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20« mehreren Häusern Dachreparaturen vor. Dittmar ist angeklagt, bei dieser Gelegenheit sich wahrheit-widrig für de» Stiefbruder des Schieferdeckers Conrad aus Altenberg ausgegeben, sowie sich in 2 Fällen Schiefer platten im Werthe von je 2 Mark auf betrügerische Weise verschafft zu haben. Da Dittmar die ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen in frecher Weise leugnete, so machte sich eine umfängliche Beweisauf nahme nothwendig. Nach den Ergebnissen derselben wurde der Angeklagte des Betrugs im wiederholten Rückfalle überführt erachtet und zu einer Zusatzstrafe von 1 Jahr Zuchthaus, sowie zu 300 M. eventuell noch weiteren 40 Tagen Zuchthaus verurtheilt. Pirna. Unsere Elbstadt hat jetzt eine brennende Frage. Es handelt sich dabei um die Entscheidung darüber, ob die als nothwendig erkannte Betriebs erweiterung der von der Stadt aus dem Besitze der bisherigen Aktiengesellschaft übernommenen Gasanstalt auf dem jetzigen Platze der letzteren erfolgen oder ob anderwärts eine neue Anstalt errichtet werden soll. Der für die erstgevachte Erweiterung infolge Areal ankaufs, sowie Aufführung eines großen Gasometers u. s. w. eine sehr hohe Summe aufgewendet werden muß, so neigt sich die Stimmung mehr dem Neubau zu, obwohl sich das Gutachten des in dieser Ange legenheit jetzt thätig gewesenen Ausschusses für ein Verbleiben auf dem gegenwärtigen Platze ausspricht. Die Entscheidung muß bald fallen, da die Anstalt an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt ist. Bautzen. In hiesiger Petrikirche fanden am 16. März zwei besondere Tauffeierlichkeiten statt. Es wurden um 9 Uhr eine Amerikanerin von 17 Jahren und um 11 Uhr ein I4jähriger Knabe, dessen Eltern, Geburtsort und Geburtsjahr unbekannt geblieben sind, und der nun diese Ostern mit konfirmirt werden soll, durch die Taufe in den Christenbund ausgenommen. Pegau. Die Ministerien des Jnnnern und der Finanzen haben zu der von den städtischen Kollegien beschlossenen Aufnahme einer Anleihe in Höhe von 100,000 M. ihre Zustimmung gegeben. Die Anleihe zerfällt in Abschnitte von 1000, 500, 300 und 200 M. und wird mit 3'/» vom Hundert verzinst. Mittweida. Zudem bereits gemeldeten grauen haften Vorfall im benachbarten Ottendorf ist noch nachzutragen, daß auch das dritte Kind, das 6jährige Mädchen, nach 27stündigem Leiden von demselben in der Nacht zum Freitag durch den Tod erlöst worden ist. Ueber die näheren Umstände des entsetzlichen Er eignisses wird noch folgendes bekannt: Die Kindes mörderin, die 25jährige verehelichte Richter, deren Manu Arbeiter im Ottendorfer Kalkwerk ist, hatte sich vor einiger Zeit beim Heben eines schweren Gegen standes Schaden gethan, infolge dessen sie leidend ge worden und sich in ärztlicher Behandlung befand. Die unglückliche Frau hat sich nun eingebildet, daß sie sterben müsse und daß dann ihre Kinder hilflos dastehen würden, weshalb in einem Anfalle von Geistes störung der fürchterliche Entschluß in ihr reifte, sich nebst den 3 Kindern aus der Welt zu schaffen. Die That wurde am Mittwoch Abend 10 Uhr im gemein schaftlichen Schlafzimmer von der Frau ausgeführt, nachdem dieselbe sich überzeugt hatte, daß ihr Mann bereits eingeschlafen war. Richter sowohl als seine Frau werden als ordentliche Leute geschildert, die auch auf ihre Kinder gehalten haben; die Frau suchte zur Bestreitung des Haushalts dadurch etwas beizusteuern, daß sie zu Hause Cigarren arbeitete. Tagesgeschichte. Berlin. In der Arbeiterschutz-Konferenz am 17. März wurden drei Ausschüsse gewählt für die Bergwerksarbeiten, die Sonntagsarbeiten und die Ar beiten der Frauen, Kinder und jungen Personen. Der Präsivent des ersten Ausschusses ist der preußische Berg rath Hauchecorne, des zweiten Fürstbischofs Kopp, Vize präsident der dänische Etatsrath Tietgen, des dritten Jules Simon, Vizepräsident der ungarische Bergwerks rath Schnierer. Die im Konferenz-Programm über Frauenarbeit enthaltenen Fragen lauten: I) Soll die Arbeit verheiratheter Frauen bei Tage oder bei Nacht eingeschränkt werden? 