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Wchentz-AitW Verantwortlicher Redacteur: Päul Ikhnt in Dippoldiswalde. 56. Jahrgang. Dienstag, den 28. Januar 1890. Nr. 12. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de» Blattes eine sehr wnt- fame Verbreitung, finde«, »erden mit 10 Psg- di« Spaltenieile oder der«, Raum berechnet. — Ta« bellarische und complicirte Jnserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionelle« Theile, die Spaltenzeife 20 Psg. Die „Weißeritz. Zeitung" «/scheint wöchentlich drei ¬ mal: Dienstag, Donners- taa und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Psg-, zweimonatlich , 84 Psg., einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern 10 Psg. — Alle Postan ¬ stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- > """ Amtsblatt für die KSnialiche Umtshmipimannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen "Amtsgerichte und die Stadtrüthe z« Dippoldiswalde und Iraucnstem Rach-Abonnements ans dir Monate Februar und Mär; nehmen alle Postanstalten und die unterzeichnete Expeditton entgegen. Soweit der geringe Vorrath reicht, können auch die bisher erschienenen Nummern der Jllustrirten Unterhaltungs-Beilage nachgeliefert werden. Expedition -er „Weißeritz-Zeitung". Zur Bergarbeiter-Frage. Die längst drohende allgemeine Lohnbewegung unter den deutschen Bergarbeitern ist nunmehr durch die erfolgte Formulirung der von den Bergleuten ge stellten Forderungen, welche bekanntlich im Verlangen einer öOprozentigen Lohnerhöhung sowie einer weiteren Abkürzung der täglichen Arbeitszeit gipfeln, in Fluh gekommen und von der Entscheidung der Grubenbe sitzer hängt es ab, welchen Ausgang die Bewegung nehmen wird. Noch scheinen dieselben keine bestimmte Stellung zu diesen neuen Forderungen genommen zu haben, indessen dürste es kaum einem Zweifel unter liegen, dah seitens der Grubenherren die Forderungen der Arbeiter schließlich abgelehnt werden und hierin würden sie sich mit der öffentlichen Meinung nur in Uebereinstimmung befinden. Denn so sehr bislang die Sympathie des großen Publikums den Bestrebungen der Bergleute zur Verbesserung ihrer Lage zugewendet waren, da man allseitig die Berechtigung dieser Be strebungen anerkannte, so sehr spricht sich die Stimme der öffentlichen Meinung verurtheilend über die aber maligen Ansprüche der Bergleute aus und bezeichnet sie als entschieden zu weitgehend. Allerdings erhellt aus dem Bericht der von der preußischen Negierung zur Untersuchung der Bergarbeiter-Verhältnisse ein gesetzten Kommission, daß der Arbeitslohn bis in die neueste Zeit hinein thatsächlich ein geringer, nament lich in Anbetracht der so anstrengenden Arbeit des eigentlichen Bergmannes, gewesen ist, und daß ferner auch die Klagen der Arbeiter über das Wagennullen, über ihre Behandlung seitens der Vorgesetzten u. s. w. vielfach berechtigt waren, aber anderseits bekundet auch der offizielle Bericht, daß seit dem großen Streik vom vergangenen Jahre eine erhebliche Verbesserung in der Lage der Bergleute eingetreten ist, die von deren Seite sogar selbst anerkannt worden ist. Wenn nun die Bergleute trotzdem aufs Neue mit so hochgespannten Forderungen hervorlreten, wie es die obengenannten doch wohl sind, so scheint es fast, als ob sie ihre An sprüche absichtlich übertreiben und zwar infolge sozial demokratischer Aufreizungen. Denn die jüngsten Mel dungen über den Verlauf verschiedener von den west fälischen Bergarbeitern abgehaltenen Versammlungen laßen unschwer erkennen, daß die sozialdemokratischen Hetzapostel geschickt begonnen haben, die Bewegung in den Kohlenrevieren zu ihren Gunsten auszubeuten, haben ja doch die Bergarbeiter in Bochum ganz offen und mit großer Mehrheit den Beschluß gefaßt, für den sozialdemokratischen Kandidaten zum Reichstage zu stimmen! Die Bergleute scheinen noch nicht zu ahnen, wie sehr sie sich durch ihr Einlenken in das sozial demokratische Fahrwaßer