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„Wei-eritzSettung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. A» Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer« 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welche bei de» bedeutenden Auflage del Blatte« ein« sehr wirk same Verbreitung stnden, werden mit 1V Pfg. di« Spalteiueile oder deren Raum berechnet. — Da«, bellarische um» complicirte Inserat« mit entsprechen dem Aufschlag. — Sinar« sandt, tm redaktionelle« «heile, die Spaltenzeile SV Pls 57. Jchrgang Verantwortlicher Redacteur: Paul Ikhne in Dippoldiswalde. Mit achts-itig-m „Jllufttirten Unterhaltungsblatt." Mit land- und hauswirthschaftlicher Monatsbeilage. nehmen an: in Dippoldiswalde: die Srpedition, - in «ltenbrrg: Buchbindermstr. Schütze, - in Frauensttiu: Nadlermstr. Hardt. Mskklttt fük vlk „Mtlykkltz-Fkttllug mann, — in Glashütte: Buchbindermstr. Schubert, - in Kreischa: Buchbinder Berger, — m Potschappel: Kaufmann Theuerkauf. - Nr. 38. Sonnabend, dm 28. März 1891 Ostern. Ostern — o sonnengoldiges Wort! — Du scheuchst den Winter, den langen, fort; Es fegt durch s Land der Frühlingssturm Und die Glocken rufen eS laut vom Thurm: Befreit ist die Erde aus harten Banden, Hallelujah! sie ist auferstanden! Bald werden Wald und Anger grün, Die Bäume sprossen und wollen blühn, Die Priemel nickt am Dachessaum, Die Vögel jauchzen auf Strauch und Baum, Und auf den Feldern der Gotte ssegen Beginnt sich wundersam zu regen. Ein Bild de« Frieden« ist die Welt, Vom Ostersonnenschein erhellt; Vom Himmel gehen Engel au« Und halten die Hände ob jedem Hau«, D rin bange, kranke Menschenherzen Erlösung hoffen au« Angst und Schmerzen Und weithin über Meer und Land Streckt Gott die starke Gnadenhand, Und wo die Osterbotschaft klingt, Wo man da« Lied vom Glauben singt, Wird er trotz feindlicher Gewalten Den Frieden wunderbar erhalten. Um diesen Frieden stehen wir Demüthiglich, o Herr, zu Dir Für Herz und Hau« und auch zugleich Für « ganze liebe Deutsche Reich. O läutet, ihr Glocken, mit tönendem Munde Den Ostergruß: Frieden! weit in die Runde. Lokales uud Sächsisches. Dippoldiswalde, 27. März. Nächsten Mittwoch, den I. April, feiert Fürst Bismarck, der eiserne Reichskanzler, der unvergeßliche Mitbegründer des neugegründeten Deutschen Reiches, dessen Diplomaten feder nicht verdorben hat, was des Schwertes Schärfe gewonnen hatte, seinen 76. Geburtstag. Leider nicht mehr an der Stelle, wo zu stehen Keiner berufener war als er, wohin ma>> ihn durch Kaiser Wilhelms I. „Niemals!" gebannt glaubte bis zu der Zeit, wo auch er einst zur Großen Armee einberufen würde; leider nicht mehr an der Stelle, von dec aus nicht nur der Dreibund, nein, die Geschicke Europas gelenkt wurden zur Erhaltung des Friedens und zur Nieder haltung aller der Bestrebungen, mit denen eine vater- landsloie, gewissenlose Partei ausgeht auf Verneinung und Vernichtung alles Dessen, was dem deutschen Ge- müth von jeher heilig und ehrwürdig gewesen ist. Hatte, so lange Fürst Bismarck dem deutschen Kaiser throne als erster Nathgeber nahe stand, je mehr und mehr das Gefühl wohlthuender Beruhigung Platz ge griffen im deutschen Volke; war man der festen Zu versicht, daß, so lange der mit allen europäischen Ver hältnissen Vertraute und in der Schule der Erfahrung Gereifte die Augen offen habe, Deutschlands Macht stellung unerschütterlich bleiben werde: so hat man seit Jahresfrist, seitdem Bismarck sich vom Schauplatze seiner staatsmännischen Thätigkeit zurückgezogen hat, des beängstigenden Gefühls nicht völlig Herr