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Mchmtz-IeitW Verantwortlicher Redakteur: Päul Jehnr in Dippoldiswalde. 56. Jahrgang. Sonnabend, dm 3. Mai 1890. Nr. 52. Zn,erat», welche b«i da bedeutenden Auflage da Blatte« ein» sehr r^r». sam« Verbreitung finden, »erden mit 10 Pfa. di« Spaltenteile oder veren Raum berechnet. — Ta bellarische und compliciete Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im rwalttonelleu Theile, di, Spaltenzeil« 20 Pfg. Die „Wri-eritz-Zeitung" «scheint «öchentlich drei mal: DienStag, Donners- taa und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Ab Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern jo Pfg. — Alle Postan- Kalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- , Amtsblatt für die Löniakiche Umtshauptmannschast Mxpoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Städtische zu Dippoldiswalde und Zsraumstein Die Franzosen in Dahomey. Frankreich ist infolge der raschen Ausdehnung seiner Kolonialmacht im westlichen Afrika seit einigen Jahren auch der Nachbar des durch die Grausamkeit seiner Herrscher berüchtigten Negerkönigreiches Dahomey ge worden und wenn es den Franzosen bisher gelang, mit diesem kriegerischen Staat« ohne besondere gegen seitige Reibungen auszukommen, so hat sich diese Sach lage mit der im vergangenen Jahre erfolgten Thron besteigung des jetzigen Herrschers von Dahomey, Na mens Bazadin, entschieden geändert. Der neue König der Dahomeyaner nahm gegen Frankreich, von welchem «r offenbar eine Schmälerung seines Gebietes be fürchtete, alsbald eine drohende Stellung ein, welcher er durch Einfälle in die französischen Besitzungen ver stärkten Nachdruck verlieh, und hieraus ergaben sich natürlich sehr rasch kriegerische Verwickelungen zwischen Frankreich und Dahomey. Schon zu Beginn derselben erlitten die französischen Kolonial - Truppen einige Schlappen, da sich die Streitkräfte des dahomeyanischen Herrschers als zahlreich, gut ausgerüstet und von wilder Tapferkeit erfüllt erwiesen. Die Dahomeyaner verfolgten indessen ihre Vortheile nicht weiter und so zog sich der Krieg ohne sonderliche Ereignisse hin; da brachten die Dahomeyaner kürzlich den Franzosen, die aus dem Hafenorte Porto Novo an der Eklavenküste zu einer großen RokognoSzirung auSgerückt waren, wiederum eine empfindliche Schlappe bei und hiermit hat der Kampf mit dem streitbaren Negervolke für Frankreich unzweifelhaft eine ernste Wendung ge nommen. Noch sind die Verluste, welche man fran zösischerseits bei der Affaire von Porto Novo zu ver zeichnen hatte, nicht genau bekannt geworden, aber jedenfalls waren sie beträchtlich genug, um die Fran zosen nach zweistündigem Kampfe zum Rückzüge zu veranlassen und bis unmittelbar unter die schützenden Mauern von Porto Novo sahen sie sich von ihren wilden Feinden verfolgt. Nachdem die Franzosen kaum erst die Hauptstadt des ihnen feindlich gesinnten Reiches der Segu-Neger am oberen Niger ohne einen Schwert schlag besetzt hatten, mußte für sie die Niederlage von Porto Novo doppelt peinlich sein und in der That rief diese Hiobspost in Paris nicht geringe Erregung hervor. Aber obwohl der französische Ministerrath inzwischen schon wiederholt Sitzungen wegen der Da homey - Angelegenheit abgehalten hat, scheint er sich noch immer zu keinem energischen Entschlüsse aufraffen zu können, denn es wurden lediglich ein paar hundert Mann Verstärkungen aus den französischen Garnisonen am Senegal nach Porto Novo beordert. Die Fran zosen sollten indessen nun doch allmählich gelernt haben, daß ihre bisherigen Streitkräfte in Westafrika zur sieg reichen Bekämpfung der mindestens 18,000 Mann starken, gut bewaffneten und gut disziplinirten Armee des Königs von Dahomey, unter welcher sich auch die berühmten Amazonen in der Stärke von 5000 Köpfen befinden, nicht genügen, sondern daß hierzu eine be sondere Expedition erforderlich ist. Das Ministerium Freycinet scheut vor einer solchen aus finanziellen wie politischen Gründen noch