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— 725 — erhobenen Beschuldigungen auf Unwahrheit beruhen. Es sollte uns freuen, wenn es noch gelänge, des Ver brechers habhaft zn werden und ihn der verdienten Bestrafung zuzuführcn." Tagesgefchichte. Berlin. Der Besuch des Königs der Belgier am deutschen Kaiserhofe wird Mitte Oktober erwartet. Der Gast wird der Einweihung des Mausoleums in Potsdam für Kaiser Friedrich am 18. Oktober bei wohnen, zu der auch die Großherzogin von Baden in Berlin ermattet wird. — Am Abend des 30. September sanden in Berlin Sozialistenversammlungen in 7 verschiedenen Lokalen zum Aushören des Sozialistengesetzes statt. Die Feier verlief überall ohne Störung unter zahlreicher Bethei ligung auch von Frauen und Kindern. Die Vorsitzen den konnten allenthalben mühelos die Ordnung auf recht erhalten. — Ueber die Vorlagen, mit denen sich der Bun desrath nach seinem Wiederzusammentritt zunächst beschäftigen wird, erfährt man, daß außer dem neuen Patentgesetze und der Novelle zum Krankenversiche rungsgesetze nur kleinere Vorlagen, wie die bereits eingegangene über die Einführung einer Prüfungsan stalt für Gewehrläufe, in Betracht kommen werden, und daß der Reichshaushaltsplan den Hauptberathungs- gegenstand bilden wird. Verschiedene Epezialetats sind bereits im vorläufigem Entwürfe fertig, so namentlich, wie wir erfahren, der Militäretat, der noch weiteren Erwägungen nach finanziellen Gesichtspunkten im Rahmen des Gesammtetats unterliegt. In dec zweiten Hälfte des Oktobers und Anfang November werden die Einzeletats beim Bundcsrath eingehen, so daß der Reichstag alsbald nach Wiederbeginn seiner Sitzungen in der Lage sein wird, die erste Lesung des Etats vorzunehmen. Auf die Gestaltung des Militäretats wird der bevorstehende Wechsel im preußischen Kriegs ministerium, der nichts weniger als einen Wechsel des Systems bedeutet, ohne Einfluß bleiben. — In Deutschland trat am l. Oktober bekanntlich das neue Gesetz über die Erhöhung der Friedens- präsenzstärke des Heeres, welches der Reichstag im Juni nach lebhaften Kämpfen angenommen hat, in Kraft. Das neue Heeresgesetz setzt die Friedensprä senzstärke auf 486,983 Mann fest, wobei die Offiziere (20,285), Einjährig-Freiwilligen (9000), Militär- Aerzte (1830), Zahlmeister, Roßärzte, Büchsenmacher, Waffenmeister, Sattler sowie sämmtliche Militär-Be amte nicht inbegriffen sind. Seit 1875 ist die Frie denspräsenzstärke des deutschen Heeres von 401,659 Mann auf die oben angegebene Ziffer gestiegen, hat sich somit um 85,324 Mann vermehrt. Seit 1. April 1887 beträgt die Erhöhung 18,574 Mann, wovon 11,800 Mann auf neue Formationen und 6674 Mann aus Verstärkung vorhandener Formationen kommen. Wie erinnerlich, werden neu errichtet: 70 Batterien Feldartillerie, 1 Pionier-Bataillon, 3 Trainbataillone, 4 Infanterie-Bataillone. — Bekanntlich ist die Reichstags-Kommission, welcher die Gewerbeordnungs-Novelle über wiesen ist, in ihren vor der Vertagung gefaßten Be schlüssen mehrfach in den der Industrie aufzuerlegen den Beschränkungen erheblich über die Vorschläge der Regierung hinausgegangen. Es ist dies in Folge einer Art Wettrennens um die Mahlstimmen der Ar beiter seitens der deutsch-freisinnigen und klerikalen Mitglieder der Kommission mit den sozialdemokratischen geschehen. Die von der Regierung eingeforderten Gutachten wirthschastlicher Körperschaften und Vereine haben sich fast durchweg gegen die Erweiterungs-Be schlösse der Kommission erklärt. Wie die „Nat.