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Dank- und Erntefest. Weithin klingen zum heutigen Tag die Glocken über Felder und Auen; der warme, sonnendurchglänzte Herbstduft ist erfüllt von ihrem Ton, still ruht das Feld, das seine Frucht getragen hat. Wie der Friede liegt über der Natur, so auch über den Herzen der Menschen. Heute rostet ein jeder von seiner Arbeit, voll Dank und Freude schaut der Landmann zurück auf die verflossenen Wochen und Monate. Sie waren angesüllt mit Mühe und Arbeit, mit Sorgen und Hoffen, da und dort wohl auch mit Furcht und Kummer. Aber nun ist alles wohl vollendet; was schwer war, sinkt in die Vergangenheit zurück und mit dankbarer Freude blickt das Auge auf der Ernte Segen, der Arbeit Lohn, der Mühe Preis. In dem andächtig sinnenden Herzen aber erwachen die Worte des könig lichen Sängers: „Herr, deine Güte reichet, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen. Deine Gerechtigkeit stehet wie die Berge Gottes und dein Recht wie grobe Tiefe; Herr, du hilfst beiden, Menschen und Vieh. Wie theuer ist deine Güte, Gott, daß Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel trauen." Ja ein trauliche« Fest ist das Erntefest. Freude und Dank sollen in keinem Hause fehlen, ist doch keiner in der Erntezeit leer ausgegangen, und die Zuversicht zu des treuen Vaters Hand läßt uns hoffen, daß wir das, was wir in Frieden gesammelt haben, auch in Frieden werden genießen dürfen. Darum wollen aber auch wir Menschen traulich bei einander wohnen. Das Erntefest läßt ja wohl den Unterschied merken zwischen dem, der reichlich in seine Scheuren gesammelt hat, und dem, der nur knapp für seines Lebens Nothdurst hat bauen dürfen; aber alles ist des einen Herrn Segen, der da gütig ist über Reiche und Arme und dem beide gleich werth sind. Darum sollen auch die Herzen nicht wider einander stehen, sondern sich mit einander freuen. Da wird daS Erntefest am schönsten gefeiert, wo Menschen in Liebe und Freundlichkeit einander begegnen. Denn hier allein wird eine Saat gekäet, auS welcher Früchte wachsen ohne Aufhören. Wie schnell entflieht der schöne Feiertag, wie bald schwindet des Herbstes letzter Reiz, Winter und Frühling führen einen neuen Sommer mit einer neuen Ernte herauf; unentwegt eilen die Jahre dahin und in ihnen verzehrt die Arbeit unseres Lebens Kraft. Was wird ihre bleibende Frucht sein in der großen Ernte am Ende der Tage? Was wir gesäet in Liebe, das werden wir ernten. Was ihr gethan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir gethan. Wohl dem, der also säet im Segen, er wird auch ernten im Segen ohne Aufhören. -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Der von namhaften Persön lichkeiten und Vereinen gut empfohlene Recilator, Herr Hosschauspieler Hans Füffer aus Altenburg, erfreute gestern Abend im Saale der Reichskrone einen zwar nicht großen aber dankbaren Zuhörerkreis durch seine Vorträge. Im Allgemeinen kann man gern zugeben, daß Herr Füffer dte/Eigenschaften eines guten Recitators reichlich in sich vereinigt. Durch melodische, klangreiche Aussprache, unterstützt von angemessener Gestikulation, durch seelenvolle Versenkung in den Stoff, gepaart mit dem Feuer der Begeisterung, wie eS besonders in der das deutsche Reich verherrlichenden Dichtung „Herrlich auferstanden" zum Ausdruck« gelangte, fesselte und befriedigte er die Zuhörer in reichem Maße In der dramatischen Szene aus „Wilhelm Teil" hätte allerdings die Modulation eine noch schärfere sein können, indem es oft schwer wurde, Walter Fürst, Etauffacher und Melchthal von einander zu unter scheiden. Im humoristischen Theile war entschieden Gellert in seiner doch trockenen Weise zu sehr berück erschemt wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Kdeutenden Auflage det Blatte« eine sehr wirk same Verbreitung finden werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder der« Raum berechnet. — Ta bellarische und complieirt» Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionell« Theile, die Spaltaqril- S0Pfg. chmtz-Mmg Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Paul Ithnt in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem ,Hllustrirten Unterhaltungsblatt". Mit land- und hauSwirthschastlicher Monatsbeilage. Nr. 111. Sonnabend, den 22. September 1894. 