Volltext Seite (XML)
Wcheritz -MW Verantwortlicher Redacteur: Psul Ichne in Dippoldiswalde, 56. Jahrgang Donnerstag, den 15. Mai 1890 Nr. 57 M'MMUWWZi LW I 2 Z-KRsAALLAZ- 8 - IA L2' ZK > § KKAAAAKZZLKZZ AKN L S Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Nachstehend veröffentlichen wir den mit heutigem Donnerstag in Kraft tretenden Fahrplan der Eisenbahnlinie Hainsberg-Kipsdorf. — Ob das Gerücht sich bewahrheitet, eS werde mit dem 1. Juni eine einigermaßen beschleunigtere Fahrzeit in Kraft treten, bleibt abzuwarten. L'iU Völkerreigen zu festigen. Was aber das Schicksal der Verschworenen anbelangt, soweit sich dieselben eben in den Händen der bulgarischen Regierung befinden, so kann hierüber schon jetzt kein Zweifel bestehen: Pa nizza und seine Hauptmitschuldigen werden, gleichwie die Leiter der vorangegangenen Verschwörungen gegen den Fürsten Ferdinand, als Hoch- und Landesverräther mit dem Tode bestraft werden! Ä Z <7>« Dippoldiswalde, 14. Mai. „Im wunderschönen Monat Mai, wo alle Knospen sprangen", können wir, Gott sei Dank, Heuer einmal wieder aus voller Seele singen. Wir erinnern uns kaum eines schöneren Wonnemonats, als des, dessen wir uns in diesem Jahre erfreuen. Und wenn er auch diesmal nicht „kühl und naß" austritt, so wird er hoffentlich „Scheuer und Faß" füllen, denn seine schon seit Urväter Zeiten her „kritischen Tage", der 12. und 13., die gefürchteten Weinmörder Pankratius und Servatius, sind glücklich ohne Frost vorüber. Obstbäume und Weinstöcke haben schön angesetzt, und ein gutes Obst- und Weinjahr steht zu erwarten. Möchte nur diese des Menschen Herz belebende und erfreuende Hoffnung nicht täuschen. Auch unsere Saaten bieten einen herzerquickenden An- bick dar; Felder mit Aehren sind keine Seltenheit. — Gestern zeigte Herr Brandt aus Coßmannsdorf in hies. Stadtschule einen verbesserten gut sunktioniren- den Edison'schen Phonographen vor und erläuterte denselben auf höchst anschauliche und verständliche Weise. Wir bringen diese Notiz in der Hoffnung, daß sich vielleicht mancher unserer Mitbürger veranlaßt sehen dürfte, heute Abend (Mittwoch) im Gasthofe „zum goldnen Stern", wo Herr Brandt der Aufforderung, denselben den Turnvereinsmitgliedern vorzusühren, ent sprechen wird, sich den interessanten Apparat anzusehen. Amtsblatt für die Königliche AmishauPimannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadtrüthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Zutritt hat Jedermann, auch Damen sind eingeladen. Im Uebrigen verweisen wir auf das heutige Inserat des Turnvereins. — Als Rathsregistrator ist vom Stadtrathe der derzeitige Polizeiregistrator Schumann in Großenhain gewählt worden. — Seitdem auf das Tödten der Kreuzottern feiten der kgl. Amtshauptmannschaft eine Prämie aus gesetzt worden ist, hört man von vielen Seiten, daß derartige Reptilien erschlagen worden seien. Leider kommt es aber noch verhältnißmäßig viel vor, daß die nützliche Ringelnatter, oder die Schlingnatter für die giftige Kreuzotter angesehen und getüdtet wird, ja es soll schon mehrfach geschehen sein, daß für diese sogar die Prämien ausgezahlt worden sind. Die Kreuz otter ist an ihrem breiten Zickzackbande auf dem Rücken auf den ersten Blick erkennbar. — Wir können dabei auf unsere Monatsbeilage vom August 1888 Hinweisen, welche ganz der Kreuzotter gewidmet war und die auch eine genaue Abbildung derselben enthielt. — Seitens der königlichen sächsischen Regierung ergeht an die Landwirthe unter Hinweis auf