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56. Jahrgang. Nr. 114. Sonnabend, den 27. September 1890 Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehnt in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „Jllustrirten Unterhaltungsblatt." Mit land« und hauswirthschaftlicher Monatsbeilage. Äuloralo lür INoiöorid-Hoilnna" nehm«, an: in Dippoldiswalde: die Expedition, — in Altenberg: Buchbinbermstr. Schütze, — in Frauenstein: Nadlermstr Hardt- AKfktutt fü» Vit «Fkttuuff mann, — in Glashütte: Buchbinbermstr Schubert, —in Kreischa: Buchbinder Berger, — in Potschappel: Kaufmann Theuerkauf. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr nnrk- same Verbreitung finden, werden mit 1V Psg. di« Spaltenzeile oder bereu Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Psg. DU „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Psg-, zweimonatlich 84 Psg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern lv Psg. — All- Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. WHmtz -MW Amtsblatt für die Königliche AmtshaupLmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Abonnements Einladung. Das letzte Quartal des Jahres 1890 ist in Sicht. Mit dem nahenden Winter, mit der geschäfts reicheren Zeit, besonders um Weihnachten, tritt auch das Bedürfniß des Jnserirens, sowie einer anregenden Lektüre wieder mehr in den Vordergrund. Die politische Tagesordnung, besonders mit dem Aufhören des Sozialistengesetzes, wird die öffentliche Aufmerksamkeit in lebhafterer Weise in Anspruch nehmen, als bisher, wie denn überhaupt bei der sich in rascherem Tempo bewegenden Gesetzgebung des Reiches, namentlich in der Arbeiterfrage, an jeden an den öffentlichen Verhältnissen Theilnehmenden die Forderung herantritt, sich in der Kenntniß der Thalsachen und Meinungen einigermaßen auf dem Laufenden zu erhalten dadurch, daß er ein Blatt liest, welches in gedrängter Form einen verständlichen Ueberblick bietet über die immer weiterer Ent wickelung zustrebenden Pläne und Bestrebungen der Reichsregierung und der Parteien. Wir dürfen wohl behaupten, daß wir jederzeit bemüht gewesen sind, allen diesen Interessen gegenüber in unserem Blatte das zu bieten, was man gerechterweise von einem Wochenblatte verlangen kann; aber auch aus Belehrung (besonders in der landwirthschaftlichen Beilage) und Unterhaltung (in unserer illustrirten Unterhaltungsbeilage) haben wir unser Augenmerk gerichtet; wir werden auch künftig nicht von diesem Wege weichen, vielmehr auf immer weitere Verbesserungen unseres Blattes hinarbeiten. Darum dürfen wir uns wohl auch versichert halten, zu den alten Freunden neue zu gewinnen, wodurch wir in den Stand gesetzt sein werden, den Interessen derselben in immermehr sich steigerndem Maße zu dienen. Die uns zur Veröffentlichung übergebenen Inserate, die bei mehrmaliger Aufgabe hohen Rabatt genießen, finden in unserer Zeitung, vem Amtsblatte königlicher und städtischer Behörden, dem weitverbreitetsten und gelesensten Organe im ganzen Verwaltungsbezirke, eine weitausgedehnte allgemeine Verbreitung und er füllen dadurch ihren Zweck im höchsten Maße. Indem wir zu rechtzeitiger gefälliger Erneuerung der Bestellung der „Weißeritz-Zeitung" hierdurch ergebenst einladen, zeichnen wir mit Hochachtung und Ergebenheit die Redaktion -er „Weißeritz-Zeitung". Paul Jehnc. Zur inneren Lage. Die sommerliche Ruhepause in der inneren deut schen Politik hat allmählich wieder einem regeren Pulsschlag Platz gemacht, wenngleich sich derselbe zu nächst nur in den Vorbereitungen zu erkennen giebt, welche man in den Reichsämtern und in den preußischen Ministerialrefsorts für den bevorstehenden parlamen tarischen Winterfeldzug trifft. Letzterer wird seine Ein leitung mit dem gegen Mitte