-Zlg." zuverlässig erfährt, wird innerhalb der Regierungs kreise diese Ausfassung durchaus getheilt, so daß ein Hinausgehen des Bundesraths in der bezeichneten Richtung über die Vorschläge des Entwurfs ausge schloffen erscheint. — Die am 29. September zum Abschluffe ge langten Verhandlungen wegen Aufnahme von An leihen für Reich und Staat sind, wie kaum bemerkt, zu werden braucht, für die von den gesetzgebenden Körperschaften genehmigten Zwecke bestimmt. Die bez. Summen betragen übrigens, wie verlautet, 160 Mil lionen für das Reich und 50 Millionen für den Staat. Als Nebernahmekours wurden 87 Proz. genannt. Der Typus der Verzinsung von 3 Proz. würde in der Geschichte des preußischen und Reichsfinanzwesens eine neue Etappe der Entwicklung bezeichnen. Die Begebung preußischer Anleihen würde sich, wenn das Reich jene Offerte acceptirte, was in einer baldigen Sitzung der maßgebenden Faktoren der Finanzverwal- lung sich entscheiden wird, unter dem gleichen Satz der Verzinsung erfolgen. — Wie schon bemerkt, haben die praktischen Ver suche mit dem neuen „rauchlosen Pulver" in Frankreich zu der Ueberzeugung geführt, daß wesent liche Veränderungen in der Ausrüstung und Bekleidung der Truppen dadurch bedingt werden. Auch in deut schen militärischen Kreisen sollen Erwägungen ähnlicher Art bereits gepflogen werden. Die heutigen Uniformen der deutschen Truppen entsprechen, wie die jüngsten Manöver erwiesen haben, dem Ernstfälle nicht mehr. In einem Rückblick der „Schles. Ztg." auf die Kaiser manöver wird dieser Gedanke des Näheren ausgeführt. Die blanken Helme, die vielen glänzenden Metalltheile, die weißen Koller der Kürassiere, die bunten Attillas der Husaren und manches Andere machen sich in der Entfernung so deutlich sichtbar, daß das Einschieben der Artillerie und das Zielen der Infanterie außer ordentlich dadurch erleichtert wird. Selbst die gedeckt hinter einem Erdwall liegende Schützenlinie ist durch die hcrrvorragenden Helmspitzen leicht erkennbar. Die deutsche Armee ist die einzige der Neuzeit, welche äußerlich dem Glanze noch so stark Rechnung trägt. Russische und französische Infanteristen verschwinden, wenn sie auf der Erde liegen, auf gewiss« Entfernungen dem Auge fast ganz. Die deutschen Truppen würden sich ihnen gegenüber im Nachtheil befinden. Es hat den Anschein, als ob die Frage der Neuunisormirung demnächst eine wichtige Rolle im Heereselat spielen wird, und als ob die Anforderungen der Militärver waltung in der nächsten Zukunft neben Anderem vor läufig hauptsächlich auf diesen Punkt gerichtet sein werden. — Reichskanzler v. Caprivi hat jüngst Gelegen heit genommen, zu erklären, daß mir dasjenige an Kolonien, was wir besitzen; festhalten würden und daß er Werth darauf lege, daß dies bekannt werde. — Ueber die künftige Organisirung des ostafri kanischen Küstengebietes wird innerhalb der Reichs verwaltung das erforderliche Material vorbereitet, damit dem Reichstage sofort nach seinem Zusammentritt ein vollständiger Plan in allen Einzelheiten vorgelegt werden kann. — „Göttliches Gebot und höhere Ueberzeugung" befreien nicht von der Militärpflicht. Der Kaiser hat das Gesuch eines Reservisten Friedrich May, ihn von der ferneren Ausübung der Militärpflicht zn befreien, abschlägig beschicken. May hat sich nun nochmals schriftlich an den Kaiser gewandt und ihm als dem obersten Kriegsherrn den Gehorsam aufgesagt, weil er laut seiner inneren Ueberzeugung und göttlichem Ge bot gemäß Niemand tödten dürfe noch werde, weder in Kriegs- noch in Friedenszeiten. Wiederholt ist May von Militärärzten aus seinen