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„Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich I M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan fialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. den Sieger keine Hand breit Erde abzutreten brauchte, bewirkten, daß Oesterreich neutral blieb, höchst wahr scheinlich zu seinem eigenen großen Heile! Als nun das neue deutsche Reich strahlend aus dem gewaltigen Völkerringen von 1870 und 71 erstand, da entwickelte sich bald ein freundschaftliches Verhältniß zwischen dem neuen Reiche deutscher Nation und dem habsburgischen Kaiserstaate, das endlich zu dem für unseren ganzen Welttheil so segensreich gewordenen Schutz- und Trutz bündnisse beider Länder führte. Seit dem Abschlüsse desselben haben Oesterreich wie namentlich auch Deutsch land so manche schwere innere Erschütterung durchzu machen gehabt und auch in der europäischen Lage voll zogen sich mancherlei Veränderungen. Das deutsch österreichische Bündniß blieb indessen von alledem un berührt, und heute, 25 Jahre nach dem Tage von Königgrätz, steht dieser schöne Bund fester denn je da, inzwischen noch verstärkt durch den Eintritt Italiens, das nunmehr aus einem alten Gegner Oesterreichs zu einem Freund und Verbündeten desselben geworden ist. Dies ist heute, da der Tag von Königgrätz zum fünf- undzwanzigsten Male wiederkehrt, gewiß eine herrliche Wendung der Dinge, diejenigen, welche sich 1866 auf verschiedenen Kriegstheatern mit den Waffen in der Hand gegenüberstanden, sind heute zu einem innigen Bunde verschmolzen, dessen Segnungen noch immer von ganz Europa empfunden werden. In Deutsch land selbst aber hat Königgrätz keine Spur von Bitter keit uno trüber Erinnerung mehr zurückgelassen; die Wenigen, welche hier seit 1866 noch grollen, kommen nicht in Betracht, gegenüber der ungeheueren Mehrheit unserer Nation, welche längst erkannt hat, daß König grätz für unser gejammtes Vaterland das reinigende Gewitter nach langer dumpfer Schwüle bedeutete. Verantwortlicher Redacteur: Paul Ithne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Jllustrirten UnterhaltungSblatt." Mit land- und hauSwlrthschastlicher Monatsbeilage. sich auf unserer Bahn in der Nähe von Spechtritz leider ein bedauerliches Unglück ereignet. Der Stell vertreter des erkrankten Bahnverwalters, der übrigens am selben Tage seine Stellvertretung wieder abgeben wollte, fuhr auf der Draisine mit 3 Arbeitern bahn- abwärtS und rannte in einer engen Kurve mit dem bahnaufwärts fahrenden Güterzug zusammen. Während nun 2 Personen ziemlich unbeschädigt davonkamen, flog der Arbeiter Böhme aus Seifersdorf so heftig an die Lokomotive, daß er einen Schlüffelbeinbruch erlitt und sich eine so schwere Gehirnerschütterung zuzog, daß er als nicht transportfähig schwer erkrankt im Bahnwärterhaus Spechtritz darniederliegt. — Wie uns von Herrn Apotheker Rottmaun hier mitgetheilt wird, führt derselbe bereits seit April das Desinfektionsmittel Bromophtarin, von dem in un serer letzten Nummer behauptet war, dasselbe sei in unserer Gegend nicht käuflich zu erhalten. Dippoldiswalde. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat Juni dss. Js. 636 Einzahlungen im Betrage von 50,802 M. 4 Pf. gemacht, dagegen erfolgten 402 Rückzahlungen im Betrage von 56,340 Mark 16 Pf. — Sparmarken L 5 Pf. sind 100 Stück verkauft worden. js HauSdorf. Die Zahl der Unglücksfälle, welche die von Hausdorf nach Schlottwitz führende Straße jährlich fordert, ist wieder um einen vermehrt worden. Am Sonnabend fuhr das Geschirr eines hies. Gutsbesitzers Ziegeln in das Müglitzthal. An dem überaus steilen Schlottwitzer Berge vermochten die kräftigen Pferde den nachschiebenden Wagen nicht mehr zu halten und im sausenden Galopp ging das Geschirr den Berg hinab. Da stürzte das Sattelpferd, legte sich