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52tt gung ertheilt, bez. zur Mitübemahme der Verzinsungs und Tilgungspflicht sich bereit erklärt. Oschatz« Im Laufe des Gewitters vom 1. d. M. war unweit unserer Stadt auf der rechten Seite der Landstraße nachZöschau ein wunderbares Luftgebilde (Fata Morgana) — am schönsten war dasselbe 8 Uhr 5 Minuten Abends — sichtbar. Am Horizonte schien ein herrliches Gebirge, dessen Höhepunkte scheinbar durch eine mit Bäumen besetzte Straße verbunden war, hingezaubert zu sein. Die Bäume, von denen ca. 20 sichtbar waren, hoben sich durch ihre Stämme und ver- schiebönartige Wipfelbildung deutlich vom Aether ab. Die Straße selbst, sowie die Felsen des einen Berges, welche dem Königstein in der sächsischen Schweiz ähnelten, waren namentlich sehr scharf begrenzt. Borna. Während die Pachterträgnifse, soweit sie den Bezirk der Amtshauptmannschaft Borna und die daselbst befindlichen Kirschanlagen betreffen, Heuer im Verhältnisse zu den vorhergehenden Jahren sehr hohe sind, bleibt doch der Ertrag der Kirschbäume fast durchgängig unbefriedigend und steht in keinem Ber- hältniß zu der reichen Blüthe im Frühjahre. Schuld hieran tragen in erster Linie die Heuer geradezu in unglaublicher Menge aufgetretenen Maikäfer, welche durch Abnaqen alles Grünen die in der Entwickelung begriffenen Früchte des erforderlichen Schutzes be- l raubten und einen großen Bruchtheil derselben zum Äbsterben und vorzeitigen Abfallen brachten. Das Gleiche ist auch bezüglich vieler Pflaumen- und Aepfelanlagen zu befürchten, namentlich da die Maikäfer in diesem Jahre mit großer Gefräßigkeit auch außerordentliche Lebenszähigkeit verbinden und sogar jetzt, im Juli, noch häufig und namentlich auf Pflaumen bäumen angetroffen werden. Manchem Naturfreunde wird es im Verlaufe des Juni aufgefallen sein, daß zahlreiche dieser braunrückigen Vegetarier mit Erde be deckt am Boden krochen: es waren dies Maikäfer weibchen, welche sich behufs Ablage ihrer Eier in die Erde eingegraben hatten und nach Verrichtung dieses Geschäftes wieder an die Oberfläche kamen, jedoch bald darauf starben. Berücksichtigt man, daß ein einziges Maikäferweibchen 80—100 Eier legt, so ist mit Recht zu befürchten, daß der heurigen oberirdischen Maikäfer plage künftiges Jahr eine unterirdische Engerliugsplage folgt, welche womöglich für die Feldfrüchte noch größeren Schaden im Gefolge hat, als die Maikäfer für das Obst. Borna. Da es nicht möglich war, bei der vor übergehend eingetretenen Steigerung der Weizenpreise die sogenannten Dreierbrödchen noch kleiner herzustellen, als vordem, so fiel laut Beschluß der Bäckerinnung der alte Brauch, nach welchem bisher zwei solcher Bröd- chen für fünf Pfennige verkauft wurden, und es kosteten nunmehr z. B. sechs Brödchen 18 Pf., statt 15 Pf. Weil der Verkauf dieser Brödchen zu billigerem, als von der Innung normirtem Preise von letzterer sogar unter Strafe gestellt worden war, so stieß diese Maß nahme nicht nur bei einzelnen Jnnungsgenossen, son dern auch im Publikum auf heftigen Widerstand und führte sehr bald zur Aufhebung dieser Vertheuerung. Nun soll der Spieß umgekehrt werden, indem nach Mittheilung des hiesigen Amtsblattes bei der städtischen Polizeibehörde Erörterungen darüber im Gange sind, ob nicht auch hier, gleichwie in den meisten anderen sächsischen Städten eine Brodtaxe am Platze wäre; deren Einführung soll demnächst zu erwarten stehen. Auch hinsichtlich des hier vielfach zum Verkaufe kommen den „Landbrodes" (welches zumeist in den Nachbar dörfern hergestellt und hier durch Hausiren