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— Bei der am Sonnabend stattgefundenen Stich wahl zwischen Lotze (Antis.) und Fraßdorf (Soz.) er hielt ersterer 173, letzterer 182 Stimmen. ES haben demnach von 441 Stimmberechtigten 80,« °/o gewählt. Vergleicht man das Resultat mit dem der Hauptwahl, so find Konservative und Antisemiten zusammengegangen, während von den Freisinnigen der kleinere Thcil für den Antisemiten, der gröbere aber sür den Sozial demokraten stimmte. — Im Saale des Hotels „zur Post" waren am Abend patriotisch gesinnte Männer versammelt, um die Wahlresultate entgegenzunehmen, und als kurz nach 12 Uhr die Nachricht eintraf, daß im 4., 5., 6., 7. und 8. Wahlkreise die Sozialdemo kraten unterlegen waren, da brach ein stürmischer Jubel aus — der beste Lohn nach aufopferungsreichen Tagen. — Einen reizenden Anblick gewährt ein Schwalben pärchen, das sich im Gasthof „zum goldenen Glas" im Tanzsaale ein Nest gebaut hat und sich weder durch rauschende Tanzmusik, noch durch den Lärm und das Treiben der den Saal füllenden Menschen irgendwie stören läßt. — Als der von dem Jagdpächter Graf Rex mit dem Abtreiben der Hirsche von den Feldern der Flur Luchau betraute und als vorzüglicher und glücklicher Schütze bekannte Gastwirth Dörste in Luchau am ver gangenen Dienstag seiner Funktion oblag, zog plötzlich ein Flug wilder Tauben vorüber, nach welchen D. schoß und auch so glücklich war, eine Taube zu treffen. Bei näherer Besichtigung fand sich, daß dieselbe eine Brieftaube war und den Stempel des Briestauben- züchtervereins zu Barmen mit der Nr. 1113 trug. -s- Frauenstein. Nächste Mittwoch, den 28. Juni, Nachmittags 4 Uhr, hält der Gustav-Adolf-Zweigverein Frauenstein seine General-Versammlung im Gasthofe zum goldenen Löwen ab. Auf der Tagesordnung be finden sich 1. Vorlegung von Satzungen sür den Zweig verein Frauenstein, 2. Wahl der Abgeordneten sür die Versammlung des Hauptvereins Dresden in Seifhen nersdorf den 10. und 13. Juli, 3. Besprechung über das diesjährige Gustav-Adolf-Fest des Zweigvereins Frauenstein. Alle Freunde des Gustav-Adolf-Vereins werden zu der obengenannten Hauptversammlung freund lichst eingeladen und find herzlich willkommen. Möchte die Betheiligung eine recht zahlreiche sein! — Mit vollem Rechte kann der Amtsgerichtsbezirk Frauenstein stolz sein auf das Resultat der gestrigen Reichstagsstichwahl zwischen dem Herrn Geheimen Berg rath Merbach-Freiberg und Herrn Tischlermstr. Schulze- Cossebaude. Die Wähler des Amtsgerichtbezirks Frauen stein haben abgegeben 1688 Stimmen sür Herrn Merbach und 279 Stimmen für Herrn Schulze. Es ist also in demselben Herr Geh. Bergrath Merbach mit der höchst erfreulichen Majorität von 1419 Stimmen gewählt worden. AmmelSdorf. Eine musterhafte Betheiligung an der Wahl zeigten unsere Ortsbewohner. Von den 57 Stimmberechtigten haben 56 ihr Wahlrecht aus geübt und stimmten sür Bergrath Merbach 54, für Tischlermeister Schulze 1, während 1 Stimme un- giitig war. Dresden. Die in die meisten Zeitungen über gegangene Notiz, daß der sächsische Landtag in diesem Jahre etwa 4 Wochen früher als gewöhnlich einberufen werden dürste, widerlegt das amtliche „Dresd. Journ." mit der Versicherung, daß an maßgebenver Stelle über die Einberufung des diesjährigen Landtages eine Be stimmung noch nicht getroffen worden ist. — Das vorläufige Ergebniß der Stichwahlen im Königreich Sachsen ist amtlichen Meldungen zufolge: 1. Wahlkreis: Zittau: Wäntig (nat.