werden können, daß die reichsfeindlichen Elemente außerhalb und innerhalb Deutschlands kühner als sonst ihr Haupt erheben, an dem Baue des Reiches zu rütteln ver suchen und den Bestand der durch blutigen Kampf errungenen Einheit des deutschen Vaterlandes zu untergraben trachten. Daß diese Wahrnehmung den Vaterlandsfreund bedenklich, ja besorgt machen muß, ist natürlich; ja, es zeugte von Leichtsinn und Gleich giltigkeit gegen die Geschicke des Reiches, wenn dem nicht so wäre. Darum ruft der Geburtstag des Fürsten Bismarck zunächst das Gefühl schmerzlichen Bedauerns über seine Entfernung, zunächst aber die Empfindung tiefster Beschämung über die Kundgebungen, ja Schmähungen wach, die von einer gewissen Partei den Glanz, der Bismarcks Namen umstrahlt, trüben, besudeln, ja vernichten möchten. Diesen Empfindungen öffentlich Ausdruck zu geben, zu protestiren gegen die Verunglimpfungen des größten deutschen Mannes, den das Jahrhundert geboren, ist der Zweck der Veran staltungen, die man allerwärts zur Feier des nahen Geburtstages trifft. Noch verlautet zwar bei uns nichts von einer öffentlichen Feier, doch fehle es von unserer Seite an einer Anregung dazu nicht, wenn auch die Zeit der Vorbereitung kurz genug ist. Kommt es zu keiner allgemeinen Feier, so mögen doch, wo auch deutsche Männer am 1. April zusammenkommen mögen, dem Manne ein gutes Wort und ein kräftiger Schluck geweiht werden, dessen Name und Werk in alle Zeit in das Herz jedes echten Deutschen festgebannt bleiben wird. — Seit dem 1. März ist diejenige Periode ein getreten, in welcher die Heizung der Eisenbahn - Koupees nicht unter allen Umständen, sondern erst dann erfolgt, wenn die Nachttemperatur auf 0 Grad sinkt, oder die Temperatur am Tage , zur Mittagszeit nicht über 4 Grad Wärme steigt. Diese Periode fakultativer Heizung währt bis zum 30. April, nach welchem Tage die Heizung bis zum 1. Oktober über haupt nicht mehr erfolgt. Unter Umständen wird aber jeder Eisenbahnpasiagier jetzt eher Gelegenheit finden, sich zu erkälten, als in der eigentlichen Winterperiode; er wird daher einerseits die wärmere Kleidung nicht vergessen dürfen und andererseits seine Aufmerksamkeit mit darauf zu richten haben, daß die jetzt rascher als sonst mögliche Ueberheizung der Koupees in den Zügen, welche Dampfheizung besitzen, vermieden wird. Dresden. Mit Rücksicht auf den plötzlich und uner wartet eingetretenen Tod des Kriegsministers v. Fabrice hat sein allerhöchster Kriegsherr, König Albert, folgenden Armeebefehl erlassen: Gottes Fügung hat Mir, Meiner Armee und Meinem Lande durch das Hinscheiden Meines Kricgsministers und Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten, des Generals der Kavallerie Grasen von Fabrice einen tief schmerzlichen und schweren Verlust auser legt. Erschütterten Herzens trauern wir um diesen in wichtigster Stellung überaus hochverdienten und hochbewährten Mann, den Mein wärmster Dank zu Grabe geleitet. Ich bestimme hiermit, daß für ihn, der so viel für die Armee gelhan, l sämmttiche Offiziere der Arniee Trauer — Flor um den linken Unterarm — auf acht Tage, einschließlich des 25. d. M., an legen; 2. diese Trauer bei den Offizieren des Gardereitcr-Regiments zehn Tage und 3. bei den Offizieren nnd Beamten des Kritgsnnnisteriums vier zehn Tage dauert. Dresden, am 25. März 189l. Albert. Graf von Fabrice war am 23. Mai 1818 zu Quesnoy für Deule geboren, wo sein Vater als kgl. sächs. Major bei den Okkupations-Truppen stand; er trat 1834 als Portepeefähnrich in das 2. sächsische Reiterregiment ein, wurde 1848 Rittmeister und nahm 1849 am schleswig-holsteinischen Feldzuge theil. 