vertrieben wird) dürfte eine schärfere Kontrolle nicht ausbleiben. Grimma. Die Herstellung einer Stadtfern- sprecheinrichtung in Grimma ist genehmigt worden und zwar soll dieselbe noch im laufenden Elatsjahre (1. April 1891 bis 31. März 1892), also jedenfalls in diOem Sommer noch, erfolgen. Leipzig. Der Mehraufwand für Armenunter stützungen in der Stadt wird sich Heuer, wie Stadt rath Hentschel in einer der letzten Stadtverordneten sitzungen mittheilte, um etwa 90,000 M. höher stellen, als im Haushaltplane angenommen worden war. Die Ursache davon ist theils der strenge Winter, theils die vielfach bemerkbar gewesene Arbeitslosigkeit. Leipzig. Zur Warnung für manche Hausbesitzer kann eine am 2. Juli vor der hiesigen Strafkammer geführte Gerichtsverhandlung dienen. In Alt- oschatz war das 1^ Jahre alte Kind eines Hand arbeiters in die Düngergrube eines Gehöftes gestürzt und darin ertrunken. Am genannten Tage nun wurde der Besitzer des Gehöftes zu einer Woche Gefängniß deshalb verurtheilt, weil er es unterlassen hatte, die etwa einen Meter tiefe Düngergrube nach allen Seiten hin mit einer Schutzvorrichtung zu umgeben. Tagesgeschichte. Berlin. In der am Freitag in Berlin abgehaltenen großen sozialdemokratischen Volksversammlung, in der Delegirte für den Brüsseler Kongreß gewählt werden sollten, spielten sich wieder heftige Eeenen zwischen den Alten und Jungen ab, namentlich zwischen Bebel und Werner. Bebel drohte der extremen Gruppe mit Aus schluß aus der Partei. Als Delegirte waren von einer Seite drei radikale, von anderer Seite drei fraktions freundliche Genossen vorgeschlagcn. Nach stürmischer Debatte beschloß man, nur einen Delegirten abzu senden; gewählt dazu wurde Fischer, Mitglied des Parteivorstandes. Der Erfurter Parteitag beginnt am 10. Oktober. — Eine neue T elegraphen-Konvention ist zwi schen Deutschland und Oesterreich-Ungarn abgeschlossen worden. Durch dieselbe werden die beiden. Länder, wie schon im Briefverkehr miteinander, nun auch im gegenseitigen Depeschenverkehr vollständig gleichgestellt. Künftig wird der Preis eines Wortes einer Depesche aus Deutschland nach Oesterreich-Ungarn 5 Pfennige und für ein Wort einer Depesche aus dem Donau staate nach dem Deutschen Reiche 3 Kreuzer betragen, also in beiden Ländern ein völlig gleicher sein. Der Mindestbetrag einer Depesche ist auf 50 Pfennige oder 30 Kreuzer festgesetzt worden. Die neue Uebereinkunft, durch welche der deutsch-österreichische Telegramm-Ver kehr zweifellos eine bedeutende Steigerung erfahren wird, tritt am 1. Januar 1892 in Kraft; sie ist in Budapest abgeschlossen und unterzeichnet worden. — Das Gut Ludwigsdorf, welches für den kaiserlichen Kronprinzen erworben worden, ist aus den Revenuen der Herrschaft Oels gekauft. Diese fiel nach dem Tode des Herzogs von Braunschweig an den hochseligen Kaiser Friedrich als Kronprinzen, mit der Bestimmung, daß der jeweilige Thronfolger die Re venuen genießen soll. Der damalige Kronprinz war nur einige Jahre im Genuß derselben, Kaiser Wil helm II. als Kronprinz nur einige Monate. Da sich die Erträgnisse der Herrschaft jährlich auf etwa 180,000 Mark belaufen, so kann sich für den Kronprinzen im Laufe der Jahre bis zu seiner Großjährigkeit mit Zinsen und Zinseszinsen ein großes Vermögen an sammeln. Crefeld. Ueber den Schaden, den am 2. Juli die Wirbelwinde hier und in der Umgegend angerichtet haben, wird weiter gemeldet, daß mehrere in der zum Bundesschießen errichteten Festhalle anwesende Per sonen leicht verletzt wurden. Der verursachte Schaden an Häusern, Bäumen und Vieh beträgt in Süchteln