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566 hiesigen Frohnfeste gebracht werden. Auf dem Wege dahin war eS jedoch dem einem dieser Durchbrenner gelungen, sich seiner Fesseln zu entledigen und sein Heil in der abermaligen Flucht zu versuchen. Bald mochte der lockere Vogel aber zur Einsicht gelangen, daß ihm sein Unternehmen wenig nützen könnte. Mit den Worten: „Wo die beiden Andern sind, da will ich auch sein!" begab er der sich selbst angemaßten Freiheit, sragte eine Frau nach dem Wege nach Frauen stein und wurde dahin durch einen dieses Weges gehen den Frauensteiner Bürger begleitet und vom hiesigen Gendarm in Nummer Sicher geführt. Den 3 Durch brennern, welche für ihre Bettelei zunächst hier eine Gefängnißstrafe abbüßen müssen, dürfte in Brauns dorf ein warmer Willkommen jedenfalls sicher sein. Dresden. Der gegenwärtig in Dresden seine Generalversammlung abhaltende Verein deutscher Eisen- bahnverwaltungen hat den Antrag der Direktoren der ungarischen Slaatseisenbahnen auf Einführung einer einheitlichen Eisenbahnzeit angenommen. Die Ein führung erfolgt mit dem nächsten Sommerfahrplan. AuS der Lößnitz. Die jetzt im Gange befind liche Untersuchung der Weinberge hat leider ergeben, daß die Reblaus nicht beseitigt ist; so hat man sie neuerdings in Bergen, welche bisher frei davon waren, aufgefunden, wie in denen von Traugott Vetter in Kötzschenbroda, Schönherr in Naundorf, Ernst Vetter in Kötzschenbroda, alle 3 Berge am Neufriedstein in Niederlößnitz befindlich. Ferner ist das schädliche In sekt in den Weinbergen der Besitzung Friedstein (Be sitzer Lamsbach), in denen man es schon früher ge sunden hatte, wieder aufgetreten. Sämmtliche Reblaus herde sind von dem mit der Untersuchung betrauten Garteninspektor Lämmerhirt mit Einzäunung vor dem Betreten abgesperrt worden; bezügliche Tafeln weisen darauf hin. Meißen. Beim Schleüßenbau an der Eichgasse stieß man am 28. Juli auf ein altes Massengrab. Dasselbe dürfte aus dem Jahre 1813 stammen, wo französische Soldaten hier beerdigt worden sind. In einem ganz kleinen Raume sand man 13 Gerippe, da runter sehr gut erhaltene Schädel. Die Gebeine sind wieder eingegraben worden. Erwähnenswerth ist, daß der eine Schädel noch das vollständige Gebiß enthielt. Uniformstücke fand man nicht, nur einzelne blanke Knöpfe ließen den Schluß zu, daß man hier ein Sol datengrab vor sich habe. Sebnitz. Wie im vorigen Jahre, so ist auch Heuer die Bauthätigkeit hier eine so rege gewesen und ist es zur Zeit noch; im Besonderen wird die an der böhmischen Straße oberhalb der Hammermühle hier gelegene Wiese sehr bald gegen früher ein vollstänoig verändertes Aussehen zeigen, da letztere in ihrem ganzen Umfange zu Baustellen eingelheilt und theilweise be reits mit Häusern bebaut worden ist, bez. gegenwärtig noch bebaut wird. Seiffen. Vom hiesigen Gendarm wurden am Mittwoch im Walde zwischen Heidelberg und Deutsch einsiedel zwei Vagabunden schlafend angetroffen, auf die das Signalement der beiden Strolche paßte, welche des Raubmords an dem Gutsauszügler Wetzig in Leubsdorf verdächtig sind. Dieselben wurden verhaftet und in das Amtsgerichtsgefängniß in Sayda einge liefert. Freiberg. Bei der Ausfahrt aus dem Bahnhofe Moldau hatte am 30. Juli der Schaffner Frischke aus Nossen das Unglück, beim Besteigen der Bremse auf den Bahnkörper herabzustürzen. Der Verunglückte erlitt eine Gehirnerschütterung, brach ein Bein und hatte bedeutende Verletzungen im Gesicht, er wurde ins hiesige Krankenhaus gebracht. Crimmitschau. Die beiden Abtheilungen