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— 482 — iinn des militärpflichtigen Alters freiwillig eingetreten m das Heer 12,063, in die Marine 850. Wegen unerlaubter Auswanderung sind verurtheilt aus der Landbevölkerung 18,964, aus der seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung 366. Noch in Unter suchung befinden sich aus der Landbevölkerung 14,889 und auS der seemännischen und halbseemännischen Be völkerung 299. — Die Versetzung des seitherigen deutschen Bot schafters in Konstantinopel, Herrn v. Radowitz, nach Madrid erregt in den Berliner politischen Kreisen großes Aufsehen, da die Nachricht von dieser diplomatischen Versetzung ganz unerwartet gekommen ist. Herr v. Radowitz hat das deutsche Reich beinahe ein volles Jahrzehnt bei der Pforte vertreten und sich auf dem ebenso schwierigen wie wichtigen Stambuler Botschafter posten ungemein bewährt. Es müssen daher gewichtige Gründe gewesen sein, welche die Versetzung Herrn von Radowitz' vom goldenen Horn nach der spanischen Hauptstadt veranlaßt haben. Inwieweit die hierüber in der Presse kursirenden Mittheilungen den Thatsachen entsprechen, muß noch dahin gestellt bleiben; doch hat die Vermuthung Vieles für sich, daß die Uebernahme des infolge der Demission des Freiherrn von Stumm erledigten Madrider Botschafterpostens durch Herrn v. Radowitz hauptsächlich mit den Verhandlungen wegen des neuen deutsch-spanischen Handelsvertrages zusam menhängt. Dieselben erfordern, sollen sie in einem für Deutschland ersprießlichen Sinne zu Ende geführt werden, eine diplomatische Kraft allerersten Ranges und als solche darf Herr v. Radowitz allerdings gelten. — Angesichts der plötzlichen Sinnesänderung der französischen Regierung in der Weltausstellungs- frage hat der Reichskanzler Gras Caprivi sich entschlossen, die verbündeten Regierungen um amtliche Stellungnahme zu dieser Frage zu bitten. Als die erste Nachricht in Frankreich auftauchte, daß einzelne dortige Kreise die Veranstaltung einer Weltausstellung in Paris im Jahre 1900 in Betracht zögen, hatte, so berichtet jetzt die „Köln. Zeit.", der Reichskanzler alsbald die Gelegen heit ergriffen, durch den Botschafter Grafen Münster beim Minister Ribot anzufragen, welche Stellung die französische Regierung zu der Frage nehme, und zu gleich ihr mttzutheilen, daß in Deutschland in der öffentlichen Meinung eine größere Strömung sich für eine Veranstaltung einer Weltausstellung in Berlin noch vor Ablauf dieses Jahrhunderts kundgebe und daß der deutsche Reichskanzler auf eine rechtzeitige Ver ständigung in dieser Frage mit der französischen Re gierung hoffe. Minister Ribot erklärte alsbald, daß er ernste französische Bestrebungen, welche die deutschen Wünsche durchkreuzen könnten, nicht kenne, und meinte zudem, daß es jetzt noch viel zu früh sei, die ersten amtlichen Vorbereitungen für eine Weltausstellung im Jahre 1900 zu treffen. Wenige Tage darauf hatte Herr Ribot seine Ansichten völlig geändert. Er theilte dem Grasen mit, daß die Vorbereitungen für eine Pariser Weltausstellung bereits ernstlich in Angriff genommen seien und demgemäß die französische Negie rung sich entschlossen habe, die Staaten zur Beschickung einer Weltausstellung im Jahre 1900 einzuladen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß mit diesem auf fälligen Schritte, der den Wunsch des Reichskanzlers auf rechtzeitge Verständigung beiseite schiebt und mit übertriebener Eile eine feste Thatsache zu schaffen sucht, die Hoffnung