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Dresdner Journal : 28.08.1863
- Erscheinungsdatum
- 1863-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-186308286
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18630828
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18630828
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1863
-
Monat
1863-08
- Tag 1863-08-28
-
Monat
1863-08
-
Jahr
1863
- Titel
- Dresdner Journal : 28.08.1863
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-L natilrlich in deutscher Sprache — an den Herrn Fi- nanzminister gewendet. Weil nun aber da- Gesetz vom 29. October 1862 mit Zustimmung des Rrichsraths ge macht wurde und eine Aenderung desselben wieder nur mit Zustimmung de- ReichsrathS erfolgen kann, hat der praktische Sinn der GeschästsmLnner dir fernere Roth- Wendigkeit eingejehrn, sich diesbezüglich mit ihrem An« liegen auch an den Reichsrath zu wenden. Nun trifft noch der Fall ein, daß die Liqueurfabrikanten in Wien, Prag uud andern großen Städten ähnliche Petitionen beim Finanzministerium und Reichsrathe einqebracht haben. Der große Finanzausschuß wird bei der Budgetverhand lung darüber zu Rathe sitzen, und deshalb petitioniren nun die Pesther Fabrikanten um die Begünstigung, daß auch ihr Anliegen gleichzeitig mit jenem ihrer Kollegen in Wien, Prag und andern Orten bei der Budgctberathung mit in Betracht gezogen werden möge. Auf praktischem Wege hätte sich somit ein eklatanter Fall von Interessen gemeinschaft zwischen den Ländern die-- und jenseits der Leitha ergeben, aus der sich sehr leicht so mauche Lehre ziehen läßt. Btklin, 26. August. (B. Bl.) Ihre königl. Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin sind heute Morgen von Schloß Rosenau bei Koburg wieder in Potsdam cingetrofsen. Gleichzeitig mit denselben kamen der Prinz Alfred von Großbritannien und der Prinz von Leiningen nach Potsdam, um einige Zeit dort zu verweilen. — Das Befinden des Staatsministers a. D. v. Belhma nn-Hollweg ist jetzt so befriedigend, daß nur noch die Herstellung der sehr gesunkenen Kräfte zu wünschen übrig bleibt. Zu diesem Ende wird Herr v. Bethmann voraussichtlich Mitte k. M. Scheveningen verlassen und sich nach Badenweiler begeben. — Die Verbreitung der Diphtheritis (bösartigen Bräune) an vielen Orten des Regierungsbezirkes Potsdam hat die königl. Regierung zu der Anordnung veranlaßt, daß die Aerzte jeden derartigen Krankheitsfall der zuständigen Polizeibehörde sofort anzuzeigen haben. Es sind bis jetzt im Regierungsbezirke Potsdam 254 solcher Erkrankungen beobachtet worden, von denen 70 (also 27,s Proc.) mit dem Tode endeten. Bon den meisten Aerzten wurde diese Krankheit für eine ansteckungssähige gehalten. — Ein Kirchen raub ist in voriger Woche hier im Dome ver übt worden. Die bei Nacht eingebrochcnen Diebe spreng ten die Doppelthüre, welche nach der Sakristei führt, und stahlen aus dem dort befindlichen Kasten etwa 50 Thaler. Die Einbrecher sollen mittelst einer Leiter von der Wasserseite aus durch ein zerbrochenes Fenster in den Dom gelangt sein. — (N.-Z.) Die Großfürstin Marie Herzogin von Leuchtenberg, ist heute Abend nach Frankfurt a. M. ab gereist. Aus Stettin meldet die „Osts.