zurück, wenn es jedoch das erschütterte Prestige der französischen Waffen in West afrika wieder Herstellen will, so wird das Kabinet Freycinet sich wohl oder übel zu dem allerdings kost spieligen Unternehmen entschließen müssen und schlimm wäre es, wenn hierzu erst eine nochmalige Niederlage der Franzosen nothwendig sein sollte. Jedenfalls kann man aber vom Standpunkte der Menschlichkeit und Kultur nur dringend wünschen, daß es den Franzosen baldigst gelingen möge, die übermüthigen Dahomeyaner empfindlich zu züchtigen und somit diesen schwarzen Barbaren eine ernste Lektion im Namen der gesammten Kulturwelt zu ertheilen. Die furchtbaren Menschen schlächtereien, welche in Dahomey seit dem Bestehen dieses Despotenstaates etwas Herkömmliches sind, und die mit ihnen verbundenen sonstigen Scheußlichkeiten, die einen blutigen Hohn auf unser christliches Zeit alter bedeuten, haben längst in allen Kulturländern die gerechteste Entrüstung erregt, ohne daß es den christlichen Regierungen trotz aller Versuche bis jetzt gelungen wäre, einem solchen selbst für Afrika un erhörten schändlichen Treiben hemmend entgegenzu wirken; sollten aber nunmehr die Franzosen die Da homeyaner kräftig zu Paaren treiben, so wäre hiermit auch die Gelegenheit gegeben, den barbarischen Sitten in Dahomey schärfer entgegenzutreten. Im Uebrigen hat Deutschland ein spezielles Interesse an dem Kriege zwischen den Dahomeyanern und Franzosen, insofern, als die deutschen Besitzungen Klein Povo und Bageida von dem dahomeyanischen Gebiete an der Sklavenküste theilweise umschlossen werden und sollte der Krieg wider Erwarten noch ferner ungünstig für die Fran zosen verlaufen, so könnte der Fall eintreten, daß auch die deutschen Besitzungen sich einem Ansturm der Da homeyaner ausgesetzt sähen. Lokaks und Sächsisches. Dippoldiswalde, 2. Mai. So wäre denn der seit Langem beschlossene, vorbereitete, verschwenderisch beleitartikelte 1. Mai mit seinen Kundgebungen vor über. Bei uns hat man indes an dem gestrigen, sonnigen und zum Naturgenuffe einladenden ersten Tage des Wonnemonats von sozialdemokratischen Aus flügen nichts gespürt, und wenn es überall so gewesen sein sollte, könnte man sich nur lebhaft freuen, daß die Arbeiterschaft verständigen, wohlgemeinten Mah nungen mehr Gehör geschenkt hat, als den Lockstimmen gewissenloser Aufwiegler, die sich kein Gewissen machen, das Glück Tausender leichtfertig aufs Spiel zu setzen, um ihren persönlichen, selbstsüchtigen Plänen Vorschub zu leisten. — Auf der Eisenbahnlinie Hainsberg-Kipsdorf wird, wie aus der diesbezüglichen Bekanntmachung der königl. Generaldirektion im amtlichen Theile der heutigen Nummer hervorgeht, der Sommerfahrplan am 15. Mai zur Einführung gelangen. Der Fahr plan ist derselbe, wie wir ihn bereits in unserer Nummer 36 vom 25. März d. I. veröffentlicht haben. Dippoldiswalde. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat April dss. Js. 751 Einzahlungen im Betrage von 59,540 M. 73 Pf. gemacht, dagegen erfolgten 402 Rückzahlungen im Betrage von 46,399 Mark 17 Pf. — Sparmarken ä 5 Pf. sind 150 Stück verkauft worden. — Der Gemeinderath von Kötzschenbroda macht bekannt, daß wiederum durch das freie Umherlaufen eines großen Hundes eine Familie in rechte Bekümmer- niß versetzt worden sei. Die Tochter des Korbmachers H. Dittrich ist in vergangener Woche auf einem Gange zum Bäcker von einem großen schwarzen Hunde so beängstigt worden, daß das bisher ganz gesunde und kräftige Kind nunmehr dauernd an Krämpfen leidet: Möge dieses beklagenswerthe Unglück den Besitzern grober Hunde ein erneuter Beweis dafür sein, wie nöthig eine strenge Handhabung der bez. Verordnung betr. Führung großer Hunde an der Leine ist. — Diejenigen Lampen, welche im Frühjahr und Sommer nicht gebraucht werden, stelle man mit leerer, gut gereinigter Vase fort, nachdem man den Docht herausgenommen hat. Den Cylinder bedeckt man mit einem Hütchen, ein papiernes genügt, damit kein Staub eindringen kann. Eine so aufbewahrte