Volltext Seite (XML)
Das Scheitern der Reichs-Steuer, und Finanz Reform. Der deutsche Reichstag geht in diesen Tagen aus einander, ohne die eigentliche Hauptaufgabe der Session, die Steuer- und Finanzreform, zu ihrer Lösung ge führt zu haben, denn was das Parlament hierbei schließlich zu Stande brachte, das stellt sich als bloßes Stück- and Flickwerk dar. Von den vier großen auf diesen Reformplan bezüglichen Vorlagen, welche dem Reichsparlamente bei seinem Zusammentritte im vorigen Herbst unterbreitet wurden, sind drei sozusagen zwischen Thür und Angel hängen geblieben und nur der vierte Entwurf gelangte zur Erledigung, die Novelle zum Etempelabgabengesetz. Dabei ist selbst letztere vom Reichstage bekanntlich theilweise abgelehnt worden, die Regierungsvorschläge über die Besteuerung der Quittungen, Checks unv Frachtbriefe sind gefallen und nur der von der Börsen- und Loossteuer handelnde Thetl der Novelle hat die Zustimmung der Reichsboten gefunden. Die Entwürfe, betreffend die Weinsteuer und die Tabakfabrikatsteuer, sowie die Regelung des finanziellen Verhältnisses des Reichs zu den Einzel staaten find bereits in der Kommission gescheitert, die steuer- und finanzpolitische Aktion der Reichsregierung ist also zunächst im Sande verlaufen. Verschiedene Ursachen haben zu diesem fast vollständigen Scheitern der Reformwerke geführt, ausschlaggebend ist hierbei jedoch die von Anfang an bekundete Abgeneigtheit der Mehrheit der Reichsboten gegen die ihnen vorgelegten Steuerpläne, speziell gegen die Weinsteuer und die Tabaksteuer, gewesen, doch ebensowenig vermochte sich der Reichstag für den eigentlichen Reformplan zur Besserung der Reichsfinanzen zu erwärmen, als dessen Schöpfer der Finanzminister vr. Miquel zu betrachten ist. Zu der allgemeinen Abneigung des Parlaments zur Bewilligung der großen dauernden Summen, wie sie die Steuervorschläge der Regierung in ihrer Ge- sammtheit forderten, gesellte sich dann noch der Um stand, daß die letzteren von Anfang an in mehr als einer Beziehung verfehlt waren. Das ganze Reform projekt entbehrte des nothwendigen Schwunges und der überzeugenden Eindringlichkeit, während seine Einzelheiten vielfach einen bureaukratischen Geist athmeten, namentlich erwiesen sich die Vorschläge über die ReichSweinsteuer und über die Tabakfabrikatsteuer nach verschiedenen Richtungen hin als ziemlich ver wickelt und zugleich belästigend für die betheiligten Interessenten. Endlich war dem Projekte auch der äußerliche Umstand ungünstig, daß die parlamentarische Behandlung der Steuervorlagen nach Erledigung der ersten Plenarlesungen längere Zeit einen sehr schleppen den Verlauf nahm, und zuletzt stellte es sich heraus, daß der Reichstag bis tief in den Sommer hätte Hin eintagen müssen, sollten sämmtliche Vorlagen definitiv durchberathen werden; das letztere war aber bei der Arbeitsmüdigkeit des Parlaments einfach nicht mehr möglich. Jedenfalls waren die Steuer- und Finanz reformpläne der verbündeten Regierungen in ihrem überwiegenden Theil nicht nur beim Reichstage, sondern auch draußen im Lande in weiten Kreisen mehr oder weniger unpopulär; wenn fie jetzt vorläufig gescheitert find, so braucht man dies daher wohl