geistigen und körperlichen Zustand untersucht und als vollkommen gesund und zurechnungsfähig erklärt morden. In dem Reserve- Unteroffizier Haase, von Beruf Buchbalter und ebenso wie May Mitglied der Neukirchengemeinde, hat letzterer bereits einen Nachfolger gefunden. Haase hat im Jn- stanzwege beim Landwehrkommando Berlin unter An gabe derselben Gründe um seine Entlassung aus dem Militärverbande gebeten. — Da könnte Jeder kommen! — Einen unerwarteten Verlauf nahm eine von Sozialdemokraten in Hadersleben einberusene Ver sammlung, in welcher der sozialistische Reichstags abgeordnete für Pinneberg-Elmshorn, Molkenbuhr, über die Lage der deutschen Arbeiter in längerer Rede sprach. Nach heftiger Debatte wurde eine Zustimmungs erklärung zu den Ausführungen des Redners abgelehnt, dagegen mit 350 gegen 30 Stimmen folgende Re solution angenommen: „In Uebereinstimmung damit, daß auf dem von Er. Maj. dem Kaiser beschrittenen Wege eine friedliche Lösung der sozialen Frage zu er reichen ist, erklärt sich die heutige Versammlung bereit, Se. Majestät mit allen Kräften in seinem Bestreben zu unterstützen." Mit einem dreifachen Hoch auf den Kaiser wurde alsdann die Versammlung geschloffen. — Die Pferdezucht Ostpreußens hat in den letzten 20 Jahren einen ganz gewaltigen Aufschwung genommen. Während im Jahre 1870 die Zahl der durch die Landbeschäler der drei Marställe des litthau- ischen Landgestüts, Insterburg, Rastenburg und Gud- wallen, gedeckten Stuten 15,830 betrug, stieg dieselbe im verflossene» Berichtsjahr 1889 bereits bis auf 31,174, also nahezu um 100 Prozent. Hengste waren im letzten Jahre in der Provinz 498 aufgestellt. Der viel kleinere Regierungsbezirk Gumbinnen steht mit 355 Hengsten und 22,628 Stuten obenan, während für Königsberg die entsprechenden Zahlen 143 und 8546 sind. Baden. Zur Feier des Jahrestages der Ein nahme von Straßburg versammelten sich am 17. Sep tember in Karlsruhe die ehemaligen Angehörigen des Leib-Grenadier-Regiments Nr. 169 zu einer kamerad schaftlichen, festlichen Zusammenkunft in hiesiger Stadt. An einem Festzug mit ausgezeichnet gelungenen Be ziehungen auf die Geschichte des Regiments schloß sich ein Banket in der Festhalle, an welchem Tausende Teilnahmen, und bei welchem lebende Bilder patrio tischen Inhalts zur Darstellung kamen. Darauf ergriff der Grobherzog, der Chef des Regiments, welcher von Baden-Baden zur Theilnahme an dem Feste hierher gekommen war, das Wort zu einer Ansprache, in welcher er für die Einladung dankte und die Hoffnung aussprach, die soeben dargestellten geschichtlichen Bilder würden auf Alle den Eindruck machen, daß die Ver gangenheit hochzuhallen sei, insbesondere die Zeit, die Deutschland geeinigt und groß gemacht habe. Der Grobherzog ermahnte alle Anwesenden, diesen Geist in ihre Heimath zu tragen, dort zu verbreiten und besonders auf die Jugend zu übertragen, damit noch viele Generationen der großen Zeit sich erinnerten, damit Alle die ganze Kraft in sich aufnähmen, die aus dieser Zeit auf uns übergegangen sei. Beim Scheiden begrüßte der Großherzog Alle mit dem Rufe, mit welchem wir uns immer wieder begegnen, und mit welchem im Nothfalle Jung und Alt die Waffen er greifen werden: Hoch Seine Majestät Kaiser Wilhelm! hoch, hoch! Niederlande. Ueber das Befinden des Königs, welcher seit zwei Tagen das Bett hüten muß, ver lautet, es habe sich neuerdings eine gewisse Ab schwächung der Kräfte gezeigt, der König habe sich den Regicrungsgeschäften nicht mehr widmen können und während der letzten Tage das Bett nicht