2) Soll die industrielle Arbeit aller weiblichen Personen (Frauen und Mädchen) ge wissen Beschränkungen unterworfen werden? 3) Welche Beschränkungen empfehlen sich in dem Falle? 4) Sind für einzelne Industriezweige Abweichungen von den allgemeinen Bestimmungen vorzusehen und für welche? — Der Reichskanzler Fürst Bismarck vollendet am 1. April sein 75. Lebensjahr und durste man des halb darauf vorbereitet sein, daß der Zeitpunkt seines Rücktrittes von der Stelle des leitenden Staatsmannes nicht mehr allzu fern war. Jedenfalls sehnte er sich nach Ruhe, der Ausfall der Reichstagswahlen, sowie die in letzter Zeit eingeschlagene Richtung der Reichs politik mögen vielleicht sein Vorhaben beschleunigt haben, trotzdem kommt aber die Nachricht, er habe am 18. März um seine Entlassung gebeten, völlig un- ! erwartet, und es ist wohl glaubhaft, daß die Mit theilung davon, die er im preußischen Staat-Ministerium machte, einen tiefen Eindruck auf alle Minister gemacht habe. — Wenn auch bis zur Stunde der Rücktritt de- ReichskanzlerS noch nicht amtlich veröffentlicht ist, so wird doch nicht bezweifelt, daß da- Entlaffung-gesuch unverweilt Genehmigung finden werde. Man nimmt an, daß Kaiser und Kanzler darin übereinstimmen, daß der gegenwärtige Augenblick zu einem so wichtigen Personalwechsel geeignet sei, ohne Erschütterungen be fürchten zu lassen. Insbesondere schließt man daraus, daß in Bezug auf die auswärtige Lage jede Besorgniß ausgeschlossen sei. Als künftiger Reichskanzler wird vielfach der frühere Marinechef General von Caprivi, der vor 8 Tagen eine vierstündige Audienz beim Kaiser hatte, genannt. — Der Kaiser hat sämmtliche kommandirenden Generale zu einer Konferenz am 18. März Abends nach Berlin berufen. — Die „Köln. Ztg." erfährt, wie sie angiebt, von sehr geschätzter militärischer Seite bezüglich der neuen Militärvorlage, daß die Neuausstellung von 50 bis 60 Feldbatterien keineswegs die Artillerie nach dem Vorgänge der östlichen und westlichen Nachbarn verstärken sollen, weil die Zutheilung von Feldartillerie an Divisionen und Armeekorps längst eine bestimmte Grenze erreicht habe, welche nicht überschritten werden darf, ohne die Unabhängigkeit der Feldtruppen zu schädigen. Eine unabweisbare Forderung für die Schlagfertigkeit und Leistungsfähigkeit der Armee sei es, daß den Divisionen und Armeekorps, dem Kriegs bedarf entsprechend, bereits in der Friedenszeit die fehlenden Feldbatterien zur Verfügung stehen. Den beiden neuen Armeekorps werden vier Pionierkom pagnien und etwa sechs Trainkompagnien beigegeben. — Die „Post" schreibt: Schon bei den Wahlen des Jahres 1887 wurde mehrfach behauptet, daß die Sozialdemokraten vor der Ausstellung der Wahllisten planmäßig einen Theil ihrer Anhänger Wohnung in solchen Wahlkreisen nehmen ließen, in welchen ihnen eine Verstärkung der sozialdemokratischen Stimmen be sonders erwünscht schien. Aehnliche Meldungen liegen auch jetzt, namentlich aus Hamburg, vor, woselbst man sich von sozialdemokratischer Seile eines solchen Ver fahrens ausdrücklich rühmt. Ein derartiges Verfahren entspricht sicher nicht dem Sinne und Geiste des Reichs tagswahlrechts und erscheint deshalb als Mißbrauch, ist aber schwerlich rechtlich anfechtbar. Anders liegt es bezüglich eines anderen Wahlkniffes, welcher aus der letzten Wahlbewegung mehrfach gemeldet wird. Aus dem Wahlkreise Frankfurt a. O.