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Wchnitz -Icitmz Verantwortlicher Redacteur: Päul Ikhne in Dippoldiswalde. Amtsblatt für die Königliche Kmtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichm Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Inserate, milche bei d« bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr «nrk- same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfa. d»e Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta» bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, nn redaktionellen »heile, die Spaltenzeil« MPfg. Wre „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners- - tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern K Pfg. - All« Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Nr. 60. Donnerstag, den 22. Mai 1890. 56. Jahrgang. . ' 7" -mi 7^ .. 7'-/. ' . -SS——Sm . m > i Die Reichstagsverhandlungen über die Militär Vorlage. Die zweitägige Generaldebatte des Reichstages über den Gesetzentwurf, betr. die Erhöhung der Friedens präsenzstärke des deutschen Heeres, ist namentlich durch die hochpolitischen Erörterungen vom zweiten Ver handlungstage, vom Freitag, von Bedeutung gewor den. Dem sozialdemokratischen Abgeordneten Lieb knecht war es vorbehalten, der Debatte diese inter essante Wendung zu geben, indem* er in seinen sich entschieden gegen die Vorlage richtenden Ausführungen auf das Gebiet der auswärtigen Politik abschweifte und sich hierbei nicht entblödete, der Politik Bismarcks vorzuwerfen, die Völker Europas gegen einander ver hetzt zu haben. Der sozialistische Führer schloß seine augenscheinliche Agitationsrede mit der offenen Er klärung, seine Partei werde aus prinzipiellen Gründen unter allen Umständen gegen die Militär-Vorlage stimmen, und endete mit dem förmlichen Schlachtrufe: Nieder mit dem System Bismarck und mit der Blut- und Eisenpolitik, nieder mit dem Militarismus! Die ' unwürdigen Angriffe Liebknechts auf Fürst Bismarck und dessen auswärtige Politik erfuhren indessen so wohl seitens des freikonservativen Abgeordneten von Kardorff wie auch des freisinnigen Abgeordneten I)r. Hänel eine scharfe Zurückweisung und besonders der letztere Redner feierte, trotzdem er di« ausgesprochene Oppositionsstellung seiner Partei gegenüber dem frü heren Kanzler betonte, die unvergänglichen Verdienste desselben um die Einigung des deutschen Reiches und um die Erhaltung des Weltfriedens in überaus warmen Worten, indeß freilich der Ton seiner weiteren Aus führungen eine mehr oder weniger hervortretende oppositionelle Färbung aufwies. In Anknüpfung an die Reden der drei genannten Abgeordneten griff nun Reichskanzler von Caprivi in die Debatte ein, um in der ihm eigenen bestimmten, klaren und entschiedenen Weise seine Stellung zur Militär-Vorlage wie zu ver schiedenen von den Vorrednern berührten Fragen dar zulegen. Der hie und da gehegten Erwartung, Herr von Caprivi werde sich über die allgemeine Lage ver breiten, entsprach der neue Reichskanzler allerdings nicht, indem er hervorhob, daß dies bereits in der Thronrede genügend geschehen sei, trotzdem waren seine Erklärungen von besonderem Interesse. Die gehässige Kritik, welche der Abg. Liebknecht an der Amtsführung des Fürsten Bismarck geübt, wies Herr von Caprivi mit der Versicherung energisch zurück, die Erbschaft, welche er von seinem Amtsvorgänger übernommen, sei die denkbar glücklichste und habe er die Verhältnisse so klar und einfach vorgefunden, daß sie eben weiter laufen könnten — ein Zeugniß für die Bismarck'sche Politik, wie es sich der alte Kanzler nicht bester wünschen kann! Dann verurtheile der Kanzler die bekannte Brochüre: „ VistöLlltoonsnIög!", welche Deutsch land vorwirst, den richtigen Zeitpunkt, um Frankreich gänzlich niederzuwerfen und dann gleich mit Rußland abzurechnen, verpaßt zu haben, und geht aus den be züglichen Erklärungen Caprivis hinlänglich hervor, daß er die zum Kriege hetzenden Anschauungen der Flugschrift nicht im Mindesten theilt. Gegenüber der von freisinniger Seite erhobenen