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Dresdner Journal : 18.10.1865
- Erscheinungsdatum
- 1865-10-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186510184
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18651018
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18651018
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1865
-
Monat
1865-10
- Tag 1865-10-18
-
Monat
1865-10
-
Jahr
1865
- Titel
- Dresdner Journal : 18.10.1865
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V242. Mittwoch, den 18 Oktober. Itkrlick: S TKIr. — Kxr. io —»»—» zzjülrrl.: 1 ,, 1K „ „ „ ttoo»tliek io Vr»»a»a: 1k K^r- Liarelo« Kawmsrn: 1 Kxr - Iw stritt ko»t an<l ru»cl>!»^ kiaru. »nsrratnrprrtlr: kür äeo 8»uw eio«r -^»palteoeo 2«il«: I Kxr. Vater „vinx«»»nat" äi« LeU«: 8 Kxr. Lrscheine«: TAzUcd, ruit Xuioakme ä«r 8onn- unä vei«rt»^«, -Ikelltl« kur ä«u fulx«u<1vn 1-»x DresdnerZoilttmI. Verantwortlicher Redacteur: I. G. Hartmann. Nnseratrnannahme aujiwnrt«: l^ipiiz: v» liaixo-rarrita, 6ommi8sionLe <ts8 I>rk»6nvr .Iourn»l8; skenä»8.: H. vi-or.««, v. Ii.i,oi!»^ Samdar^-LItaa«: IlLL»88»r8ii- LVooi.»:«^ Lsrlia: Oaor-ivs'-eli» liuck- tiauäl., lirrtixicviiil 8 liurviiu; Lrsmsai L. 8v»l.orr»; »r,»I»a: 1,0111« kraallfurt ». H : ^«oaa'-ek« öuckk.; Hüll» ,Vooi.k' IHoril»:«: k»ri» V. vörvaarin.» (28, ru«äe»buussuf«i>s); kr»x: ivxarlc:»'» Luebk.; Visa: Vomptoir ä. k>Viener ^eitunx, 8tef»i>spl. Üö7. Herausgeber: likoigt krpeäitio» ä«8 vr«säa«r Journal», l>rv»6«n, kl»risu»tr»8»« Ko. 7. Nichtamtlicher TM- Ueberftcht LrlegraPhische RachriLte«. Zritungtschau (Stimmen über d«n Frankfurter Ab- geordnetentag.) l«>esgrschichte. Leipzig: Consereaz bezüglich der Pa» User Aulstellung. — Wien: Der Kaiser zurück. De» putatiouen der TewerbSgenofsenschasteu beim Staats« Minister. Rücktritt d«S kroatischen Hofkanzler». Cir» eulaischrriben de» Handel-Minister». Der Kronprinz von Sachsen. Neuer Gouverneur für Dalmatien. — Agram: Ein Räuberhauptwaun gefangen. — Ber lin: EntlaffungSgesuch de» Justizmiatster». Zurs Po sener ErzbtschofSwahl. Preßprocrß. Der Kronprinz nach Westfalen. — Görlitz: DiSctplinaruntersuchung. — München: Hofnachrichten.—H aanover: Mini- sterkrisi». — Baden: Mtnisterialerlaß gegen Beckert. — Pari»: Schiffe zur Abholung der Truppen au» Rom. Anwerbungen für Rom. SanitLlSronferenz. Cholera. — Brüssel: Die portugiesischen Majestäten. — Florenz: Vermischte». — Rom: Vervollständigung dir päpstlichen Armee. Neapolitanische Orden. — St. Petersburg: G-richtSreform. Cholera. — War schau: Schulangelegenheitrn. — Ncw - Pork: Neueste Post. Echletwtg-Pvlsteiu. (Die BesatzungSverhältniff« in Kiel. Zur Flaggenfrage. Tagesbericht.) Ernennungen, Versetzungen re. im öffevtl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Provinzialnachrichten. (Leipzig. Tharand.) Eiugrsavdtet. Statistik UUd LolkSwirthschaft. (Frauenconferruz in Leipzig.) Uenilletou. Inserate. LagrSkalender Börsen- Nachrichten. Telegraphische Nachrichten. * Pari-, Montag, IS. Oktober, Lbendt. Der „Abevdwovitenr" demevtirt die Meldung der New- Horker Poft vom 4. d., da- die Regierung von NLashillgton eine Depesche nach Pari» gerichtet habe, die g^en die Absendung weiterer Streit- kräfte nach Mexico protestire. Kerner meldet daS halbamtliche Blatt, daß die Zustimmung Oesterreichs zur Ldeiluahme an der internationalen SavitätScommisfion (zur Regelung de» Sanitätsdienste» im Orient, damit die Völker Euro pa» gegen die periodischen Choleraheimsuchungen geschützt