-Z.", daß gegen die Mitglieder der Commission der Stadtverordneten versammlung, welche die Beschwerdeschrift an Seine Majestät den König unterzeichnet haben, die gerichtliche Untersuchung eingeleitet worden sei. Die Commission bestand aus den Herren: Saunier, Vorsteher der Stadt verordnetenversammlung, Lüderitz, Stellvertreter des Vor stehers und Vorsteher der Kaufmannschaft, de la Barre, Vorsteher der Kaufmannschaft, Or. Aachariae, Justizrath, und vr. Amclung, Direktor der Lebensverficherungsgescll- fchast ,,Germania". Pieschen, 24. August. (P. Ztg.) Heute Vormittag verhandelte die Strafablheilung des hiesigen Kreisgerichts wider die Schuhmacher Simon Stawiski und Franz Tym- kowski aus Jarocin wegen vorsätzlicher Verleitung preußischer Soldaten zur Desertion. Nach der Anklage und der beschwornen Zeugenaussage trafen die Angeklagten am 4. d. M. mit dem Füsilier Karl Schmidt vom 46. Jnfanterie-Regimente im Gasthofe zur „goldnen Kugel,, in Jarocin zusammen und äußerten im Laufe des angeknüpften Gesprächs, daß die Kosyniere in Polen die Russen tüchtig schlügen und sie, die Angeklagten, ge nau wüßten, was drüben vorginge, er, der Füsilier, solle mit ihnen nur hinübergehen, er würde es daselbst gut haben. Einer der Angeklagten zeigte ihm 8 Thlr. mit dem Bemerken, daß sie ihm einen Theil von dem Gcldc geben würden, wenn er mit ihnen ginge, Beide ließen sich, als sich der Füsilier dazu bereit finden ließ, die Hand daraus geben. Sie gingen dann mit ihm in eine an dere Schenke, aus der sich Schmidt unter einem Vor wande augenblicklich entfernte, von dem Vorfall aber während seiner Abwesenheit seinem Leutnant Meldung machte, worauf die Angeklagten von einer Patrouille ver haftet wurden. Trotzdem sie den Defensionalbeweis an treten wollten, auf Befragen des Präsidenten aber zu gaben, daß die vorgeschlagenen Entlastungszeugen von dem geführten Gespräche nichts gehört haben könnten, fand der Gerichtshof die beiden Angeklagten der vorsätz- als alter Lühower den pflichtgetreuen Heldrnsinn Zriny's mit Kraft, Würde und Begeisterung wiedergab und da für wiederholten, nach dem dritten Acte, dreifachen wohl» verdienten Hervorrufs sich erfreute. Auch dem Gast, Herrn Jaffs, gebührt das Lob trefflicher Wiedergabe dcs Helden Soliman. Juranitsch wurde von Herrn Deitmer, dem Studenten des Vorspiels, mit liebevoller Vertiefung dargestellt. Frau Bayer als Zriny's Weib, Fräul. Lan- genhaun als Helene, Herr Marimilian als Peter Vilacky waren treffliche Repräsentanten des einen, in aller Her zen glühenden Heldenfinnes. Von einigen Nebendarstel lern gilt der gewöhnliche Tadel, daß ihnen unter dem martialischen Schnurrbart die Klarheit der Worte ver loren geht. Dekoration und sonstige Ausstattung waren der Festdarstellung würdig. Deutschland hat nun kurz nacheinander — in Schiller — den Mann in frischer Jugendkraft, — in Fichte — den im gereiftesten Mannesaltcr, — in Uhland — den Greis und endlich — in Körner — den Jüngling ge feiert. Wahrlich das Volk ist reich und glücklich zu prei sen, dem für jedes Lebensalter solche idealische Typen vor schweben und theuer sind. Dies Volk der Ideale und den Idealisten hat eine Zukunft. E. L. * Frau Lilla v. Bulyovszky, deren bereitwillige Mitwirkung bei dem Festacte der Körnerfeier wir bereits erwähnt haben, wird sich nur einige Tage hier in Dresden aushalten und sodann nach Pefth zurückkehren, wo sie Mitte October ein Gastspiel auf dem dasigen deutschen Theater eröffnen wird. Vom 1. Januar nächsten Jahres an ist dieselbe bekanntlich für drei Jahre, jährlich auf 2^ Monate, zu Gastspielen am k. Hoftheater in München engagirt. Bemerkt mag noch sein, daß Frau v. Bulyovszky bei der hiesigen Körner feier an demselben Tage in Dresden wieder auftrat, an dem sie vor zwei Jahren im k. Hoftheater oon hier Ab schied nahm. lichrn Verleitung preußischer Soldaten zur Desertion für schuldig und verurthrilte sie nach dem Anträge der Staats anwaltschaft auf Grund deS H. 111 des Strafgesetzbuch- zu drei Monaten Gefängniß und Tragung der Kosten. Schulih, 23. August. (Patr. Z.) Am 19. August wurden hier von einem Kahne 84 Sensen confiscirt. Gestern Abend wurde der dem Grafen ZamojSki in War schau gehörige Dampfer „Warszawa" und 5 Gabarren revidirt