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Wetzmtz -ZeitW 56. Jahrgang Donnerstag, den 5. Juni 1890. Der PanslavismuS und der jüngste bulgarische Verschwörungsprozeß. Der Prozeß Panitza ist in Sofia, der bulgarischen Hauptstadt, in letzter Woche in der Weise beendigt worden, wie es vorauszusehen war. Der Hauptver- schörer Panitza wurde zum Tode und die übrigen Mit schuldigen wurden zu schweren Gefängnißstrafen ver- urtheilt. Sicher hat durch diesen Ausgang des Pro zesses die politische Atmosphäre Bulgariens eine Säu berung erfahren und die dortigen politischen Abenteurer werden auf ihrer Hut sein. Der Prozeß hat aber im Uebrigen dargethan, daß, wenn auch nicht das offizielle Rußland, so doch der PanslavismuS als der intellek tuelle Urheber des Verschwörungsplanes anzusehen ist. Nun hat der PanslavismuS aber auch Anhänger in hohen russischen Regierungskreisen und es ist deshalb unvermeidlich, daß Rußland selbst durch den Prozeß Panitza kompromittirt erscheinen muß. Nun stehen wir keinen Augenblick an, es für wahrscheinlicher zu er klären, daß die direkte Betheiligung an der Panitza- schen Verschwörung nicht bis zu den leitenden Staats männern in Rußland, geschweige denn dem Zaren selbst, hinanreichte. Aber wie gestaltet sich dann das Bild, welches der Panitzaprozeß von Rußland hinter läßt? Eine Gesellschaft russischer Beamten, von sub alterne» Remtern bis zu den-höheren htnaufrrichrnd,- stellt sich auf eigene Hand völlig in den Dienst der panslavistischen Führer und Ideen. Sie nimmt es sich heraus, fremde Staaten durch Verschwörungen zu bedrohen und zu beunruhigen und auf der gesammten Balkanhalbinsel eine der friedlichen Entwickelung der dortigen Dinge gefährliche Gährung ihrerseits zu unter halten. Diesem Treiben sieht die russische Regierung, obgleich sie wiederholt gewarnt ist, ruhig zu, offenbar, weil sie — da wir ja voraussetzen, daß sie das Treiben nicht billigt —, sich zum wirksamen Einschreiten gegen dasselbe ohnmächtig fühlt, weil sie selbst den Pansla vismuS als eine fatalistische Macht fürchtet und bei einem Zusammenstöße mit demselben den Kürzeren zu ziehen besorgt. Muß darunter nicht der Glaube an den Werth der Versicherungen, welche die russische Re gierung dann und wann bezüglich ihrer friedfertigen Gesinnung abgeben läßt, bedenklich nothleiden? Die Autorität einer Regierung, welche vor den friedens gefährlichen, wühlerischen und verschwörerischen Leiden schaften ihrer Beamten kapitulirt, ist überhaupt nur noch eine „auf Wohlverhallen" geduldete und es wird hieran nicht gebessert, wenn man sich sagt, daß die russische Regierung sich lediglich, um ihrem von dem selben Beamtenthum bedrängten Volke nicht liberale Zugeständnisse machen zu müssen, in diese Knechtschaft begeben hat. Der Glaube jedenfalls, daß das in Ruß land auf solche Weise gefristete autokratische System den Zaren in seinem Reiche allmächtig mache, wird dadurch nicht gefördert, vielmehr das oft gebrauchte Bild vom ehernen Koloß auf thönernen Füßen für Rußland wieder in lebhafte Erinnerung gebracht. Voll ständiges Vertrauen zu Rußland kann man in Europa eben erst dann haben, wenn eS dem PanslavismuS selbst scharf entgegentritt, dies scheint aber zur Zeit noch sehr unwahrscheinlich, da der PanslavismuS vor- giebt für die historische Mission Rußlands im Orient zu arbeiten. Verantwortlicher Redaeteur: P-ui Ikhne in Dippoldiswalde «» «Fokales «nd Sächsisches. Dippoldiswalde, 4. Juni. An Stelle der bis herigen Lehrerin für weibliche Handarbeiten an unserer Stadtschule, Fräulein Bachmannn, welche in Grimma Anstellung gefunden hat, ist Fräulein Dietrich, ge prüfte Handarbeitslehrerin aus Dresden, gestern als Vertreterin eingetreten. Die Stelle soll, wie wir hören, zur Bewerbung ausgeschrieben werden. — Sestern wurde Herr Rudolf Ernst Otto Schu mann aus Großenhain in der Sitzung des Stadt Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, welch« »« °« bedeutenden