Oktober zu gewärtigen den Wiederbeginn der Arbeiten des BundesratheS fin den und versichert man, daß der Entwurf des nächst jährigen Reichsetats im Reichsschatzamte nahezu fertig gestellt sei. Der neue Reichsetat soll im Vergleich mit dem des laufenden Rechnungsjahres keine wesentlichen Mehrforderungen enthalten und speziell bezüglich des Militäretats heißt es, daß derselbe keinerlei „Ueber- raschungen" aufweisen werde, welche Versicherung hoffentlich auch eintreffen wird. Von sonstigen neuen Vorlagen für Bundesralh und Reichstag verlautet in dessen zur Zeit noch wenig und werden da lediglich die Novellen zum Patentgesetz, sowie zum Muster- und Markenschutzgesetz genannt, mit deren Ausarbei tung bas Reichsamt des Innern beschäftigt ist. Da den Reichstag bei Fortsetzung seiner Session im No vember die umfangreiche zweite Lesung des Arbeiter schutzgesetzes erwartet, so erscheint es auch in Hinblick auf die Schwierigkeit und Wichtigkeit dieser Materie ganz erklärlich, wenn die Regierung dem Reichstage vorläufig nicht mit neuen größeren Vorlagen kommt. Dagegen stehen bekanntlich im preußischen Landtage bedeutungsvolle Gesetzentwürfe in Aussicht und zwar in Gestalt der angekündigten Reformen auf den Ge bieten der Volksschule, der Landgemeindenordnung für die Osthälste der Monarchie und des Steuer- und F nanzwesens. Noch am wenigsten bekannt ist bis jetzt der Stand der Vorarbeiten zu dem Volksschul lastengesetz, während über den Inhalt des vom Mi nister Herrfurth demnächst wohl gänzlich fertiggestellten Entwurfs einer Landgemeindenordnung schon verschie dene Andeutungen in die Oeffentlichkeit gelangt sind, aus denen aber noch kein Schluß auf die eigentliche Gestaltung dieser Vorlage gezogen werden kann. Da für sind jedoch die Grundzüge der Miquel'schen Steuer- resormpläne nunmehr bekannt geworden und ihre Stütze und Kernpunkte, erhöhte Besteuerung des Ein kommens aus dem sundirten Kapital und der höheren Klaffen der Gewerbesteuerpflichtigen zu Gunsten der unteren Klaffen, haben in der Tagespreise überwiegend eine günstige Beurtheilung gefunden, so daß man voll Hoffnung der weiteren Entwickelung der Reformge danken des neuen preußischen Finanzministers ent gegensetzen darf, von denen wohl auch eine günstige Rückwirkung auf das Gebiet der Reichsfinanzen zu erwarten steht. Ueber den Zeitpunkt freilich, zu welchem sämmtliche Reformvorlagen dem preußischen Landtage unterbreitet werden sollen, läßt sich augen blicklich noch nichts Bestimmtes sagen, da dieselben sich ja noch in ihren Vorstadien befinden und erst nach ihrer gänzlichen Fertigstellung wird sich die erwähnte Frage entscheiden lassen. Inzwischen ist mit dem 1. Oktober allmählich jener Tag herangenaht, der sich zu einem entscheidenden Wendepunkt für die gesammte innere deutsche Politik zu gestalten verspricht, da an diesem Tag das Sozialistengesetz nach zwölfjähriger Dauer erloschen sein wird. Welchen Entwickelungs gang die sozialdemokratische Bewegung in Deutschland alsdann nehmen wird, kann selbstverständlich zur Zeit noch nicht mit Gewißheit beurtheilt werden, denn mit dem Fallen des Sozialistengesetzes greifen für die so zialistische Partei ganz neue Verhältnisse Platz, denen man in den Reihen der Führer selbst noch ungewiß gegenübersteht. Jedenfalls ist es aber bemerkenswerth, daß man in den deutschen Regierungskreisen dem wei teren Verlauf der Dinge nach dem 1. Oktober mit ruhiger Entschlossenheit entgegensieht und diese von jeder überschäumenden Aengstlichkeit weit entfernte Stimmung in den leitenden Kreisen wird hoffentlich auch auf denjenigen Theil der Bürgerschaft, in welchem man noch mit einer gewissen Besorgniß der ferneren Entwickelung der sozialistischen Bewegung harrt, be ruhigend zurückwirken und somit wird es auch nach dem 1. Oktober für die deutsche Bürgerschaft heißen: Bangemachen gilt nicht! Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 26. September. Morgen be gannen bei den meisten Schulen, auch bei uns, die Herbstferien, mit denen die erste Hälfte des Schul jahres — das erste Semester, wie die Lateiner sagen — abschließt. Da giebts wieder Censuren und Ver setzung und je nach dem Ausfälle derselben frohe oder betrübte Gesichter, Sonnenschein oder Sturm im Schoße der Familien. Das ist in der Natur und im Leben nicht anders; Sonnenschein und Regen wechseln; nur daß wir im Leben es zum großen Theile selbst mit in der Hand haben, wie sich unsere Tage gestalten. Das Sprichwort sagt: „Wie man sich bettet, so liegt man" — „Jeder ist seines Glückes Schmied und seines Un glücks Schöpfer" — „Was du thust, thust du dir selbst" u. s. w. um anzudeuten, daß wir selbst dazu beitragen können, wie uns in der Zukunft die Loose fallen. Die Censuren, besonders die beim Schluffe des Halbjahres, enthalten Fingerzeige, die, wenn sie von Eltern und Schülern beherzigt werden, recht wohl dazu beitragen können, wie auf der einen Seite zum rastlosen Fortschritt, so aus der andern zur Umkehr M mahnen und die sich somit als einer der wichtigsten Er ziehungsfaktoren und als ein Band zwischen Schule und Elternhaus beweisen. Leider ist diese Auf fassung der Censuren seilens des Hauses nicht allgemein, und- nicht selten tragen dieselben sogar zur Lockerung und Lösung dieses Bandes bei, eine Erfahrung, die jedoch, so betrübend sie ist, die Schule nicht abhalten kann, bei Abfassung der Urtheile über Verhalten und Leistungen ihrer Schüler ohne Ansehen der Person zu verfahren, nur geleitet von dem Grundsätze der Ge rechtigkeit, welche gegebenen Falls die Milde nicht auS- schließt. Nach den Tagen der Sorge bringt also die nächste Woche die Herbstferien, von denen wir wünschen, daß sie aus recht sonnigen, erquicklichen Tagen bestehen mögen. Allerdings ist seit Mittwoch ein Umschwung der Witterung erfolgt, und Falb sagt sogar für den 28. d. M. einen kritischen Tag erster Ordnung vorher; aber das soll uns die Hoffnung nicht trüben; ein Rück gang des Windes nach Südost, woher uns so über raschend schöne Tage kamen, ist ebenso möglich als wahrscheinlich. — Mit dem Schluffe des Schulhalb jahres tritt an Eltern und Vormünder die unabwels - liche Forderung heran, für den künftigen Lebensberuf ihrer Kinder, bez. Mündel die nöthigen Vorkehrungen rechtzeitig zu treffen, sei es durch Wahl eines Lehr meisters, sei es vurch Anmeldung auf den Schulen, wo die Betreffenden die zu dem erkorenen Berufe nöthige wissenschaftliche Vorbildung erhalten sollen. In dieser Angelegenheit lässig zu sein, rächt sich oft empfindlich, deshalb haben wir es schon seit Jahren als unsere Pflicht erachtet, um diese Zeit an diese Vor sorge zu erinnern, da dieselbe erfahrungsgemäß im Drange der Geschäfte oft übersehen zu werden pflegt. Da in leistungsfähigen Werkstätten die Anmeldungen gern schon lange vor dem Antritte gemacht werden, so wird, je länger man damit zögert, die Gelegenheit zur Erlangung eines guten Lehrmeisters seltener, ebenso sind auf renommirten Anstalten die Stellen, oft lange vor dem Ausnahmetermine besetzt — also wer dergleichen vorhat, der beeile sich nunmehr, die nöthigen Schritte zu thun; die Sorge wird geringer, je früh zeitiger man derselben ins Auge geschaut hat. — Wir erinnern an den morgen, Sonnabend, Abends 8 Uhr, im Rathhaussaale stattfindenden Vor trag des Herrn vr. Kirbach und wünschen demselben eine recht zahlreiche Zuhörerschaft. Daß Frauen will kommen sind, ist bereits mehrfach betont worden. — Der hiesige „ärztliche Bezirksverein", der am 24. d. M. eine Sitzung hielt, sah in derselben zwei