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Mchentz-IeitW. Beilage zu Nr. 64. Sonnabend, den 3. Juni 1893. 59. Jahrgang. Die Weltlage. Die Ansprache, welche Kaiser Franz Josef beim Empfange der österreichischen und der ungarischen Delegation gehalten hat, stellt in ihrem der inter nationalen Lage gewidmeten Theile eine überaus klare Friedenskundgebung dar. In bestimmtester, von allen diplomatischen Einschränkungen freier Weise er klärte der Herrscher Oesterreich-Ungarns vor den aus erlesenen Vertretern der beiden tonangebenden Parla mente seines Reiches, daß sowohl die sehr freund schaftlichen Beziehungen seiner Monarchie zu allen Mächten, als auch die der Erhaltung des Friedens günstigen Umstände unvermindert sorldauerten. Das sind zwei in einem Zuge gegebene bedeutungsvolle Versicherungen, welche die derzeitige allgemein-politische Signatur Europas in freundlichstem Lichte erscheinen lassen, namentlich, wenn man dieselben mit der vor jährigen Ansprache Franz Josefs an die Delegationen vergleicht. Damals urterschied der hohe Herr noch zwischen den herzlichen Beziehungen seiner Mo narchie zu den mit ihr verbündeten Neichen, und ihren normalen Beziehungen zu den anderen Mächten, eine Nuance im Ausdrucke, welche trotz ihrer Fein heit einen gewissen Gegensatz des Dreibundes zu dem französisch-russischen „Zweibund" hervorlreten ließ. In seiner jüngsten Kundgebung vor den Delegationen aber hat der österreichische Kaiser an diesem Unter schiede nicht Weiler festgehalten, klipp und klar erklärte er vielmehr, daß das Verhältniß seiner Monarchie zu allen Mächten ein ungemein freundschaftliches sei, und knüpfte er hieran folgerichtig die weitere Versicherung von der ungeschmälerten Fortdauer aller der Sicherung des europäischen Friedens günstigen Umstände. In der Thal läßt sich mit gutem Fug behaupten, daß die europäische Lage seit der letzten Session der österreichisch ungarischen Delegationen nicht nur keine Trübung, sondern im Gegentheil noch eine fernere Aufhellung erfahren hat. Dieselbe zeigte sich namentlich in den Besuchen des russischen Thronfolgers am Wiener und Berliner Hofe, und namentlich der mehrtägige Aufenthalt des Czarewitsch in Berlin bekundete deut lich genug eine gegenseitige Wiederannäherung zwischen Deutschland unv Rußland, die nur zur Verstärkung der allseitig obwaltenden Friedenszuversicht dienen konnte. Anderseits machte das russisch-französische Freunoschaftsverhältniß durchaus keine Fortschritte in der Richtung jener förmlichen Allianz zwischen der französischen Republik und dem Czarenreiche hin, die nun schon so lange von den Chauvinisten an der Seine wie von den moscovitischen Kriegssanatikern gleich heiß und doch bis zur Stunde noch vergebens ersehnt wird. Ja, es ließe sich im Gegentheile eher eine leise Ab kühlung in den Beziehungen zwischen Paris und Petersburg konstatiren, der Panamaskandal hat in den maßgebenden Petersburger Kreisen unverkennbar eine gewisse Verstimmung gegen die französische Republik hervorgerufen und anscheinend ist jene noch nicht wieder gänzlich beseitigt. Auch in den verschiedenen schwebenden Spezialfragen der europäischen Tages politik ist seit einem Jahr keinerlei Veränderung ein- getrelen, welche ernstere Besorgnisse hinsichtlich der allgemeinen Lage rechtfertigen könnte. Von den marok kanischen Händeln ist es längst wieder still geworden, wegen des egyptischen Problems regt sich vorläufig Niemand auf, und was die Dinge im europäischen Wetterwinkel, auf der Balkanhalbinsel, anbelangt, so ist auch hier nichts direkt Besorgnißerregendes zu ent decke». Der serbische Staatsstreich, welcher unter Umständen allerdings zu internationalen Verwickelungen hätte führen können, hat bisher nicht die mindeste nach außen bedenkliche Wirkung gezeitigt, vielmehr charakterisirt er sich durch die sich an ihr anknüpfende Festigung der Verhältnisse Serbiens in gewissem Sinne I»»« II»»,Mr. 8L I» I» »«L»Ii»»r<L<8»rrIi»i»t», 3 Stuben nebst Kammern