werden) riagrtroffen sei. London, DienStag, 17. October. „Reuters Office" wird halbofficiell gemeldet, die UuionSre- gierung habe eine mit der Neutralität gegenüber Mexico unverträgliche Action weder kürzlich vor genommen, noch sei eS die Absicht deS CabinrtS von Washington, eine solche vorzunehmen. Rew-Dork, 7.October, AbendS. (Per „Mora- vian".) Die demokratische Convention von Louisiana hat die Politik deS Präsidenten gebilligt. Dem Meeting deS CevtralconseilS der Fenier wohnten Drlrgirte aller ConseilS bei, und »S wurde auf diesem Meeting beschlossen, einen Genrralcongrrß der grsammten fentschen Brüderschaft auf den 16. d. zu berufen. Die StaatScouvrntion von Nord- carolina hat da« SeparationSgrsetz aufgehoben. Seit vor. Mittwoch (4 d.) herrscht an der Börse Aufregung. Der WechselcourS auf Loudou stand 161; Gold- agio 46A«; BondS 1v3'/b; Baumwolle 51 52. Feuilleton. Zur Würdigung Gellert S. (Schluß au» Nr. 241.) In Brtrrff der Grdanktn und de- Vortrags, welche, im Ganzen in mittler« Tone gehalten, doch zuweilen de» nachdrücklichsten Worte» nicht entbehren, kann ich eine Bemerkung nicht unterdrücken, welch: zur Würdigung nicht blo» Gellert'S, sondern dieser unsrer Litern Literaturge schichte überhaupt und ihre» unauflöslichen Zusammen hang» mit der Folgezeit vielleicht beitragen dürfte. Der heutige Dichter trägt vom gestrigen etwa» in der Brust, rmd wäre »S auch nur in kleinern Cttlformen ; ja er bildet sich anfangs oft unbewußt und wider Willen nach ihm, eben nur weil jener der gestrige war, selbst wenn der sich Bildend« da» ungleich größere Talent ist, sogar später al» ein ganz originelle» Genie zur Erscheinung kommt. Wir finden die» bet jeder Kunst. So sei hier angrdeutet: Goethe sagt : ^Jhr (der Sonne) Anblick giebt den Engeln Stärke, Wenn Keiner sie ergründen mag, O Herr die Wunder deiner Werre Sind herrlich wir am ersten Tag.' Gellert: .Mein Auge sieht, wohin e» blickt. Dir Wunder deiner Werke, Der Himmel prächtig «»»geschmückt, Preist dich, du Gott der Starke.' Gellert: »Ich soll vollkommen sein, wie Er. So lang ich die» Gebot erfülle. Stell' ich sein vildniß in mir her. Lebt sein« Lieb' in meiner Seele, So treibt sie mich zu jeder Pflicht re.' Socth« (Iphigenie): ,V Götter rettet mich, und rettet euer Bild in meiner Seele.' Wie viel Verwandtschaftliche» sich bet Wteland in Er» Dresden, 17. October. Dir unlängst an dieser Stell« gegebene ZeitungSrevue in Bezug auf den Frankfurter Äbgeordnetentag bedarf noch einer Vervollständigung. Auf der einen Seite zeigt e» sich nunmehr deutlich, welchen Rückschlag die preußischen Absagebriefe auf dir Lage der liberalen Partei in Preußen selbst bewirkt Haden; anderntheil» werden au» Mitteldeutschland Stimmen laut, welche dem Abgr- ordnetcntage seine Hinneigung zur alten gothaschen Po litik und dir daraus entstehende Phantasterei vorhalten. WaS da- Erstere betrifft, so genügt rin Blick in die preußischen Blätter, um sich zu belehren, wie dort dir Sachen stehen. Diejenigen liberalen Blätter, welche ihrer frühere, Auffassung der schleSwig-holstetnschen Sache treu geblieben find, erhoben heftige Anklagen gegen dir untreu gewordenen „FortschrittSmänner", warfen ihnen vor, die liberale Partei in Preußen demoralifirt und ihr jede Aussicht auf Erfolg im eignen Lande verlegt zu haben. So sagt dir „Elberfelder Zeitung": „WaS geschehen Würde, wenn Preußen in Frankfurt schwach oder gar nicht vertreten wäre, konnte man leicht vorauSsehen. Die öffentliche Meinung in