groß- herzogl. hessischer Dragoner, von denen die eine am Sonnabend in Gablenz und die andere am Tag darauf in Nudelswalde eintägiges Quartier bezogen, haben am Vormittag des 27. Juli unsere Stadt be rührt und am 28. Juli ihren Weitermarjch in der Richtung nach Berga fortgesetzt. Der ganze Transport ist von ziemlich langer Dauer, die Detachements haben bereits am 16. Mai ihre Garnison Darmstadt ver lassen, sind nach sechswöchentlichem Marsche bei der Pferdelieferungsstation in Ostpreußen eingetroffen und zum Rückmärsche werden sie mit den Remonten zehn Wochen brauchen, so daß sie erst Anfang September wieder in Darmstadt eintreffen. Der Fußtransport wird dem Eisenbahntransporte, der natürlich viel kürzer sein würde, vorgezogen, weil sich der Fußtransport für die jungen und unruhigen Remontepferde aus ver schiedenen Gründen als besser erweist. Plauen i. V. Unserem noch jugendlichen und wenig vermögenden Bürger-Asyl ist sicherem Ver nehmen nach von der kürzlich verstorbenen Wittwe des ebenfalls erst vor kurzer Zeit verstorbenen Webermeisters Friedrich Wilhelm Künzel hier eine sehr dankenswerthe Stiftung zu Theil geworden, und zwar hat Frau Künzel letztwillig bestimmt, daß dem Bürger-Asyl aus ihrem Vermögen, welches sie hinterlassen werde, 10,000 Mark auSgezahlt werden. Nossen. Von den städtischen Kollegien wurde die für den Bau einer Schule mit Turnhalle nöthige Summe von 135,000 Mark bewilligt und die Aus nahme einer Anleihe in der Höhe von 170,000 M., wahrscheinlich bei der Brandkaffenverwaltung, beschlossen. Die Tilgung der Anleihe soll in 50 Jahren erfolgen. Oschatz. Nach einer Notiz unseres Amtsblattes sollte Oschatz zu den Städten gehören, die am wenig sten Steuern zahlten. Darüber herrschte große Freude, die auch auswärtigen Blättern sofort gemeldet wurde. Das „Osch. Tagebl." bezweifelte darauf die Nichtig keit der Angaben und versuchte nachzuweisen, daß das Gegentheil der Fall sei. Um nun Jrrthümer auf zuklären, veröffentlichte der Herr Bürgermeister Härt ung Folgendes, das auch für die Steuerzahler anderer Städte sicher nicht ohne Interesse ist. Seit nunmehr etwa 15 Jahren sind die städtischen Abgaben in gleicher Höhe erhoben worden. Man hat vermieden, auf eine Abgabenerhöhung zuzukommen, während aus der anderen Seite bei den beständig wachsenden An sprüchen an die städtische Verwaltung eine Abgaben ermäßigung nicht möglich war. Es sind stets 8 Pfg. von jeder Abgabeneinheit zur Erhebung gelangt. Fünf Mark Einkommen bilden eine Abgabeneinheit. Bezüg lich des Grundbesitzes gilt in der Regel jede Grund steuereinheit als eine Abgabeneinheit. Jede Abgaben einheit, soweit sie über 400 hinausgeht und nicht mit der Grundsteuereinheit zusammenhängt, wird doppelt gerechnet. Hiernach hat ein Einkommen von 500 M. —100 Anlagen-Einheiten 8 M., 1500 M.— 300 A.-E. 24 M., 2000 M. 400 A.-E. 32 M., 2250 M. --- 500 A.-E. 40 M., 2500 M. — 600 A.-E. 48 M., 4000 M. -- 1200 A.-E. 96 M., 6000 M. ---- 2000 A.-E. 160 M., 10,000 M. — 3600 A.-E. 288 M. u. s. w. jährlich zu bezahlen. Die Progression weicht zwar, bemerkt der Bürgermeister Härtwig dazu, wesent lich zu Ungunsten der niederen Einkommen von der der Staalseinkommensteuer ab, dafür haben aber die städtischen Kollegien für die Familien mit niedrigem Einkommen sehr weitgehende Befreiungen von Schul geld eingeführt, so daß gerade Diejenigen, welche der Berücksichtigung am meisten bedürfen, auch die meiste Nachsicht erfahren. Tagesgeschichte. Berlin. Offiziell wird bestätigt, daß Kaiser Wil helm auf der Rückkehr