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und zu einem ungleichen Verfahren führen. In Preu ßen eristire ein solche» Examen, und habe dasselbe dort zu Übeln Erfahrungen nicht geführt, so daß man erst neuerdtng» beschlossen habe, dasselbe brizubehalten, be ziehentlich weiter auSzubilden. E» sei entschieden von großem Wcrthe, daß dir Arbeit von oben her irgle- mentär getrennt und fest bestimmt werde, welche den richterlichen Beamten und welche den Expedienten zu stehen solle. Staatsminister vr. Schneider gilbt Auskunft da hin, daß nicht beabsichtigt werde, die erwähnte Verord nung den Kammern vorzulegen, sondern daß dieselbe vom Ministerium auS erlassen werden solle. Präsident Haberkorn befindet sich nicht in der Lage, den Entwurf mit Freuden begrüßen zu können, denn mit demselben kehre man zu Zuständen zurück, die sich nicht bewährt hätten und deren Abänderung durch Gesetz sich im Laufe der Zeit als nothwendig herousgestellt habe. Dennoch aber werde er für da» Gesetz stimmen, weil es einen Nothbehelf biete. Es fehle an Actuarrn, dies sei der eigentliche Grund deS Gesetzentwurfes. Um die vorhandene Lücke ausfüllen zu können, mache sich die Zuziehung anderer Beamten nothwendig. Demjenigen, wa» Abg. Schreck über die Gründe des ActuarmangelS gesagt habe, stimme er bei. Ein Hauptgrund sei aber nicht genügend hervor gehoben worden. Dies sei das Bestehen des dritten Examens. Erstens dauere eS zu lange, bis man dazu komme, und zweitens sei, einem Manne in den 30er bis 40er Lebensjahren das Bestehen eines solchen Examens eine so odiose Aufgabe, daß Viele entweder davon absähen oder eS unternähmen und durch fielen und sich so für ihr ganzes Leben ruinirten. Dieser dritte Examen sei die Veranlassung, daß die tüchtigsten Kräfte abgegangen seien und abgehen würden. Der Herr Minister habe nun erklärt, daß dem durch eine Verordnung abgcholfen werden solle. Die Frage, ob diese Neuerung im Verordnungswege oder durch ein Gesetz eingcsührt werden müsse, gehöre nach seiner An sicht nicht hierher. Wenn man aber in Bezug auf den Inhalt dieser Verordnung gelesen habe, daß alle Be amte, die da» jetzige zweite Examen gemacht hätten, auch ferner noch zu Ablegung deS dritten verbunden sein sollten, so würde dies eine neue Veranlassung zum Abgehen der tüchtigsten Kräfte bilden Man möge sich es wohl überlegen, ob es nicht besser sei, Diejenigen, die sich schon im Amte befänden, gänzlich von dem drit ten Examen zu dispensircn. Er gebe vollkommen zu, daß keinem Beamten ein jus guaositum auf das richter liche Amt zustehe; es müsse dem Ministerium überlassen bleiben, wen eS dazu avanciren lassen wolle; allein die Verpflichtung zu Ablegung des Examens dürfe sticht obligatorisch ausgesprochen werden. Geschehe dies, so würden unfehlbar Beschwerden an die Stände ge langen, und diese würden sich genöthigt sehen, zu inter- cediren. Jedenfalls sei eS aber besser für die Regie rung, wenn die Sache von ihr auSgehe und sie nicht von den Ständen dazu gezwungen werde. Die Ein führung eines Examens für Nichtjuristen würde er sehr beklagen; denn gerade die tüchtigsten, fleißigsten, beschei densten Litern Nichtjuristen würden sich scheuen, diese» Examen zu machen, da da» Feld der Gegenstände, über welches examinirt werden könnte und müßte, ein zu weites sei. Jedenfalls sei es deS Versuches werth, die neue Eiwrichtung ohne Examen einzuführen. Das freie Ermeffen der