Europa würde sich vollends an dir Vorstellung gewöhnen, daß Preußen» politischer Reprä sentant nach außen Niemand sonst al» Hr. v. Bismarck ist. Die schon eingeleitete Abdankung der preußischen Liberalen von aller Betheiligung, ja allem Sinn und Verständntß für die auswärtige Politik würde als voll zogen und damit zugleich ihre Unfähigkeit auch für einen ihnen selbst entspringenden Erfolg im Innern als besie gelt gelten. Die Nation ist nicht lüstern nach neuen Beweisen von Schwäche, Unfähigkeit und Zerfahrenheit, sondern nach Zeichen von Ermannung." Da» rheinische Blatt beklagt nach dem Ausgange de» Frankfurter TageS aufs Neu«, taß die preußische liberale Partei „keine Füh rer im wahren Sinne des Worts" habe. „Nachdem daS Abgeordnetenhaus leider gezeigt hat, daß cS in der Un fertigkeit seiner herrschenden Partei, was die nationale TageSfrage betrifft, überhaupt keiner Meinung und keine» Willen» fähig ist, ist eS etwas zu viel verlangt, daß die deutschen Liberalen ihre Führung dem preußischen Abge- ordnrtrnhause überlassen sollen." Die annerionistijchrn Blätter andererseits ließen eS an scharfen Entgegnungen nicht fehlen. So beschuldigt die „Weser-Zeitung" die Fortschrittspartei, weil sie im Abgeordnetenhause der BiSmarck'schen Politik nicht zustimmte: eS sei „vollstän dige Plan- und Kopslofl, kett, welche die Partei in der schleSwig-holsteinschen Frage dahin führte, wo sie steht. Ohne eigenen Willen, ohne eigene Ansichten stehe sie da."— Da-Resultat ist, daß die ministeriellen Blät ter mit Behagen diesen Partethader erpliciien, indem sie daraus die Lehre ziehen, daß die oppositionelle Partei sich selbst vernichtet habe. Die „Nordd. Allg. Ztg." sagt: „ES wäre überflüssig, diesen Selbstbekenntnissen ein Wort hinzuzufügen. DaS Urtheil auS den Reihen der Fortschrittspartei selbst ist so vernichtend, daß jeder fremde Zufatz dasselbe nur abschwächen könnte." — Doch nicht nur die osficiösrn Heißsporne sehen bereits die Opposition zu Grunde gerichtet, auch ernster urtheilende, den ge mäßigten, liberalen Parteien angehörige Blätter erwarten nichts Gutes. So bringt die „Schlesische Zeitung" einen Artikel, in welchem sie die künftige Stellung der Fortschrittspartei zum Ministerium Bismarck einer Un tersuchung unterzieht. DaS altliberalr Blatt besorgt, daß die Fortschrittspartei mit Rücksicht auf die auswär tige Politik de» Ministeriums zu große Zugeständnisse in den innern Fragen machen werde. In ihrer eigenthüm- ltchen Position, erörtert die „Echles. Ztg.", liege für eine Fraktion der Liberalen die große Versuchung, da» alte bundesstaatliche Programm zu opfern und an seiner Stelle die sog. großpreußische, nur bis zur Mainlinte, also zur Zerreißung Deutschlands führende Politik zu acccptirrn. Die- scheine auf die Stellung der Parteien im Innern Preußens nicht ohne Einwirkung bleiben zu sollen. Hätte da» Abgeordnetenhaus seinen Kampf gegen da» Ministerium nicht zum prtncipiellen erhoben, so würde rin Coir.cidenzpunkt der äußern Politik auf die Partei stellung im Innern ohne Einfluß sein. Diese Gefahr aber liege jetzt offenbar vor und schon regten sich Etim- zählungSton und gewissen Ausdrucksformen finde, dürfte noch einleuchtender sein. Sogar bei dem ihm so unähn lichen Schiller wagten wir einige» Dergleichen nachzu» weisen. Gellert'S deutschen Sinn, der uns so schön in seinen Fabeln und Erzählungen zum Ausdruck kommt, hat schon Lessing in seinen Lustspielen anerkannt. Diesen letzter», die über ihre Zeit sich allerdings