Forderung der Er nennung eines Reichsfinanzministers wies der Reichs kanzler auf die Schwierigkeiten der Durchführbarkeit dieses Planes hin und gegenüber der fast allseitig an geregten Herabsetzung der militärischen Dienstzeit be tonte der Kanzler, daß eine solche Abkürzung aus Gründen der Diziplin nicht räthlich sei; die weitere Forderung der jährlichen Festsetzung der Präsenzziffer streifte er nur flüchtig. Zu Gunsten der Vorlage selbst aber wies Herr von Caprivi unter historischen Rück blicken auf die Thatsache hin, daß auch nach der jetzigen Militärnovelle die Präsenz nur etwa ein Prozent der Bevölkerung des Reiches betragen werde und es sei daher die Belastung durch die Vorlage keine über mäßige. Herr von Caprivi schloß seine ungemein sachlichen und darum den besten Eindruck machenden Darlegungen mit der Hoffnung, daß die Vorlage an genommen werden würde, da sie in der Kommission regierungsseitig die beste Vertretung finden werde. In dieser Kommission, an welche die Militärnovelle am Freitag verwiesen wurde, liegt nun allerdings der Schwerpunkt der weiteren Verhandlungen über den Gegenstand, da die Regierung hier vertraulich die nähere Begründung der so wichtigen Vorlage geben will. Es steht zu erhoffen, daß diese Gründe schwer wiegend genug sein werden und die nicht unerhebliche Mehrbelastung, welche die neue Militär-Vorlage für unser Volk bedeutet, vollkommen zu rechtfertigen, und wenn diese Voraussetzung eintrifft, dann ist die An nahme derselben im Reichstage mit imponirender Mehr heit gesichert. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 21. Mai. Mit der höheren Temperatur, namentlich wenn längere Zeit kein aus giebiger Regen gefallen ist, beginnt ein die Gesund heit gefährdender Uebelstand sich geltend zu machen: das Aufwirbeln von Staubwolken, wenn irgend ein etwas regeres Lüstchen weht. Demselben entgegen zu wirken, muß das Bestreben Aller sein, die ihre Gesund heit und ihr« — Gardinen zu schätzen wissen. Wenn nun in größeren Städten als der unseren durch das Umherfahren von Sprengwagen Abhilfe geschaffen, aber damit auch der Gemeindekaffe ein nicht gering anzu schlagendes Opfer zugemuthet wird, so erscheint bei uns die Nachahmung solch' kostspieliger Luftreinigungs methode zur Zeit noch nicht angezeigt, vielmehr ließe sich durch Privatthätigkeit in dieser Hinsicht viel thun. Wenn jeder Hausbesitzer es sich zur Aufgabe machte, bei warmem, trockenem Wetter auf der vor seinem Hause gelegenen Straßenhälfte täglich ausgiebig sprengen zu lassen, so könnte der Stadt auf längere Zeit noch die nicht unbedeutende Ausgabe für Straßenbesprengung erspart bleiben. Schon ist, wie wir hören, die An schaffung eines Sprengwagens bei uns angeregt worden, ein Beweis, wie sehr die Staubbelästigung empfunden wird; wenn man aber erwägt, wie leicht und ohne Kosten sich der beabsichtigte Zweck durch private Tätig keit jetzt noch erreichen läßt, so möchten wir im Interesse des Beutels der Steuerzahler wünschen, beziehentlich dringend auffordern, durch recht fleißiges Sprengen auf den Straßen, namentlich aber durch sorgfältiges Kehren, die Veranlassung zu dem der Gesundheit und Sauberkeit der Wohnungen nachtheiligen Staubauf wirbelns möglichst zu beseitigen. — Die „Dresdner Nachr." bringen jetzt fast in jeder Nummer Aufforderungen zu Beiträgen für die Ferienkolonien, bez. Quittungen über eingegangene Beiträge. Bekanntlich ist bei uns derselbe Grund zu Bitten in dieser Angelegenheit vorhanden. Auch bei uns giebt es eine nicht kleine Anzahl blutarmer, schlechtgenährter Kinder, denen eine Auffrischung ihrer Gesundheit und Lebenskraft dringend zu wünschen ist. Die „Großen Ferien" thun's nicht allein, es muß dem Körper ein gewisser Zuschuß von „Kraft und Stoff" geboten werden. In Erwägung dieser Nothwendigkeit hat schon seit Jahren das hiesige Lehrerkollegium die niemals ermattende Hilfsbereitschaft unserer Mitbürger auf das vorliegende Bedürfniß aufmerksam gemacht und bisher niemals vergeblich um Unterstützung der für blutarme, schlechtgenährte