kaum besonders tragisch zu nehmen. Aber freilich, die Wirkungen dieses unläugbaren Mißerfolges werden sich zum Mindesten auf finanziellem Gebiete vielleicht noch un angenehm genug äußern. Es ist sehr fraglich, ob die Erträgnisse aus der erhöhten Börsen- und Lotterie steuer zur Deckung der Ausgaben, welche das neue Militärgesetz verursacht, genügen werden, auch wenn an den letzteren noch so sehr herumgeknappst wird, so daß eine weitere Erhöhung der Matrikularumlagen der Etnzelstaaten gar nicht so unwahrscheinlich ist. Aber selbst wenn eine annähernde Deckung der dauernden Kosten der jüngsten HeereSvorlage noch gelingen sollte, so wäre dies doch nur ein Noth- behelf für die nächste Zeit; eine gründliche Neu regelung der Reichsfinanzen und in Verbindung hier mit eine anderweitige Festlegung des finanziellen Ver hältnisses zwischen dem Reiche unv den Einzelstaaten wird sich früher oder später doch gebieterisch not wendig machen. Vermuthlich find schon für die nächste Herbstsesfion deS Reichstages neue Vorlagen der ver bündeten Regierungen nach dieser Richtung hin zu er warten; hoffentlich werden sie aber in Anlage und Inhalt derartig gehalten sein, daß sie endlich die Grundlage zu einer Verständigung zwischen Regierung und Reichstag in der nun einmal aufgerollten Frage der Reform der Reichsfinanzen bilden können. Sächsische-. — Bei dem königl. meteorologischen Institute zu Chemnitz find im Jahre 1893 316 Hagelmeldungen eingegangen. Die ersten Meldungen erfolgten am 8. März aus Reichenau, AmtshauptMannschafk Zittau, die letzten am 28. August aus den AmtShauptmann- schaften Kamenz und Dübeln. Aus der Amtshaupt- mannschast Pirna erfolgten überhaupt 9 Meldungen, und zwar 2 aus Nenntmansdorf und Dorf Wehlen am 3. Mai, 1 aus Langenhennersdorf am 29. Juni, 1 aus Stolpen am 13. Juli, 3 aus Kleincotta, Maxen und Schmorsdorf am 18. Juli, 1 aus Niederseidewitz am 1. August und 1 aus Schmiedefeld am 20. August. Die meisten Meldungen über Hagelschlag erfolgten am 18. Juli (53), am 29. Juni (50) und am 24. August (38). Schellenberg. Am 16. April vollzog sich eine Jahresfrist seit dem bedauerlichen Brande der hies. Stadtkirche. Der Verlust dieses freundlichen Gottes hauses ist seitdem schwer empfunden worden. Haben wir auch in der Schloßkirche zu Augustusburg eine geweihte Stätte für die regelmäßigen Gottesdienste und sonstigen kirchlichen Handlungen, so ist doch der Wunsch allgemein zu vernehmen und tritt in neuester Zeit immer mehr hervor, eS möge möglichst bald der Wiederaufbau der Stadtkirche in Angriff genommen werden. Im Vergleich zur Schloßkirche war die Stadt kirche in vielfacher Beziehung verlockender zu einem Besuche, einladender zur Theilnahme an den Gottes diensten. Namentlich wird, und zwar nicht bloß zur Winterszeit, die kühlere Temperatur innerhalb der Mauern der Schloßkirche von vielen Kirchgängern un liebsam empfunden, auch ist ferner die Besteigung des Berges für viele, namentlich alten Personen, sehr be schwerlich. Daß am Baue der Stadtkirche noch nicht begonnen ward, liegt zum größeren Theile daran, daß sich in der Auspfarrungsangelegenheit der Ge meinden Hohenfichte, Grünberg und Metzdorf um fassende Erörterungen, Verhandlungen