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„Weißeritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern 1t) Pfg. — Alle Postan- staltcn, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bei d» bedeutenden Auflage dos Blattes 'eine sehr wirk» same Gttdreitunä finde«, werde« mU 1V Pfg. di« SpaÜenzeile oder deren Slalim berechnet. — Ta bellarische und eomplicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einar« sankt, im redaktionellen Theile, die Spalten,etp> SO Pfg- Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehne in Dippoldiswalde. Lit «chtseitizem ^Ilustrirtei, Anterh-itunssbi-tt-. * Mit hllmaristischerw-chendeiiege „geisenblese^. » Lil l«tz- und h,»«irthsch«stiichrr L,«t»ieilize. Nr. 107 Dienstag, den 12. September 1893. 59. Jahrgang. -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Falb hatte für gestern Sonn tag einen kritischen Tag erster Ordnung prophezeiht und alle Erntefeste, die gefeiert wurden, hatten sich, wenn auch keines herrlichen, so doch eines leidlichen Wetters zu erfreuen, das einen Spaziergang bis fast in die Abendstunden ermöglichte. Fast scheint es, daß das regnerische Welter endlich zu Ende und daß schönes Erntewetter zu erwarten ist, das für die Kartoffeln sehr zu wünschen wäre. — Die Erntefestgebräuche, wie sie jetzt in vielen Ortschaften zu beobachten sind, reichen zum Theil bis ins graue Alterthum zurück. Die alten Griechen hielten zu Ehren der Demeter, der Göttin der Feldfrüchte, Volksbelustigungen, Tänze und Spiele ab. Du Römer feierten ebenso das Fest der Ceres. Und die sinnigen alten Deutschen, die vor dem Schnitt den Schutz und die Hülfe der Götter anriefen, ver gaßen nicht, nach der glücklich beendeten Ernte der Hertha, dem Sinnbild der fruchtbaren Erde, die Opfergarben zu bringen, oder man ließ ihr zum Aus druck des Danks einen Busch Halme stehen, den man zusammenband und mit Blumen und Bändern schmückte, welche Sitte sich in manchen Gegenden bis jetzt er halten hat. Die christliche Kirche wandelte diese heid nischen Gebräuche in ein kirchliches Erntedankfest um, wie wir es überall haben. Doch nebenbei sind auch noch weltliche Gebräuche geblieben, wie Bekränzung des letzten Wagens, Schmückung der Schnitter und Schnitterinnen, der Schnitter- oder Erntetanz und das Freibier, gespendet vom Gutsbesitzer, wofür ihm die Erntekrone oder der Erntekranz aufgesetzt wird. Ueber- all zeigt sich hier das Bedürfnis, die Freude aus irgend eine Weise zu versinnbildlichen. — Am Sonnabend hat Herr Stadtmusikdirektor Jahn seine Wohnung an der Freiberger Straße ständig bezogen. Mögen sich für ihn, sowie für die Stadt alle Erwartungen und Hoffnungen erfüllen. — Die Gewinnliste der Dresdner Gewerbe- Ausstellung liegt zur Einsichtnahme in unserer Expedi tion aus. — Zu den Landtagswahlen schreibt die „Leip ziger Zeitung": „Aus dem 13. ländlichen Kreise ver lautet, daß man in einem Theile desselben die Kan didatur des Herrn Oberkriegsgerichlssekretärs a. D. Silbermann in Pretzschendorf in's Auge gefaßt habe. Wir sind im Augenblick nicht in der Lage, die Nach richt auf ihre Verbürglichkcit hin zu kontroliren, ver- muthen aber wohl mit Recht, daß es sich hierbei nur um einen örtlichen Sonderwunsch handelt, der gegen über den Pflichten gegen die Allgemeinheit zurücktreten muß und hoffentlich auch zurücktreten wird. Jede Zersplitterung ist überaus gefährlich. Wenn man einen treubewährten Vertreter hat, wie in diesem Falle Herrn Gutsbesitzer Steyer in Reinholdshain, ist es immer bedenklich, mit neuen Persönlichkeiten unsere Versuche zu machen." — In einer dieser Tage hier stattgesundenen zahlreich besuchten Vertrauensmänner versammlung wurde einstimmig beschlossen, Herrn Frei gutsbesitzer Hamann in Kleinölsa als Kandidaten der deutschen Reformpartei für den 13. ländlichen Land tagswahlkreis auszustellen. — (Kleinölsa gehört bekannt lich nicht zu dem 