quer vor den Wagen und brachte ihn dadurch zum Stehen. Um das schwer verletzte und aus mehreren Wunden blutende Pferd aus der gefährlichen Lage zu befreien, mußte der Wagen entladen und umgeworfen werden. Der Schaden ist ein bedeutender. Seit dem Baue der Müglitzthalbohn ist der Personen- und Güter verkehr von und nach Hausdorf sehr gewachsen und doch ist die Verbindung mit der Bahn eine so gefähr» liche, daß Unglücksfälle selbst bei größter Vorsicht nicht zu vermeiden sind. Hoffentlich fördert die sich immer steigernde Anzahl der letzteren recht bald den Bau der längst projektirten und ausgemeffenen neuen Straße nach Schlottwitz. L Glashütte. Ueber die hiesige Kirche sei an läßlich der umfangreichen Renovation folgendes Geschicht liche mitgetheilt: Schon aus dem Jahre 1506 findet man bestimmte Nachricht, daß eine Kapelle oder kleine Kirche hier stand, aus deren Mitteln vor 1506 eine Badestube errichtet worden war. Wo diese Kirche oder Kapelle gestanden hat, ist wohl kaum mehr zu ermitteln. Dieselbe scheint nun entweder zu klein oder baufällig gewesen zu sein, denn Herzog Georg von Sachsen, der dem Orte stets seine ganz besondere Gunst zuwandte, fühlte sich bewogen, eine „rechte Kirche" zu bauen und kauft deshalb „Nicol GeheimbS Gut in der Glaßhütte, darauff Wir zu Gottes Ehren eine Kirche und andere Gebäude setzen lassen wollen." — Ehe man aber diese Kirche baute, wurde die Berg kapelle, die eine Filiale der Kirche von Johnsbach war, von letzterer loSgekaust und zwar erhielt auf Herzog Georgs Befehl im Jahre 1519 der damalige Kallator, Christoph v. Bernstein auf Johnsbach, BärenfelS, Naundorf und Schmiedeberg im Beisein deS Pfarrers von Johnsbach die baare Summe von 40 guten Schocken Groschen. Der Decem und das Opfergeld wurden aber erst im Jahre 1854 abgelöfl. Der Bau rer Kirsche begann im Jahre 1520 und von jeder im hiesigen Revier befindlichen Silbergrube, deren eS in Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 1. Juli. Die erste Halbscheid des Jahres ist vorüber, und es steigt hinab auf der schiefen Ebene, die rasch uno unvermerkt zu seinem Schlüsse führt. Da gilt es, die Gabe noch recht zu genießen, die uns der Himmel in den schönen Tagen der Rosen darbietet. Wir wollen nur auf eine der wichtigsten Hinweisen: das erquickende Bad in der kühlen Welle. Wir haben es nahe genug, aber es ist eine alte Erfahrung, daß man das, was nahe liegt und mühelos zu erlangen ist, minder schätzt, als das, wohin man erst reisen und was man mit viel Geld bezahlen muß. So entspricht auch der Besuch unsrer Bade- und Schwimmanstalt keineswegs den Erwar tungen, mit denen sie eingerichtet worden ist. Die nun warm gewordenen Tage werden hoffentlich auch hier eine im allgemeinen Interesse wünschenswerthe erhöhete Benutzung herbeiführen. — Herr Gewerbeschulinspektor Enke war am 29. Juni in unserer Stadt anwesend und unterzog unter Führung des Vorsitzenden des Ausschusses für die deutsche Müllerschule, Herrn Fabrikant Reichel, alle 3 Klassen der Schule einer eingehenden Inspektion und sprach sich, wie auch über die hiesige Handels chule, die ebenfalls besucht ward, sehr anerkennend aus. — 1. Juli. Bei dem heute früh 6 Uhr hier auf treffenden schweren Gewitter schlug der Blitz in den stetigen Hospitalgarten und spaltete einen mir Früchten reich beladenen Birnbaum dergestalt bis zur Wurzel, laß die eine, stärkere Hälfte abgerissen wurde, während die andere noch soweit unverletzt geblieben ist, daß kein Zweifel am weiteren Fortkommen besteht — In der Gegend von Wendischcarsdorf hat es stark geschlost, glücklicherweise ohne nennenswerthen Schaden anzu richten. — Am 30. Juni, Vormittags gegen 10 Uhr, hat Inserate, welche Set de» bedeutenden Auflage de» Blatte« eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltemeile oder