und 57 Centner Blei, welche- für Polen be stimmt war, mit Beschlag belegt. lH Mainz, 25. August. Die heutige Eröffnung der ersten Plenarsitzung des vierten deutschenJu- ristentages wird Ihnen bereits telegraphisch gemeldet worden sein (vgl. Nr. 196). Rechtliche Fragen werden von Fachgenossen wohl immer mit Ernst und Lebhaftig keit verhandelt werden; aber Eifer und Lebhaftigkeit stei gern sich, wenn die gegebenen Fragen von öffentlich rechtlichen Gesichtspunkten geleitet oder gar von politischen Motiven und Anschauungen bestimmt werden. Eine Frage der letztern Art war es ohne Zweifel, welche den Hauptgcgenstand der heutigen Verhandlungen bildete: ob der Richter auch über die Frage zu befinden habe, ob ein Gesetz (im Gegensatz von Verordnungen) ver fassungsmäßig zu Stande gekommen. Die De batten (vgl. unten) gaben lebhaftes Zeugniß, daß die Versammlung ihrer Aufgabe der Bedeutung und der ganzen Tragweite des vorliegenden Gegenstandes sich wohl bewußt war. Nachdem der Antrag der ständigen Depu tation, das Präsidium auch des vierten Juristentages wieder dem vorjährigen Präsidenten, Herrn Geh. Rath Prof. vr. v. Wächter zu übertragen, durch lebhafteste Akklamation angenommen, wurde zur Erledigung einiger die Geschäftsordnung betreffender Vorlagen verschritten. Referent für die angegebene Gcsetzgebungsfrage war der Präsident selbst. Derselbe übertrug die Leitung der Ver handlung zunächst dem ersten Vicepräsidenten, Herrn Generalstaatsanwalt ve. Schwarze aus Dresden und er stattete sodann unter der ungetheiltesten Aufmerksamkeit der Versammlung seinen Bericht. Anschließend an die in den gedruckten Verhandlungen bereits vorliegenden Gut achten der Herren Professoren v. Äubenrauch in Wien, Gneist in Berlin und Hrn. Vcrwaltungsrathes Or. Jacques in Wien erörterte Referent in klarer und eingehender Weise die hauptsächlichsten Gesichtspunkte, von denen aus die vorliegende Frage zu entscheiden sei und gelangte zu dem Resultate, daß, wenn mau auch im Allgemeinen dem Richter ein Prüfungsrecht zugestehen müsse, doch eine genauere Präcisirung und daher Beschränkung desselben dringend geboten sei, und in diesem Sinne mußte man allerdings dem gestellten Anträge den Vorwurf machen, daß er zu weit gehe. Wächter stellte daher statt desselben mehrere specielle Anträge, in denen bestimmt und klar die Grenze der richterlichen Competcnz angegeben, zugleich aber auch die Organe enthalten waren, denen in höchster und letzter Instanz die Prüfung und Wahrung der Ver fassungsmäßigkeit der Gesetze anheim falle: nämlich ein Cassationshof und ein Reichsgericht. Unzweifelhaft aber habe der Richter ein Gesetz nur insoweit anzuwendcn, als es unter Mitwirkung der Stände entstanden sei. Den Ausführungen des Referenten wurde ungetheilE Beifall gezollt. Das ernste und lebhafte Interesse, mit welchem die ganze Versammlung dem überaus wichtigen Gegenstände in andauernder Aufmerksamkeit gegenüber stand, sprach aber auch aus den einzelnen, durchgängig wohldurchdachtcn Meinungsäußerungen, welche im weitern Verlaufe der Verhandlungen von den verschiedensten Sei ten laut wurden. Liegt doch gerade in dem Austausch der verschiedensten Ansichten das beste Mittel der Prüfung, der beste Weg zur Wahrheit! Während man von der einen Seite daran festhalten wollte, der Juristentag möge aussprcchen, daß die Würde der Rechtspflege und die Handhabung wirklicher Gerechtigkeit nur da gesichert sei, wo der Richter auch die Frage, ob ein Gesetz verfassungs mäßig zu Stande gekommen, ohne Einschränkung zu prüfen habe, machten sich andererseits die gewichtigsten Bedenken dagegen geltend, daß mit der Prüfung der „Verfassungsmäßigkeit" man ja nothwendig dem Richter eine endlose Reihe weiterer Fragen