und Berathungen nöthig machten und die Auspfarrung eine Aenderung des Bauplanes bedingen mußte. Neuerdings aber verlautet, daß in den eben genannten Gemeinden wieder jene Parochianen die Mehrzahl bilden und Oberhand gewinnen, welche erfreulicher Weise das Verbleiben bei der Mutterkirche Schellenberg wünschen. Plauen i. V. Der Fleischer und Gastwirth Va lentin in der „Spitzenburg" bei Pausa hat vor einigen Tagen in Wallengrün bei dem Gutsbesitzer Strudel eine an Milzbrand erkrankte Kuh geschlachtet und darnach die Hände mit Seife und Karbolwasser ge reinigt. Trotzdem ist am 6. Tage nach dem Schlachten zwischen zwei Fingern ein „Blüthchen" entstanden, worauf die Hand anschwoll und Anzeigen von Blut vergiftung eintraten. Die „Blüthe" ist von einem Arzte in Pausa sofort mit Höllenstein ausgebrannt worden; der junge Mann ist darauf nach Plauen ge kommen und hat Aufnahme im städtischen Krankenhause gefunden. AuS dem Erzgebirge. Die schönen Frühlings tage haben auch dem Fichtelbergs wieder viele Be sucher zugeführt. Im. vorigen Jahre wurden imFichtel- berghause 6710 Eintrittskarten für den Thurm ver kauft; in den beiden vorhergehenden Jahren 7258 und 6851. In den letzten 3 Jahren würben allein 23 910 Postkarten mit der Ansicht des Hauses verkauft. Die nunmehr wieder auf dem Fichtelberg« eröffnete Post- hilfsstelle erfreute sich auch einer regen Benutzung. Im Jahre 1893 gingen ab 570 Telegramme, 9200 Postkarten und Briefe, 26 Einzahlungen im Betrage von 2237 M. und 9 Packele. Glauchau. Der 13. sächsische Feuerwehrtag wird vom 4. bis mit 6. August in hiesiger Stadt abgehalten werden. Vermischtes. .Was liebt der Sommergast?' so fragt der »Loisach- bote" und giebt folgende Antwort daraus: .Ein sauberes, frisch gelüstetes Zimmer mit gutem nicht zu kurzem Bett. Viel frisches Wasser, um sich nach Herzenslust waschen zu MMtz-MW. Beilage zu Nr. 45. Donnerstag, dm 19. April 1894. 60. Jahrgang. s—S—Sm—ll»n - > t-ss» können. Einen freien Blick ins Gebirge, wenigsten- aber ins Grüne. Einen schattigen Sitz unter Bäumen und, last not least, freundliche, gefällige WirthSleute. Zimmer mit Bal lonen und Veranden, Häuser mit Gärten erzielen nicht nur bessere Preise, sondern vermiethen sich auch leichter. Wo noch ein Platz für einen Baum ist, pflanzt einen an — wenn auch wir ihn nicht mehr groß sehen sollten, erleben es doch Kinder und Kindeskinder und haben Nutzen davoy.' (Die Ausführungen des oberbayerischen Blattes dürsten nicht nur für dortige Gegend, sondern wohl auch für alle Sommer frischen maßgebend und in ihrer Gesammtheit auch leicht aus sührbar sein.) Eine wunderbare Metamorphose hat die Bismarcklinde eines Dorfes bei Coburg erfahren. Der Regenmangel des verflossenen Sommers hatte zur Folge gehabt, daß das erst unlängst gepflanzte Bäumchen, für dessen Gedeihen die ganze Gemeinde Interesse hatte, verdorrte. DaS merkte man aber erst beim heurigen Wiedererwachen der Natur. Da faßten die Spitzen des Ortes den Entschluß, ohne Aussehen zu er regen, nächtlicherweile die Linde durch eine andere zu er setzen. Gedacht, gethan. Der Baum gedieh zur besonderen Freude derer, die ihn gepflanzt. Immer mehr entwickelten sich seine Knospen, und einer