mehr ver lassen. Auch der Appetit sei fast gänzlich geschwunden. Rußland. In den russischen Regierungskreisen scheint man die Frage, ob den Juden neue Be schränkungen auferlegt werden sollen, in ernste Er wägung zu ziehen. Der „Nowoje Wremja" zufolge tritt demnächst im Ministerium des Innern eine neue Kommission zur Regelung der Judenfrage zusammen. Serbien. Die Wahlen zur serbischen Skupsch- tina (Volksvertretung) sind im hohen Maße zu Gunsten der Negierung ausgefallen. In sieben Wahlkreisen wurde nicht eine einzige Stimme für die Opposition abgegeben. In Belgrad ist der Liberale Avukumovic infolge des gesetzmäßigen Grundsatzes der Minoritäts vertretung gewählt. Eine Volksmenge brachte vor dem Palais des Königs und der Wohnung des Minister präsidenten Gruic Ovationen dar. Wahlexzeffe sind aus keinem Bezirke gemeldet worden. Von 15 Wahl kreisen sind die Resultate aus 13 Kreisen bekannt. Gewählt sind 80 Radikale, 5 Liberale und ein Kan didat der Fortschrittspartei. — Als König Alexander am Abend des 28. Sep teniber von einer Ausfahrt zurückkehrte, explodirte unter den Rädern des zweiten Wagens, der dem König folgte und in dem ein Adjutant saß, eine Petarde. Es wurde Niemand beschädigt. — Andere Nachrichten be richten, daß eine verlorene Patrone unter die Räder gekommen und mit schwachem Knall explodirt sei. Portugal. Mit großer Spannung wird in Europa die Entscheidung in dem Kampfe zwischen Monarchie und Republik in Portugal erwartet. Die Zustände haben sich in dem portugiesischen Königreiche nicht nur verschlimmert, sondern sich derartig zugespitzt, daß jeden Tag die Revolution ausbrechen kann. Die republi kanischen Blätter schleudern wahre Giftpfeile gegen die Dynastie und ihre Rathgeber, ja, die Republikaner behaupten geradezu, daß es Pflicht jedes Patttoten sei, in Portugal die Monarchie zu stürzen, denn diese habe das Land zu Grunde gerichtet. Andere niederträchtige Verleumdungen, welche die republikanische Presse in Portugal gegen die Dynastie kundgiebt, sind von solcher Natur, daß man aus Anstandsgefühl verschmähen muß, sie wiederzugeben. Thatsächlich ist die königliche Re gierung in Portugal ja auch an den Schwierigkeiten so gut wie unschuldig, denn dieselben bestehen darin, daß das kleine Portugal der englichen Machtpolitik in Afrika zu weichen sich genöthigt sieht, und daß diese Nachgiebigkeit der Regierung seitens der Volksver tretung, insbesondere von den Republikanern als Tod sünde angerechnet wird. Nord-Amerika. Ein großer Indianer-Auf stand gilt als bevorstehend; in Fort Still schworen 5000 Indianer das Christenthum ab; die Garnisonen des Westens sind eiligst verdoppelt worden. Kirchen-Rachrichten von Dippoldiswalde. Donnerstag, den 2 Oktbr., früh 9 Uhr, Wochenkommunion. Sparkasse zu Höckendorf. Nächster Erpeditionstag: Sonntag, den 5. Oktober, Nach mittags 3—6 Uhr. Da» Kaiserliche Postamt zn Dippoldiswalde ist für den Verkehr mit dem Publikum geöffnet: An Wochen tagen: 8—12 Uhr Vorn,., 2—7 Uhr Nachm., an Sonn- und Feiertagen: 8-9 Uhr Vorm, 5-7 Uhr Nachm. — Außerdem nur für den Telegraphendicnst Sonn- und Festtags von 12 bis l Uhr Mittags. Die Leerung der OrlSbrieskasten erfolgt 6°/« und 10'/» Uhr Vorm., 2'/, und 6'/, Uhr Nachm. Dem Landbestellbezirke sind zugetheilt die Ortschaften: Ber reuth mit Seifen, Elend, Hermsdorf, Luchau, Malter, Ober- und Niedersrauendorf, Obercarsdorf, Oberhäslich, Paulsdorf, Paulshain, Remberg, Reinholdshain und Ulberndorf. Volk«-Bibliothek iu Dippoldiswalde. (Im Schulgebäude.) Jeden Sonntag von 11—12 Uhr Milt.