Gerichtsamtleute sei ihm von größerm Werthe, al- eine Anordnung von oben. Dir» führe mehr und mehr zu einem ELsartSmuS, wo man oben lediglich befehle, unten lediglich zu parirrn habe. Abg. Schreck HLlt mit Rücksicht auf die vom Mi« nistertische aus gegebene Erklärung seinen Antrag auf recht. Unter allen Umständen rrsHcine eS ihm bedenk lich, wenn daS Justizministerium eine solche Verordnung erlasse, ohne sie vorher zur Kenntnißnahme und Be schlußfassung darüber an die Stände zu bringen, möge man sie nun Gesetz oder Verordnung nennen. Jeden falls stehe die Ansicht f st, daß wenn sich eine zu gebende Bestimmung aus erworbene Privatrechte beziehe und solche alterire, beziehentlich aushebe, die Regierung nicht berechtigt sei, ohne Genehmigung der Kammern vorzu geben. Bei den Bestimmungen über daS dritte Cramer, und zumal bei der Frage, ob denselben rückwirkende Kraft beigelegt werden solle, kämen mehr oder weniger wohlerworbene Rechte der Beamten und Sachwalter, die bereits vor der Verordnung ihr Examen gemacht hätten, in Frage. Er behalte sich daher bezüglich dieses Punk te- eine besondere Interpellation vor. Staatsminister vr. Schneider bemerkt dem vom Abg. Bauer über dir Notare Gesagten gegenüber, daß nach seiner Ansicht dir den Expedienten durch den Ent wurf zu gewährenden Rechte den den Notaren zustehen- den nickt gegcnübcrgestellt werden könnten. UebrigenS sei er einer Revision der Advocatrn- und Notariats ordnung nicht abgeneigt. Gegen den Wunsch auf Ein führung eines Examen- für die Expedienten erwidere er, daß sich deren Befähiguna am besten durch Beob achtung der Resultate ihrer Thätigkeit ermessen lassen werde. Man möge hier nicht centralisiren, sondern diese Beurtheilung der gewissenhaften Erwägung der Unter behörden überlassen. Von der Vorlegung des gegen wärtigen Entwurfes sei aber nickt allein der Mangel an Actuaren, sondern auch die Ueberzeugung die Ur sache, daß es «'ne Menge rein mechanischer Arbeiten gebe, zu denen die Juristen zu gut seien. In Bezug auf das dritte Examen enthalte er sich jeder weitern Bemerkung, da die Verordnung, die sich darauf beziehe, noch nickt die Genehmigung Sr. Majestät des König erhalten habe. So viel könne er aber sagen, daß für die Zukunft da- dritte Examen ganz Wegfällen werde. Staatsminister v. Nostitz-Wallwitz bemerkt dem Abg. Schreck gegenüber, daß die Regierung bei Ent scheidung der Frage, ob eine Vorschrift im Wege des Gesetzes oder der Verordnung zu geben sei, immer mehr geneigt sein werde, den GesitzcSweg zu betreten, weil sie dann die Verantwortung mit den Kammern theile. Wenn da- Justizministerium beim Erlasse der in Frage befangenen Verordnung von der Ansicht auSgehe, daß eS hierzu der ständischen Genehmigung nicht bedürfe, so fahre dasselbe nur auf einem Wege fort, welcher bisher von den Ständen immer genehmigt worden sei. Be sonders mache er darauf ausmerksam, daß eS sich nicht nur um juristische Prüfungen handele, sondern daß wir Prüfungen für alle öffentlichen Verhältnisse hätten. ES liege nun in der Natur der Sache, daß die über diese verschiedenartigsten Prüfungen bestehenden Vor schriften von Zeit zu Zeit geändert werden müßten. Gellte eS aber bei allen hierzu eines Gesetzes bedürfen, so würde man auf der einen Seite kaum im Stande sein, den wechselnden Bedürfnissen immer rechtzeitig zu folgen, auf der andern Seite aber würde den Kammern dadurch eine allzu große Arbeit