von England in Helgoland anlaufen dürfte. — Die Gehaltsaufbesserung für die Reichspostbe amten hat naturgemäß eine Mehrbelastung des Reichs postetats im Gefolge, welche zu einer erheblichen Herabminderung des an das Reich abgeführten Ueber- fchusses führen würde, wenn nicht der Mehrbedarf theils durch die Steigerung der Einnahmen, theils durch Er sparnisse an anderen Stellen (etwa bei dem reich lich dotirten Bautenetat) gedeckt werden könnte. Wie mitgetheilt wird, war die Reichspostverwaltung anfäng lich der Ansicht, daß die höhere Bemessung des Ge haltsbudgets eine Verringerung des Reinüberschusses unvermeidlich machen würde, wogegen die obersten Finanzbehörden die unbedingte Nothwendigkeit des Ueberschusses in seiner bisherigen Höhe für die Deck ung der Reichsausgaben betonten. Die Neichspostoer- waltung ist bestrebt, den Modus zu finden, welcher einerseits die Beschaffung der für die Gehaltsaufbesser ung erforderlichen Mittel und andererseits die Erhal tung des Ueberschusses in seiner bisherigen Höhe ge stattet. — Die Vorbereitungen für das am I. Januar 1891 in Kraft tretende Alters- und Jnvaliden- versicherungSgesetz sind im vollen Gange. Die Geschäftsräume des Reichsversicherungsamtes werden bereits zum I. Oktober d. I. fertiggestellt, ebenso er folgt schon die Auswahl und Ernennung der Beamten. Der Wirkungskreis des Reichsversicherungsamtes er fährt durch das Inkrafttreten der Altersversicherung eine überaus große Erweiterung. Wie es heißt, be steht in Regierungskreisen die Absicht, noch einen wei teren Schritt zur Regelung der Arbeiterfrage zu thun, und zwar sollen Erwägungen stattfinden, ob es nicht der stets wachsenden Bedeutung der Arbeiterfrage ent sprechen würde, durch Schaffung einer eigenen selbst ständigen Behörde das Studium der sozialen Probleme und die Vorbereitung der als nothwendig erkannten Maßnahmen leichter und vollkommener zu gestalten. Sollte das Ergehniß dieser Erwägungen in positivem Sinne ausfallen, so würde, aller Voraussicht nach, das Reichsversicherungsamt, welches jetzt dem Reichs amt des Innern unterstellt ist, zu einer selbstständigen Reichsbehörde unter Leitung eines Staatssekretärs er hoben werden. Dieser neuen Behörde, welche etwa den Namen eines Reichsarbeitsamts führen würde, soll dann wahrscheinlich die Bearbeitung sämmtlicher Aufgaben des Staates zur Förderung der materiellen und sittlichen Wohlfahrt der Arbeiter zugewiesen wer den; eS würde also seine Wirksamkeit sich nicht auf das Arbeiterversicherungswesen beschränken, sondern auch die Aufsicht über die Anwendung der Arbeiter- schutzgesetze u. s. w., sowie die weitere Ausgestaltung der Gesetzgebung nach dieser Richtung umfassen. — Man berichtet aus der Reichshauptstadt von der demnächstigen Unisormirung der in der Ver waltung der Post und Telegraphie, namentlich im Telephonwesen, beschäftigten weiblichen Arbeitskräfte. Sie erhaltene postblaufarbene Schoßtaillen aus Trikot stoff mit den bei den männlichen Beamten gültigen orangefarbenen Kragen und Ausschlägen nebst blanken Knöpfen, die sie im Dienst zu tragen haben. Hin sichtlich der Kleiderröcke sollen sie es auch fernerhin nach ihrem Beliebe halten können. In der vorigen Woche ist den in Berlin, besonders an der Börse be schäftigten Damen zu der „Amtskleidung" bereits Maß genommen worden. Hamburg. Der Einsturz der Dampf-Cakes- Bäckerei und Biskuitfabrik auf Sleinwärder erfolgte am 29. Juli Abends, nachdem alle Vorkehrungen der Polizei erfolglos geblieben waren. Die Unterspülung des Mauerwerks derselben war