die große Zahl der Gewitter, von denen alljährlich weite Distrikte berührt werden, die Mahnung, die Feldfrüchte baldigst gegen Hagelschaden zu versichern. Die Gemeinde vorstände sollen ihrerseits die Ortsbewohner von dieser Mahnung in Kenntniß setzen und denselben mittheilen, daß bei Hagelschäden weder der Staat, noch die Kreis- verwaltungenaußerordentlicheUnterstützungen bewilligen werden, da zur Zeit jedem Landwirth Gelegenheit ge boten ist, die Feldfrüchte durch Entrichtung eines ge ringen Betrages gegen die durch Hagelwetter entstehen den Schäden versichern zu können. — Am Sonnabend Nachmittag spielte sich zwischen Tharandt und „Edle Krone" folgender entsetzlicher Vorfall ab. Zwei Geschirre des Holzhändlers Richter in Koßmannsdorf waren, schwer mit Holz beladen, ca. 50 bis 60 Meter über der Weißeritz auf einem Waldweg auf der Nachhausefahrt begriffen. Um nun einer schlechten Stelle des Weges auszuweichen, lenkte der eine Knecht etwas seitwärts, wobei aber die zwei Seitenräder des Wagens einsanken, der Wagen, das Geländer durchbrechend, umschlug und mitsammt den Pferden den steilen, an dieser Stelle nicht mit Bäu men bewachsenen Abhang hinab und in die Weißeritz stürzte. Der Knecht ist zum Glück unversehrt geblieben; das eine Pferd hat bedeutende Verletzungen am Kopf davongetragen, während das anvere den Hals ge brochen hat. — Von Mitte dieses Monats ab, haben, wie schon kurz bemerkt, die Neuwahlen zum Landes kulturrath und gleichzeitig damit die ersten öffent lichen Wahlen der Mitglieder und Stellvertreter zur Genossenschafts-Versammlung für die land- und forst- wirthschaftlichen Berufsgenoffenschast im Königreich Sachsen stattzufinden. Der Landeskulturrath besteht aus 26 ordentlichen Mitgliedern, nämlich aus den Vorsitzenden der 5 landwirthschaftlichen Kreisvereine, aus 13 ohne Rücksicht auf Mitgliedschaft in einem landwirthschaftlichen Vereine durch Landwirthe auf 6 Jahre gewählten Personen, aus 3 vom Ministerium des Innern ernannten Landwirthe», aus dem General sekretär und aus je einem besonderen Vertreter der Volkswirthschaft, Forstwirthschast, der landwirthschaft lichen Lehranstalten und der landwirthschaftlichen Ver suchsanstalten. Zum Zwecke der gedachten Wahl ist das ganze Land in 13 Wahlbezirke eingetheilt, welche je 1 Vertreter zu wählen haben. Die gewählten Per sonen verwalten ihre Aemler als Ehrenämter unent geltlich und erhalten nur den Reiseaufwand vergütet. Stimmberechtigt sind bei den Landeskulturrathswahlen: alle Besitzer oder Pächter landwirthschastlicher Grund stücke, auf denen, nach Abrechnung der die Gebäude sammt Hofraum treffenden Einheiten, mindestens 120 Steuereinheiten haften; auch müssen sie sächsische Der Prozeß paniW i» Bulgarien. Am kommenden Donnerstag, den 15. Mai, beginnt vor dem Kriegsgerichte zu Sofia der Prozeß gegen Major Panizza, das Haupt der jüngsten Verschwörung in Bulgarien, und seine Mitschuldigen, soweit dieselben verhaftet morden sind, und voraussichtlich wird sich der Prozeß zu einem hochpolitischen Sensalionsdrama ge stalten. Hierauf deutete schon die monatelange Dauer der mit großer Sorgfalt geführten Voruntersuchung gegen Panizza hin und die nunmehr veröffentlichte Anklageschrift ist nur geeignet, die politische Bedeutung des Prozesses noch mehr hcrvorlreten zu lassen. Eine Reihe bulgarischer Offiziere in Disponibilität und ver schiedene Bürger von Sofia sind hiernach beschuldigt, in Gemeinschaft mit dem russischen Unterthanen und Reserve-Offizier Kolobkoff ein