zuweisc, die — das war wohl ein allseitig getheiltes Gefühl — doch wohl kaum der richterlichen Cognition unterliegen könnten. Mannichfache Verthcidigung fand daher die Einrichtung von Cassations- oder Staatsgerichtshösen. So blieb denn nur die Frage, wem die Prüfung der Verfassungsmäßig keit zuftehen solle, eine bestrittene. Der schließlich gefaßte Beschluß geht nun zwar dahin, daß der Richter im ver kommenden Falle über die Verfassungsmäßigkeit des Ge setzes zu befinden habe; allein man muß es offen ge stehen, daß dieser Beschluß mit nur sehr geringer Ma jorität gefaßt worden ist. Das Präsidium selbst war in der Lage, nur aus formellen Gründen, gestützt auf das Urtheil des Bureaus, eine Majorität anerkennen zu kön nen. Dagegen wurde schließlich auf Wächter's Antrag der Satz mit großer Majorität ausgesprochen, daß der Richter nur soweit, als die verfassungsmäßigen Stände mitgewirkt, ein Gesetz anzuwenden habe. Auch für ein Reichsgericht als letzte Instanz entschied man sich. Es war wohl der Natur und Bedeutung des verhandelten Gegenstandes angemessen und erklärt sich leicht, daß eine größere Uebereinstimmung der Ansichten nicht erzielt wer den konnte; auch konnte man sich nicht bergen, daß mit dem gefaßten Beschlüsse alle weitern Fragen noch lange nicht entschieden, alle weitern Bedenken noch lange nicht beseitigt seien. Historische und vergleichende Rechtswissen schaft thaten das Ihre, Theorie und Praris bctheiligten sich lebhaft am Kampfe der Meinungen. Die Debatten waren lebhaft und bewegt, aber nicht ohne die Würde und Ruhe, wie sie einer solchen Versammlung und in solchen Dingen ziemt. Namentlich aber fand die wahr haft meisterhafte, tact- und würdevolle Weise, in der Hr. Generalstaatsanwalt vr. Schwarze die Verhandlungen leitete, die aufrichtigste, dankbarste Anerkennung. Mainz, 25. August. Ueber die erste Plenarsitzung des deutschen Juristentages entnehmen wir den neuesten Zeitungen: Die heutige Plenarversammlung, welche im Akademiesaale des kurfürstlichen Schlosses statt findet, eröffnete Sectionschef Rizy im 'Namen der stän digen Deputation, darauf hinweisend, daß der Gedanke, die verschiedenen deutschen Stämme durch die heiligen Bande des Rechts zu einigen, heute in allen deutschen Herzen lebe, und schlug hierauf Geh. Rath 0e. v. Wäch ter zum Präsidenten vor, was unter den lebhaftesten Ac- clamationen angenommen wurde. Geh. Rath ve. v. Wäch ter ernannte hierauf die Herren Generalstaatsanwalt ve. Schwarze, Sectionschef Rizy, Präsidenten Knyn, Grafen Wartensleben zu Vicepräsidenten und zu Sekretären die Herren v. KunowSki auS Bruthen, v. Walther aus Wien, vr. Mathy auS Mainz, v. Kießling aus Oesterreich. Stadtrichter Hiersrmrnzrl referirte sodann über die An träge der ständigen Deputation, die erste und zweit« Ab teilung zu verschmelzen und dieser einzigen Abteilung di« da» juristische Studium und die praktische Ausbil dung betreffenden Vorlagen zu überweisen. Bride An träge wurden angenommen. Ein, dir Geschäftsordnung und die zur Unterstützung von Anträgen und Amende ments erforderliche Anzahl von Mitgliedern betreffender Antrag deS Staat-anwalts Dalke in Delitzsch wurde nach Vorschlag der Deputation mit ^otzer Mehrheit ver- worfen. Gencralstaat-anwalt vr. Schwarza Übernahm hierauf da» Präsidium und Geh. Rah l)r. Wächter referirte über die Frag«: ob der Richter »Uch über die Frag« z» befinden hat, ob ein Gesetz (im Gegensatz von Verordnung) verfassungsmäßig zu Stande ge kommen. Er sagte — nach dem „F. Journ.": Der Antrag von Hiersemenzel auS Berlin sei auf dem vorigen Juristentagc nur theilweise erledigt worben, und zwar dahin, daß der Richter «in« Anordnung nicht anw«ndrn dürst, wo versas- sungSniäßia nur durch ein Gesetz verfügt