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Amtsblatt für die Königliche Umlshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte zu Dippoldiswalde und Irauenstein „Wek-erttz-Leit««," erscheint wöchentlich drek- mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 26 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Gnzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postas Salten, Postboten, sowie di« Agenten nehmm Be stellungen an. Inserate, welch« bei d«r bedeutenden Auflage de» Blattes «ine schr wirk same Verbreitung-finden^ werden mit 10 Pm. di« Spaltenzeile oder oeren Raum berechnet. — Da» bellarische und eomplicirt« Inserate mit entsprechen» dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionell« Lheile, die Spaltenzella «Pfg. und die Stadträthe Verantwortlicher Redacteur: Daul Ithnr in Dippoldiswalde. wttt achtsettlgem ,^llustrir1en Unterhaltungsblatt". Mit land- rmd hauswirthschaftlicher Monatsbeilage. Nr. 72. Sonnabend, den 23. Juni 1894. 60. Jahrgang. Cs wogt da» Korn in grünen Wellen, Schon nickt »vm Halm der Aehre Last, Im Gartenhag die Früchte schwellen, Die Beer« reist im Sonnenglast; Der Sommer bietet seine Spende — Da» ist dir 3eit der Sonnenwende, Und durch die weiche, heiße Lust Weht eb von süßem Rosendust. Doch durch die Seel« geht ein Schauer So wehmuthSvoll und wonniglich, Mit Lust mischt ahnungsvolle Trauer, Mit Freude stilles Bangen sich: Denn alles Blühen wird verderben, WaS sich des Lebens freut, muß sterben, Und ost, noch eh' die Frucht gereist, Hat sie rin Wetter abgestreist. St. Johannistag O sieh doch, wie sie friedlich liege» In langen Reih'» auf Gottes Flur! Wohl blüht um ihre Sräberwiegen Im Sommerschmucke die Ratur, Wohl pranget ringsum das Gelände . . . Zu früh kam ihre Sonnenwende, Sie hat der Reif ost einer Rächt Um ihres Lebens Frucht gebracht. Wie vieles Hoffen ward begraben, Wie manches namenlose Glück Und manche holde Freude haben Wir in die Gruft gelegt! — Zurück Kommt Deren Keiner, di« hier schlafen, Doch wen de» Tode» Pfeile trafen, Der birgt sei« Haupt in Gotte» Schooß, Ihm ward ein friedenvolles Loos. Wir aber steh n am Grab' und klagen, E» zieht uns zu den Theuern hin, Erinn'rung führt zu schönen Tagen Zurück den aufgeregte» Ginn; Ach, unter heißen, bitter» Schmerzen Gabst du sie hin von deinem Herzen, Die du geliebt — die Wunde brennt, Mehr als der bleiche Mund bekennt. O pflücke Rosen, winde Kränze, Daß deiner Lieven stilles HauS An ihrem Festtag freundlich glänze, Und hast du Thränen, wein' dich aus! Trag' aus dem lauten WeltgetrieVe Zum Garten Gottes deine Liebe. Bring' deine Treue, deinen Schmerz Und leg' sie an des Lobten Herz! Es wird für Dich aufs neue leben I» deiner Liebe Widerschein, Sein Frieden wird dir Tröstung geben, Im Geiste ist er wieder dein; Nur jene Todten find gestorben, Die keine Liebe sich erworben, Um die am St. Johannistag Kein Menschenauge weine» mag. 