-Lebus, sowie aus der Umgegend von Hamburg wird gemeldet, daß zahlreiche Sozialdemokraten sowohl in ihrem Heimaths- ort wie in der Großstadt, Berlin, Hamburg, wo sie zeitweise arbeiten, gewählt haben. Man giebt die Zahl derjenigen Sozialdemokraten, welche sowohl in Hamburg als dessen Umgegend gewählt haben, auf nicht weniger als 8000 an und will Kenntniß von der Sache dadurch erhalten haben, daß die Sozialdemo kraten sich jenes Wuhlkniffs rühmten. Formell un möglich ist die Durchführung dieser Täuschung nicht. Ohne jedes Verschulden der betheiligten Behörden ist es möglich, bei doppelten Wohnsitzen sich in zwei Wahl listen eintragev zu lassen. Inwieweit ein solches Doppelwählen wirklich vorgekommen ist, wird sich in vollem Umfange schwerlich feststellen lassen, jedenfalls aber ist es dringend wünschenswerth, daß die Beweise für die erwähnten Behauptungen genau beigebracht werden. Die wissentliche Fälschung des Wahlergebnisses ist eine sehr schwere Beschuldigung, daß eine dahin gehende Behauptung mit sicheren Belägen beglaubigt sein muß; sollten diese beigebracht werden, so würde allerdings ein neues scharfes Schlaglicht auf die Sozialdemokratie fallen und Anlaß zu ernsten Maß nahmen vorliegen. Bonn. Hier und in der Umgegend wurde am 17. März Abends ein Erdstoß verspürt. Stettin. Sämmtliche Schiffszimmerleute auf allen Werften Stettins haben am 18. März die Arbeit eingestellt. Elberfeld. Ein großes Eisenbahnunglück hat sich am Sonntag auf der hier über die Wupper führenden Eisenbahnbrücke ereignet. In Ergänzung der Wolff'schen Depeschen wird gemeldet, daß aus der Unglücksstätte von Eisenbahnarbeitern und den Feuer wehren von Elberfeld und Sonneborn die ganze Nacht hindurch zur Bergung der Trümmer gearbeitet worden ist. Zwei Bremser sind verunglückt, deren Leichen noch nicht gesunden; es ist auch keine Hoffnung vorhanden, daß sie noch am Leben seien. Mehrere der auf Trümmer haufen in der Wupper liegenden Wagen sind bereits sreigelegt. Die Beschädigung des Bahnkörpers und der Brücke sind so erheblich, daß die Aufnahme des Betriebes noch nicht zu erwarten ist. Der Bremser Schäfer, welcher sich durch einen Sprung rettete, liegt verletzt im Krankenhause. Derselbe weiß über die Katastrophe wenig zu berichten. Dieselbe soll dadurch entstanden sein, daß durch den Bruch eine- Rades, welches schon vor dem Viadukt absprang und später auf der Strecke gefunden wurde, ein Wagen entgleiste und, die Geleise aufreißend, bis zur Mitte der Brücke mttgeschleift wurde. Dort stürzte der Wagen, das Geländer durchbrechend, zwanzig Meter hinab in die Wupper und riß die nachfolgenden 32 Wagen Mit in die Tiefe. Das Getöse war entsetzlich. Ein Wagen liegt am User, die anderen 32 aufgethürmt im Flusse, darunter begraben die beiden Bremser Aschener und Binder. Schienen, Geländer, Schwellen, Telegraphendrähte sind abgebrochen und ragen über die Brücke hinaus, die Träger der Auskrakung sind verbogen, dagegen die ge mauerten Brückenpfeiler unversehrt. Das nördliche Geleise ist fahrbar geblieben. Die Lokomotive mit den ersten vier Wagen hat die Brücke noch glücklich passirt. Der Trümmerhaufen in der Wupper zeigt ein Bild grauenvoller Verwüstung. Die Fortschaffung der Trümmer wird viele Tage erfordern. Zur Be- schleunigung der Bergungsarbeiten wird ein