werden könne. Gegen über den Anfechtungen de- Juristenlag» wegen diese- Beschlüsse» erinnere er an den längsten Beschluß, den di« badisch« Kammer in demselben Sinne gefaßt habe, und an eine ganz ähnttche Be stimmung des dayerschen Polizeistrafgesetzbuchs Die heutige Frage, ob der Richter da- Recht und die Pflicht habe, bei Anwendung des Gesetzes zu prüfen, ob Das, was sich al» Gesetz verkündige, auch wirklich Gesetz, d. h. mit ständischer Zustimmung erlassen sei: die Frage habe allerdings, wie Bluntschli gesagt habe, eine emrnent staatsrechtliche Seite. Da e» sich aber vor Allem um die richterliche Eoinpetenz handle, falle sie in die Ausgabe de- Ju ristenlags Der Referent bespricht sodann kurz die drei erstatteten Gutachten von Stubenrauch (Wien), Gneist (Berlin) und Jagenas (Wien), sowie die vor Kurzem über diese Frage erschienenen Schrif ten von Schaffrath und Beschorner. Auszufcheiden von der vor liegenden Frage seien drei Fragen: l) ob der Richter über Güte, Veriiunstmähigkeit, Gerechtigkeit, Rolhwendigkeit, Zweckmäßigkeit eine» Gesetze- zu cognoSciren habe uud ob von seinem die-fall- sigen Urtheile die Anwendung des Gesetzes abhängig sei. Da ser entschieden zu verneinen, da der Richter nicht über die Ge setze, sondern nach den Gesetzen zu urtheilen habe. Darüber sei wohl die ganze Versammlung einig. 2) Ebenso wenig habe der Richter über die Giltigkeit eines Gesetzes im Allgemeinen, sondern immer nur für den einzelnen Fall zu entscheiden. 3) In con- strtutionellen Staaten beständen gewisse formelle Requisite der Pu blikation eines Gesetzes, Unterschrift des Regenten, Contrasignalur der verantwortlichen Minister, Erwähnung der verfassungsmäßigen Zustimmung der Stände. Fehlte eines derselben, so habe der Rich ter zweiselloS das Gesetz mchl anzuwenden. Zweifelhaft aber sei die zuletzt vorliegende oben sormulirte Frage. Sie sei eine an dere bei anerkannt bestehenden versassung-mäßigen Zuständen, anders, wo solche fehlen. Hauptsächlich handle es sich um den Fall, daß die bei der Verkündigung erwähnte verfassungsmäßige Zustimmung der Stände in Wahrbeit nicht ersolgt sei. In Ueber- elnstlmmung mit Gneist und Jaques müsse er hierbei sich für daS Prüsungsrecht des Richters aussprechen. Dasselbe, sei in Würt temberg ein längst anerkannter Grundsatz, der Staat bestehe und gedeihe dabei und eine Verwirrung der Eompctenzen sei nicht er folgt. Presse, öffentliche Meinung, Pctitlvnsrecht seien kein ge nügender Schutz gegen vcrsaffungswidrige Gesetze; ebenso wenig da- Recht der Ministeranklage. Es handle sich um Anwendung deS Gesetzes durch den Richter, der hier so gut wie über die an dern dessallstgeu Fragen zu entscheiden habe und nach oben, wie nach unten gleich unabhängig dastehen müsse. Da aber allerdings durch daS Prüfung-recht jedes einzelnen Richters Ungleichheit der Entscheidungen und damit Verwirrung entstehen könne, so werde am geeignetsten jene richterliche Prüfung und zwar für jeden einzelnen Fall einem ganz frei und unabhängig gestellten Eas- sationshof zugewiesen. Da» Vertrauen des Volkes auf die Rechts pflege könne dadurch nur erstarken. Wenn aber die Regierung durch einen einseitigen Act o>c Verfassung in Beziehung aus Wahl und Zusammensetzung der Stände geändert habe, und Mit den so verfassungswidrigen Ständen ein Gesetz verabschiedet habe, so könne allerdings ein solcher Zustand als kalt »ceompli legalisirt werden; eS sei dies eine Frage d«S Ltaaisrechls. So lange aber dies nicht der Fall sei, müssen nach dem strengen Recht auch solche Gesetze als ungiltig gelten. Aber man komme mit dieser Frage auf das Gebiet der Politik, der Machtverhältnisse. Für solche Fälle sei das Passendste die Entscheidung durch ein gemeinsames deutsches