Kinder während der „Großen Ferien" eingerichteten Milchkur gebeten. Zwar sind, wie uns mitgetheilt wird, bereits wieder einige Gaben eingegangen, die aber bei Weitem nicht an die in srüheren Jahren zur Pfingstzeit bereits erlangte Summe heranreichen. Eine erneute, dringende Auf forderung dürfte deshalb wohl am Platze sein. Herr Schuldirektor Engelmann sowohl, der die betreffende Kur angeregr hat, als die Herren Lehrer, die sich stets der gemeinnützigen Thätigkeit fördernd angenommm haben, sind zur Empfangnahme milder Gaben, über deren Verwendung später öffentlich Rechnung abgelegt werden wird, bereit. Möchte unsere Aufforderung von recht reichem Erfolge begleitet sein. — Am vergangenen Sonntag, früh in der siebenten Stunde, hätte die hiesige Müllerschule in Feuer auf gehen können, wenn nicht das Feuer, durch welches in einem Kleiebehälter die denselben bildenden Bretter bereits stark verkohlt waren, noch rechtzeitig vom Müller Richter entdeckt worden wäre. Es liegt Brand stiftung vor und sind die staatSanwaltschaftlichen Er örterungen bereits im Gange. — Unserer heutigen Nummer liegt der Sommer fahrplan der sächsischen StaatSeisenbahnen bei. Wir bemerken dabei ausdrücklich, daß derselbe erst Sonntag über 8 Tage in Kraft tritt und daß insbesondere die Fahrzeiten auf unserer Strecke von dem jetzt giftigen in etwas abweichen. — Es ist nicht nur ein selbstverständliches Gebot, sondern auch eine Vorschrift des Jagdgesetzes, daß Hunde beim Betreten der Feld- und Waldfluren an der Leine geführt werden müssen, damit das Wild und Wildgeflügel nicht aufgescheucht und beim Satz- und Brutgeschäft nicht gestört werden. Leider scheint diese Vorschrift nicht allenthalben bekannt zu sein und Ueber- tretungen sind an der Tagesordnung, obwohl dieselbe» streng geahndet werden» — -s Schmiedeberg. Auf dem Boden der vor Jahres frist neu erbauten Schuhmacher Auxel'schen Scheune entstand am Sonntag Mittag ein durch Kinder ver schuldetes Feuer, das glücklicherweise recht bald wieder gelöscht wurde. Altenberg. Bis zum 17. waren an hiesiger Rathsstelle bereits 130 Kreuzottern abgeliefert. Für die Häufigkeit dieses gefährlichen Reptils gerade in diesem Jahre spricht der wohl nicht ost dagewesene Umstand, daß vor. Woche eine Kreuzotter sogar in der Stadt, im Hofe der Frau verw. Obersteiger Wende an der Bachstraße entdeckt und getödtet wurde. H Poffendorf. Nächsten Donnerstag, Nachmittag '/r 4 Uhr, findet im hiesigen Starke'schen Gasthofe eine Lehrerkonferenz statt, wobei Herr Bezirksschul inspektor Richter einen Vortrag über Lehr- und Stundenpläne hält. — Die Herren Oekonvmen unserer Gegend haben mit dem Kraut- und Rübenstecken begonnen. Ein fruchtbarer Regen wird gerade jetzt recht gewünscht. Dresden. Der König und die Königin werden voraussichtlich am 4. Juni aus Sibyllenort zurück kehren und sodann etwa 10 Tage sich in der Strehlener Villa aufhalten, worauf die Uebersiedelung nach dem Lustschlosse zu Pillnitz erfolgen soll. — Der am Pfingstsonnabend, den 24. Mai, von Altstadt aus 4 Uhr 45 Min. Nachmittags über Zoffen nach Berlin abgehende Extrazug erreicht die ReichS- hauptstadt um 9 Uhr Nachmittags und findet um 10 Uhr 20 Min. von Spandau aus, wohin die Theil- nehmer mit Extrazug gebracht werden, weiteren An schluß nach Hamburg, welches am ersten Feiertag 4 Uhr Vormittags erreicht wird. Von hier aus ist weitere sofortige Verbindung nach Kiel, Helgoland via Cuxhaven gesichert. Die Rückfahrkarten nach Hamburg kosten II. Klasse 29 M. 30 Pf., III. Klasse 20 M. 70 Pf., nach Kiel 36 M. 20 Pf. resp. 25 M. 30 Pf., nach Helgoland 39 M. 30 Pf. resp. 30 M. 70 Pf. Die Fahrkarten gelten 14 Tage und gestatten auf der Rückfahrt auch Unterbrechung der Fahrt. Dieser Extra zug kann, wie bisher, auch bis Berlin auf Rückfahr karten II. Klasse 9 M., III. Klaffe 6 M. mit acht tägiger Dauer benutzt werden, ein gleich billiger Extra zug geht aber auch am I. Psingstfeiertag um 5 Uhr 35 Min. Vormittags ab Dresden-Altstadt über Rö- derau dahin. — Gegen den Vollzug der von den sächsischen