aufgebürdet werden. Abg. Schreck: ES sei richtig, daß zeither die Er lassung derartiger Verordnungen den Ministerien über- Verantwortlicher Redactenr: I. G. Hartmann. lassen worden sei. Die» hindert aber nicht, für die Zukunft eine veränderte Einrichtung zu treffen, zumal wenn, wie im vorliegenden Falle, privatrechtliche Ver hältnisse in Frage kämen. EtaatSminister ve. Schneider verweist aus die Verhandlungen auf dem letzten ordentlichen Landtage, wo die Abänderung im Verordnungswege gebilligt wor den sei. Von Alteration von Privalrechten könne im vorliegenden Falle gar nicht die Rede sein; da- StaatS- dirnergesitz sage ausdrücklich, daß keinem Beamten ein Recht aus Ausrückung zustrhe. (Der Herr Minister liest die cinscklagende Gesetzesstelle wörtlich vor.) Die neue Verordnung habe ja im Nebligen den Zweck, den Eintritt in den Staatsdienst leichter zu machen. Nachdem hier der Schluß der allgemeinen Debatte erfolgt, erhält der Referent da- Schlußwort, in wel chem er sich gegen die Wünsche des Abg. Schreck aus spricht. Hierauf geht man zur Specialberathung über. K 1 schlägt die Deputation in folgender Fassung zur An nahme vor: Die Besugniß, in den bei Justiz- und Verwaltungsbehör den voikommenden Angelegenheiten aller Art Protokolle mit der Wirkung öffentlichen Glaubens auszunehmen, steht zu: 1) Denjenigen bei diesen Behörden angeslelllen Personen, mit deren Stelle die Bezüglich zum Protokolliren ein sür alle mal verbunden ist, 2) Denjenigen bei diesen Behörden verwendeten Accessistrn uud angestellten Expedienten, denen diese Besugniß für ihre Person ertheilt worden ist. Abg. Heinrich ist durch das bisher Gesagte nicht zu der Urbcrzcugung gelangt, daß § 1 olive, 2 dem allgemeinen Bedürfnisse Rechnung trage. Er stelle da her folgenden Antrag: die Kammer wolle beschließen, io tz l unter 2 nach den Wor ten „diese Besugniß" die Worte einzuschalten: „von den zuständigen Lberbehörden". (Wird nicht ausreichend unterstützt.) Abg. ve. Hertel: In den Motiven stehe: „In der Regel solle eS den Behörden überlassen bleiben, die Befähigung zum srotokolliren zu ertheilen." E- müsse daher auch Ausnahmen geben. Er glaube nun, daß dies die Bedeutung haben solle, daß auf Ansuchen auch feiten der Oberbehördcn auch ausnahmsweise die Besugniß solle ertheilt werden können. Slaatsminister l-r. Schneider constatlrt, daß Fälle möglich seien, in denen das Bekugniß von den Obrr- behö den werde ertheilt werden können. Abg. Heinrich gegen die Bestimmung in 8 l »ub 2. In der Hauptsache würden die Expedienten doch in die Stellung von Actuaren einrücken. Bei der Abstimmung wird K 1 in obiger Fassung einstimmig angenommen. 88 2, 3 und 4 werden einstimmig nack dem Ent würfe, beziehentlich den Beschlüssen der Ersten Kammer angenommen. In Bezug auf letzter» Paragraphen fin det der Abg. Mosch rin Bedenken darin, daß dir Be- fugniß zur Protokollaufnahme feiten nickt mit dem Rich tereide belegter Personen nur auf die über Anrrkennt- niß von Strafanträgen aufzunehmenden beschränkt sei. Diese Anerkennlniß könne aber nur bei schriftlichen Strafanträgen Vorkommen. In Praxi komme eS aber häufiger vor, daß Strafanträge mündlich zu Protokoll gestellt würden. Dies sei in § 4 nicht vorgesehen; er stelle daher den Antrag: „daß vor die Worte: „über daS Anerkenutniß " eiugcrückt werde: „über daS Anbriogen und" rc. (Wird sehr zahlreich unterstützt.) Druck voo B G- Teubuer io Dresden. Dir- werde