Volltext Seite (XML)
Weißmtz -MiW. Beilage zu Nr. 117. Donnerstag, dm 5. Oktober 1893. 59. Jahrgang. Der riWk McnbM i« Jasdreilh. KZ Das bevorstehende Erscheinen eines russischen Ge schwaders in Toulon wirft jetzt allerhand sonderbare Schatten voraus, an welche die Väter dieses neuesten französisch-russischen Verbrüderungsfestes wohl schwerlich gedacht haben. Namentlich erwachsen aus der Frage des EmpfangsceremonielleS mit einem Male gewisse Schwierigkeiten, welche der ganzen Sache nachgerade einen grotesken Anstrich geben. So galt es bislang als entschieden, daß der Präsident Carnot die russischen Gäste gleich in Toulon begrüßen würde, plötzlich aber verlautet, das französische Staatsoberhaupt werde von dieser eigentlich selbstverständlichen internationalen Höflichkeilspflicht absehen und die Russen erst empfan gen, wenn die Herren nach Paris kommen. Es ist noch nicht ganz klar, weshalb inzwischen diese Ab änderung in dem offiziellen Empsangsprogramme für den russischen Flottenbesuch beliebt worden ist, jedenfalls erscheint sie ausfallend, zumal ja der Czar seiner Zeit die französische Flotille in Kronstadt be grüßte; es muß daher noch mindestens dahingestellt bleiben, ob Carnot nur durch Erwägungen der inter nationalen Etikette sich veranlaßt sieht, die Gäste der Republik erst in Paris selbst zu empfangen. In zwischen hat sich bereits ein anderer Zwischenfall er eignet, welcher ebenfalls eine seltsame Einleitung zu dem russischen Flottenbesuche in Frankreich darstellt. Zwischen der französischen Regierung und dem Ge- meinderalh von Toulon ist ein Konflikt eingetreten, weil sich jene bis jetzt weigert, den Seitens der Touloner Stadtverwaltung verlangten Staatskredit in der Höhe von fünfhunderttausend Francs für den Empfang des russischen Geschwaders bei dessen An kunft zu gewähren. Die Stadtväter von Toulon wollten die russischen Gäste in großartigster Weise be grüßen, aber die Sache sollte dem Säckel der Stadt nichts Besonderes kosten, der „Racker von Staat" sollte daher ein Uebriges thun und die Kosten für die Tou loner Russenfeste so ziemlich allein bestreiten. In den Pariser Negierungskreisen neigt man jedoch der An schauung zu, daß der Ruffenbesuch dem offiziellen Frankreich schon an für sich einen großen finanziellen Aufwand verursachen werde und daß es darum an gebracht erscheine, in den betreffenden Ausgaben eine gewiss« Grenze nicht zu überschreiten; nach neueren Pariser Meldungen soll sich allerdings der Ministerrath schlüssig gemacht haben, der Stadt Toulon bei der Bestreitung der Kosten für den Empfang der russischen Flotte bis zu einem gewissen Punkte beizuspringen. Aber schön tauchen neue charakteristische Schwierigkeiten auf. Bei der Begrüßung der russischen Geschwader offiziere in Paris würde der Vorsitzende des Pariser Gemeinderaths, Humbert, natürlich eine hervorragende Rolle zu spielen haben, jetzt erhebt man an der Neva indessen Einwendungen gegen die Betheiligung des Pariser Oberbürgermeisters an dem offiziellen Empfang der Ruffen. Herr Humbert hatte nämlich im Jahre 1881 in dem ultraradikalen „Jntransigeant" einen Artikel veröffentlicht, in welchen die Mörder Kaiser Alexander II. geradezu verherrlicht wurden, und