Auflage d«S Blatte« eine sehr wirk- same Verbreitung, finden^ «erden mit 10 Psg. di« Spaltenzeil« oder oere» Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Eiime- sandt, un redattionEN Th eile, die Spaltenzeil« 20 Psg. raths durch Herrn Bürgermeister Voigt als RathS- registrator verpflichtet, nachdem derselbe bereits den S. Juni seine Thätigkeit bei uns begonnen hatte. Der selbe bekleidet zugleich die Stelle des stellvertretenden Standesbeamten. — In der gestern stattaefundenen Vorstandssitzung deS Gustav Adolf-BerernS ist beschlossen worden, nunmehr schleunig mit der Einsammlung der Mit gliederbeiträge vorzugehen, da die Einsendung derselben an den Vorstand des Hauptvereins in Dresden bis spätestens den 21. Juni zu erfolgen hat. Da bereits den 8. und 9. Juli die Jahreshauptversammlung in Stolpen stattfinden soll, so ist der angegebene Termin pünktlich einzuhalten. Da eS indessen aus mehrfachen Gründen nicht zu ermöglichen ist, bis dahin auch das Jahresfest des Dippoldiswaldaer Zweigvereins abzu halten, so soll dasselbe Ende August und zwar in Höckendorf stattfinden. Wir hoffen, daß die christliche Bitte: „Lasset uns Gutes thun an Jedermann, aller meist aber an des Glaubens Genossen" auch diesmal nicht ungehört verhallen, sondern der Bote mit einer reichen Ausbeute heimkehren werde. — Heute besuchten 42 Schüler der Gerberei-Fach schule aus Freiberg in Begleitung der Herren Lehrer vr. Hänlein und Rußdam unsere Stadt, um sich be sonders die in Berreuth in Gang gesetzte Eichenschälerei anzufehen, nachdem sie bereits in Reichstädt einen Schälwald besichtigt hatte. Die hiesige Gerberinnung hatte sich der Führung freundlichst angenommen. — Im Bahnhofshotel wurde um 1 Uhr ein gemeinschaftliches heiteres Mahl eingenommen, und um 4 Uhr 26 Min. trat die jugenbfrische Schaar den Rückweg zunächst nach Rabenau, von da durch den Grund nach Tharandt an, um mit dem letzten Zuge nach Freiberg abzu dampfen. — Der Erzgebirgsverein empfiehlt den Sommer gästen des Weißeritz- und Müglitzthales, sowie den Touristen, welche unsere Gegend besuchen, den Besuch des Lugberg-Thurmes und macht bekannt, daß der Schlüssel hierzu in den 3 umliegenden Gasthöfen Lu- chau, Oberfrauendorf und Niederfrauendorf liegt. Er wachsene zahlen 10 Pfennige (zwei Kinder gehen auf ein Billet). An Sonntagen und sobald die Fahne vom Thurme weht, ist der Lugbergthurmwart an wesend und der Thurm ohne Schlüssel zugängig; an diesen Tagen ist daselbst auch eine kleine Erfrischung zu haben. — In dem neuesten, am 2. d. M. zur Ausgabe gelangten Gesetz- und Verordnungsblatte ist auch das Gesetz über Abänderung mehrerer Bestimmungen der Armenordnung für das Königreich Sachsen vom 22. Oktober 1840 mit erschienen, welches u. A. Folgendes enthält: Schänkwirthe, welche wissentlich Personen, die öffentlich Unterstützung genießen, und solchen Leuten, von denen ihrer sich äußerlich kundgebenden Persön lichkeit nach sich vermuthen läßt, daß sie dem Müssig gänge obliegen und vom Bettelgehen oder anderem unrechtmäßigen Gewerbe leben, das Aufliegen, Zechen und Spielen in ihren Schankstätten gestatten, sind mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Haft zu bestrafen. — Schänkwirthe, welche gegen die ortspolizeilichen Be stimmungen, insoweit sie sich auf die Tanzvergnügungen beziehen, handeln, sind mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Hast zu bestrafen, auch kann im öfteren Zu widerhandlungsfalle zugleich die Erlaubniß zum Ab halten von Tanzbelustigungen, jedoch unbeschadet des etwa mit dem Grundstück verbundenen Realrechts, auf Zeit oder für immer zurückgenommen werden. — Wegen des Verfahrens und der Behörden für eine solche Zurücknahme gelten die für Untersagung des Betriebes der Gast- und Schankwirthschaften in Kraft befindlichen Vorschriften. — Die Geldstrafe fließt in die OrtSarmenkaffe. Gchmiedeberg. Bei hiesiger Sparkasse wurden im Monat