nicht erhoben, möchte ich gern ein doppeltes Lob der Deutschheit nachsagen und htnzufügen, daß ein sittlicher Ernst in ihnen waltet, daß die mehrfach darin gebrauchten Motive der Eelbstbrhrrr- schung und Aufopferung nicht unwohlthuend un» Gel lert'» schöne Seele zeigen. Allein, so sauber sie gearbeitet, sie bleiben ohnmächtig al» Kunstwerke. Ander» bei den Fabeln und Erzählungen. Gewiß, an diesen besitzen die Deutschen ein Volksbuch. Und wir lassen uns nicht stören durch einige mattere, namentlich unter den crstern Er zählungen, wir lasten un» durchaus nicht irren durch schiefe, nun überwunden« Aussprüche, al» in Biene und Henne: „Daß die Poesie nütz« Dem, der nicht viel Ver stand besitzt, die Wahrheit durch rin Bild zu sagen" — wir lasten da» ungelesen und halten un» mit um so größerer Liebe an die große Anzahl seiner kleinen heitern Gemälde, worau» wie au» einem Spiegel deutsche Sitten und Verirrungen, echt deutscher Biedersinn und Wacker- hett, deutsche» Gemüih und Träumerei, ja dcuticher Tief sinn, endlich kernig deutscher Humor auf da» Eiquicklichste sich un» entgrgenbrwegen. Wir sehen vor un» heimische Genrebilder: die harthäutigen Bauern vor dem Amtmann, die betdrn halsstarrig procesfirenden Bauern, dageg n den gegen seinen Hauslehrer so hochherzigen reichen Bauer; dann di« um ein Nicht» sich bi» zu« Tode hastenden Nachtwächter, da» boshafte und ergötzlich« Stadtgrklatsch um «in« angeblich« Mißgrburt; frrnrr drr jung« Mensch, „der gütigst wollt«, daß jede» schöne Kind di« Ehr« haben men, die drr liberalen Partei auch hier ein Entgegen kommen anralhen. Man scheine nicht abgeneigt zu sein, gegen eine formelle Anerkennung de» BudgctrechtS die ganz« Opposition in der Militärfrage aufzugcben, um damtt den conftttutionellen Confiict zu beseitigen und dc« Ministerium in gewissen äußern Bestrebungen Un terstützung leihen zu können. E« sei zu hoffen, daß die Volksvertretung dadurch aus die äußere Politik wieder großen Einfluß gewinnen werde; so groß aber dieser Ge winn wäre, er würde um einen zu hohen Preis erkauft. — Nicht ganz zu übersehen ist übrigen», daß die „Ndd. Allg. Ztg." sowie andere annerionistischc Blätter gerade die umfangreichsten Reden, welche auf dem Abgeordneten, tage gehalten wurden, wörtlich wiedergeben, da sie soviel Material gegen die Mittrlstaaten darin finden, daß die gelegentlich auch gegen Preußen gerichteten Ausfälle davor fast zuracktreten. ES ist deshalb erklärlich, wenn süd- und mitteldeutsche Blätter darauf Hinweisen, daß die Hauptvertrcter und die Mehrzahl der Theilnehmer deS AbgevrdnetentagrS „alte Gothaner" sind, welche nicht Unter lasten haben, auch bei dieser Gelegenheit in ihrem Sinne zu wirken. So bringt die osficiöse „Bayerische Ztg." eine bittere Kritik deS Frankfurter Abgcordnctentages. Seine Berufung sei nicht zeitgemäß gewesen, da selbst in den südwestdeutschen Ländern die öffentliche Meinung mit richtigem Tarte herauifühle, daß der gegenwärtige Augenblick durchaus nicht angethan sei, den preußischen Aspirationen, so sehr man sie auch verdamme, ein kate gorisches Halt zuzurufen. Es seien denn auch auS dem Bestreben, eine Formel zu finden, in welcher die Groß deutschen und die Mitglieder deS Nationalvercins sich zusammensinden könnten, nur höchst unklare und wider spruchsvolle Resolutionen hcrvorgegangcn. Um daS Maß voll zu machen, habe man die preußischen Abgeordneten zwingen wollen, Farbe zu bekennen; ihr Nichterscheinen habe freilich zur Klärung der Lage