allein mindestens 600,000 M. Einige durch den Ein sturz eines Ringziegelofens verschüttete Arbeiter wurden sämmtlich lebend unter den Trümmern hervorgezogen. In Anrath blieb fast kein Gebäude verschont; 40 Häuser wurden gänzlich zerstört, gegen 100 stark be schädigt. Mecklenburg: In Dargun bei Gnoien stürzte am 3. Juli die Giebelwand eines brennenden Hauses auf die mit dem Löschen der Feuersbrunst beschäftigten Mannschaften der freiwilligen Feuerwehr. Hierdurch wurden 4 Mann, darunter der Feuerwehrhauptmann, getödtet; 5 andere Feuerwehrleute erhielten lebens gefährliche Brandwunden. Sachsen-Weimar. Montag früh gegen 5 Uhr vergangene Woche rückte das in Weimar in Garnison liegende Bataillon des 94. Infanterie-Regiments (Groß herzog von Sachsen) zu einer Gefechtsübung in der Richtung nach Erfurt ab, woselbst in den westlich von Vieselbach, etwa 16 Kilometer von Weimar gelegenen Ortschaften Quartier bezogen werden sollte. Trotz der furchtbaren Hitze mußten die Mannschaften, die feld marschmäßig ausgerüstet waren, ohne Ruhepause bis zum Nachmittag (2 Uhr) stramm exerzieren, was zur Folge hatte, daß etwa 40 Mann vom Hitzschlage ge troffen wurden. Von denselben, welche nach Erfurt, Atzmannsdorf rc. geschafft wurden, sind bereits vier gestorben, während andere nur geringe Hoffnung auf Erhaltung des Lebens geben. Ein Arzt war nicht zur Stelle. Nach übereinstimmenden Meldungen soll die Schuld den Bataillons-Kommandeur v. Hochwächter treffen, der die bezüglichen Anordnungen getroffen hat. Gegen denselben machte sich denn auch die Entrüstung der Landbevölkerung in sehr drastischer Weise geltend, so daß er schleunigst das Exerzierfeld verließ und nach Weimar zurückfuhr. Major von Hochwächter ist vor erst von der Führung des Bataillons entbunden; zu seinem Stellvertreter soll Hauptmann von Maltzahn bestimmt sein, dessen Kompagnie (die vierte) — ohne jede Schuld ihres Chefs — die meisten Erkrankten zählt. Bayern. Ein am 3. Juli Abends von Berlin nach Reichenhall abgelassener Extrazug entgleiste am 4. Juli früh bei der Ausfahrt aus Station Eggols heim, zwischen Bamberg und Forchheim. Die Maschine sprang aus und riß 13 Personenwagen mit, letztere wurden zum Theil über die Böschung weit vom Bahn damm geschleudert. I Dame ist todt, 6 Personen sind schwer, 13 leicht verwundet. Oesterreich-Ungarn. Auf dem Schlachtfelde von Königgrätz fand am Freitag anläßlich der 25 jähr. Wiederkehr des Tages der weltgeschichtlichen Enlschei dungSschlacht von Königgrätz eine große Gedenkfeier — statt. An derselben nahmen zahlreiche ehemalige Kämpfer von 1866 aus Oesterreich, Preußen und Sachsen theil. Den Mittelpunkt der Feierlichkeit bildete das um 10 Uhr Vormittags im Mausoleum zu Chlum abgehaltene Requiem, worauf die Bekränzung der 269 auf dem Schlachtfelds von Königgrätz errichteten Denkmäler er folgte. Die Gottesdienste wurden von einem katholi schen, einem evangelischen Geistlichen und einem jüd ischen Rabbiner abgehalten. Die Ehrenwache bildeten Vertreter des Dragoner-Regiments Nr. 8, des In fanterie-Regiments Nr. 14 und des preußischen Gre- navier-Regiments Nr. 10. In den 48 Gemeinden, welche im Umkreise des damaligen Schlachtfeldes liegen, wurden gleichzeitig Messen abgehalten. — Eine deutsche Gesellschaft wurde am Sonntag auf dem FranzenSquai in Prag ohne jede Veranlassung vom czechischen Pöbel angegriffen und unter fort währenden Rufen: „Deutsche Hunde, deutsches Ge sindel, schlagt die Deutschen todt," in ärgster Weise mißhandelt. Der Polizei, welche die angesammelte Volksmenge auseinanderzutreiben suchte, wurde Wider stand