Mai in 54 Posten 5342 Mark — Pf. „«eiSetttz-Sritmi, «scheint wSchenttich drei« El: DienSta^ Donners- E und Sonnabend. — Lis vidrteljShrlich 1«. » Pfg., zweimonatlich N4 Pfg., einmonatlich 42 Ma- Einzeln« Rummem W Pfg. - «>l- P-stqn- Italien, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. eingelegt, dagegen in 21 Posten 5823 Mark 7 Pf' zurückgezahlt, überhaupt 5660 Mark 5 Pf. einge nommen und 7181 M. 7 Pf. ausgegeben. G Hennersdorf. Der neugegründete hiesige Militärverein hielt vorigen Sonntag sein erstes und wohlgelungenes Vergnügen ab. Von der Heymann- schen Gastwirthschaft, dem Vereinslokale, marschirte der Verein mit Musik nach dem Gasthofe. Auf dem Saale angekommen, sang ein Quartett da- Bundes lied von Mozart, worauf der Vorsitzende, Herr Gust. Braun, eine gediegene Ansprache hielt, die in einem Hoch auf den hohen Protektor der Militärvereine, den König Albert, gipfelte und mit dem gemeinschaftlichen Gesänge „Den König segne Gott" schloß. Ein flotter Ball in dem herrlich geschmückten Saale hielt Kame raden und Gäste bis lange nach Mitternacht in froher Laune zusammen. — Sonntag, den 13. Juli, wird hier ein Misfionsfest abgehalten werden. * Frauenstein. Durch einige von dem Vieh händler Würzner in Dittersbach auf dem Jahrmarkt in Bischofswerda erkaufte Rinder ist von Neuem die Maul- und Klauenseuche eingeführt worden. In folge des Wiederverkaufes der gedachten Rinder ist die fragliche Seuche dem Vernehmen nach in Dittersbach und Burkersdorf, sowie in Claußnitz und Dorfchemnitz aufgetreten. * Rechenberg. Im hiesigen Otte ist in drei Ge höften der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche fest gestellt worden. Dieselbe wurde durch einige Rinder - veranlaßt, welche der hiesige Viehhändler und Fleischer Aehnelt gelegentlich des Bischofswerdaer Jahrmarktes erkauft haben soll und wieder verhandelt hat. * Burkersdorf. Unter dem Viehbestände des hiesigen Witthschastsbesitzers Liebscher ist durch eine von dem Viehhändler Schuster aus Oberbobritzsch er kaufte Kuh die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. AuS dem MügliHthale. Die schwierigste Strecke des Baues der Müglitzthalbahn ttzirste jedenfalls die Sektion von der Herrenmühle bis nach Glashütte sein und zwar bis dahin, wo die Müglitz ein neues Bett bekommt. Theils längere, theils kürzere Strecken der gewaltigen Uferbaulen ziehen sich, wie überhaupt der ganze Bahnkörper, der Straße gleich hoch am Ufer der Müglitz herauf, dieselbe oft verdrängend. Das nothwendige Material zu diesen starken Ufermauem wird von einigen der angrenzenden Felsen gewonnen. Interessant ist der Felsendurchstich beim Wittichschloffe, wie der wenige Minuten darunter liegende Erddurch stich. Einig« der großen Felskegel der Herrenmühle gegenüber werden etwas am Fuße opfern müssen, um Raum für den Bahndamm zu gewinnen. Wenn nun der Bau vollendet und die Bahn in Betrieb gesetzt sein wird, werden die hoffentlich zahlreich Reisenden oft Gelegenheit haben, Natur und Kunst zu bewundern. Rabenau. Bei der Sparkasse zu Rabenau wurden im Monat Mai 1890 207 Einzahlungen im Betrage von 7,906 M. 46 Pf. gemacht, dagegen er folgten 71 Rückzahlungen im Betrage von 9,276 M. 82 Pf. — Spormarken ü 10 Pf. wurden 120 Stück verkauft. H Pofsendorf. Die Grasnutzung von sämmtlichen zur hiesigen Gemeinde gehörenden Straßen soll nächsten Sonntag, den 8. dss. Mts., Nachmittags 5 Uhr auf das Meistgebot versteigert werden. — Die Kasino-Gesellschaft zur Goldenen Höhe be absichtigt, kommenden Sonntag eine Sommerpartie auf die Bastei zu unternehmen. Der Abmarsch erfolgt früh 5 Uhr vom Restaurant Goldene Höhe aus. Dresden. König Albert wird Berlin Donners tag Abend verlassen und Freitag früh I Uhr auf dem Leipziger Bahnhofe eintreffen, von wo er sich sofort nach der Villa Strehlen begiebt. — Prinz Friedrich August ist zum Bataillons- Kommandeur im Schützen-Regiment Nr. 108 „Prinz Georg" ernannt worden.