beigetragen, aber rn einer Weise, welche nur vcr Politik der preußischen Re girrung zu Statten komme. Zuletzt giebt die „Bayerische Zeitung" „das Facri" Dissen, was der Äbgeordnetentag diesmal gewirkt hat: „Er hat seinem eigenen Ansehen wesentlich geschadet, dagegen Dem, gegen welchen er zu meist opponiren wollte, dem Grafen Bismarck wesentlich genützt. Die lediglich auf Preußens Vergrößerung ge richtete Politik desselben hat von jeher den größten Vor schub erfahren durch Jene, welche ohne Weiteres über die jetzige Bundesverfassung den Stab brechen zu dürfen glaubten, bevor da» Bessere gefunden war, da» an ihre Stelle treten könnte; ihr kam eS zu Gute, daß die Grund lagen der bestehenden Ordnung erschüttert, die Mauern de» Gebäude» angefrrffen und zerbröckelt waren; ihr wurde da» Geschäft, vollend» zu zerstören, datrnch wesentlich erleichtert, und jetzt, nachdem sie allen Ernstes Hand da ran legt, wird ihr durch den Abgcordnetentag auch noch die beruhigende Versicherung, daß sie von Denen, welche ihr, wenn auch zum Theil wider Willen, vorgearbcitet haben, für ihre Pläne in Zukunst nicht zu besorgen hat; sie konnten wohl kritistren und zersetzen, aber mit einer positiven Schöpfung den preußischen Vergrößerungsten- denzen entgegcnzutreten, vermögen sie nicht. Und um da» Maß voll zu machen, hat man durch die Einladung an die preußischen Abgeordneten diese dazu gebracht, end lich Farbe zn bekennen, hat dem Grafen Bismarck die beruhigende Gewißheit verschafft, taß er, wie scharf auch der innere Confiict sei, für seine auswärtige Politik in der Stunde der Entscheidung auf die Unterstützung deS preußischen Abgeordnetenhauses unbedingt zählen darf. Da» einzige Verdienst bleibt dem Abgcordnetentage: er hat, in sich selbst unklar, doch die Lage klären helfen, wenn gleich wider Willen, in einer Weise und einer Richtung, die bei der Einladung nicht beabsichtigt war; daß irgend etwa» Erfreuliches durch diese Klärung zu Tage gekom men sei, wird aber Niemand behaupten wollen. Schließ lich noch ein paar Worte über die mehrfach vorgckom- menen Erpectorationcn gegen die Bedeutung der Mittel staaten. Einerseits wurde verlangt, daß sie eine impo- nirende Rolle hätten spielen sollen, andererseits wurde zugleich gerade herauSgesagt, daß st: die Früchte eines solchen Verfahrens nicht ernten dürften, denn Bismarck sollte, von ihm geliebt, von ihm geküßt zu sein;" der scgenbringendr Poet, der mit seinem Trauerspiele rin Ge spenst aus dem Hause verscheucht; und die Fülle der Gc- schtchtchen, worin er mit anmr thiger Redseligkeit abwech selnd die trefflichsten Satyrhicbe ertheilt; z. B. vom „Un glück der Weiber durch den alten bösen General". Doch wir überhören auch nicht so manchen lebens« klugen Satz und wriSheitSvollen Spruch, der uns aus den eigentlichen Fabeln cntgegentönt, als aus dem Prak! tischen Einsehen seines ,, Maler»" (der selbst Friedrich dem Großen gefiel); au» der ganzen, mit köstlicher Iro nie erzählten Fabil von der philosophischen Fliege, die über einen Palast so närrische Conjecturrn macht, wie Mancher über die Entstehung des Weltalls, aus dem „Knaben", der die beiden Augen zumacht, um durchs Fernrohr zu blicken, gleich den Dernunftverächtern; aus dem sinnig kurzen „Kutschpferde", dem lakonisch kernigen „Pferd und Esel", und auS wie vielem Andern noch. Der Grundton des DortragS ist immer eine innige Gut herzigkeit und Naivetät im Scherze wie im Ernst, drr Ausdruck ein der Sache angemessener, bald kürzer, bald