der«, Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im rwaktionellen »heile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Königgrätz! Am kommenden 3. Juli vollenden sich 25 Jahre, daß bei Königgrätz jene welthistorische Schlacht ge schlagen wurde, welche dem verderblichen zweihundert jährigen Zwiespalte Oesterreichs und Brandenburg- Preußens in Deutschland endgültig zu Gunsten des HohenzollernstaateS entschied und eine ganz neue Ord nung der Dinge in Deutschland schuf. Mit Blut und Eisen — wie es der staatsmännische Begründer der deutschen Einheit schon längst vorausgesagt — war hiermit für die Lösung der deutschen Frage eine neue solide Grundlage erlangt, wobei es nur schmerzlich be dauert werden mußte, daß erst durch einen blutigen Bruderkrieg die politische Regelung der deutschen Ver hältnisse erfolgen konnte. Aber die Entwickelung der Ereignisse seit jenem entscheidenden Wendepunkte in der Geschichte Deutschlands, ja schließlich Europas, hat in wahrhaft glänzender Weise gezeigt, daß eben nur jene gewaltsame Lösung der Jahrhunderte alten Schwierigkeiten in Deutschland die Bedingung bildete, unter welcher dasselbe sich zu einem wahren National staats und zu seiner heutigen Weltstellung entwickeln konnte. Denn die Entscheidungsschlacht auf den blut getränkten Höhen von Königgrätz schuf in ihren Folgen ja erst die eigentliche Grundlage, auf welcher sich die bis dahin so vielfach zersplitterten deutschen Stämme unter der Führung der nunmehrigen alleinigen Vor macht Preußen zusammenzufiuden vermochten, um vier Jahre später sich auf den Schlachtfeldern Frankreichs die so lang ersehnte nationale und politische Einheit zu erkämpfen. Ohne Königgrätz — wer möchte dies wohl noch bezweifeln? — hätte es kein Gravelotte und kein Sedan gegeben, wäre das Sehnen und Träumen des deutschen Volkes nach seiner Einigung, nach der Wiederherstellung seiner alten Macht und Größe vielleicht noch auf lange Zeit hinaus ungestillt geblieben! So aber führte das Schwert bei König grätz den endgültigen Abschluß einer langen traurigen Periode politischer und territorialer Zerrissenheit in Deutschland herbei, beseitigte das unselige Regime des Frankfurter Bundestages und half den Boden vor bereiten, auf welchem sich dann das stolze Gebäude des herrlichen neuen deutschen Reiches erheben sollte. Aber mit dieser Neuordnung der Dinge in Deutsch land war zugleich die gänzliche Hinausdrängung Oester reichs aus dem Verbände der deutschen Staaten ver knüpft und dies mußte bei der herrschenden Rolle, welche die habsburgische Monarchie in den deutschen Angelegenheiten seit Jahrhunderten gespielt, jenseits der schwarz-gelben Grenzpfühle schmerzlich genug empfunden werden. Es war daher ganz begreiflich, daß sich in Oesterreich alsbald nach den Ereignissen von 1866 eine einflußreiche Partei mit dem Erzherzog Albrecht, dem Sieger von Custozza, an der Spitze und mit der heimlichen Unterstützung des damaligen öster reichischen Reichskanzlers Grafen Beust, bildete, um Oesterreich bei günstiger Gelegenheit selbst um den Preis eines nochmaligen blutigen Krieges die verloren gegangene Stellung in Deutschland wieder zu ver schaffen. Der große Nationalkrieg der Deutschen gegen Frankreich im Jahre 1870, in welchem sie alle Kräfte einzusetzen hatten, schien diesem Bestreben günstig zu sein und die österreichische Revanchepartei setzte alle Hebel in Bewegung, damit Oesterreich in dem ent brannten Kampf gegen den Sieger von 1866 Partei ergreife. Jedoch theils die ersten glänzenden deutschen Siege von Weißenburg, Wörth und Spicheren, theils das entschiedene Widerstreben des hochherzigen Kaisers Franz Josef, Preußen und Deutschland derart in den Rücken zu fallen, sowie auch die weitsichtige schonende Behandlung Oesterreichs im Jahre 1866, welches an Mnte für »je „Mchmtz-IkitW« Donnerstag, dm 2. Juli 1891