diese „Leistung" hat man dem heutigen Stadtoberhaupte von Paris in den Petersburger Regierungskreisen noch nicht vergessen. Da der brave Herr Humbert jedoch neuerdings in den radikalen französischen Blattern ver sichern läßt, er habe seine Anschauungen über das Attentat, dem der vorige Czar zum Opfer fiel, ge ändert, so wird sich vermutlich auch dieser „Zwischen fall" in Wohlgefallen auflösen. Immerhin tragen aber diese gesummten Vorgänge dazu bei, Wermuths- tropfen in den schäumenden Becher der jüngsten Ruffen begeisterung der Franzosen zu gießen, besonders nach dem schon letzthin von Petersburg aus den lärmenden Vorbereitungen der Franzosen zum Empfang der rus sischen Flotte der bekannte Dämpfer ausgesetzt worden ist. Dazu kommt jetzt noch die Begegnung des Czaren in Schloß Fredensborg mit dem Grafen von Paris, dem orleanistischen Thronprätendenten, und dessen Sohne, dem Herzog von Orleans, welches politisch vielleicht ganz belanglose Ereigniß man in den Pariser republikanischen Kreisen am Vorabende des Ruffen besuches unangenehm genug empfindet. Schließlich werden sich aber- die Ruffenschwärmer jenseits der Vogesen wohl auch hierüber zufrieden geben, es ist ja dafür gesorgt, daß trotz alledem die Umrahmung der bevorstehenden Ruffenfeste in Frankreich noch hin länglichen Glanz aufweisen und daß das ganze „große Ereigniß" noch genug Spektakel verursachen wird! Sächsisches. Neuhausen bei Sayda. Am hiesigen Bahnhofs bau schreiten die Erdarbeiten rüstig vorwärts. Zur Entfernung des Wassers aus dem feuchten Wiesen grund des zum Bahnhof erwählten Platzes hat sich die Ausstellung eine Lokomobile nöthig gemacht. Nach dem dieselbe 14 Tage mit bestem Erfolge gearbeitet, konnte am Mittwoch der Grundstein zum Bahnhofs gebäude, welches durch Baumeister Neubert aus Friedebach ausgeführt wird, gelegt werden. Zschopau. Dem Beispiele anderer Städte folgend, hat auch der hiesige Stadtrath zum. Schutze der Ein wohner vor Gesundheitsbenachtheiligungen und Ver fälschung der hier zum Verkauf kommenden Milch feste Bestimmungen getroffen. Die Prüfung der Milch erfolgt mit der Guerenne'schen Milchwaage und dem Feser'schen Laktoskop. Verboten ist der Handel mit Milch von kranken Thieren rc., jede bittere, schleimige oder sonst verdorbene Milch. Unzulässig ist natürlich auch jede mit Wasser oder anderen fremden Stoffen versetzte Milch. Die Milchgeräthschaften müssen voll ständig rein gehalten werden. Die hier zum Verkauf gebrachte Milch kann jederzeit von den Seitens des Nathes beauftragten Beamten untersucht werden. Für Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmungen gelten Strafen bis zu 150 Mk., bezw. bei Unvermögen ent sprechende Hast. Regis. In der letzten Stadtverordnetensitzung wurde ein für unser Städtchen sehr bedeutsamer Be schluß gefaßt. Danach wird hier Ende Oktober elek trische Straßenbeleuchtung eingeführt werden, und zwar erfolgt der Betrieb durch Wasserkraft der Pleiße von dem Mühlenetablissement von Am Ende's aus. Derselbe hat sich bereitwilligst erboten, die An lage einzurichten uud so unser Städtchen mit der zur Zeit vollkommensten Beleuchtung zu versehen. Riesa. Die König!. Kircheninspeklion für Riesa hat die Erbauung einer neuen Kirche