'n -Lokaks und Sächsisches. Dippoldiswalde. Nachdem am gestrigen Donners tag der Himmel in geradezu erschreckender Weise seine Schleusten geöffnet hatte, so daß das für heute Freitag angesetzte Schulfest verschoben werden sollte, besserte sich heute früh das Wetter bedeutend, ja auch die Sonne und blauer Himmel brach durch die Wolken und so wird das Fest noch stattfinden. Wir berichten über dasselbe in nächster Nummer. — Am Donnerstag kam im Theater Joseph in Egypten zur Aufführung, das durch festen Anschluß an die biblische Erzählung, durch wortgetreue Wieder gabe des einfachen, biblischen Textes, sowie durch schöne, historische Kostüme und Dekoration, nicht minder auch durch die eingesügten, wirklich prächtigen „leben den Bilder", Gottes Fügung und Verheißungen dar stellend, von durchgreifendem Erfolge ist, um so mehr als die uns von Kind auf bekannten Scenen, in denen Schauder und Wonne, Entsetzen und Freude unser Herz ersoffen, lebenSwarme Darstellung erfahren. Als leisen Wink für das Personal möchten wir htn- zusügen, daß beim Verrath die Stimme Josephs noch stehender, und beim Wiedersehen die Geberden der Brüder noch erschreckter und erstaunter sein könnten. Wie wir hören, soll dieses biblische Gemälde nächsten Montag zum zweiten Male aufgesührt werden, und möge Niemand versäumen, dieses großartige Stück zu sehen, dessen Vorführungen auch unsere Kinder zu er freuen und zu veredeln geeignet ist. Zinuwald. Am 15. d. M. Nach«. 5 Uhr fand hier unter Betheiligung des Schulvorstandes sowie der 1. Schulklasse die einfache feierliche Grundsteinlegung des Schulneubaues statt. Pofseudorf. Am letzten Montag wurde der 10jährige Sohn des Viktualienhändlers E. H. Grahl hier von einem erst kürzlich inS HauS gekommenen Zughunde in die Näh« des linken Auges gebissen. Gleich darauf schwoll das Gesicht an und es stellte sich hohe- Fieber beim Kinde ein. Der erst am andern Tage hinzu gezogene Arzt konstatirle Blutvergiftung, die entweder durch Hinzukommen irgend eines fremden Stoffes in die offene Wunde oder nur vom Visse des Hunde» herbeigeführt worden ist. Dresden. Unter dem Vorsitz« des EtaatSministerS v. Seydrwitz und in Gegenwatt der Räthe des Mini sterium de» Kultu» und öffentlichen Unterrichts fand am 21. Juni die gesetzlich geordnet« Jahreskonferenz der vezirksschulinspektoren statt. Nach einer einleitenden Ansprache des Staat-Minister» wurden auf Grund der Tagesordnung vornehmlich die Fragen wegen weiterer Förderung des schriftlichen und mündlichen Gedanken ausdrucks, über Schulfeste und Schulspaziergänge und über Schulgärten eingehend besprochen. — In Sachsen haben 100 Einwohner 47,6 Spar kassenbücher, in Reuß j. L. 55,5, in Lippe 52,6, in Bremen gar 71,4 Sparbücher; 100 Preußen da gegen haben nur 20, 100 Bayern gar nur 11 Spar bücher; die Bayern liegen zu hoch in der Tranksteuer. — Nach einer neuerdings erfolgten statistischen Ausnahme kamen auf 100000 Einwohner im Jahre 1879 in Sachsen 158 Gastwirthschaften, 316 Schankwirthschasten mit Branntwein, 50 dergl. ohne Branntwein, 168 Brauntweinkleinhandlungcn, zusam men 692; dagegen im Jahre 1893: 135 Gastwirth schaften, 265 Schankwirthschasten mit -Branntwein, 32 dergl. ohne diesen, 127 Branntweinkleinhandlungen, zusammen 559, also 133 weniger als 1879. Kötzschenbroda. Am vergangenen Montag hat die Erdbeerbürse Hierselbst in der Hauptsache ihr Ende gefunden, und die meisten Händler haben unfern Ort wieder verlassen. Der Gesammtversandt an Erd beeren betrug in diesem Jahre 27 936,» k§. Im Jahre 1891 wurden in dec Zeit vom 26. Mai bis 27. Juni 40775 kß (aus den Tag kamen 1235,» KZ), 1892 vom 27. Mai bis 15. Juni 39363 kg (täglich 1968 kg), 1893 vom 22. Mai bis 21. Juni 25 281 kg (täglich 815,» kg) und 1894 vom 16. Mai bis 18. Juni 27963,» kg (täglich 821,» kg) versendet. In diesen 4 Jahren halte der 6. Juni 1894 den höchsten Versand zu verzeichnen mit 2702.