1850 wurde Fabrice in den Generalstab versetzt, 1853 zum Major und 1861 zum Obersttieutenant befördert und 1863—64 dem Bundesexekutionskommando in Holstein als Chef des Generalstabs beigegeben. Zu einer be deutenden Thätigkeit kam der Verstorbene erst im Kriege 1866 in Böhmen als Generalstabschef des da maligen Kronprinzen, unseres Königs Albert. Nach dem Fciedensschluß ward er zum Generallieutenant befördert und am I. Oktober 1866 zum KriegSmintster ernannt mit der Aufgabe, der neuen politischen Stellung Sachsens entsprechend, die Armee nach preu ßischem Muster zu reorganisiren, was er unter ge schickter Ueberwindung der erheblichen Schwierigkeiten rasch zu Stande brachte. Beim Ausbruch des deutsch französischen Krieges 1870 wurde er zum General gouverneur für den Bezirk des 12. Armeekorps, am 1. Januar 1871 aber zum Generalgouverneur von Versailles ernannt. Nach Rückkehr des großen Haupt quartiers nach Versailles blieb F. als Vertreter des Reichskanzlers und als Höchstkommaudirender der deutschen Okkupationsarmee in Frankreich. Seine ent schlossene und kluge Handlungsweise hatte den Erfolg, daß die deutsche Armee, ohne am Kampf gegen die Kommune theilzunehmen, doch nicht unwesentlich zur schließlichen Unterwerfung des Aufstandes beitragen konnte. Am 19. Juni 1871 übernahm dann F. wieder die Leitung unseres Kriegsministeriums. 1872 zum General der Kavallerie befördert, wurde er am I. No vember 1876 nach v. Friesens Rücktritt zum Präfi sidenten des Staatsministeriums ernannt und 1882 auch mit der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten betraut. Nachdem er 1878 in den Freiherrnstand er hoben worden, folgte 1884 bei seinem fünfzigjährigen Dienstjubiläum seine Erhebung in den erblichen Grafen stand. Graf von Fabrice war eine durchaus ritter liche Erscheinung, sowohl seiner äußeren Gestalt als seiner Handlungsweise nach. Das Vertrauen des Königs besaß der Verstorbene in hohem Maße und das gesammte sächsische Volk betrauert in ihm einen treuen Berather der Krone und des Landes, dessen gerades und offenes Wesen allseitige Anerkennung und Sympathie fand. Sein Andenken ist mit der Geschichte des neuerstandenen Deutschen Reiches eng verbunden und in der Geschichte Sachsens wird der Heimgegangene stets mit hohem Ruhme genannt werden. Das Gesammtministerium des Königreichs Sachsen hat innerhalb Jahresfrist bis auf den Vorstand des Kultusministeriums vr. v. Gerber durchweg mit neuen Männern besetzt werden müssen; der Tod rief ab den Finanzminister Freiherrn v. Könneritz, den Justiz minister vr. v. Abeken und den Vorsitzenden, Kriegs minister General Graf Fabrice, während der Minister des Innern von Nostitz-Wallwitz aus Gesundheitsrück sichten seinen Posten verlassen mußte. Durch den Tod des Grafen Fabrice sind auch frei geworden die' Aemter des Ministers der auswärtigen Angelegen heiten, sowie des sächsischen Ordenskanzlers. — Die feierliche Beisetzung des Grasen Fabrice wird Sonntag Mittags 1 Uhr vom Ministerhotel auf der Seestraße aus nach dem inneren Ncustädter Fried- Hofe erfolgen. Der Leichenkondukt wird sich durch die Seestraße über den Altmarkt, durch die König Johann- Straße und Moritzstraße über den Neumarkt, durch die Augustusstraße, über den Schloßplatz, über die Augustus brücke und den Neustädter Marktplatz, durch die Hauptstraße, Königsbrücker Straße, Bischofsweg, Konradstraße bis zum inneren Neustädter Friedhof be wegen. ES ist dies ein großer Weg, sodaß sich das Publikum in den vielen Straßen auf den Trottoirs