breiter; doch auch über dem lebhaftesten Tempo schwebt eine nur ihm eigene sanfte Freundlichkeit. Dazu ist seine Fedrr immer leicht und gewandt, und selbst bei phanta stischen und märchenhaften Stoffen zutraulich überredend und immer natürlich. Wie deutsch aber Alle» gesagt ist, erkennt sich da am besten, wo ihm ein altdeutscher Ton au» dem Herzen klingt, wie in dem gedrungenen lieber» artigen „die Wachtel und drr Hänfling" mit seinen SpottrefrainS: „O sag« wie r» immer kam, daß man dir deine Freiheit nahm" rc. Wie könnte e» auch anders al» deutsch sein? Würde sonst so mancher Gellrrt'sche Ton bi» auf un» herüber- klingen? Und vielleicht wäre die» doch nicht geschehen, hätte die Dentschhett diese» Ton» nicht auch rin« solche sei doch immer noch besser, als der Bundestag und die Staatsmänner der Mittelstaaten. DaS ist die Sprach« drr echter Nationalvereinler, und au» solchen — offenen oder versteckten — bestand doch die Mehrzahl de» Ab» geordnetentages. WaS diese Herren wollen, ist — aller heuchlerischen Phrasen entkleidet — eben immer unverändert Preußen als Spitze, nur Preußen, freilich unter einem nichtbisma.ckschcn System im Innern, denn gegen letz» tereS haben sie eine sehr leicht begreifliche persönliche An» tipathie. Würden sie anders denken, reden, handeln, wenn die Mittrlstaaten die verlangte imponircnde Rolle gespielt hätten? Gewiß nicht, im Gegenthnl, sie würden Ach und Weh geschrieen haben in dem Augenblicke, wo dadurch für Preußen die Gefahr, zurückweichen zu müssen, entstanden wäre. Ihnen weiden eS die Mittelstaaten nie recht machen können, denn sic sind gegen die Mittelstaa ten, nicht weil dieselben dies oder jenes thun oder unterlassen, sondern weil sie überhaupt noch eristiren." — Die großdcutsch gesinnten und conservativen „Köl» nischen Blätter" urtheilen fast ähnlich: „Eine Ver sammlung, in welcher Brater, Völk Höldcr, Metz, Braun«, mit den Badenern dominiren, trägt den Stempel de» Nationalvereins auf der Stirn und es stände ihr wohl an, lieber geradezu, statt aus Umwegen für die Annexion der Herzoglhümer zu arbeiten. Wenn nach den National» vereinlcrn die bestehenden Mittelstaaten vom Uebel sind und verdienen, daß sie in Preußen unter- ober aufgchen, wie kann man dann im Ernste einen solchen neuen Staat schaffen wollen, den man hinterdrein doch annectiren muß? Der Äbgeordnetentag hat jedoch bereits sich der Annerion nahe geschlichen, indem er die Anträge des Scchsund- dreißigcrauSschusseS annahm in welchen der Augustenbur ger nicht mehr genannt ist, dessen legitimes Erbrecht in den Herzogthümern sonst in eine unauflösliche Verbin dung mit den Rechten des Volkes in den Herzogthümern erschien. Der Augustenburger ist demnach von dem Ab» gcordnetcntage aufgrgebcn, nur das Selbstbestimmung»« recht der Herzoglhümer gewahrt, so daß der nächste Be herrscher Schleswig-Holsteins ein von dem Volke erwähl» ter sein würde. Für eine solche nachträgliche DeSavout» rung des Augustenburgers, für eine solche stillschweigend« Verwerfung sürstenrechtlicher Ansprüche auf den herzog lichen Thron in den beiden Ländern müßten die Herren v. BiSmarck und Blome dankbar sein, wenn die Politik Dankbarkeit erlauben würde." — Der demokratische Stutt garter „Beobachter" beurtheilt den Äbgeordnetentag vom Standpunkte der in Darmstadt constituirten Volks partei. Er bemerkt: „Die Volk-Partei im übrigen Deutsch land und auch in Preußen — denn es giebt auch in Preußen «ine Partei, welche der Vergrößerung de» Staat» um ein