wie durch die Ueberspannung ihrer Ansprüche die Sympathien weiter Kreise der Be völkerung, ganz abgesehen von denen der Regierung, verscherzen, und vielleicht erkennen die Bergleute noch in zwölfter Stunde, wohin sie eigentlich mit ihrer jetzigen Haltung stenern. Auf jeden Fall bleibt zu wünschen übrig, daß die voraussichtlichen Einigungs- Verhandlungen zwilchen den Bergleuten und ihren Arbeitgebern zu einer friedlichen Verständigung führen möchten und daß somit ein neuer allgemeiner Streik der Bergleute vermieden bliebe. Welche tiefgreifenden schädigenden Wirkungen ein solcher auf alle Industrie zweige, ja, auf das ganze geschäftliche und öffentliche Leben und schließlich auch auf die einzelnen Haus haltungen auszuüben vermag, das hat ja die schwere Krisis im deütschen Steinkohlenbau vom vergangenen Frühjahre nur zu deutlich gezeigt und höchstens die sozialistischen Agitatoren können eine Wiederkehr dieser wirklichen Landeskalamität wünschen. Die Bergleute haben allerdings ihre Macht bei geschloßenem Vor gehen kennen-gelernt, möchten sie sich aber hüten, die selbe zu mißbrauchen und gar fremden Einflüßen zur Verfügung zu stellen — die Interessen der Bergleute selbst würden hierdurch schließlich die empfindlichste Schädigung erleiden; Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 24. Januar. In den späteren Nachmittagsstunden wurde heute der Schornsteinfeger geselle Müller von hier in der Nähe der Graulmühle im Schnee liegend erfroren aufgefunden. Da er jedoch noch Spuren von Leben zeigte so wurde er alsbald in das hiesige Stadtkrankenhaus transportirt, wo kräf tige Wiederbelebungsversuche angestellt wurden. Die selben büeben jedoch erfolglos und Müller verstarb, ohne wieder zum Bewußtsein gekommen zu sein. Dippoldiswalde, 27. Januar. Soeben ist durch Herrn Direktor Simon-Ackermann ein neues voll ständiges Programm der Deutschen Müllerschule zu Dippoldiswalde zur Ausgabe gelangt, das außer dem Lehrplane der bereits bekannten 3 Abthcilungen der Anstalt den eines auf 6 Semester berechneten Kursus mittheilt, der diejenigen Kenntnisse vermittelt, die, außer der Fachbildung, zur Erlangung des Berechtigungs scheines für den einjährig-freiwilligen Militärdienst er fordert werden. Die unablässig rührige Direktion glaubt durch diese Einrichtung einem bei unseren der zeitigen militärischen Verhältnissen sich lebhaft äußern den Bedürfnisse entgegen zu kommen; wünschen wir, daß derselben die erwartete Theilnahme entgegengebracht werde. — Gestern, am Sonntag, Vormittag überreichte Herr Bürgermeister Voigt im Beisein des Stadtraths und der Stadtverordneten dem bisherigen Sladtrath, Herrn Uhrmacher Bucher, die demselben von Sr. Maj. dem Könige in Anerkennung seiner langjährigen Tätig keit in der Gemeindevertretung von Dippoldiswalde verliehene Ordensauszeichnung, das Ritterkreuz zweiter Klasse des Albrechtsordens. Auf die Ansprache des Herrn Bürgermeisters antwortete Herr Bucher mit tief gefühlten Dankesworten und dem Gelübde fortwähren der Treue gegen das Königshaus und nahm hierauf die Glückwünsche der Anwesenden entgegen. — Es ist dies unseres Wissens der erste Fall einer einem hiesigen Gemeindevertreter zuerkannten Dekoration. — Als Vorfeier zum Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers gab der Süngerchor des hiesigen Militär vereins gestern Abend im Saale des Schießhauses eine musikalisch-dramatische Abendunterhaltung mit ange messenem Programm und recht netter Ausführung, für welche denn auch die den Saal bis zum Erdrücken füllende Zuhörerschaft höchst dankbar war und ihrem Beifall mehrfach lauten Ausdruck gab. An die Auf führung schloß sich ein flotter Ball der Kameraden und ihrer zarteren Hälften. — Heute Morgen begleitete der Militärverein das Mnsikkorps bei dem üblichen Weck rufe. Ein ganz entsetzlicher Sturm mit Regen machte leider jegliches Flaggen unmöglich. — Am gestrigen Sonntag Nachmittag kam ein Ein wohner