Komplott zum Sturze des Fürsten Ferdinand und seiner Negierung beabsich tigt zu haben, wofür eine Reihe von Belegen an geführt werden und diese lassen schließlich auch die russische Gesandtschaft in Bukarest als an dem Unter nehmen direkt betheiligt erscheinen. Die Anklageschrift bezeichnet den Sekretär der russischen Gesandtschast in Bukarest, Vilionoff als besonders gravirt, denn Vilio- noff unterhandelte durch Vermittelung des erwähnten Kolobkoff mündlich und schriftlich mit Major Panizza über die Ausführung des geplanten Staatsstreiches in Bulgarien und namentlich für diese Korrespondenz be findet sich äußerst belastendes Beweismaterial in Ge stalt chiffrirter Briefe und Depeschen in den Händen der bulgarischen Negierung und zum Verderben der Verschworenen wurde der Schlüssel zu der betreffenden Zeichenschrift gefunden. Die Änkageschrist im Prozesse Panizza liefert sonach einen neuen Beweis für die allerdings längst bekannte Thatsache der russisch-pan- slavistischen Umtriebe und Ränke auf der Balkanhalb insel, die in erster Linie dem Sturz der jetzigen bul garischen Regierung gelten, wodurch Bulgarien wieder vollständig dem russischen Einfluß zurückgewonnen werden soll. Ebenso vermuthete man schon längst, daß der russische Gesandte in Bukarest, Hitrowo, mit Viesen Wühlereien in irgend welcher Verbindung stand, wenn nicht gar deren Fäden in Händen hielt, doch fehlte es bislang an handgreiflichen Beweisen für diese Vermuthung. Sie sind aber nun durch die Anklage schrift gegen Panizza und seine Mitverschworenen er bracht worden und obschon der Name Hitrowos hierbei nicht genannt wird, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß Herr Hitrowo um das bedenkliche Thun und Treiben seines Untergebenen Vilianoff gewußt, ja dasselbe vielleicht veranlaßt hat. Bislang hat sich das offizielle Rußland immer sorgfältig gehütet, sich in den Wühlereien der russisch-panslavistischen Agita toren auf der Balkanhalbinsel eine Blöße zu geben, aber nunmehr erscheint die russische Regierung selber durch die Verwickelung ihres offiziellen Vertreters in Bukarest in die Panizza-Affaire schwer kompromittirt, zumal es nicht denkbar ist, daß Hitrowo ganz auf eigene Faust gehandelt haben sollte. Jedenfalls werden die bevorstehenden Verhandlungen des Kriegsgerichts zu Sofia — die vor der Oeffentlichkeit stattfinden — ein noch schärferes Licht aus die Verwickelung Ruß lands in die Verschwörung Panizzas werfen, als dies schon nach den Andeutungen der Anklageschrift an zunehmen ist, und wenn sich die Petersburger Regie rungskreise den Anschein geben, als ob sie dem Prozeß Panizza unendlich kühl gegenüberstünden, so kann doch nicht bezweifelt werden, daß man in Petersburg im Geheimen über den Verlauf der Panizza-Affaire er hebliche Verstimmung empfindet. Durch dieselbe wirb Rußland aus's Neue vor Europa durch kein Verhalten in den bulgarischen Angelegenheiten moralisch bloß gestellt und zum mindesten dürste daher der Prozeß Panizza die politische Wirkung haben, die Sympathien Europas für die Regirrung des Fürsten Ferdinand zu stärken und die Stellung Bulgariens im europäischen Jnjerate, «eiche bei d« bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg- die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. MDZ L o- 2 -2 'S Die „Wei-nitz - Zektung" «rscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. S5 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, eimnonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. W ZMl