-lib.) 8935, Buddeberg (freis.) 10687 Stimmen. 2. Wahlkreis: Löbau: Zimmermann (Nef.) 7001, Herzog (freis.) 10000 Stimmen. 4. Wahlkreis: Dresden-Neustadt: Klemm (Ref.) 19621, Kaden (soz.) 15141 Stimmen. 5. Wahlkreis: Dresden-Altstadt: Zimmermann (Res.) 19856, l)r. Gradnauer (soz.) 16 189 Stimmen. 6. Wahlkreis: Dresden-Land: Hänichen (Antis.) 17033, Horn (soz.) 16907 Stimmen. 7. Wahlkreis: Meißen-Großenhain: Lieber (Antis.) 13139, Goldstein (soz.) 8683 Stimmen. (Einige kleine Ortschaften der Amtshauptmannschast Oschatz fehlen noch.) 8. Wahlkreis: Pirna-Schandau: Lotze (Antisemit) 12436, Fraßdorf (soz.) 9711 Stimmen. 9. Wahlkreis: Freiberg: Merbach (Reichsp.) 11969, Schulze (soz.) 8917 Stimmen. 10. Wahlkreis: Döbeln-Nossen: Sachße (kons.) 10868, Grünberg (soz.) 9004 Stimmen. (Zwei kleine Bezirke fehlen.) 12. Wahlkreis: Leipzig-Stadt: Haffe (nat.-lib.) 16241, Pinkau (soz.) 14223 Stimmen. 21. Wahlkreis: Annaberg-Schwarzenberg: Böhme (nat.-lib.) II024, Grenz (soz.) 8753 Stimmen. 23. Wahlkreis: Plauen i. V.: v. Polenz (kons.) it über 700 Stimmen Mehrheit gewählt. Blasewitz. In der ersten Hälfte des Monats Juli, der Tag ist noch nicht fest bestimmt, soll die neue Abdrücke Loschwitz—Blasewitz dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. Eine besondere Einweihungs feierlichkeit wird nicht veranstaltet werden. Radeburg. Gegen Ende des Februar ds. IS. erfolgte die Suspendirung des Bürgermeisters Wagner wegen Verdachts der Unterschlagung und kurz darauf die Verhaftung desselben. Um die erledigte Stellung hatten sich gegen 40 Personen beworben. In der am 20. d. M. abgehaltenen Sitzung des Stadtgemeinde- rathes wurde Herr Gustav Hermann Berghändler, zur Zeit Bureauvorstand in Dresden und vom I. April 1888 bis zum I. März 1892 Bürgermeister in Alten berg, einstimmig zum Bürgermeister hiesiger Stadt erwählt. Auö dem Erzgebirge. Der Strumpfwirker Scheffler in Gelenau hat durch leichtsinniges Gebühren mit Streichhölzern am 31. März d. I. einen Wald- b ran d verursacht, dem 3 Acker neunjähriger Fichten- und Kiefernbestand im Werthe von 341 Mk. zum Opfer gefallen waren. 200 Mk. Geld- oder 20 Tage Gesängnißstrafe werden ihn wohl belehren, daß er künftig vorsichtiger sein muß. Zschopau. Wie dem hiesigen „Wochenblatt" be richtet wird, hat sich am Sonntag vor der Reichstags wahl in der Waldschenke bei Witzschdorf ein Vorfall ereignet, welcher wieder so deutlich zeigt, wie terro ristisch Anhänger der Sozialdemokratie alle die zu be handeln belieben, welche nicht ihrer Meinung sind. An genanntem Tage kehrten der Drehermeister Kuhn, Kistenbauer Münzner, Hofmeistex Orgis und Holz dreher Findeisen, sämmtlich seit langen Jahren in der Nähsadensabrik beschäftigt, vor. Marbach kommend, am Abend noch einmal in der Waldschenke ein. So fort wurden dieselben von den anwesenden Sozialde mokraten — die Arbeiter Bemmann und Hänel aus Waldkirchen sollen sich besonders hervorgethan haben — mit den ärgsten Schimpfworten belegt, weil sie den Wahlaufruf der reichstreuen Parteien mit unter schrieben hatten Als nun der sonst ruhige und be sonnene Münzner dem einen Beleidiger eine Ohrfeige gab, wurde er und Kühn zu Boden geworfen, ge prügelt, und Münzner wurde mit einem Instrument am Kopfe verletzt, so daß er ärztliche Behandlung an nehmen mußte. Auch Kühn wurde zu Boden geworfen und geschlagen. Frankenberg. Ein bedauerlicher Unglücksfall, der Müttern erneut zur Warnung dienen mag, ereig nete