enthaltend, soll bei 1050 Mark Anzahlung sofort frei verkauft werden. Alles Nähere beim Besitzer selbst. rl» iNIieltG»»«!» « II werde» reparirt, vergoldet, versilbert, aufgefrischt u. s. w. Einkauf von altem Gold und Silber. Herrengaffe »I. mit als eine Friedensgemähr. Ebensowenig läßt sich in der Entwickelung der bulgarischen Angelegenheiten eine für den europäischen Frieden bedrohliche Spitze entdecken. Die bulgarische Verfassungsänderung, die soeben die Billigung der großen Sobranje erfahren hat, bedeutet nur einen erfreulichen Schritt zum wei teren Ausbau der inneren Verhältnisse Bulgariens und erfreut sich daher der Zustimmung fast aller Mächte; wann jetzt Rußland den Zusammentritt einer europä ischen Konferenz zur Regelung der bulgarischen Fürsten frage anregen will, so schließt dieser Schritt wohl weiter keine Bedeutung als diejenige der Wahrung des prinzipiellen Standpunktes Rußlands in der bul garischen Frage in sich. Wenn nun aber auch der Völkerfrieden Europas nach menschlicher Voraussicht dergestalt noch fernerhin gesichert erscheint, so muß man sich doch immer vor Augen halte», daß die ihn bedrohenden eigentlichen Gefahren im Geheimen nach wie vor vorhanden sind. Die Revanchelust der Franzosen wie die Begehrlichkeit der russischen Orient politik haben sich nicht verändert, mögen auch beide Erscheinungen zur Zeit nicht weiter hervortreten, und daruni ist es für die leitenden Staatsmänner der europäischen Friedensmächte eine unabweisbare Pflicht, nach beiden Richtungen stets scharfen Ausblick zu hallen. Vermischtes. Der reichste Fürst. Der kürzlich gestorbene Fürst Adolph von Schaumburg-Lippe ist der Held folgender von der Presse wieder ausgesrischten Anekdote: Als im Jahre 1863 in Frankfurt d" Fürstenkongrsb tagte, sand eine von der freien Stadt Frankfurt veranstaltete große Festlichkeit statt, zu der auch die Honoratioren der Bundesstadt geladen waren. Da saßen nun die Fürsten des deutschen Bundes in einer abgesonderten Abtheilung des Festraumes an kleinen Tischen in lebhaftester Unterhaltung, als plötzlich unter den Herr schaften eine allgemeine Bewegung sich bemerkbar machte. Die gekrönten Häupter erhoben sich, um einen soeben in den Kreis eintretcnden unscheinbaren kleinen Herrn zu begrüßen; nur Fürst Adolph von Schaumburg-Lippe blieb zur Ver wunderung Aller aus seinem Sessel sitzen. Da nahte sich ihm der Kurfürst von Hessen und flüsterte ihm die Worte ins Ohr: »Aber, lieber Fürst! Wollen Sie denn den Herrn nicht auch begrüßen? Wissen Sie denn nicht, wer der Herr ist?" — .Nein!" — „Das ist ja der Baron von Roth schild!" „Ach was!" „Geht mich nichts an! Bin dem Kerl nichts schuldig!" Der Kaiser von China — so berichtet der „Ost asiatische Lloyd" — vollzieht alljährlich die Ceremonie des Pflügens, um dadurch die Wichtigkeit des Ackerbaues zu ver anschaulichen und das Volk anzuspornen, den Landbau eifrig zu betreiben. Die Ceremonie sand am 8. April d. I. statt. Se. Majestät verließ den Palast um 4 Uhr Morgens, ge folgt von seinem Hofstaate, und hielt aus dem Wege bei dem Altäre der Gottheit, die der Landwirthschaft vorsteht, an, um dort Dankgebete und Opfer darzubringen. Hierauf brach der Zug auf, um weiterhin nochmals Halt zu machen, zu opfern und daraus ein Frühstück einzunehmen. Die Pro zession setzte sich sodann wiederum in Bewegung und langte gegen 6 Uhr bei dem „Kaiserfelde" an. Diejes mißt etwa eine viertel deutsche Meile im Umfange. Um dasselbe waren zahllose Pfähle eingesetzt, an die man Flaggen und Banner, die in allen Regenbogenfarben schillerten, befestigt hatte; an jeder der vier Ecken des Feldes war ein Pavillon errichtet. In der Mitte des Feldes standen eine Anzahl Höflinge in Galauniform mit buntfarbigen Flaggen und ergraute Land- leute, von denen ein jeder ein Ackerbaugeräth in der Hand hielt, bildeten ein Spalier, durch welches der Kaiser zu dem Felde schritt, welches er bepflügen sollte. Eine gelbe Kuh, die mittels eines prächtigen Geschirrs an den Pflug gespannt war und die von zwei Prinzen geführt wurde, diente für die Ceremonie; zwei andere Prinzen hielten die beiden Seiten Chili--8'alpeter ist wieder eingelrofsen. 