vieler deutscher Kreise vereitelt werden soll, die nächste Weltausstellung in Berlin stattfinden zu sehen. Der Reichskanzler hat in Deutschland nicht die Entscheidung darüber, ob eine solche Ausstellung stattfinden soll oder nicht. Sie liegt vielmehr aus schließlich bei den verbündeten Regierungen und beim Reichstag. Graf Caprivi hat sich angesichts der Ver änderung der Sachlage beeilt, nunmehr durch eine Um frage die Stellungnahme der verbündeten Regierungen kennen zu lernen. Es ist daher jetzt Sache der be- theiligten Kreise, aufs Schleunigste die einzelnen deutschen Negierungen über ihre Wünsche und Meinungen in dieser Frage aufzuklären. Die bisherige Bewegung zu Gunsten der Weltausstellung ist fast ausschließlich von Berliner Kreisen und Interessenten vertreten und getragen worden. Jetzt ist es Sache aller derjenigen Kreise in den Bundesstaaten, die eine Weltausstellung wünschen, ihre Anschauungen geltend zu machen. — Der Flensburger Dampfer „Julia" rettete in der Nordsee die schiffbrüchige Mannschaft der norwegischen Brigg „Familien", die durch einen Orkan seeuntüchtig geworden und dem Untergange nahe war. Kaiser Wilhelm verlieh für diese edle That dem Kapitän der „Julia" Petersen eine goldene Uhr, dem Steuermann Lenith, der freiwillig das Rettungswerk leitete und vollführte, ein Marine-DoppelglaS und vier Matrosen je 100 Mark. Jetzt hat auch der König Oskar von Schweden dem Kapitän Petersen ein prachtvolles Marine- DoppelglaS verehrt, das auf zwei silbernen Schildern die Worte trägt: „Oskar II., König von Schweden und Norwegen. 1892." und „Herrn Kapitän Hans I. Petersen. Für edle That." Steuermann Lenith erhielt die große silberne RettungS-Medaille mit der Krone und die 4 Matrosen die kleine RettungS-Medaille. Halle a. S. Die Direktion der Mansfelder Ge werkschaft meldet, daß der Martin- und der Ottoschacht völlig ersoffen sind und die Entlassung von 1000 Arbeitern erfolgen soll. Frankreich. Uebsr die Champagner-Ausfuhr Frankreichs veröffentlicht ein Bericht der Handels kammer in Reims folgende Ziffern: Die Ausfuhr authentischen Champagners, welche 1890 noch 21,699,111 Flaschen betrug, ist im vorigen Jahre auf 19,685,115 Flaschen gesunken (1844 betrug die Ausfuhr nur 4,380,204 Flaschen). Die Handelskammer schreibt diese Abnahme der Ausfuhr ausschließlich den hohen Zöllen zu, womit die fremden Mächte als Antwort auf den neuen französischen Tarif auch den Champagner belegt haben, während in Wirklichkeit die täglich er folgreichere Konkurrenz der deutschen Schaumweine hauptsächlich dazu beiträgt, den Konsum des franzö sischen Champagners im Auslande zu verringern. Derselbe Bericht konstatirt auch, daß der innere Kon sum von echtem Champagner, der 1844 2,255,438 Flaschen betrug, bis 1891 auf 4,558,881 Flaschen gestiegen ist. Rußland. Die von den Niemann'schen Gold wäschereien in Sibirien nach Petersburg abgesandte Karawane mit Gold wurde in der Nähe von Blago weschtschensk von bewaffneten Räubern überfallen. Sämmtliches Gold, 16 Pud, wurde geraubt, die die Sendung begleitenden Kosaken durch Schüsse schwer verletzt. Norwegen. Der König beantwortete schriftlich die Adresse des Präsidenten des Storthings. Er wolle nicht, so heißt es dort, den Storthingbeschluß über ein eigenes norwegisches Konsulatswesen sanktioniren und habe noch keinen Auftrag zur Kabinetsbildung ertheilt. — Die Konservativen veranstaltete» am Dienstag einen Huldigungszug zum Schloß. Nachmittags war Volkszug zum Hause Steen's, woran sich 