von Sadisdorf auf die hiesige Sparkasse, um daselbst eine größere Summe zu bezahlen, mußte aber zu seinem großen Schrecken bemerken, daß er dieselbe verlören hatte. Glücklicherweise erhielt er aber bald. nachdem er seinen Verlust bei der Bahnverwaltung ge meldet hatte, die beruhigende telegraphische Nachricht, daß der Betrag, in einem Dütchen verwahrt, gefunden worden war. Der die Bahnwagen reinigende Arbeiter verbrennt gewöhnlich die gefundenen Papierschnitzel, hatte diesmal aber eine Ausnahme gemacht und den Kehricht auf einen Haufen geworfen, wo das Geld alsbald gesunden wurde. — Bezüglich der in vor. Nr. enthaltenen Bemer kung, die hiesige Kantorei bestehe nicht mehr selbst ständig, wird uns von zuständiger Seite mitgetheilt, daß die Kantorei nach wie vor unter diesem offiziellen Titel besteht, gewisse Benefizien genießt und durch ihre aktiven Mitglieder die ihr obliegenden Dienstleistungen aussührt. Schmiedeberg. Der am vergangenen Freitag herrschende Sturm hat eine größere Esse des hiesigen Eisenwerks umgestürzt. Dieselbe fiel nach der denk bar günstigsten Seite und schlug nur das Dach des Kesselhauses durch, während ein anderes Gebäude leicht beschädigt wurde. Altenberg. Am 24. van Nachts an bis zum Spätnachmittage war hier ein starkes Schneewehen aus Norden, welches den Verkehr bedeutend beeinträch tigte. Die Mittagspost konnte den westlichen Stadt eingang nicht durchbrechen und mußten die Passagiere beim Kommunhause aussteigen und zu Fuß herein- geheü, worauf später der PostschMen um die Chaussee herum geführt wurde. Das war aber nur die einzige kleine Verspätung; Nachmittags legte sich das Wetter und die Schneewehen zeigten dem Verkehr nirgends ein Hinderniß mehr. - Kreischa. Am vergangenen Sonnabend Vor mittag kehrte ein Zechpreller schlimmster Sorte im Gast hofe des Herrn Masche hier ein, ließ sich mit Speisen und Getränken reichlich bewirthen und verschwand plötzlich in einem unbewachten Augenblicke, eine Zech schuld von 2 M. 13 Pf. hinterlassend. Der saubere Gast wiederholte dasselbe Manöver auch im Gasthofe zu Klein-Kreischa, wurde aber beim besten Zechen durch Herrn Gastwirth Masche, welcher sich inzwischen auf gemacht hatte, den Durchbrenner zu ermitteln, dingfest gemacht und nach gescheitertem Fluchtversuche dem hie sigen Gemeindevorstand übergeben, welcher den säubern Patron durch den Gemeindediener an das kgl. Amts gericht Dippoldiswalde überliefern ließ. 4 Possendorf. Der orkanähnliche Sturm, welcher in der Nacht zum Freitag wüthete, hat hier und da den Ziegeldächern arg mitgespielt, Bäume entwurzelt und auch Gartenzäune umgeworfen. — Infolge Ablebens der zeitherigen Leichenfrau, Charlotte Nitzsche, ist deren Amt zur Erledigung ge kommen und anderweit zu besetzen. Bewerberinnen, welche sich eines guten Rufes erfreuen und über gute Zeugnisse verfügen, haben selbstgeschriebene Gesuche bis längstens den 8. Februar an Herrn Gemeindeoor- stand Sommerschuh hier einzureichen. Dresden. Die Zweite Kammer erledigte am 24. Januar den Personal- und Besoldungs-Etat für die Jahre 1890/91, dessen unveränderte Genehmigung von der Finanz-Deputation (Berichterstatter: Abg. Steyer-Reinholdshain) beantragt wurde. Nach kurzer Debatte, in welcher Abg. Schickerl den Wunsch einer größeren Berücksichtigung von vorhandenen Wasser leitungen und ständigen Feuerwehren bei der Klassi fikation der Gebäude, Abg. Starke Aufhebung oder gründliche Aenderung der freiwilligen Versicherungs- Abtheilung, Abg. Weigang endlich die Anbringung einer Belehrung aus der Rückseite der Verstcherungs- polize und Prüfung der ordnungsmäßigen Anbringung von elektrischen Beleuchtungsanlagen durch die Beamten der Brandversicherung wünschte und Staatsminister von Nostitz-Wallwitz die Gründe dargelegt hatte, aus welchen die Erfüllung der geäußerten Wünsche wenig stens zur Zeit noch nicht thunlich sei, wurde der Etat einstimmig genehmigt. — Nächste Sitzung am 27. Jan