geleistet, doch gelang es, drei Rädelsführer zu verhaften. Niederlande. Das deutsche Kaiserpaar traf mit der Königin Wilhelmine und der Königin-Regentin am 3. Juli Nachmittags aus dem Haag in Rotterdam ein. Auf dem reich geschmückten Bahnhofe fand der Empfang der Majestäten durch den Bürgermeister und die Spitzen der Behörden statt. Der Kaiser schritt die Front der Ehrenwache ab und bestieg darauf nebst den anderen Herrschaften die Wagen, um eine Spazierfahrt durch die Stadt zu machen. Die Menge begrüßte die Majestäten durch begeisterte Zurufe. Die Musik spielte die Nationalhymnen. Nach der Spazierfahrt durch die Stadt nahmen die Majestäten den Hafen und die Huuptkais in Augenschein. Gegen 6 Uhr trafen die Herrschaften am Landungsplätze der „Hohenzollern" ein. Die Königin Wilhelmine und die Königin-Re gentin geleiteten die Majestäten an Bord der Jacht. Nachdem der Kaiser die Front der Ehrenwache abge schritten hatte, verabschiedete sich das Kaiserpaar auf das Herzlichste von der Königin und Königin-Regentin, während das Musikchor die deutsche und die holländische Nationalhymnen anstimmte. Die kaiserlichen Majestäten verabschiedeten sich auch huldvollst von den Ministern und den Spitzen der Behörden, welche der Abfahrt beiwohnten. Die Königin und die Königin-Regentin verweilten auf dem Kai, bis die „Hohenzollern" in der Mitte des Flusses angelangt war. Dasselbe Ge schwader, welches bei der Ankunft die kaiserliche Jacht empfangen hatte, begleitete dieselbe bis an das Meer. Auf der ganzen Fahrt den Fluß hinab wurde das Kaiser paar durch enthusiastische Zurufe von den festlich ge schmückten Schiffen begrüßt. Luxemburg. Der Kaufvertrag über die im Groß- herzogthum gelegenen Privatdomänen des ver storbenen Königs von Holland zum Preise von nahe zu 3 Millionen Francs ist nunmehr perfekt. Der Großherzog hat den Besitz derselben am 1. Juli an getreten. » Frankreich. Einige französische Generale befür worten, daß man bei Uebungen die Batterien über die vor ihnen gegen den Feind vorrückende Infanterie Hinwegschießen und beständig den Bewegungen der Fußtruppen folgen lasse. Der Kriegsminister hat diesen Vorschlag genehmigt, jedoch mit der Bedingung, daß nur blind geschossen werde, da häufig Geschosse platzen und in kürzerer Entfernung niederfallen. Wenn dies im Kriege geschieht, so merken die Truppen nicht, wo her die Geschosse kommen. — Die Wehrtaxe, die im französischen Rekru- tirungsgesetze vorgesehen ist, soll nach dem Berichte des Abgeordneten Cassagnac vom laufenden Jahre an er hoben werden. Sie besteht aus einem festen Betrage von 6 Francs jährlich und einem Zuschlag, welcher, wenn der Taxpflichtige selbstständig ist, seiner Mieth- steuer gleichkommen soll. Ist er noch bei seinen Eltern, so beträgt der Zuschlag die Miethsteuer der Eltern, getheilt durch die Zahl der im Hause befindlichen Kinder. Rußland. Der neue russische Zolltarif ist am 2. Juli veröffentlicht worden und tritt am 13. Juli in Kraft. Derselbe weist verschiedene Zollermäßigungen auf; denen aber weit bedeutendere Zollerhöhungen gegenüberstehen. Die letzteren äußern sich theils in einer Abrundung des 20prozent. Zuschlages bei den be treffenden Positionen nach oben, theils in einer Steigerung der Zollsätze noch über den 20 Prozent. Zuschlag hinaus. — Die eingelaufenen Berichte stellen fest, daß in den Städten Rußlands, wo die Ausweisungen der Juden mit aller Strenge durchgeführt wurden, sich die wirthschaftlichen Folgen dieser Maßregeln bereits fühlbar zu machen beginnen. So hat in Kiew eine namhafte Preissteigerung in jenen Artikeln platzgegriffen.