8—10,000 Personen betheiligten. Björnson hielt die Festrede und betonte. Alle wünschten ein Vertheidigungsbündniß mit Schweden, sonst aber volle Freiheit und die Gleich stellung Norwegens mit Schweden. Er beantragte eine Resolution mit dem Dank an die Negierung, daß mit Kraft und Klugheit Norwegens Ehre gewahrt werde. Steen dankte. Das Ministerium habe ge handelt, geleitet von der Pflicht unv Liebe zum König und Vaterlande. Pyrenäenhalbinsel. In der spanischen Haupt stadt ist es in den letzten Tagen zu nicht unbedenk lichen Straßenunruhen gekommen. Dieselben wurden durch die Händler in den städtischen Markthallen her vorgerufen; die Händler waren durch die neuen Ge meindesteuern in große Erregung versetzt worden, so daß sie schließlich tumultuirend und unter Begehung mannigfacher Exzesse die Straßen durchzogen. Gen darmerie und Polizei mußten den Tumultuanten mit blanker Waffe entgegentreten und entwickelten sich hieraus zeitweise förmliche Straßenkämpfe. Bei den selben hatten die Aufrührer zahlreiche Verwundete, doch auch 20 Gendarmen und Polizisten erhielten Verwundungen und einer der verwundeten Polizisten starb an'seinen Verletzungen. Endlich gelang es, die Ruhe wieder herzustellen, nachdem 75 Verhaftungen vorgenommen worden waren; die Vorstädte Madrids bleiben bis auf Weiteres militärisch besetzt. Die neuen Steuern wurden aufgehoben, was wohl am meisten zur Beruhigung der aufgeregten Gemüther bei tragen dürfte. — Aus Lissabon signalisirt man eine abermalige Ergänzung der Kabinets Ferreira, obwohl dasselbe erst kürzlich eine Umbildung erfahren hat. Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß die neue Krisis im Lissaboner Kabinet mit den Finanznöthen Portugals zusammenhängt, die noch immer nicht behoben sind. Wie es eigentlich mit der Antwort der portugiesischen Regierung aus die Protestnote Deutschlands gegen die Reduktion der Zinsen für die auswärtige Schuld Por tugals steht, ist bis dato noch nicht bekannt. Sparkasse in Reinhardtsgrimma. Nächster ExpeditionS«Tag: Sonntag, den 10. Juli. Bormittags von 11—V»1 Uhr, Nachmittags von 2—4 Uhr. Sparkasse in Schmiedeberg. Nächster Erpcditions-Tag: Sonntag, den ti). Juli, Nach mittags 3—6 Uhr. Ferkelmarkt zu Dippoldiswalde vom 5. Juli. Preis vro Paar 35—40 M. Hauptgewinne 1. .«lasse 122. königlich sächs. LanbeSlotterie (nach telegraphische» Privatnachrichten ohne Gewähr für deren Richtigkeit.) 2. Ziehnngstag am 5. Juli 1892. 25,060 M. auf Nr. 92444 . 8000 M. auf Nr. 21764. 3000 M. ans Nr. ,5818 1 6634 35069 97397. ge Echraubenmuffe zum Verbinden der einzelnen Gestängetheile zu einem Ganzen, sowie einige Holz wülste, welche jedenfalls zur Führung des Gestänges in dem ca. 6 Zoll weiten Bohrloch gedient haben. Reichenbach. Der hiesige Stadtrath hat den Beschluß gefaßt, das belästigende AuSschreien von Maaren von erhöhten Ständen aus u. s. w. innerhalb der Stadt und, da der Jahrmarkt für jedes Mal auf einen Montag füllt, jeden Verkauf von Maaren an dem dem Jahrmarktstage vorangehenden Sonntage bei Strafe gänzlich zu verbieten. Die Verkaufszeit be ginnt am Jahrmarktsmontage Vormittags 10 Uhr und endigt am Jahrmarktsdienstag Mittags 12 Uhr, wenn nicht infolge eingetretener Naturereignisse der Stadt rath die Verkaufszeit verlängert. AuS dem Erzgebirge. Die Spielkartensabrik von Nestler L Co. in Annaberg hatte an 7 Berliner Kaufleute Kinderspielkarten geliefert, die auf ge wöhnliches Löschpapier gedruckt, ungleich groß, unregel mäßig beschnitten und darum