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Sonnabend, den 5. Dezember 1891. 57. Jahrgang. Verantwortlicher Redacteur: Däul IkhNt in Dippoldiswalde. Mit achtteiligem „Jllustrirten Unierhaltungsblatt." Mit land, und hauSwirthfchaftlicher Msnatsbeilage. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die StadträtHe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Me „Weißeritz. Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. —7 Preis vierteljährlich 1 M. 26 Psg., zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummern 10 Psg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserat«, welche bei V« bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Vrrbreitunäfinden, werden nut 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen» deni Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionelle« Theile, die Spaltenzell« 20 Pfg. tüt' dr? nehmen an": in Dippoldiswalde: die Eipedition, — in Altenberg: Buchbindermstr. Schütze, — in Arauenstein: Nadlermstr. Hardt« sUt Vtt AlttttttA mann, — in Glashütte: Buchbindermstr. Schubert, — in Kreischa: Buchbinder Berger, — in Pvtschappel: Kaufmann Theu erkauf. Nr.^14L Lokales «nd Sächsisches. / Dippoldiswalde. Bei der am Mittwoch vor genommenen Stadtverordneten - Ergänzungs wahl haben von 365 stimmberechtigen Bürgern über haupt 270 von ihrem Wahlrechte Gebrauch gemacht, ca. 74 Prozent der Wahlberechtigten. Als Stadtver ordnete gingen mit Stimmenmehrheit von den 59 Bürgern, auf die insgesammt Stimmen gefallen sind, aus der Klasse der Angesessenen die Herren Seiler- meisier und Handelsmann Ernst Hermann Schmidt (210 Stimmen), Vorwerksbesitzer Karl Beruh. Jäckel (152 Stimmen), Baumeister Ernst Otto Schmidt (141 Stimmen) hervor, während die Herren Weißgerbermstr. Theodor Müller und Bäckermstr. Ernst Albert Wallter, von denen jeder 126 Stimmen erhielt, zu losen haben, wer von ihnen im Jahre 1892 das Amt eines Stadt verordneten auszusühren hat. Aus der Klasse der Unangesessenen wurde Herr Rentier Ernst Wilhelm Fischer mit 127 Stimmen gewählt. — Die nächst meisten Stimmen erhielten die Herren Bäckermeister Moritz Hermann Berger (121), Schuhmachermeister Aug. Hugo Jäckel (71) und Buchdrucker Karl Aug. Keil (96). — Eine zahlreiche Zuhörerschaft war es, die am vergangenen Mittwoch den hiesigen Rathhaussaal füllte, um den von Herrn Diak. Büchti ng gehaltenen ersten Vortrag zu hören, über die von demselben im Frühjahr dieses Jahres nach Italien ausgeführte Reise. Nachdem der Vorsitzende des Gewerbevereins, Hr. Stadtrath Hein rich, die Erschienenen begrüßt, die zur Erledigung im Vereine vorliegenden Gegenstände für die nächste Sitzung zurückgelegt und vornehmlich nur vor der Firma „Tuch ausstellung Augsburg" gewarnt hatte, erfreute der Herr Vortragende in ^stündiger, nur durch eine kurze Pause unterbrochener Schilderung der von ihm em pfangenen Eindrücke Italiens und seiner Bewohner die lautlos lauschenden Zuhörer. Von Dresden am 3. Osterfeiertage bei Schneewetter ausgebrochen, war nach 28 stündiger Fahrt endlich die erste italienische Stadt (Verona) erreicht und der Reisegefährte getroffen worden, worauf dann vereint die Weiterreise und Wanderung begann. Mit hochbegeisterten Worten pries der Herr Redner die Schönheiten der Städte Venedig, Padua, Bologna, Florenz und Rom, und versprach, in seinem zweiten Vortrage vornehmlich bei letzterer, der ewigen Stadt, der überhaupt die ganze Reise gegolten, länger und ausführlich zu verweilen. In der eingetretenen Pause erfreute Herr Schuldirektor Rasche die Anwesenden durch den Gesang zweier ita lienischen Lieder, davon das eine in deutscher, das andere in italienischer Sprache. Der Dank, den Herr Heinrich dem Herrn Vortragenden zum Schluffe aus sprach, war sicher im Sinne Aller dargebracht. Dippoldiswalde, 4. Dezember. Aus dem soeben ausgegebenen 47. Jahresberichte des unter dem Pro torat Ihrer Majestät der Königin Karola bestehenden, segensreich wirkenden