13. ländlichen Wahlkreis). Sollte die Kandidatur des Herrn Silbermann aufrecht er halten werden, so Härten die Wähler die Wahl zwischen 4 Kandidaten, da auch die Sozialdemokraten einen ge wissen Franke aufgestellt haben. — Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatz und erfolgreiche Löschthätigkeit gelegentlich des, am 2l. Juli d. J„ bei dem Gutsbesitzer Wagner in Seyde infolge Blitzschlages entstandenen Brandes, hat die Königliche Brandversicherungs-Kammer den Spritzen der Gemeinden Schönfeld und Hermsdorf i. Erzg. Prämien nach Höhe von 30 Mk. und bez. von 25 Mk. bewilligt. Röthenbach. Am 6. d. M. verstarb das Tags vorher an Diphtheritis erkrankte Kind des hiesigen Lehrers Herrn Barth. Um der weiteren Gefährdung anderer Kinder vorzubeugen, hat der Unterricht in der Schule bis auf Weiteres auf Anordnung der königl. Bezirksschulinspektion geschloffen werden müssen. 4 Possendorf. Die seit einigen Tagen herrschen den Stürme brachten zwar eine bedeutende Abkühlung der heißen Temperatur, dürften aber den Obstpächtern einigen Schaden gemacht haben, denn das in Folge der Trockenheit nur locker hängende Obst ist in Massen abgefallen. Der mit den Stürmen verbundene Regen ist für die Kartoffeln und noch übrigen Feldfrüchte eine wahre Wohlthat. — Zur Feier des Erntedankfestes am Sonn tag war unser Gotteshaus von fleißigen Frauen- und Kinderhänden wiederum auf das Prächtigste mit Blumen, Feld und Gartensrüchten geschmückt. Aus allen Ortschaften der Parochie waren die Andächtigen zahlreich herbeigekommen, um dem Geber aller guten Gaben die Opfer des Dankes zu zollen. Trugen schon zur größeren Erbauung der Kirchenbesucher die vom Kirchenchore vorgetragenen gemischtchörigen Mo tetten bei, so wurden die Herzen zur höchsten Fest stimmung durch die wahrhaft erbauliche Predigt unseres hochverehrten Herrn Pastor Nadler emporgehoben. — Nach altem, frommem Brauch hatten die Hinterblie benen auch die Gräber derHeimgegangenen auf unseren 2 Friedhöfen mit Blumen der Liebe und Dankbarkeit in reicher Weise geschmückt. Dresden. Der König hat am 9. September den deutschen Kronprinzen ä la suito des sächsischen Kaiser Grenadier-Regiments gestellt. Pirna. In Sachen der Telephon-Angele genheit hat sich von hier eine Deputation nach Berlin zum Staatssekretär vr. v. Stephan begeben und ihm die Lage vorgetragen. Derselbe hat das Versprechen gegeben, die Angelegenheit prüfen und alsdann in Erwägung ziehen zu wollen, ob etwa der Zeitpunkt für die Pirnaer Kündigung ausgeschoben werden könne, bis eventuell auch bei anderen Orten gleiche Maßregeln erfolgen, da im Allgemeinen die bisher üblich gewesene Pauschalzahlung voraussichtlich durch das ganze Reich hindurch aufgehoben werden soll. Schandau. Am Donnerstag und Freitag Vor mittag wurden wiederum mächtige Stein blöcke, zum Elbbrückenbau bestimmt, am Fuße der Postelwitzer Brüche verladen. Ihrer Größe und Schwere ent sprechend sind besondere Vorrichtungen getroffen. Einer dieser Sandsteinblöcke hat einen Rauminhalt von nahe zu 15 odm und repräsentirt somit ein Gewicht von etwa 600 Zentner. Stollberg. Die hiesige Strumpfmaschinensabrik von Tränkner ist genüthigt gewesen, am vorigen Sonnabend den größten Theil der Arbeiter zu entlassen, da alle Aufträge aus Rußland zurückgenommen wurden. Burgstädt. Von den Erben des am 6. August hier verstorbenen Friedrich Winkler ist im Sinne des Heimgegangenen dem hiesigen Bürgerasylverein zur Begründung zweier Freistellen ein Kapital von 10000 Mk. zugewendet worden. Schönheide. Auf hies. Kartoffeläckern konnte man in diesem Jahre eine höchst seltene Erscheinung wahrnehmen. Es fingen nämlich auf einzelnen Feldern die Kartoffeln ein zweites Mal an zu blühen. Gleich zeitig bildeten sich an den Wurzeln dieser Stöcke aufs Neue kleine Knollen, während die schon entwickelten sich häufig von der Wurzel ablösten und sehr weich und wässerig wurden; man