in unserer Stadt auf dem vom Kirchenvorstande in Aussicht ge nommenen und von der Stadtgemeinde der Kirchen gemeinde hierzu geschenkten Platze an der Pausitzer Straße bereits vor etwa 14 Tagen genehmigt, auch weiter die Genehmigung ertheilt, zur Deckung der Kirchenbaukosten eine Anleihe der Kirchengemeinde in der Höhe von nominell 300000 Mark durch Ausgabe von Jnhaberpapieren auszunehmen. Eine weitere Genehmigung, als die der Kircheninspektion, ist zur Aufnahme der Anleihe nicht erforderlich, dagegen be darf es zur Verausgabung von Jnhaberpapieren der Genehmigung des Ministeriums und es ist deshalb das genehmigte Anleihevorhaben der Kirchengemeinve durch die Kircheninspektion befürwortend weiter gegeben worden. Weiter hat die Kircheninspektion geneh migt, daß das jetzige Pfarrlehnsgrundstück nach Nieder legung der Pfarrgebäude zu Straßen- und Bauareal veräußert werde und daß aus dem Erlös in der Nähe der neuen Kirche eine neue Pfarre errichtet werde. Zu dieser Veräußerung ist die Genehmigung des Landeskonsistoriums erforderlich und deshalb die Vor lage von der Kircheninspektion gleichfalls mit Befür wortung an dasselbe weitergegeben worden. Es ist somit die begründete Aussicht vorhanden, daß mit kommendem Frühjahr der Kirchenneubau beginnen wird und daß in nächster Zeit die Ausschreibung des Entwurfes erfolgen wird. Schneeberg. Alljährlich Michaelis Nachts 1 Uhr erscheinen im Schlosse zu Wildenfels die Lehnsträger von der Kirche und Stadt Lößnitz, um dem Grafen SolmS einige alte sächs. Silberpfennige zu überreichen, damit der von einem seiner Vorfahren geschenkte werth volle Wald nicht wieder an die Herrschaft Wildenfels zurückfällt. Nossen. Ein entsetzlicher Unglückssall hat am Sonnabend der zehnjährigen Tochter des Gutsbesitzers Naumann in Ilkendorf da« Leben gekostet. Kurz nach dem Mittagessen, an dem das Mädchen mit den Eltern fröhlich theilgenommen, geht ein Bruder derselben, um sich Obst zu holen, aus den Dachboden und findet dort zu seinem größten Schrecken seine Schwester entseelt am Boden liegen, auf ihrem Halse aber lastete der mit Steinen beschwerte Kasten einer Wäschmangel, der sie erdrückt hat. Wahrscheinlich hat das Kind, das ge wöhnt war, überall selbstthätig Hand anzulegen, den verhängnißvollen Kasten in schiefer Lage vorgefunden und zurückschieben wollen, ist aber zu schwach gewesen, um dies auszuführen. Der Kasten ist herunterge glitten, hat es beim Entgegenstemmen niedergeworfen und ihm den Hals eingedrückt. Pegau. Am 30. September früh 8 Uhr ver sammelte sich die hiesige Garnison (3. und 5. Eska dron des Karabinierregiments) zum letzten Male auf dem Marktplatze, um unter Vorantritt der Regiments musik von hier nach Borna, das neue Standquartier, abzurücken. Die beiden EskadronS haben in Pegau seit 31. Oktober 1849, also nahezu 44 Jahre, in Gar nison gelegen. Leipzig. Der stolze Bau des neuen Reichs - gerichtsgebäudes geht mit großen Schritten seiner Vollendung entgegen. Gegenwärtig wird die Kuppel aufgesetzt. Die Wirkung derselben ist berechnet auf die Standpunkte von der Promenade aus, wo sich der Hauptzugang von der inneren Stadt aus befindet. Die Kuppel ist so gegliedert, daß der obere Theil der selben wieder ein