Sächsischen Pestalozzi Vereins theilen wir auf das Jahr 1891 folgendes allgemein Interessante mit. Der Verein hatte 7967 Mitglieder, welche insgesammt 9572 M. 19 Pf. Jahressteuern aufbrachten. Hierzu kamen 3761 M. 34 Pf. außer ordentliche Beiträge, 7316 Hl. 92 Pf. Ertrag der literarischen Unternehmungen, 3683 M. 55 Pf. Zinsen vom Vermögen der Hauptkaffe, ferner 1850 M. an Legaten, 922 M. 60 Pf. für auSgtloste und verkaufte Werthpapiere, in Summa eine Einnahme von 29,023 Mark 32 Pf. Dann find an 609 Waisen 12,529 M. und an 350 Wittwen 7415 M. zur Vertheilung ge langt. Außerdem haben aus den Erträgnissen der 27 Stiftungen noch einige Lehrerfamilien und emerttirte Lehrer, sowie 44 Wittwen und Waisen Beiträge in der Gesammthöhe von 3809 M. empfangen. Die Zahl der Stiftungen wurde um eine, die „Haupt-Stiftung", vermehrt durch ein von der am 9. Januar 1890 ver storbenen Lehrerswittwe Haupt gestiftetes Legat von 3000 M. Das Vereinsvermögen sammt Lutherfond und Stiftungen setzt sich zusammen aus Werthpapieren und einem hypothekarisch ausgeliehenen Kapitale und beträgt 219,000 M. Unter den Gebern steht, .wie immer, unser erhabenes Königshaus oben an, aber es haben sich auch diesmal aus allen Ständen opfer willige Hände geöffnet, um den VereinSzweck, bedürf tigen Lehrerwaisen und -wittwen unterstützend zur Seite zu stehen, zu fördern. — Dennoch bleibt noch viel zu thun übrig, und die Zukunft wird zeigen, daß auch trotz der zu erhoffenden Aufbesserung der Lehrer gehälter und Pensionen die Unterstützung durch den Verein noch recht nölhig ist. Einerseits ist es die in den Verhältnissen liegende zunehmende Entwerthung des Geldes, andrerseits der Umstand, daß gerade unter den jungen Lehrern, die naturgemäß ein nur geringes Einkommen haben, und deren Wittwen daher besonders hilfsbedürftig sind, die Sterblichkeit sehr groß ist, was auf die dauernde Beihilfe durch den Verein hindrängt. Die Agentur für den hiesigen Bezirk hat Herr 0. Ober lehrer Hellriegel freundlichst übernommen, und es ist derselbe schon mehrmals und nicht ohne Erfolg be müht gewesen, durch Veranstaltung musikalischer Dar bietungen der Vereinssache thatkräftig zu dienen. So sind auch in diesem Jahre 50 M. Theilerlrag eines Concerts der Gruppe Dippoldiswalde vom Sächsischen Elbgausängerbunde der Kaffe zugefloffen. Eine recht wesentliche Einnahme würde dem Verein dadurch er wachsen, wenn sich Eltern entschließen wollten, die vom Vereine herausgegebene illustrirte Wochenschrift „Ju gendblätter" für ihre Kinder mitzuhalten. Herr Schul direktor Nasche ist gern erbötig, auf ausgesprochenen Wunsch dieselben zu bestellen. — Auch an dieser Stelle sei nochmals empfehlend darauf hingewiesen auf das morgen (Sonntag) Abend >/,8 Uhr im Saale der „Neichskrone" von der, unter dem Protektorate Sr. Kgl. Hoheit des Prinzen Fried rich August, Herzogs zu Sachsen, stehenden „Säch sischen Fechtschule" zu veranstaltende Wohlthätig- keitskonzert. Daffelbe wird in Gesangs- und Theater ausführungen, sowie auch in einem diesen sich anschlie ßenden Ball bestehen. (S. Jnseratentheil). Der hiesige Männer-Gesangverein, welcher in dankenSwerther Weise seine Mitwirkung zugesagt hat, wird die herrlichen Lieder „Nachtgesang" und „Unter dem Lindenbaum" zum Vortrag bringen. Die beiden Theaterstücke sind ebenfalls gut gewählte. — Der Eintrittspreis ist auf 40 Psg. pro Person festgestellt worden. Jedoch können schon von jetzt ab Eintrittskarten zu 30 Pfg. bei den Herren Kaufmann Frenzel, Herrengaffe, und Kaufmann Kalenda, Freiberger Platz, entnommen werden. Der Ertrag fließt, wie nochmals ausdrücklich betont sei, ausschließlich hiesigen würdigen und bedürftigen Armen zu. — In der Zeit vom 15. bis 30. November ist innerhalb der Amtshauptmannschast Dippoldiswalde von ansteckenden Thierkrankheiten nur der Milz brand in einem Gehöfte von Reichstädt aufgetreten und war dadurch ein Thierbestand von II Rindern gefährdet, von denen 3 erkrankten. — Die