befürchtet deshalb eine außergewöhnliche große Kartofselfäule. Weida. Mit einer gewißen Regelmäßigkeit, meist in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag, hat es in hiesiger Stadt binnen Jahresfrist vierzehn Mal gebrannt. Obgleich auf die Ergreifung des bös willigen Brandstifters eine Belohnung von 600 Mk. gesetzt worden war, wollte es doch nicht gelingen, den selben zu entdecken. Jetzt scheint man demselben auf der Spur zu sein. Das Feuer brach gewöhnlich in dem Besitzthume derjenigen Arbeitgeber aus, welche einen Gerbereiarbeiter aus der Arbeit ermassen hatten. Dies war auch bei dem vor Kurzem stattgefundenen Scheunenbrande der Fall. Dieser Arbeiter ist jetzt verhaftet worden und hat sich bet seiner Vernehmung in solche Widersprüche verwickelt und liegen gegen ihn solche Verdachtsmomente vor, daß man in ihm wohl den Brandstifter entdeckt haben wird, Ehrenfriedersdorf. Zur Feier des 3SOjLhrigen Jubiläums unserer schönen, großen, 70 Ztr. schweren Kirchenglocke soll heute Montag, am Kirmesmontag, Vorm. 9 Uhr, eine Kirchenparade mit darauffolgendem Festgottesdienste stattfinden. Unsere große Kirchenglocke wurde von dem berühmten Freiberger Glockengießer Wolf Hilliger gegoßen und im Iaht« 1543 iN Ge brauch genommen. Aeltere Nachrichten melden, daß in dem gedachten Jahre Herzog Moritz, nachheriger Kurfürst, die 3 Dörfer Neukirchen, Burkhardsdors und Klaffenbach, die bis dahin zur Abtei Chemnitz gehört hatten, an Wolf von Hünerkopf in Annaberg um 7000 fl. verkaufte und diese Summe an verschiedene Kirchen und Schulen vertheilte, und zwar erhielt Annaberg 2000. Marienberg 2000, Zschopau 1200, Ehrenfriedersdorf 1200 und Glashütte 600 fl. Mit dem Gelds, welches unser Städtlein erhielt, und viel leicht auch mit Erträgnissen des Bergbaues matz hie große Glocke beschafft worden sein. Mit der Geschichte der großen Glocke dürfte auch diejenige unserer Thurm lautbrüderschaft zusammenhängen — die einzige Ge sellschaft ihrer Art in Sachsen. Marbach. Eine erfreuliche Nachricht für Wald besitzer und Freunde des Waldes kann von hier aus mitgetheilt werden, daß nunmehr die „Nonne" aus dem Zellwalde ziemlich beseitigt ist. Die mit der Verfolgung beauftragten Schulknabsn sind sämmtlich abgelohnt und entlasten worden. Dank und Aner kennung gebühren entschieoen der umsichtigen Forst verwaltung. Reinsberg bei Nossen. Dem Vernehmen nach sind bez. des Berthold'schen Mordes wichtige Funde gemacht worden, und man glaubt nunmehr, daß Licht in das Dunkel, welches bisher über jener grausigen That schwebte, kommen wird. Oschah. Von den 9 Hektar Land, welche die hiesige Zuckerfabrik zu ihrem Betriebe braucht, find gegen 5 Hektar städtisches Areal. Dasselbe liegt für dieses Etablissement sehr günstig an der Bahnhofstraße in einer Ecke, die von der Mügelner und Strehlaer Eisen bahn gebildet wird. Die Stadtverordneten haben Huf Vorschlag des Stadtrathes am 8. d. M. beschlössen, dis der Stadt gehörige Fläche für 3000 Mk. Ao Hektar an die Zuckerfabrik abzutreten. Nach der vor läufigen Annahme braucht die Fabrik zur Zeit der Campagne täglich gegen 2000 Kubikmeter Wasser. Leipzig. Die Mahnung der zur Vormeffe nach Berlin entsandten Kommission der Handelskammer, daß die Vermiether von Meßräumen billigere Preise stellen möchten, hat schon Erfolg gehabt. Einmal erklären die Gastwirthe, daß sie die Preise für die Fremden zimmer derart anbringen werden, daß sie von Jeder mann zu lesen sind, und dann finden wir auch in mehreren auswärtigen Zeitungen schon die Ankündi gung eines sehr guten Hwtels, da- eine sehr vortheil- hafte Geschäftslage hat, daß es auch zur Messe Zimmer von 3 Mk. an zu vermiethen hat. Die übrigen Ver miether werden unter solchen Umständen nicht zurück bleiben können; denn wenn die Gastwirthe mit den Preisen heruntergehen, dann müssen sie wohl oder übel nachfolgen. (Fortsehung des Sächsischen in der Beilage.)