Lampe wird im Herbst, wenn sie wieder in Gebrauch genommen und mit Docht und Oel versehen wird, wie eine neue Lampe hell und geruchlos brennen. — Eine schlimme Erfahrung machte der Gutsbe sitzer Ernst in Schellerhau im März 1889 mit seinem Neffen, dem noch nicht 17 Jahre alten Dienstknecht Moritz Bruno Naumann aus Kleinburgk. Der schon zwei Mal wegen Diebstahls vorbestrafte Neffe war zu Besuch gekommen. Nachdem er in Erfahrung gebracht hatte, daß der Onkel sein Geld in einem Wand schränkchen verwahrt hielt, kam er auf den Gedanken, von dem Gelds einen Theil zu stehlen. Am Abend des 15. März stieg Naumann in die Wohnung deS abwesenden Gutsherrn durch das Fenster ein. Rai- Erbrechen des Schränkchens nahm der Spitzbube von dem Geldvorrath — es waren 271 M. vorhanden — 51 M. in klingender Münze an sich und verschwand aus dem Dorfe. Er ergänzte von dem Gelde seine defekte Garderobe, schenkte auch seiner ahnungslosen Mutter 3 M. und der Schwester eine Kette. Die 4. Strafkammer des kgl. Landgerichts Dresden belegte den Angeklagten mit 1 Jahr Gefängniß. K Glashütte. Die abgehenden Schüler der deut schen Uhrmacherschule veranstalteten am Montag Abend im Hotel „Stadt Dresden" einen Ball und hatten zu diesem Zwecke eine Menge Einladungen ergehen lassen. Der große Saal faßte kaum die Menge der Theil- nehmer, welche gekommen waren, mit den Scheidenden noch einige frohe Stunden zu verleben. Die Wände waren prächtig mit Fahnen, Wappen und dergleichen dekorirt, die gebotenen Vorträge musikalischen, astro nomischen rc. Inhalts waren ausgezeichnet und die Zigeunerscene packend wiedergegeben, so daß sich der Zuhörer eine gehobene Stimmung bemächtigte. Der nachfolgende Ball wurde äußerst stark frequentirt, so daß trotz der Größe des Saales manchmal kaum ge tanzt werden konnte. Erst mit Tagesgrauen endete das schöne Fest. — Die am Bau der Müglitzthalbahn beschäftigten deutschen Arbeiter hatten große Lust, am I. Mat zu feiern, doch mochten sie wohl einsehen, daß es dann für immer Feierabend ist, und so wurde denn die be absichtigte Feier unterlassen. Von den sonst in Glas hütte beschäftigten Arbeitern und von den Gehilfen hat nur ein Mechaniker, ein echter Sozialdemokrat und seit vergangenem Jahre hier beschäftigt, den Tag gefeiert. — Heute, den 1. Mai, früh zeigten sich die ersten Schwalben. Rabenau. Bei der Sparkasse zu Rabenau wurden im Monat April 1890 246 Einzahlungen im Betrage von 15,681 M. 55 Pf. gemacht, dagegen er folgten 94 Rückzahlungen im Betrage von 11,696 M. 80 Pf. — Sparmarken ä 10 Pf. wurden 100 Stück verkauft. H Poffendorf. Bei der hiesigen Tages Verpfle gung für arme Reisende wurden vergangenen Monat April 34 Marken zu 20 und 32 zu 10 Pf. von der Verwaltung ausgegeben. — Das hiesige Windmühlengrundstück, dessen Besitzer seit der gerichtlichen Versteigerung Herr Pri- vatuS Hase-Serkowitz-Nadebeul war, ist seit 1. Mai in den Besitz des Herrn Lorenz-Reinberg übergegangen. Der neue Besitzer wird nach einer durchgreifenden Re paratur des Werkes die seit Monaten stillstehende Windmühle wieder in Betrieb setzen. — Nächsten Sonntag Kantate findet kirchliche Unterredung mit der konfirmirten Jugend statt. Dresden. Ohne alle und jede Ruhestörung ist auch in Dresden die Feier des 1. Mai verlaufen. Die am Vormittag abgehaltenen Versammlungen waren, da höchstens 3 Prozent der Arbeiter feierten, sehr schwach besucht, die eine von 6—700, die andere von ca. 400 Personen. — Das Militär war für alle vor kommende Fälle in den Kasernen konsignirt, die Wachen waren mit schußfertigem Gewehr aufgezogen. — Nunmehr hat auch der oberste sächsische Ge richtshof, das Dresdener kgl. Oberlandesgericht, dahin entschieden, daß das Boykotten strafbar ist, in dem es die Revision eines wegen Boykottens verur- theilten Sozialdemokraten kostenpflichtig abwies. Wenn auch die Verrufserklärung gegen Gewerbetreibende, so heißt es in der Begründung des Urtheils, im Allge meinen ein gesetzliches Mittel sei, um die Willens- U U i ! 1 ,G