Geleise nach der Wupper gelegt. Die Aufregung in der Stadt war sehr groß, weil es zuerst hieß, daß die Brücke eingestürzt und ein Personenzug hinabgesallen sei. Dortmund. In der Versammlung der Berg arbeiter des Schachtes „Kaiserstuhl" am 16. März waren von 400 nur 120 Mann anwesend. Schröder nahm die Wahl zum Delegirten für den im Mai in Brüssel abzuhaltenden internationalen Kongreß an und erklärte, daß, wenn die Angelegenheiten aus friedlichem Wege nicht durchzusühren seien, man durch allgemeine Verbrüderung einen internationalen Streik herbeizu- führen suchen müsse, um der Welt zu zeigen, wie arm sie ohne Kohlen sei. Die Versammlung wurde schließ lich polizeilich aufgelöst. Württemberg. Das Ulmer Münster, eines der bedeutendsten Denkmale der Spätgothck, ist nach dem Kölner Dom, den es an Flächenraum nicht er reicht, aber in anderen Maßen übertrifft, die größte Kirche Deutschlands. Nach Egle Hal es 5100 qm Grundfläche, 1100 qm weniger als der Kölner und 1000 qm mehr als der Straßburger Dom. Die lichte Höhe des Mittelschiffs beträgt in Köln 44 m, in Ulm 42 m und in Straßburg 30 w. Die Länge des Baues erreicht in Köln 135, in Ulm 123,5 und in Straßburg 100,6 m. Dem gegenüber übertrifft das Ulmer Münster die anderen Kirchen durch die Weite des Schiffsbaues. Es hat 48,6 m lichte Weite, gegen 45,4 m in /köln und 37 m in Straßburg. Das Mittelschiff hat in Ulm eine Breite von 15 m, in Köln 13,8 m und nur 13,2 m in Straßburg. Auch die Höhe des Hauplthurmes in Ulm übertrifft die Höhe der Thürme in Köln um einige Meter. Der Anfang des Baues des gewaltigen Münsters fällt in das Jahr 1377. Erster Baumeister war Ulrich von Einsingen. Trotz der reichen Beisteuer ging doch die Zeit rascher als der Bau und der wundervoll angelegte Dom blieb unvollendet. Am 30. Juni 1877 feierte Ulm das 500jährige Jubiläum der Grundsteinlegung. In diesem Jahre wird der Hauptthurm ausgebaut und damit der monumentale Bau seiner äußeren Vollendung ent- gegengeführt. Frankreich. Wie unterrichteterseits verlautet, ist das neue Kabine! nunmehr wie folgt gebildet: Frey- cinet Präsidium und Krieg, Constans Inneres, Falllöres Justiz, Ribot Auswärtiges, Rouvier Finanzen, Barbey Marine, Bourgeois Unterricht, Develle Ackerbau, Jules Roche Handel und Guyot Arbeiten. Portugal. In Portugal treibt die nationale Er regung gegen die Engländer noch immer sonderbare Blüthen. So sind dieser Tage studentische Abord nungen der Universitäten Lissabon, Oporto und Coim bra rn einer Audienz beim Könige dahin vorstellig ge worden, daß das dem englischen Konsul in Oporto ertheilte Exequatur wieder zurückgenommen werden möchte. Die vom König ertheilte Antwort klingt aller dings ziemlich unbestimmt, sie drückt lediglich die Be friedigung des Monarchen über den in den Schulen des Landes herrschenden Patriotismus aus und ver sichert, der König werde es seinen Ministern ans Herz legen, ihre Entschließungen in Einklang mit den Wün schen der Studenten zu fassen. Aber schließlich wird die Politik in Portugal ebenso wenig von den Stu denten gemacht werden, wie dies in anderen Ländern der Fall ist. Nord-Amerika. Am 17. März brach in einer großen Buchhandlung in Indianapolis Feuer aus, bei welchem 13 Feuerleute durch Umsturz einer Mauer getödtet und 19 verletzt wurden, die Mehrzahl der selben tödtlich. Ost-Afrika. Einer Meldung des „Neuterschen Tel.-Bur." zufolge ist die nach Usambara unter Lieute nant Schmidt entsandte deutsche Expedition erfolgreich zurückgekehrt und hat volle Entschädigung für die Ver luste vr. Meyers erhalten. Von vr. Peters liegen keine Nachrichten vor.