60. Jahrgang. sichtigt und hätte durch Baumbach oder Scheffel einmal vortheilhaft abgelöst werden können. Auch würde man es gewiß vorgezogen haben, im dritten gemischten Theile statt Heines „Wallfahrt nach Kevelaar" ein anderes, vielleicht eines der prächtig lebendigen Uhland- schen Gedichte neben dem meisterhaft vorgetragenen „Tod des TiberiuS" von Geibel zu hören. Doch war, wie schon heroorgehoben, das Ganze eine schöne Leistung, was auch die den meisten Nummern gezollte Auszeichnung erkennen ließ. — Mit dem l. Oktober tritt auf unserer Bahn der neue Winterfahrplan in Kraft, der in der Haupt sache dem vom vorigen Winter entspricht, die eintre tenden Veränderungen betragen nur wenige Minuten. — Vom gleichen Tage an werden die Postschalter zum Verkehr mit dem Publikum erst von früh 8 Uhr geöffnet sein. — Herr Mühlenbesitzer Trenkmann aus Malter ist am 2l. September früh im hiesigen Krankenhause seinen am Montag Nacht erhaltenen schweren Brand wunden erlegen. Reinhardtsgrimma. Morgen, Sonntag, den 23. dieses MonatS, begeht die hiesige Kirchfahrt ihr dieSj. Erntedankfest; der FestgotteSdienst beginnt Nachmittags '/,2 Uhr. Fürstenwalde. Am Mittwoch, den IS. d. M., früh 5 Uhr, ist dis 32 Jahre alle, bei ihrem Schwager, dem hiesigen Gutsbesitzer August Tiebel als Wirth- schaftsgehilfin im Dienst befindliche Juliane Wilhelmine Tittel von ihrem Val-r, dem Gutsauszügler Tittel, unweit der elterlichen Wohnung auf dem Gesichte lie gend todt aufgefunden worden. Jedenfalls ist die Ge nannte am Herzschlag verstorben, da sie magenleidend und immer kränklich war. Dresden. König Albert wird voraussichtlich nächsten Montag, den 24. September, Abends über Wien nach Steiermark reisen, um, einer Einladung des Kaisers von Oesterreich folgend, an den kaiserlichen Hosjagden theilzunehmen. — In der letzten Zeit sind in Dresden wiederholt sozialdemokratische Redner, welche in Versammlungen Aergerniß erregende Aeußernngen besonders gravir- licher Art gethan haben, sodaß ihnen sofort das Wort entzogen wurde, nachträglich von der Polizeidirektion wegen Verübung groben Unfug« mit empfindlichen Haftstrafen belegt worden. Die Führer der Partei sind über diese Maßregel natürlich sehr aufgebracht und erblicken darin ein neues Maulkorbsystem. Die Betreffenden haben sich dem Vernehmen nach der Strafe nicht unterworfen, sondern auf gerichtliche Ent scheidung angetragen. In einem Falle hat nun das Gericht eine solche Entscheidung bereits gefällt, indem es die von her Polizei ausgeworsene Strafe über den fraglichen Redner beträchtlich erhöht hat. CoSwig. Ueber den Dammdurchbruch bei der Spitzgrunbmühle wird noch im „Meißner Tage blatt" geschrieben. Der durchbrochene Teich ist etwa 80 Meter von dem Mühlengrundstücke entfernt und erst vor drei Jahren neu angelegt worden. Man vermuthet nun, daß entweder das Wasser den Damm von Grund aus unterwaschen hat, oder daß, wie schon früher gesagt wurde, durch die fehl häufigen wilden Kaninchen der Damm unterhöhlt und dadurch dem Wasser Eintritt gelassen wurde. Da der Wasser stand vor der Katastrophe in Folge der kürzlichen Regengüsse etwas höher als gewöhnlich war, so hat der Damm dem vermehrten Druck nicht mehr Wider stand leisten können und ist an dem Waldufer zuerst durchgebrochen. Auch ein Theil des llferS wurde mit fortgerissen und sechs dort stehende kräftige Eichen aus gewaschen. Sie haben sich quer über die Bruchstelle