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Mt „Weißeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich t M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Psg., eininonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern N Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Mchmtz-MiW. Amtsblatt Inserate, welche bei da bedeutenden Auflage de« Blattes eine sehr wirk same Verbreitung, finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. für die Königliche AmishauptmannschafL Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Däut Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Jllustrirten Unterhaltungsblatt." Mit land- und hauSwlrthschaftlicher Monatsbeilage. Inserate für die „Wchcntz-Icitnng tt nehmen an: in Dippoldiswalde: die Erpcdition, —- in Altenberg: Buchbindermstr. Schütze, — in Frauenstein: Nadlermstr. Hardt- mann, — in Glashütte: Buchbindermstr. Schubert, — in Kreischa: Buchbinder Berger, — in Potschappel: Kaufmann Theu erkauf. Donnerstag, den 13. August 1891. Nr. 95. Die europäische Lage. Nach den bedeutsamen Vorgängen zwischen Frank reich und Rußland muß man wiederholt die Frage aufwerfen, ob denn seit den russisch-französischen Ver brüderungsfesten in Kronstadt, Petersburg und Moskau sich die Lage Europas geändert hat, und ob vor allen Dingen die Wahrscheinlichkeit eines Kriegsausbruchs zwischen Rußland und Frankreich auf der einen und Deutschland, Oesterreich und Italien auf der anderen Seite uns näher gerückt ist. Nach den Kundgebungen, welche von Petersburg und Paris aus über das russisch-französische Verhältniß in die Welt gesandt wurden, handelt es sich bei Rußland wie bei Frank reich nur um einen Vertheidigungsbund gegenüber etwaigen Kriegsabsichten des Dreibundes. Da nun aber der Dreibund ausgesprochener Maßen nur die Aufrechterhaltung des Friedens bezweckt, so kann die Existenz desselben an sich keinen VertheidungSbund Rußlands und Frankreichs nöthig machen. Man wird daher gut thun, wenn man allen Kundgebungen Frank reichs und Rußlands über ihr Verhältniß und die Ab sichten, welche sie verfolgen, nur einen formellen Werth beimißt, und sich in« Uebrigen an di« Thatsachen hält, welche vie gegenwärtige europäische Konstellation sammt dem Dreibunde heroorgerufen haben. Der Dreibund ist nicht schlechthin deshalb entstanden, um den euro päischen Frieden im Allgemeinen zu wahren und eine Art Friedensmission zu vollführen, sondern dieser Staalenbund wurde deshalb geschaffen, weil es Deutsch land, Oesterreich und Italien klar wurde, daß in Frankreich wie in Rußland mächtige Bestrebungen vor handen waren, die Landkarte Europas am Rhein, an der unteren Donau und am Bosporus zu korrigiren und vor allen Dingen den Frankfurter und den Ber liner Vertrag zu zerreißen. Dadurch mußte sich die größte Gefahr für Deutschland, Oesterreich und Italien ergeben, denn keine der drei genannten Mächte könnte als Großmacht weiter existiren, wenn im französischen und russischen Sinne der Frankfurter und Berliner Vertrag geändert werden sollte. Der Dreibund ist also entstanden in weiser Erwägung gemeinsamer Jn- teressenvertheidigung, also aus politischer Nothlage. Dabei hat aber der Dreibund keine feindliche Spitze gegen irgend einen Staat, sondern er würde dieselbe erst erhalten, wenn Rußland und Frankreich Krieg anfangen würden. Ganz anders liegen die Dinge bei dem wahrscheinlichen Bündnisse Frankreichs und Ruß lands, die vom Dreibunde nicht bedroht werden, also keinen Vertheidigungsbund, sondern einen Angriffs bund schließen müßten, wenn die Alliance einen plau sibel» Zweck haben sollte. Indessen kann man deshalb noch nicht gerade sagen, daß Rußland und Frankreich direkt auf einen Krieg ausgehen, sondern die Existenz und Festigkeit des Dreibundes kann in Paris und in Petersburg unbehagliche Stimmungen Hervorrufen, die