Warnungen der Regierung an die Viehbesitzer, ihren Bestand mög lichst vor Ansteckung zu schützen, ist, wie zu erwarten war, nicht ohne Grund gewesen, denn in der ange gebenen Zeit hat namentlich die Maul- und Klauen seuche innerhalb Sachsens eine Ausdehnung erlangt, wie wohl kaum jemals vorher. Im gesammten König reiche trat der Milzbrand in 16 Amtshauptmannschaften in 27 Gehöften ebensovieler Ortschaften auf und waren dadurch 418 Rinder gefährdet, dann war noch das Auftreten der Lungenseuche in 2 Gehöften einer Ort schaft zu konstatiren, wodurch ein Thierbestand von 109 Rindern gefährdet war. Der Hauptantheil der aufgetretenen Krankheiten fällt aber, wie schon bemerkt, auf die Maul- und Klauenseuche, denn dieselbe trat in nicht weniger als in 88 Gehöften in 70 Ortschaften und 17 Amtshauptmannschaften und in 6 Schlacht- und Viehhöfen auf, wodurch ein Thierbestand von 1375 Rindern, 535 Schweinen, 324 Schafen und 14 Ziegen gefährdet war. — Die Wahlfähigkeitsprüfungen der Schulamts kandidaten sind zur Zeit in vollem Gange. Auch der Hilfslehrer an unserer Stadtschule, Herr Wagner, bestand dieser Tage das Examen am Seminar zü Pirna mit sehr gutem Erfolg. Die vom Ministerium bestimmte neue Censurskala kam erstmalig in Anwen dung. — Die vor 5 Jahren von Herm Heinzmanu hier gegründete Holzwaarenfabrik, die sich eines leb haften Aufschwunges erfreut und ca. 60 Arbeiter be schäftigt, ist durch Kauf in die Hände eines Fabrikan ten aus Apolda übergegangen. S Glashütte. Zu dem in vorletzter Nummer aus Bärenhecke gemeldeten Brande ist nachzutragen, daß Schwenke nicht Besitzer, sondern Pächter der dem Herrn v. Lüttichau auf Bärenstein gehörigen Wirth- schaft war. Schwenke hatte vor circa 3 Wochen 30 Schock Getreide versichert, wie ihm aber nachgewiesen wurde, nur circa 8 Schock geerntet. Infolge dieses Betrugs und des daraus entstandenen Verdachts der Brandstiftung wurde nun Schwenke am Montag Abend verhaftet und am Dienstag Vormittag in daS Amts gericht Dippoldiswalde abgeliefert. — Ferner wird es vielleicht Manchem interessant sein, zu erfahren, daß der andere Abgebrannte, Werner, der Sohn dsS Förster Werner aus Bärenstein ist, bei welchem im Jahre 1811 Theodor Körner auf seiner Wanderung durchs Müglitzthal, Mückenthürmchen, Teplitz, Karlsbad ein kehrte (s. Körners Werke: Die Verlobung). Dresden. In ihrer Sitzung am 3. Dezember wählte die Zweite Kammer zunächst die Mitglieder des Landtags-Ausschusses zur Verwaltung der Staats schulden und die Mitglieder des ständischen Ausschusses für das Plenum der Brandversicherungskammer. Den letzten Gegenstand bildete die allgemeine Borberathung des Antrags der Abgg. Colditz und Genossen auf Aenderung des Einkommensteuergesetzes vom 2. Juli 1878 in der Richtung der Befreiung der Einkommen bis zu 600 M. von der Einkommensteuer und der Weitersührung der Progression bis 5 Proz. für höhere Einkommen. Für die erstere Maßregel sprachen sich außer den Rednern der antragstellenden Partei noch Vizepräsident Georgi und Abg. vr. Mehnert aus, während die Abgg. Philipp und Hähnel Bedenken dagegen äußerten. Mit der höheren Heranziehung der großen Einkommen sprachen sämmtliche Redner grund sätzlich ihr Einverständniß aus, wenn schon von feiten des Abg. Hähnel der Wunsch ausgefprochen wurde, mit einer Aenderung des Einkommensteuergesetzes auch in dieser Richtung vorsichtig und nur dann vorzugehen, wenn in Preußen Erfahrungen gemacht worden seien. Staatsminister v. Thümmel erklärte, daß die Staats regierung ein Bedürsnlß zur Aenderung des Einkommen steuergesetzes zur Zeit nicht anzuerkennen vermöge, die Belastung der unteren Klaffen eine kaum fühlbare sei, diese auch durch die Zuwendung des Staats für die Schulgemeinden Erleichterungen erfahren hätten, eine höhere Heranziehung der großen Einkommen aber nicht möglich sein würde, ohne andere Aenderung«« der Eteuerskala. Der Antrag wurde der Finanzdepu tation L zur Borberathung überwiesen.