paar Provinzen zu lieb da» Recht nicht an die Gewalt verrathen will — steht klar, wohin die Wege de» specifischen Preußenthums führen, sie begreifen die Noth- wendtgkcit, sich von ihm zu trennen und um das Ban ner der Freiheit und des Rechts zu schaaren. Der Sechs« unddreißigerausschuß und die Abgcordnetenversammlung aber haben diese Nothwendigkeit noch nicht begriffen. Die Majorität hat vielmehr die vom cngern Ausschüsse der Schleswig Holstein Vereine am 26. März d. I. in Ber» lin zu Gunsten Preußens gebotenen Zugeständnisse empfohlen und damit dem Preußenlhume ein gefährliche» Zugeständ- niß gemacht; sie hat mittelbar in höherm Grave und in bedenklicherer Weise daS Interesse desselben dadurch geför dert, daß sie Anträge, welche Emancipation von der Herr schaft des Preußenthums und eine Conföderalion deS übrigen Deutschlands auf freier und nationaler Grund lage bezweckten, ohne Unterstützung ließ. Das undeutsche und gewaltthätige Vorgehen der deutsch.» Großmächte in der Sache der Herzoglhümer piäjudictit in bedenklicher Weise auch der deutschen Frage und ruft gebieterisch die in Betreff dieser Frage bcst.hcnden Gegensätze der Par teien und Meinungen zum Kampfe. Das Preußcnthum allein hat die Sache der Herzogthümer gefährdet, hat Deutschland zur Zwietracht und hart an den Bürgerkrieg geführt, die Gefahr kann nur dadurch beseitigt werden, daß ihm das deutsche Recht und Interesse in schärfster Weise in seinem vollen Gegensätze gcgcnübcrtritt, und die Versammlung erklärt sogar da» Lautwcrdcn dieses Gegen- Kraft gehabt, daß selbst unsre großen reichen deutsche« Classiker ihn willig sich asstmtlirrn ließen. In der Thal weit deutlicher noch als bei den geistlichen Liedern zeigen sich bet den Fabeln und Erzählungen die Merkmale der Abstammung unsrer Classiker von diesem minder großen, doch bedeutsamen würdigen Urvater. Man sehe nur zu. ES war zu Gelleri's Blülhezeit die Schäferidyller poesie an der Tagesordnung, eine kleine Ueberzierung der Na tur, die in Nachahmung italienischer und sranzöstscher Muster in erzählender wie dramatischer Form immerhin nicht ohne Geschmack von den Deutschen gehandhabt wurde. Diesen Schäferschalmeienton hören wir denn auch bet un- serm Gellert Aber deS jungen Goethe liebliche Liedchen: „An dem schönsten Frühlingsmorgen" und „Bei dem Glanz der Abendrölhe" haben sichtlich Inhalt und Ge halt aus Gellert'S: „Damölas und Phyllis" geschöpft, und nur die geniale lytisch' Behandlung bleibt unser« großen Dichter. Ebenso desselben jugendlichen Dichter» tn Leipzig noch zu Gellert'S Lebzeiten geschriebenes kleine- herzige» Spiel: „Die Laune de» Verliebten" hat sich de» gesetzten Gellert'S Schäfer,piel: „Sylvia" al» Vorbild nicht zu schämen, welches beiläufig vielleicht der beste aller seiner dramatischen Versuche, psychologisch nicht un fein, wirklich schalkhaft und graziös und vor Allem echt deutsch-gemüthvoll ist. Wären solche Beobachtungen auch nicht» al» eine Art chemische Analyst, eS macht immer Freud«, ter größten brutschen Dichter geistige» Blut in ihren Ahnen aufwärts zu vrrfolgen- Etwa» für un» immer GiltigeS also haben wir an ihm; Gellert'S innige» deutsches Gemüth und seine kern» deutsche Denkweise, die sich so unverkennbar in den letzt» genannten Werken auSsprrchen, hat «ntschieden für unsre Cultur gewirkt und ihm die Theilnahme der Nation bis» her gesichert, wie sie ihm auch für alle Folgezeit gesichert bleiben wird. ve. Tr.
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