französische wie russische Regierung könnten, wenn auch ohne wirkliche Gründe, befürchten, daß eines schönen Tages die Staatsmänner und Generäle der Drei bundsstaaten zu dem Resultate kommen, daß es besser sei, zur Vertheidigung des wankend gewordenen Frie dens und zur Beruhigung Europas zu einein Angriffs kriege überzugehen, anstatt in ewigem Rüsten seine Kräfte zu verzehren. Dieser Gedankengang wäre bei den Gegnern des Dreibundes nicht so unwahrscheinlich. Besser ist dadurch die europäische Lage natürlich nicht geworden, aber auch nicht gerade kritischer als sie be reits seit mehreren Jahren ist. Die gewaltigen Heere in allen Lagern sind eben immer noch die reellste Friedensbürgschast. Lokales «nd Sächsisches. Dippoldiswalde. Am Dienstag Abend, gegen '/sIO Uhr, während der Himmel durch verschiedene Sternschnuppen belebt war, wurde auch, in der Rich tung nach Süden zu, ein hellleuchtendes, etwas ins röthliche schimmerndes Meteor beobachtet, das aber nach wenigen Sekunden wieder erlosch. — In unserer nächsten Nummer werden wir das umfängliche Verzeichniß der in diesem Jahre in hie siger Amtshauptmannschaft zu erwartenden Einquar tierung veröffentlichen. — Die kleinen silbernen 20-Pfennigstücke, für und wider welche im Publikum so lauge gestritten worden ist, werden nunmehr aus dem Verkehr ver schwinden. Die öffentlichen Kassen haben Anweisung erhalten, bei Vereinnahmung dieser Münzen dieselben anzuhalten und nach Berlin einzusenden. — Ueber den kleinen Brand, welcher jünast auf der Festung Königstein stattgefunden, berichtet unterm 5. August die Pariser Zeitungskorrespondenz „L'agence libre" (auf welches erfindungsreiche Organ man für monatlich 600 Franken nebst Portoersatz abonniren kann): „Die Festung Königstein bei Dresden ist durch Feuer gänzlich zerstört worden. Alle Kasernen liegen in Asche; 15 Soldaten wurden getödtet." — Das Pröbchen zuverlässiger französischer Berichterstattung genügt! — Für rechtzeitiges Erscheinen am Brandplatz und erfolgreiche Löschthätigkeit gelegentlich des am 27. Juni d. I. bei dem Schmiedemeister Burkhardt in Cunners dorf infolge Blitzschlages entstandenen Brandes hat die kgl. Brandversicherungskammer der Spritze der Feuer wehr Reinhardtsgrimma und der Spritze der Feuer wehr Glashütte Prämien nach Höhe von 30 M. und bez. von 15 M. bewilligt. Burkersdorf bei Frauenstein. Bei dem am Donnerstag, den 6. d. Mts., hier ausgetretenen Ge witter fuhr des Nachmittags gegen 3 Uhr ein Blitz strahl in die Scheune des Wirthschaftsbesitzers Karl Friedrich Dtttrich, zündete zwar nicht, beschädigte aber das Schieferdach und zersplitterte theilweise den einen Sparren. K Glashütte. An der hiesigen Kirche sind die Reparaturen so weit vorgeschritten, daß vergangenen Freitag der neuvergoldete Knopf und die Wetterfahne aufgesetzt werden konnten. Hierbei sei erwähnt, daß der Thurm jetzt um etwa 1 m höher ist, als früher, nämlich 39,« in. In dieser Woche soll noch der Thurm abgedeckt werden, so daß die äußeren Reparaturen bald beendet sein dürften. Die Reparaturen im Innern werden jedoch immer noch gegen zwei Monate, wenn nicht längere Zeit, in Anspruch nehmen. Dresden. Der geräumige Garten vor dem ehe maligen Ministerhotel an der Seestraße bietet zur Zeit, da die schönen Bäume niedergelegt werden und auch das große Eisengeländer fällt, ein Bild der Verwüstung; bald wird aber auch hier wieder neues Leben erblühen. Der Garten dient bekanntlich der Erweiterung der Ringstraße. Am Dienstag durchzog bereits die Dampf straßenwalze die Theile des Gartens, wo kürzlich die BeschleusungSarbeiten beendet worden sind. Die Räume, die der verstorbene Graf v. Fabrice inne hatte, sind zur Zeit unbewohnt. — Jin Königreich Sachsen ist die Zulassung der Loose der deutschen Antisklaverei-Lotterie end- giltig abgelehnt worden. Nach der „Köln. Ztg." ge schah dies mit