erkannte man, daß Deutschland auf der Forderung der vollständigen Aufhebung deS Art. III des Vertrages vom 12. Mai zu bestehen entschlossen sei und so zog man freundlichere Seiten auf. Für Deutschland tritt, wie offiziös erklärt wird, die Konferenzidee, der Eng land so abgeneigt ist, in dem Augenblick völlig in den Hintergrund, in welchem England und der Kongostaat Deutschland benachrichtigen, daß sie auf die Stipulation des Art. Ill deS Vertrages (wonach der Kongostaat Großbritannien einen 25 Kilometer breiten Landstrich zur Verwaltung in Pacht giebt) verzichten. Ob die Anerkennung deS deutschen Einspruchs die Verhand lungen Englands mit Frankreich erleichtern oder den Gegensatz zwischen diesen beiden Mächten verschärfen wird, ist schwer zu sagen. Im Berliner Auswärtigen Amt meint man, die Rivalität zwischen England und Frankreich in Afrika werde einen latenten BereitschastS- zustand Hervorrufen, der dem europäischen Frieden in hohem Grade zu Statten kommt. Um so besser. — Den Morgenblättern wird von kompetenter Seite versichert, daß die Herbsttagung des Reichstages im neuen RetchStagSgebäude abgehalten werden würde und zwar Mitte November. Das neue ReichS- tagSgebäude werde schon im Oktober bezogen werden können. Zur Einweihung deS neuen Gebäudes den Reichstag besonders einberufen zu lassen, werde aber für unthunlich gehalten, weil der Reichstag ja doch noch nicht werde zusammeutreten können; denn die Ge setzvorlagen seien vom vundekrath, der erst im Sep tember zusammentritt, noch nicht fertiggestellt. — Der Gesetzentwurf über die Erweiterung der Unfallversicherung unterstellt alle noch nicht ver- ficherungSpflichltgen Betriebe in Handwerk, Handel, Fischerei und Kanalschifffahrt der Unfallversicherung feiten» deS Reiche». Diesen Betrieben gleichgestellt werden laut dem Entwürfe de» Reichs-, Kommunal- und Staatsdienst, Veranstaltungen von religiösen, wohl- thätigen, gemeinnützigen Zwecken u. s. w. Ferner können Betriebs-Unternehmer, deren Jahv-verdienst nicht 2000 Mark übersteigt, sich ebenfalls in die Unfall versicherung aufnehmen lassen, außerdem kann die Ver- ficherungSpflicht durch Statut aus Betriebsbeamte, Werk beamte, Werkmeister und Techniker u. s. w. mit über 2000 Mark jährlichem Gehalt ausgedehnt werden. Träger der Versicherung ist für die staatlichen Betriebe der Staat, für die anderen Betriebe bilden IheilS ört liche Unfallversicherungs-Genossenschaften, theils nach Betriebszweigen geordnete BerufSgenoffenschaflen die Träger der Versicherung. Die Ausbringung der Mittel erfolgt im Allgemeinen durch das CapitaldeckungS- versahren, die Bildung von BerusSgenoffenschasten ge schieht aus Antrag von Betriebsunternehmern oder Unternehmeroerbänden. Als Schiedsgerichte dienen die für die Invalidität»- und Altersversicherung ein gesetzten Schiedsgerichte. Die Aussicht über die Hand habung deS Gesetzes führen das ReichsversicherungS- amt und die Landesversicherungsämter. Im Uebrigen sind namentlich die Bestimmungen des Entwurfes über die Organisation und über das Verfahren sehr ein gehender Natur. Der ganze gewaltige gesetzgeberische Stoff ist in 140 Paragraphen gegliedert; ausdrücklich betont die Begründung, daß der Entwurf den Schluß stein der Unfallversicherungsgesetzgebung darstelle. — Die gestempelten Briefumschläge und Streifbänder, welche seit dem 10. Dezember 1890 bereits nicht mehr zum Verkaufe gelangten, werden jetzt eingezogen und haben nur noch bis Ende Juni dieses Jahres Gültigkeit im Postoerkehre. Dem Publikum soll indessen gestattet sein, vom 1. Juli bis 31. Dezember d. I. derartige Werthzeichen nach dem Nennwerthe des Stempels gegen Freimarken bei gleich zeitigem Nückempsang des Betrages der Herstellungs kosten von 1 Pf. für den Briefumschlag und Pf. für das Streifband umzutauschen. — Kürzlich sind die Sarkophage für Kaiser Wilhelm I. und Kaiserin Augusta aus Carrara in Berlin eingetroffen und dürften demnächst nach Cha» lottenburg übergeführt werden. Kiel. Bei der Einstellung des Prinzen Adalbert in die Marine am 24. Juni hielt der Kaiser eine Ansprache und wies darauf hin, daß der Monat deS Eintrittes von eminenter Bedeutung für die vater ländische Geschichte sei, indem er an Waterloo er innerte, wo Preußens und Großbritanniens Krieger Schulter an Schulter den Erbfeind niederstreckten. Ferner war es Kaiser Friedrich in diesem Monat be schirden, das deutsche Schwert zu führen, um die Gegner niederzuwerfen. Eure weitere Arbeit sei eS, . den Stahl blankgeschliffen zu halten, damit, was Gott verhüten möge, wenn Ich Euch rufe, Ihr nicht nur mit Ehren besteht, sondern auch mit Ruhm. Oesterreich-Ungarn. Das ungarische Oberhaus hat am Donnerstag die ihm zum zweiten Male unter breitete Civilehe-Vorlage in namentlicher Abstim mung mit 128 gegen 124 Stimmen im Allgemeinen angenommen. Die vor dem Gebäude angesammelte riesige Volksmenge brach, als das mit so großer Span nung erwartete Abstimmungsresultat bekannt wurde, in stürmische Eljenrufe aus, die Budapester Zeitungen veranstalteten sofort Extra-AuSgaben über das Ereig- niß. Auch im Lande ist die Nachricht von der end lichen Annahme deS C'vilehc-Gesetzes durch das Hau ber Magnaten mit großer Befriedigung begrüßt worden, wovon zahlreiche Kundgebungen Zeugniß ablegen. Mit diesem zustimmenden Votum der ungarischen PairSkammer kommt die Frage deS Civilehe - Gesetzes, nachdem sie Monate lang die öffentliche Meinung deS Magyaren- landeS in Aufregung gehalten, parlamentarisch wenig stens zur Ruhe. Da bei einer etwaigen nochmaligen Ablehnung der Vorlage seitens des Oberhauses die durch letztere hervorgerufene Krisis neuen unberechen baren Wendungen entgegengegangen wäre, so kann man die jetzt erfolgte Zustimmung deS Oberhauses zu dem vielumstrittenen Gesetze nur als im Interesse der ungarischen Nation und deS Landes liegend betrachten, denn andernfalls wäre Ungarn eine abermalige Periode voll schwerer Aufregungen kaum erspart geblieben. Freilich ist aber nicht ausgeschlossen, daß die Aus führung deS Gesetze» neue Schwierigkeiten und Kämpfe verursacht, da kaum angenommen werden kann, der ungarische Cleru» werde sich dem Gesetze über die Civilehe widerstandslos beugen.