der letzten sonnigen Tage brachte sie zum Brechen. Doch zum Entsetzen der salomonisch weisen Ortsväter trug das Bäumchen — Birnblüthen. Ein schlauer Amerikaner, der gut und billig rauchen wollte, kaufte vor einem halben Jahre 300 Stück Zigarren, das Stück zu Ve Dollar, und ließ sie in einer Gesellschaft versichern. Jetzt sind die Zigarren aufgeraucht und der Aankee forderte 75 Dollars, weil die Zigarren durch — Feuer ver nichtet wären! DaS Gericht entschied thatsächlich zu Gunsten des Versicherten. Die Gesellschaft belangte aber nun ihrerseits den Raucher, weil er absichtlich Feuer an die versicherten Sachen gelegt habe, und das Gericht hat jetzt, nach der .Deutschen Tabak-Ztg.', mit demselben Ernste unseren Hankes zu 90 Tagen Gefängniß verurtheiltl Dresdner Produktenbörse vom 16. April. An der Börse: Weizen, pro 1000 kg netto: Weißweizen . . 149-152 Brauweizen.Ld., neu 140—144 Weißweizen, Pos.. 148—154 Roggen, sächs.. . 420-123 «erste, sächsische . 150-163 do. böhm. u. mähr. 164—177 Futtergerste. . 112-120 Hafer, sächs., seiner 150—164 do. mittel . . 140-150 Mais, Einquantine 123—128 do. rumänischer u. bessarabischer 118—122 ungarischer, neuer 116—118 do. amerik., mired 120—122 Erbsen pro 1000 kg netto: weiße Kochwaare . 170—180 Futterwaare . . 135—140 Bohnen, pro 1000kg 135—145 Wicken, pro 1000kg 175-190 Buchweizen, pro 1M0 Ke netto: inländ.u. fremder 140—150 Oelsaaten pro 1000 kg netto: Winterraps, sächs. Winterrübsen, neuer Leinsaat, feinste . 240—245 do. feine . 230—240 do. mittlere. 210-230 Rüdöl pro 100 Ke netto (mit Faß): rasfinirt. 49,00 Spiritus. . " 28,00 . 25,50 . 24,00 . 22,00 . 16,50 . 14,00 . 20,50 . 18,50 . 47,00 . 14,50 . 11,40 . 9,40 . 9,20 . 9,60 Rapskuchen pro IM kg netto; lange .... 12,50 runde . . . 12,M LAnkuchen, einmal gepreßte . . . 17,50 do. zweimal gepr. 16,M 8Mz Pro 100 kg brutto^ohne Kleesaat pro 100 Ke Brutto (mit Sack) rothe 120—138 do. weiße . . 140-175 do. schwedische 110—142 do. gelbe . . 110-120 Thymothee, sächs.. 55—60 Weizenmehl pro IM kg netto: Kaiserauszug . . """" ÄrieslerauSzug. . Semmelmehl . . Bäckermundmehl . ÄrieSlermundmehl Pohlmehl . . . Roggenmehl Nr. 0 do. " " do. do. do. Nr. 0/1 . 19,50 Nr. 1 """ Nr. 2 Nr. 3 Futtermehl . . . Weizenkleie, grobe. do. feine . Roagenkleie. . . 50,00, 30,50. Auf dem Markte: Haser (50 Ke) . 7,50-8,50 I Heu pro Etr. . 5,00-5,80 Kartoffeln (Etr.). 2,00—2,40 I Strohpr»Schock 35,00—36,00 Butter (kg) . . 2,40—2,80 s für 50 Kilo Schlachtgewicht. für 50 Kilo Schlachtgewicht. für 50 Kilo Lebendgewicht ohne Tara. Dresdener Schlachtviehmarkt vom 16. April. Am Schlachtviehmarkte waren 617 Rinder, einschließlich 27 Stück österreichischen Ursprunges, 1173 Schweine, einschließlich 74 ungarische Schweine, 1170 Hammel, 342 Kälber. Preise: Rinder . . I. Qual. 57—61 M. u. darüber „ . . II. „ 52-55 „ „ . .III. „ 45-50 „ Landschweine l. Sorte 44—47 Ungarschweine, 50-51 M. für 50 äilo Ledenögewkht'bei 40 bis 50 Psd. Tara pro Stück. Ungarschweine, geschlachtet . 52 - 53 M. Hammel... I. Qual. 58—61 „ „ < . . II. „ 54— 57 ,, „ ... III. „ 45-50 „ Kälber 55-65 „ In der Vorwoche wurden geschlachtet: 465 Rinder, 1453 Schweine, 1020 Kälber und 747 Hammel, zusammen 3685 Stück.