vsrzüglich zur Abkürzung her leidigen stiügenproceffe dienen, da die durch schriftliche Straf anträge erwachsenden Kosten ein Haupthinderuiß gegen di« Versöhnung zu bilden pflegten. Nachdem geh.Justizrath Klemm einen im Berickte gebrauchten Au-druck erläutert resp. berichtigt und dem Abg M»sch gegenüber bemerkt, daß nach den Vorschriften der Strasprsccßordnung da» An bringen von Strafanträgen auch von Nichtcichtern aus genommen werden dürfe, auch Abg. B au er unter Hin weis auf den übrigen Inhalt de» § 4 gegen den Mosch'- schen Antrag gesprochen, nimmt Abg. Mosck mit Rück sicht auf die Erklärung deS RegierungscommissarS sei nen Antrag zurück. 8 ü wird mit den von der jenseitigen Kammer be schlossenen Aenderungrn, beziehentlich unter Vertau schung der Worte: „ein Examen" mit den Worten: „ein juristisches Examen ' angenommen. Eine Anfrage de» Abg. Bauer, ob unter den hier ausgefühlten Ter minshaltungen auch der Publicationstermin inbegriffen sei, wird vom Just izmi nist er bejahend beantwortet. 8§ 6 und 7 werden unverändert nach den Be schlüssen der Ersten Kummer angenommen. 8 8 in folgender Fassung: „Bemerkungen über Einoang, Behändigung und Abgang von Schriften, sowie Bemerkungen über Austübrung amtlicher Aufträge, über Vorlegung und Mitteilung von Acten und von niedergeschriebenen Besch üssen können auch von solchen bei der Behörde in Pflicht siebenden Personen gefertigt wer den, welche das Besugniß zur Protokollaufnahme nicht haben." 8 9 ist von tert.Kummer in folgender Fassung an genommen worden: „Die Besugniß zu Beglaubigung von Abschriften steht zu: 1) bei Justizbehörden den mit dem Richtereibe verpflichteten Beamten und denjenigen bei diesen Behörden Angestellten, welche nach beendetem rechtswissenschaftlichen Studium ein Examen mit Erfolg bestanden haben, den Grund und Hy- pothekenbuchsührern in Ansehung der Auszüge aus dcu Grund- und Hypothekenbüchern und den Führern der Han delsregister in Ansehung der Auszüge aus letzten,; 2) bei Verwaltungsbehörden den nach 8 l zur Ausnahme von Protokollen berechtigten Personen, sowie oächstdem 3) den Archivaren des Hauptstaatsarckivs unc> des Finaoz- archivS in Ansehung der in diesen Archiven ausbewahrren Urkunden." Dir Deputation be -niragt Beitritt unter Einschal tung des Worte» . juristisches" vor „Examen". Ein Zweifel de» Abg. Bauer, welche Beamten hier eigent lich unter „Angestellte" gemeint seien, wird durch die Erklärung des geh. Justiziars:- Klemm, daß man hierbei die juristisch b.sähigten Sccrrtaxe Lex Miltel und Oberbchörden im Auge Hube, befestigt. Abg. Kretzschmar will noch einen Schritt weiter gehen, und dir Besugniß zu Deg aubigung solcher Ab schriften, die nicht berauagehcn, sondern nur zur Ver vollständigung der Actrn dienen sollen, auck auf die Expedienten ausgedehnt ichen, sieht aber auf ein vom Referenten geäußeites Bedenken von St-llung eine» An träge» ab, hat jedoch dies zur Sprache zu bunzen nicht unterlassen wollen, da er aus seiner E.fahrung wisse, wie viele Stunden er al» Aciuar mit solchen Beglau bigungen todt geschlagen hab--. Bei der Abstimmung wird § 9 nach dem Vorschläge der Deputation einstimmig angenommen, ebenso 8 10 ohne Debatte. Der Antrag dr< Abg. Schreck wird gegen 1k Stimmen abgelehnt. Bei der Echlußadttimmung genehmigtdie Kammer einstimmig den vorliegenden Gesetzentwurf mit den von ihr beantragten Zusätzen und Abänderungen. (Schluß der Sitzung.)