vollständiges Ganze für sich abgiebt, so daß auch bei nahen Standpunkten noch ein ab geschlossenes Kuppelbild sich zeigt. Jetzt steht nur erst das Gerippe der Kuppel, weshalb sie natürlich auch noch nicht den mächtigen Eindruck wie nach ihrer Voll endung macht. Die Eindeckung wird in wenigen Wochen vollendet sein und geschieht ganz in Kupfer. Vorerst fehlt noch die die Kuppel krönende Laterne, ein tempelartiger Aufbau, worauf als oberster Abschluß eine in Kupfer getriebene Justitia zu stehen kommt. Dieser noch fehlende Ausbau mit Figur wird noch eine Höhe von 15 m, also nahezu WohnhauShähe, erhalten. Die Spitze der Figur wird um vierfache Wohnhaus höhe über der Straße sich befinden. Auf die vier be reits ausgeführten Eckpostamente der Kuppel wird je eine mächtige Figurengruppe zur Ausführung gelangen. Auch die anderen Bildhauerarbeiten befinden sich durch weg in der Ausführung. Das Modell zum groben Giebel in einer Breite von 26 m, welches die bestra fende und die befreiende RechtSthätigkeit in Figuren gruppen zum Ausdruck bringt, ist nahezu vollendet. Ueber der Nordsront (Wächterstraße) gelangen sechs hervorragende Rechtslehrer zur Aufstellung. Vor dem Bau wird eine Rampenauffahrt mit Treppenanlage in der ganzen Breite des mittleren SäulenbaueS errichtet werden. Die äußeren Fassaden und der Kuppelbau werden im Frühjahre 1894 vollendet werden. In demselben mächtigen und ernsten Charakter, in dem die Architektur des Aeußeren und der Höfe durchgeführt wird, sollen auch die Jnnenräume gestaltet und durch geführt werden. Dresdner Produktenbörse vom 2. Oktober. An der Weizen, pro 1000 kg netto: Weißweizen . . 152—15k Brauweizen,Ld., neu 118—153 Weißweizen, Pos.. 165—170 Roggen, sächs-, trock. 130-132 do. feucht . 124—128 Gerste, sächsische, neu 150-162 do. böhm. u. mähr. 162—175 Futtergerste, neu . 115—125 Haser, sächs., alt . 175—180 do. neu. . . 162—170 Mais, Einquantine 125—130 do. rumänischer u. befsarabischcr 120—123 do. anierik., mired 122—124 Erbsen pro 1000 kg netto: weiße Kochwaare . 170—180 Futterwaare . . Bohnen, pro 1000kg Wilken, pro 1000kg Buchweizen, pro 1000 leg netto: inländ. «.fremder Oelsaaten pro 1000 kg netto: Winterrap«, sächs. 230-238 Winterriibsen, neuer 210-218 Leinsaat, seinste . 240-250 do. seine . 228—245 do. mittlere. 215-230 Niiböl pro 100 kg netto (mit Faß): raffinirt . 54,00 Spiritus. . Börse: Rapskuchen pro 100 kg netto: lange .... 14,50 runde . . . 14,00 Leinkuchen, einmal gepreßte . . . 19,00 do. zweimal gepr. 17,50 Malz pro 100 kg brutto (ohne Sack) .... 27-29 Ikleesaat pro 100 kg Brutto (mit Sack) rothe . do. weiße . . do. schwedische do. gelbe . . Thvmothee, sächs.. Weizenmehl pro 100 kg netto: Kaiscrauszug . . 30,50 Arieslcrauszug. . . 28,00 Semmelmehl . . 26,00 Bäckermundmehl . . 24,00 SrieSlermundmehl . 17,50 Pohlmehl .... 15,00 Roqgenmehl Nr. 0 . 22,00 do. Nr. 0/1 . 21,00 do. Nr. 1 . 20,00 do. Nr. 2 . 17,00 do. Nr. 3 . 14,50 Futtermehl ... 12,40 Weizenkleie, grobe. . 9,80 do. feine . . 9,80 Roggeukleie .... 10,40 55,50 36,00. ...7.. 6,00-6,40 »trotz pro Schock 39,00 —40,00 Ans dem Markte: Hafer (kl) . . 8,70—9,10 I Heu pro Etr. . Kartoffeln (Etr.). 2,20—2,50 i Slrvhpro Schock Butter (kg) . . 2,30-2,90 s