4^ « IRK » I» 1 « I» liefere ich denselben mit 25 Pf. Ausschlag per Centner. Louis Schmidt. des Pfluges. Das Stück Land, welches der Kaiser pflügte, war etwa 50 Fuß lang und 20 Fuß breit; er pflügte 18 Furchen, d. h. acht Mal auf und nieder. Nachdem das Pflügen beendet Ivar, nahm er einen Sack, der den Samen enthielt, und sein Hosmeister, der Präsident des Finanz ministeriums, Namens Weng Tung-Ho, streute den Samen aus. Hieraus pflügten drei Prinzen ihr Stück Land und besäeten cs, worauf die Präsidenten der Ministerien und andere hohe Würdenträger ihrem Beispiele folgten. Die Ernte von dem Felde, welches der Kaiser pflügt, sollte dem Schang-ti (höchsten Gotte) auf den verschiedenen Altären ge opfert werden, doch diese Sitte scheint heute nicht mehr be obachtet zu werden. Nachdem Se. Majestät die Ehrfurchts bezeugungen der anwesenden Prinzen und sonstigen Würden träger entgegengenommen hatte, kehrte er gegen 7 Uhr Morgens nach dem Palaste zurück. Eingesandt. (Ohne Verantwortlichkeit der Redaktion.) Recht bezeichnend für die deutsche Neformpartei und die Art, den Wahlkampf zu führen, ist ein Abschnitt des Leitartikels der neuesten Nummer der „Deutschen Wacht" vom 28. Mai 1893, welcher lautet: „„Wenn man ferner im sechsten sächs. Reichstagswahlkreise sieht, wie der konservalive Verein desselben sich nicht „ent- blödet" hat, den nationalliberalen Wahlverein, den reichstreuen Verein für Laubegast und Umgegend und den Bund der Landwirthe zur Unterstützung seines konservativen Kandidaten Förster „in Dienst zu pressen", wenn also wieder der Versuch gemacht wird, durch Erneuerung des alten Kartells den sozialdemokratischen Hauptgegner an die Wand zu drücken, ohne des Haupt- bekämpsers der Sozialdemokratie, nämlich der deutschen Reformer, auch nur mit einem Worte zu gedenken, so muß der Verdacht aussteigen, daß jener seltsamen und an inneren Widersprüchen leidenden Bundes genossenschaft der alten Parteien zuletzt die Erwählung eines Sozialdemokraten lieber zu sein scheint, als der Sieg des Vertreters der deutschen Reformpartei, des Herrn Oskar Hänichen."" Nun ist aber durch eine öffentliche Polemik in Nr. 61 des „Glückauf" folgendes festgestellt: 1. Der Vorsitzende des konservativen Vereins im Plauenschen Grunde hat bereits im November 1892 sich schriftlich an den Redakteur der „Deutschen Wacht", Herrn Zimmermann, ge wandt, um Reformer und Konservative zu ge meinsamer Arbeit im sechsten Neichstagswahl- kreise zu verbinden, er ist aber ohne alle Antwort geblieben. 2. Die Neformpartei ist gleich allen übrigen po litischen Vereinen aufgefordert worden, für den vorgeschlagenen Kandidaten Förster mit einzu treten, sie hat dies aber rund weg abgelehnt. 3. Um durchaus eine Zersplitterung der staats erhaltende» Parteien zu vermeiden, haben noch in letzter Stunde die Konservativen den Re formern drei, den Antisemiten nahestehende Landwirthe als Kompromißkandidaten vorge- schlagcn, ohne irgend welchen Erfolg zu haben. Im Gegentheil, die Reformer haben es bestimmt abgelehnt, mit den staalserhaltenden Parteien Hand in Hand zu gehen. Hält man diese Thalsachen mit dem oben mit- getheilten dreisten Angriff auf die Konservativen zu sammen, so hebt sich klar das Merkmal der extrem antisemitischen Bewegung — die Verleumdung — ab. Bei der Verwirrung, die durch solch' häßliches Treiben im hiesigen Wahlkreise «»gerichtet wird, ist es Pflicht, nicht mehr gleichgiltig zuzusehen. Festgenagelt und für Jedermann sichtbar gemacht muß das Lügengewebe werden, das selbstsüchtige Zwecke fördern und die Wähler irre führen soll. Und das sei hiermit ge schehen. AO«« werden auf ein Landgrundstück zu borgen gesucht. Zu erfahren in der Exp. d. Bl. HV r «I»«» iVtliiir« II Nerrell -i.» Kmbkll-AiW kaufen will, wende sich an Max Pieschel, Glashütte, MtklneuM.