der Begründung, daß zu Gunsten der Kölner und Ulmer Dombau-Lotterie» noch Ausnahmen gemacht seien, jetzt grundsätzlich Geldlotterien aber nicht mehr zugelaffen würden. Die Genehmigung der Kölner Dombau-Lotterie sei in einer Zeit erfolgt, wo 57. Jahrgang. dieser Grundsatz noch weniger bestimmt zur Annahme gelangte, und für die Genehmigung der Ulmer Lotterie sei hauptsächlich die Rücksicht auf die gleiche Behand lung beider Bekenntnisse maßgebend gewesen. — Vor dem königl. Landgericht erschien am 10. August der Fleischer Karl August Centner, um sich wegen Betrugs zu verantworten. Der am 7. Novbr. 1866 zu Dohna bei Pirna geborene, daselbst auch wohnende und bisher noch unbescholtene Angeklagte war früher Besitzer des Gasthofs zu Hirschbach. Centner ist schon mehrfach verklagt worden, er hat am 14. Juni 1889 vor dem königl. Amtsgerichte Dippoldiswalde den Offenbarungseid geleistet und im November des selben Jahres hat auch das Gasthofsgrundstück in Hirschbach zwangsweise versteigert werden müssen, wo bei ein großer Theil von Schulden ungedeckt geblieben ist. Trotzdem Centner hiernach in den ungünstigsten Vermögensverhältniffen lebte, kaufte er am 31. Jan. dieses Jahres in Pirna von der Pferdehändlerin verw. Israel ein Pferd für den vereinbarten Preis von 475 M. Es wurde trotz des Leugnens des Ange klagten auf Grund der Aussagen der eidlich ver nommenen Zeugen für erwiesen angesehen, daß der selbe der Zeugin Israel, beziehentlich deren Geschäfts führer Adam und dem Pferdemäkler Jung vorschwin delte, er habe seinen Gasthof in Hirschbach erst ver kauft, erhalte binnen vier Wochen den Preis dafür, er schlachte auf eigene Rechnung, brauche das Pferd zu seinem Geschäft und werde den Preis dafür sofort nach Eingang des Geldes bezahlen. Hierdurch sind die Zeugen getäuscht worden, und die Wittwe Israel hat sich deshalb bestimmen lassen, dem Angeklagten das Pferd ohne sofortige Zahlung, welche die Zeugin bis jetzt noch nicht erhalten, herauszugeben. Centner war deshalb wegen Betrugs zu verurtheilen. Im Hinblick darauf, daß der Angeklagte noch nicht vor bestraft ist, da aber immerhin ein hohes Objekt in Frage kommt, erkannte man auf 6 Monate Gefängniß und 2jährigen Ehrenrechtsverlust. Freiberg. Am 10. August wurde vom kgl. Land gericht der Schloffergeselle Bruno Max Hauptmann aus Kreischa wegen gefährlicher Körperverletzung zu 3 Monaten Gefängniß unter Anrechnung von sechs Wochen auf die Untersuchungshaft verurtheilt. — Der bereits am 1. Mai d. I. erfolgten Herab setzung der Braunkohlenfrachten aus Böhmen ist mit dem 1. August eine weitere beträchtliche Ermäßigung gefolgt, deren Wirkung sich in dem erhöhten Kohlen verkehr über Moldau bemerkbar macht. Weißenborn. Eine unliebsame Unterbrechung er fuhr ein am vergangenen Sonntag abgehaltenes Feuer wehrfest durch folgenden Vorfall: Als ein Kamerad der Lichtenberger Feuerwehr, Namens Berndt, gegen '/eil Uhr nach Hause ging, wurde er auf dem Feld weg nach Lichtenberg oberhalb des Gasthofes von 2 aus dem Straßengraben aufspringenden Strolchen an der Gurgel gepackt und zu Boden gerissen. Auf seine Hilferufe eilten etliche seiner am Gasthofe stehenden Kameraden herbei und gelang eS denselben nach hef tiger Gegenwehr die beiden Landstreicher festzunehmen und in den Gasthof zu transportiren, wo denselben von der Ortspolizei Fesseln angelegt werden mußten, da sie — allerdings vergeblich Fluchtversuche machten. Da Weißenborn kein Arrestlokal besitzt, wurden die beiden Burschen im Pferbestalle auf einige Bündel Stroh gelegt und von Feuerwehrleuten von 12 bis früh bewacht. Die Wache war jedoch nicht die leichteste. Die Strolche stießen die gemeinsten Schimpfworte aus. Der Eine hatte sich loszumachen gewußt und mußte wiederholt gefesselt werden. Später machte er seinem Gefährten Vorwürfe, daß er ihn zu dem Raubanfall verleitet habe.