sich dieser Tage im benachbarten Gunnersdorf. Die Frau des Handarbeiters Bauer daselbst hatte ein mit siedendem Wasser gefülltes Waschfaß in die Stube gestellt, um dasselbe später zu benutzen. Unglücklicher Weise rutschte gleich darauf das vierjährige Söhnchen von einem in der Nähe des Gesäßes stehenden Stuhle herab, kam ins Wanken und setzte sich in die kochende Flüssigkeit, wodurch das arme Kind derartige Brand wunden am Unterleib erlitt, daß es Tags darauf nach entsetzlichen Leiden verstarb. Limbach. Wie das hiesige „Tageblatt" mittheilt, hat eine hiesige Firma seit Jahren die Gehälter ihrer Angestellten in den zum Zwecke der Einschätzung zur Einkommensteuer hinausgegebenen Lohnlisten, die zu gleich sür die Einschätzung zu den Gemeindeabgaben dienen, erheblich niedriger angegeben, als sie — die Angestellten — thatsächlich beziehen, dadurch aber Staat und Gemeinde um die betreffenden Steuersätze betrogen. Dieses Verfahren wird nun ein gerichtlicher Nachspiel haben, da die Firma wegen Betrugs bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht worden ist; außerdem wird aber gegen die betr. Beamten, die bei Empfang des Steuerzettels auf das Unrichtige ihres Einschätzungssumme hätten aufmerksam machen müssen, wegen der hinterzogenen Steuerbeträge das Nach zahlungsverfahren — auf fünf Jahr zurück — einge leitet werden. Wilkau. Die Trockenheit hat hier einen Wasser mangel erzeugt, welcher kaum noch größer werden kann. Brunnen, welche den ganzen vorigen Sommer und Winter ausgehalten haben, sangen an, zu verstechen und einzelne Häuser haben seit vielen Wochen keinen Tropfen Wasser mehr. Die gemähten Wiesen werden ganz braun und das Getreide wird vom Stocke aus gelb, sodaß das Korn wahrscheinlich nothreif wird. Von den Bäumen fallen die Früchte ab und die Wiesen geben kaum die Hälfte Heu gegen das Vor jahr. Nicht einmal die ringsum auftretenden Gewitter haben Regen gebracht, sodaß die hiesige Fluren wohl zu den verschmachtetstcn gehören. Oschatz. Das dreijährige Mädchen des Trompeters Krüger, welches beim Kirschenessen die Kerne mit ver schluckte, hatte das Unglück, daß ein Kern in die Luft röhre gerieth, wodurch der Tod des Kindes herbeige- sührt wurde. — Darum Vorsicht beim Genuß der Kirschen. Döbeln. Mit großer Freude ist die Nachricht in hiesiger Stadt vernommen worden, daß Se. Majestät der König seinen Besuch während der Döbelner Aus stellung, die vom 8. dis 31. Juli staltfindet, in Aus sicht gestellt hat. Die vorbereitenden Schritte zu einem würdigen Empfang find schon gethan worden. Borna. Bei einem am 20. Juni über die hiesige Gegend ziehenden Gewitter schlug der Blitz in Blum- roda in den Kirchthurm, zerriß dabei den Leitungs draht zum Schlagwerk der Uhr, fuhr durch die Decke in die Orgel, welche bedeutend beschädigt wurde, zerriß dann im Schiff der Kirche eine eichene Säule, so daß Holzstücke von Orgel und Säule in der Kirche zerstreut umherlagen, riß neben der Eingangsthür ein Stück aus der Mauer und ist dann wahrscheinlich in die Erde gefahren. Leipzig. Der Reichsgerichts bau schreitet Heuer schnell vorwärts, da man bestrebt ist, ihn bis zum 1. Oktober 1895 bestimmt zu beendigen. Die rothen, kahlen Ziegelmauern, die noch vor 2 Jahren dort standen, sind mit behauenen Sandsteinen jetzt schön verkleidet. An den Eingängen der vier Seiten erheben sich je 4 hohe, runde Säulen, bestehend aus eng auf einander gesetzten Sandsteinen, die walzenförmig be hauen sind, bis unters Dach hinausstreben und den Schein erwecken, als ob sie den mächtigen Sims tragen müßten. Das mächtige Gerüst, das über alle Gebäude emporragt und schon jetzt äußerlich ankündigt, daß ein Bau entsteht, der weil über Leipzigs Grenzen hin aus Bedeutung haben soll, starrt auch oben hin nicht mehr ins Leere; denn darunter hervor erblickt man den aus Sandsteinen gebildeten Kranz sür die 60 m hohe Kuppel. Tagesgeschichte. Berlin. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht eine kaiserliche Verordnung, wonach der Reichstag auf den 4. Juli einberufen ist. — Der Kaiser wird Ende dieses Monats nach dem Neuen Pamis zurückkehren und den Reichstag in Person eröffnen. — Von den Stichwahlen waren bis Sonntag Abend bekannt: 121, hiervon entfallen auf Konser vative 17, auf die Reichspartei 6, auf die National liberalen 24, auf die freisinnige Vereinigung 8, auf die freisinnige Voikspartei 19, aus die süddeutsche Volkspartei 6, auf das Centrum 8, auf Polen 4, auf die Antisemiten 8, auf die Sozialdemokraten 19, Welfen 2. — Die Klagen über die herrschende Futternoth haben in einer Anzahl von Bundesstaaten bereits Negierungsmaßregeln zur Beseitigung dieser landwirth- schastlichen Nothlage zur Folge gehabt. Hie und da ist auch die Einberufung der Landtage zu einer außer ordentlichen Session geplant, um besondere gesetz geberische Maßnahmen zur Beseitigung der Futternoth zu veranlassen. Dem preußischen Landtage soll noch im Verlause seiner gegenwärtigen Session eine bezüg liche Vorlage unterbreitet werden. Im „Berl. Tagebl." wird die Herabsetzung des Zolles auf Futterstoffe be hufs Bekämpfung des Futtermangels angeregt, es ist indessen fraglich, ob die Neichsregierung zu einem der artigen Schritt geneigt sein würde. Da inzwischen aus vielen Gegenden der Eintritt regnerischer Witterung gemeldet worden ist, so dürste es wohl überflüssig sein, ganz außerordentliche Maßnahmen zur Beseitigung des herrschenden landwirthschasllichen Nothstandes zu er greifen. Schneidemühl. Die Wafferkatastrophe hat ihren Höhepunkt nun wohl überschritten. Der fragliche Brunnen ist Dank den Bemühungen des Brunnen meisters Bayer am Donnerstag geschloffen worden und wird er nur von Zeit zu Zeit geöffnet, um das Wasser ablaufen zu lassen. Das Gebiet der Boden senkungen hat sich nicht erweitert. Wie verlautet, wird dem preußischen Landtage eine Vorlage zugehen, welche sich auf die Linderung des durch die Bcunnenkalamität in der Stadt Schneidemühl hervorgerufenen Noth- standes bezieht. Der Kaiser legt sür die Einzelheiten der Schneidemühle! Katastrophe das lebhafteste Interesse an den Tag und hat er sich hierüber wiederholt tele graphische Berichte erstatten lassen. Oesterreich-Ungarn. Der jüngste Streik im Dux- Brüxer Kohlenreviere gewinnt fortwährend an Aus dehnung. Gegenwärtig feiern daselbst bereits gegen 12,000 Bergarbeiter, die theilweise eine drohende Hal tung einnehmen. Die Fabriken im Streikgebiet spüren allmälig die Wirkungen des Streikes der Bergleute, da einerseits manche Etablissements den Betrieb wegen Kohlenmangel einstellen mußten und andererseits manche Fabriken sich zur gleichen Maßregel infolge Bedrohung ihrer Arbeiter seitens der streikenden Berg leute genöthigt sahen. Der Streik greift auch bereits in das Teplttzer Revier hinüber, in welchem aus meh reren Schächten die Arbeit ebenfalls eingestellt wurde. Ueber die Ursachen des Streikes verlautet bis jetzt merkwürdiger Weise noch nichts Mheres.