gelegt. Nach Entleerung des Teiches ist auch am anderen User der innere Theil des Dammes auf eine Strecke von etwa 6 Metern zusammengestürzt, und dieser Umstand beweist, daß auch auf dieser Seite der Damm schon unterwaschen war und nur vom Wasser druck noch gehalten wurde. — Bei der Katastrophe hätte übrigens sehr leicht die Gattin des Mühlen- besitzerS, Frau Krille, ihr Leben verlieren können. Als dieselbe im Begriff war, die Kühe von ihren Fesseln zu befreien, ertönte der Ruf eines Müllerburschen: „Frau Krille, retten Sie sich schnell, sonst sind Sie verloren, die Fluthen kommen mannshoch in den Hof gebraust!" Bei der Flucht über den Hof nach der Hausflur bis zur Treppe stieg ihr das Wasser bereits dis unter die Arme. Eine Minute später, so wäre sie von der Gewalt der Fluthen mit fortgeriffen worden. Das ganze Lockwitzbett gewährte einen schauderhaft interessanten Anblick. Radeberg. Bei einem Sewölbeeinsturz in der hiesigen Ringofenziegelei wurden am 20. September 4 Arbeiter erschlagen und mehrere schwer verletzt. Leipzig. Bei der Bekämpfung eines Schadenfeuers in der Berliner Straße am Nachmittag deS 20. Sept, wurden 12 Feuerwehrleute, darunter Branddirektor - Bandau, zum Theil schwer verletzt. — Zwischen der Landgemeinde Möckern und dem FiskuS schwebt zur Zeit eine Differenz, die für säch sische Verhältnisse sehr interessant ist. ES handelt sich darum, ob die Felder, die zur Erbauung der Kalerue» verwendet werden sollen, steuerentschädigungspflichtig sind oder nicht. Vom Militärfiskus wird daS bestritten, während die Gemeinde behauptet, daß ihr durch die Wegnahme der betreffenden Felder ein guter Theil des Grundsteuereinkommens verloren gehe, für daS der Militärfiskus aufzukommen habe. Hartenstein. Der Gedanke der Errichtung eines Paul Fleming-Denkmals in unserer Stadt, in welcher Fleming bekanntlich am 3. Oktober 1609 das Licht der Welt erblickt hat, geht seiner Verwirklichung entgegen. Die seit Jahren in Gang befindlichen. Sammlungen haben das schöne Resultat ergeben, daß nunmehr etwa 7000 Mark beisammen sind. Die Se- sammtkosten für ein in Bronze auszuführendes Denk mal des Dichters sind auf 8000 bis 9000 Mark be rechnet worden. Da man hofft, die noch fehlende Summe um so leichter aufzubringen, wenn erst der Denkmalsplan feste Gestalt gewonnen hat, so hat man beschlossen, nunmehr an die Ausführung zu geben. Ein junger, talentvoller Künstler, Bildhauer Meißner aus Friedenau bei Berlin, hat den Auftrag erhalten, sich der Herstellung des Standbildes zu unterziehen. Er wird den Dichter in ganzer Figur zeigen, die Höhe der Figur ist auf 2,50 Meter berechnet. Sie wird in Bronzeguß ausgeführt und auf ein Postament aus grauem, polirtem Granit gestellt. DaS Denkmal soll mitten auf dem Markt zu stehen kommen, dahin, wo ehedem das alte Rathhaus war. Das Antlitz deS Dichters wendet sich der Kirchgaffe zu, an deren oberem Ende man sein mit einer Gedenktafel geziertes Geburts haus sieht. Hinter dem Rücken der Bildsäule wird sich über den Häusern des Marktes auf bewaldeter Höhe das alterthümliche Schloß zeigen, zu deren ein stigen Bewohnern, den Grafen von Schönburg, die Familie Fleming's Beziehungen unterhielt. Paul Fleming selbst war ein Pathe der Gräfin Katharina. Der Künstler hofft die Arbeit so fördern zu können, daß die Einweihung des Denkmals schon im Sommer des nächsten Jahres erfolgen kann. Möchten bis da hin dem Komitee (Schatzmeister: Kaufmann Jakobi in Hartenstein) zur Deckung des Fehlbetrages Gaben noch reichlich zufließen. Jeder, der jemals in Paul Fle ming's herrlichem Liede „In allen meinen Thaten" in schweren Leidenstagen Trost gefunden hat oder dem etwa bei seiner Trauung in der Kirche desselben Dich ters herzinniges Lied „Ein getreues Herze wissen rc." erklang, wird gewiß gern sein Scherfletn spenden. (Fortsetzung de« Sächsischen in der Beilage.)