eine Folge der neuer dings erforderlich gewordenen Vertiefung des Stein- wärder Werfikanals, welcher bei der Fabrik vorbei führte. Da bedenkliche Zeichen des Einsturzes seit einiger Zeit bemerkbar waren, war die Fabrik geräumt. Der Bau war erst im Juni vollendet worden. Kiel. Kaiser Wilhelm schifft sich von hier aus am 14. August mit dem Prinzen Heinrich nach Ruß land ein. Prinz Heinrich kommt bereits am II. August in Kiel an. Insel Rügen. Der König von Schweden stattet zwischen dem 5. und 8. August der deutschen Kaiserin in Saßnitz einen Besuch ab. Schwarzenbrunn in Thüringen. Am 26. Juli würbe hier ein furchtbares Verbrechen entdeckt. Seit dem 14. Juli wurde der hiesige Märbelmüller Stefan Löhlein vermißt und nirgends war auch nur eine Spur von demselben zu finden. Da kehrte in diesen Tagen dec ältere Sohn des Vermißten aus der Fremde in's Vaterhaus zurück unv dieser machte denn alle An strengungen, um über das Schicksal des Vermißten Aufklärung zu erhalten. Als alles Suchen und For schen zu keinem Resultat führen wollte, ließ er zuletzt den winselnden Hund von der Kette, hoffend, daß der selbe auf eine Spur führen könnte. Diese Erwartung täuschte auch nicht. Der Hund eilte sofort nach dem Düngerhaufen, fing dortselbst an zu scharren und als man ihm beim Wegräumen behilflich war, fand man den Vermißten mit zertrümmertem Schädel im Miste vergraben. Als des Vatermordes verdächtig wurde hierauf der jüngere Sohn des Erschlagenen geschloffen in das Amtsgerichtsgefängniß abgeliefert. Bayern. Fürst Bismarck wird nächsten Sonn abend zum Kurgebrauch in Kissingen eintreffen und seine alte Wohnung in der oberen Saline wieder be ziehen. Die Münchner Hofequipagen zur Benutzung für den Fürsten sind bereits eingetroffen. Frankreich. Die Rettungsarbeiten in den Gruben Pelissier, wo am 29. Juli Abends eine Explosion schlagender Wetter stattsand, sind beendet. Es wurden 107 Tobte und 113 Verwundete, von denen 14 be reits verstorben sind, herausgeschafft. Eine offene Lampe scheint die Ursache der Explosion gewesen zu sein. Frankreich. Die französisch-englischen Verhand lungen wegen Afrikas sind nunmehr nach wochenlanger Dauer zwar in dec Hauptsache beendigt worden, aber die Unterzeichnung des bezüglichen Vertrages dürfte sich noch hinausziehen. Denn es gilt noch die Einzel heiten über die Abgrenzung der Interessensphären Frankreichs und Englands im Nigergebiet zu regeln und hier macht Frankreich sehr weitgehende Ansprüche, während anderseits auch die englische Nigergesellschaft behauptet, umfassende Besitztitel zu haben. Ein Scheitern des französisch-englischen Abkommens an diesem Punkt steht indessen nicht zu befürchten. Was die Einwen dungen Italiens in Sachen des französischen Exequatur rechts auf Madagaskar anbelangt, so sollen dieselben nicht derartig sein, um die englisch-französischen Ver handlungen irgendwie zu beeinflussen. Schweiz. In Frauenfeld, dem Hauptorte des schweizerischen Kantons Thurgau, wird zur Zeit das eidgenössische Schützenfest gefeiert. An demselben haben sich auch zahlreiche Schützen aus Deutschland betheiligt und sind dieselben von den Schweizern sehr herzlich ausgenommen worden, worüber sich die reichs deutschen Schützen wiederholt höchst anerkennend ge äußert haben. Sicherlich wird darum auch das Frauen felder Schützenfest, wie schon das 10. deutsche BundeS- schießen in Berlin, das seinige zur Kräftigung der deutsch-schweizerischen Beziehungen beitragen. Rußland. Kaiser Wilhelm wird an Bord der Hacht „Hohenzollern" am 16. August im Hafen von