« kg. Die gesammten hie: angegebenen Zahlen beziehen sich nur auf den Handel an der Erdbeerböcse, stellen also nicht den vollen Erdbeerertrag in der Lößnitz dar, da sehr viele Früchte direkt nach Dresden von den hiesigen Produ zenten befördert werden und auch der Einzelverkauf in den hiesigen Ortschaften mit in Berechnung zu ziehen ist. Man kann den Versandt an der Erdbeerbörse al- annähernd gleich bezeichnen mit dem direkten Versandt nach Dresden und dem Einzelhandel, sodaß die Ge- sammternte in diesem Jahre auf etwa 55 873 kg ge schätzt werden kann. Königstein. Der Verband sächsischer gewerb licher Innungen wird am 15. und 16. Juli d. I. hterselbft seine diesjährige Hauptversammlung abhaltrn. In betheiligten Kressen werden bereit» die Vorberei tungen getroffen. Döhlen. Eine recht empfindliche Strafe hat die Gemeinde Döhlen getroffen. Sie wurde durch Gerichts spruch verurtheilt, einem in Döhlen wohnhaften Ein wohner, welcher vor 2 Jahren von einer Brücke, die de» vorschriftsmäßigen Geländer» ermangelte, herab stürzte und einen Beinbruch erlitt, 3800 M. Entschä digurig zu zahlen, sowie die gesammten, eine beträcht liche Summe darstellenden Gerichtskosten zu tragen. Lengefeld. Wegen fortgesetzter Thierquälereien, begangen an jungen Vögeln, wurden in Zöblitz 13 Schulknaben polizeilich durch Hiebe bestraft, und zwar erfolgte die Strafe in Gegenwart des Arzte» und in Anwesenheit der Mitschüler durch den Schul- Hausmann. Der Vater eines der bestraften Knaben hat hierüber bei der Kgl. Staatsanwaltschaft Freiberg Beschwerde eingereicht, ohne jedoch damit Erfolg zu haben. Glauchau. Was nicht alles erregte Phantasie und Thorheit zu Stande bringen! Wurde da neulich, wie da» hiesige „Tageblatt" schreibt, in einem größeren Jndustriedorfe des LungwitzthaleS ein Schulknabe be erdigt. Er war sehr schnell an Gehirnentzündung ge storben und seit dem ersten Tage schwirrte das Gerücht von einem Scheintod. An einem der letzten Tage wollten nun zwei Schulmädchen im Grabe Klopfen und Seufzen gehört haben und sofort waren nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene da und verlangten die Oeffnung des Grabes. Die Behörden gaben, um das Gerede endlich zur Ruhe zu bringen, nach und gestalteten die Oeffnung. Natürlich lag der arme, in seiner Ruhe gestörte Knabe gerade so ruhig und fried lich in seinem letzten Bette, wie am ersten Tage. GroßolberSdorf. Vor einigen Tagen wurde in unserem festlich geschmückten Gotteshause ein feierlicher Akt, der wohl im ganzen Sachsenlande einzig dastehen dürfte, begangen. Der aus Bolioia heimgekehrte Kauf mann B. Arnold, der dort in einem großen Gummi plantagengeschäft angestellt war, empfing mit seiner ihm nur standesamtlich angetraulen, aus Bolivia stammenden Gattin die kirchlich« Einsegnung durch Pastor Häselbarth, sodann wurde das 10 Man. alte Kind Arnolds getauft. Hierauf nahmen vor dem Taufsteine zwei echte Jndianerkinder, ein Knave, etwa 9 Jahre, und ein Mädchen, etwa 5 Jahre alt, über deren Alter, Geburtsort und Familienname keinerlei Nachrichten vorliegen, Platz. Ein Vertreter der Pa- tronatSherrschaft auf Scharfenstein und der gesammte Kirchenvorstand der Parochte hatten das Pathenamt übernommen und überreichten als Pathengeschenk den beiden gelbltchbraunen Täuflingen je eine prächtige Bibel. Diese beiden Jndianerkinder hatte Arnold als seine Pflegekinder mit in da» Elternhaus gebracht. Durch die heilige Taufe wurden sie in die evangelisch-