auch nicht mit dem ge setzlichen Stempel versehen sind. Die Steuerbehörde hat die Sache erfahren und die Kaufleute wegen Etempelhinterziehung angezeigt. Ein solches Spiel Karten kostet 3 Pf., doch soll für jedes Exemplar, das die Kaufleute bezöge» haben, 50 M. Strafe bezahlt oder im Nichteinbringungssalle für je 15 M. Strafe ein Tag Gefängniß ausgeworsen werben. Es handelt sich bei dem Prozesse uni 243,540 M. Geldstrafe oder über 3 Jahre Gefängniß. Die Beklagten hatten be hauptet, es handle sich nur um Spielkarten für Kinder, die zum Gebrauche für Erwachsene ungeeignet waren; Steuerbehörde und Staatsanwalt waren aber der An sicht, daß auch Kinderspielkarten als Spielkarten im allgemeinen Sinne zu versteuern seien. Plauen i. V. In der Frage der Sonntags ruhe im Handelsgewerbe hat der hiesige Stadtrath für richtig erachtet, daß die gesetzlich nachgelassenen fünf Arbeitsstunden möglichst zusammengelegt werden müssen. Er hat den Endpunkt dieser fünf Stunden im Sommer bereits auf V»2 Uhr, im Winter auf 2 Uhr Nachmittags festgesetzt. Der Handel mit Eß- und Materialwaaren, ingleichen der Kleinhandel mit Heizung-- und Beleuchtungsmaterial ist 1'/» Stunde vor Beginn und 3'/» Stunde nach Beendigung des Vormittagsgottesdienstes gestattet. — Dia Zahl der auswärtigen Anmeldungen zur Theilnahme an dem in Plauen bevorstehenden Jubelfeste der 105er ist schon auf 996 gestiegen. Voraussichtlich wird sich sonach die Zahl der alten Soldaten, welche zu der kameradschaftlichen Vereini gung am 16., 17. und 18. Juli nach Plauen kommen, auf weit mehr als 1000 belaufen. LeiSnig. Der bienenwirthschaftliche Hauptverein im Königreich Sachsen hält vom 25. bis 27. Septbr. seine diesjährige, mit Ausstellung, wie Prämiirung und Verlosung verbundene Hauptversammlung in unserer Stadt ab. Geithain. Am Freitag voriger Woche verun glückte der Sohn des Gutsbesitzers Teich in Hermsdorf. Als er ein beim Kartoffeligeln durch gehendes Pferd anhalten wollte, sprang es über ihn hinweg. Dabei wurde er von dem Igel erfaßt und bis zur Unkenntlichkeit verletzt. Zum Zunähen der Wunden brauchte der sofort herbeigerufene Arzt I)r. Werner-Geithain fünf Stunden. Ein ähnlicher Unfall betraf vor eiwa acht Jahren den Vater des Ver unglückten. Hagesgeschichle. Berlin. Die Landesvertheidigungskommission be schäftigte sich am 5. Juli mit der geplanten Militär vorlage. Dieselbe wird sofort nach Rückkehr des Kaisers fertiggestellt und dem Bundesrath nach seinem Wieder zusammentritt zugehen. — Nach der dem Bundesrath unterbreiteten Ueber- sicht der Ergebnisse des Heeres-Ergänzungs geschäfts für das Jahr 1891 ist Folgendes fest gestellt: In den alphabetischen und Restanten-Listen werden geführt 1,421,559 Mann. Davon sind als unermittelt in den Restantenlisten geführt 43,144; ohne Entschuldigung ausgeblieben 108,553; anderwärts gestellungspflichtig geworden 359,313; zurückgestellt 483,455; ausgeschlossen 1245; ausgemustert 27,291; dem Landsturm ersten Aufgebots überwiesen 109,116; der Erfatzreserve überwiesen 87,421. Der Marine- Ersatzreserve überwiesen: aus der seemännischen bez, halbseemännischen Bevölkerung 394, aus der Land bevölkerung 379. Ausgehoben 172,515, überzählig geblieben 15,664, freiwillig eingetreten 13,069. Von den Ausgehobenen traten in das Heer zum Dienst mit der Waffe 165,198, zum Dienst ohne Waffe 3600. In die Marine sind eingetreten: aus der Landbevöl kerung 1779, aus der seemännischen und halbseemän nischen Bevölkerung 1938. Es sind ferner vor Be-