Reichsgericht. Der Referent stellt dieser Entwickelung gemäß folgende Anträge: l) Ueber das Dasein der formellen Er fordernisse'der Publicalion eines Gesetzes hat der Richter in der Anwendung auf den einzelnen Fall zu prüfen; 2) der Richter hat ein Gesetz nur so west anzuwenoeu, als sein Inhalt die Zustim mung der Stände erhalten hat; 3) dringend nöthig ist ber Zwei feln über diese Zustimmung die Herstellung eines unabhängigen Eassalionshoses; 4) werden Versalsungen uud Wahlgesetze einsei tig geändert und mit Zustimmung der auf Grund dieser ein berufenen Stände Gesetze erlassen, so soll jeder einzelne das Recht haben, ein unabhängiges Reichsgericht anzugeben. Hiersemenzel aus Berlin: Er müsse die Theilung seines Antrag- auf dem vorigen Juristentagc bebaucrn. Es seien da durch falsche Ausfassungen und Mißverständnisse veranlaßt wor den. Der Redner führt daraus im Einzelnen aus, daß die gegen seinen Antrag erhobenen Bedenken in Wahrheit nicht begründet seien Die Versammlung möge aus sein engeres Vaterland und insbesondere auf die neue preußische Preßordnung blicken und sich fragen, ob in Preußen Anarchie herrschen würde, wenn preußi schen Richtern die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Ord nung zuständc. Im Auslände, besonders in der englischen Presse, werde dem preußischen Richterstande der Vorwurf der Servilität gemacht, in Wahrheit seien ihm aber durch die Verfassung, die lkm jenes Prüfungsrecht ausdrücklich entziehe, die Hände gebun den. Der Hiersemenzel'sche Antrag lautet: Die Würde der Rechts pflege und die Handhabung wirklicher Gerechtigkeit ist nur da ge sichert, wo der Richter auch die Frage, ob ein Gesetz oder eine Verordnung verfassungsmäßig zu Stande gekommen, beziehentlich giltig sei, zu prüfen hat. Gnerst aus Berlin (mit lautem Beifall empfangen): Aller dings solle man die Frage hier nicht zu einer politischen werden lassen. Hier handle es sich nur um die rein juristische Frage der richterlichen Eompetenz in den einzelnen Eivil- und Eriminal- fällen hinsichtlich der Vorfrage der Giltigkeit de- anzuwendenden Gesetzes. Er müsse warnen vor dem vom Referenten vorgeschla- gencn Eassationshose. Dieser sogenannte höchste SlaatSg.richt-- hof oder Senat sei Nichts als eine von dem Justijmimsterinm tendenziös zusammengesetzte Commission. Nach den gemachten Erfahrungen dürft man auch die untern Organe, den Richler- und Advvcatenstand, nicht mundtodt machen. Sie könnten zwar nur einen moralischen Einfluß üben, aber auch so wirke diese Controle der Berussgenosscn über die Berussgenossen heilsam. Ein Reichsgericht bestehe noch nicht, und, da die Absicht dcs An tragstellers auf Schutz der actuellen Berfassung-verhältnisse ge richtet sei, so dürfte man nicht aus ein eventuell zu schaffendes Organ verweisen. DaS richterliche Prüsungsrecht mache den An griff aus die bestehende Verfassung sehr schwierig; das gerade sei, was er wolle. Er spreche es dircct au», damit mau nicht von Hinterlist und Von geheimen politischen Tendenzen sprechen könne. Es gelle einen Schutz zu geben gegen jene Eharlatanerien, die man StaalSretlungen genannt habe. (Bravorufe und Beifall klatschen.) Auch komme cs bei solchen sogenannten delikaten Fragen weniger aus die Gelehrsamkeit als aus die Eharakterfestig- keit de» entscheidenden Richters an. Die Verfassung werde besser geschützt sein, wenn sie vertreten und gedeckt werde durch die ganze Macht eine» intelligenten und charaktervollen Richter- und Advo- catenstandeS, als durch wenige Mitglieder «ine» höchsten Staat»- genchtshofe-. Die Frage sei, ob da» StaatSministerium auch in dieses Gebiet eingrcffen dürfe, da» bis dahin bei un» nach der bestehenden Gerichtsversassung siet» geschützt gewesen sei gegen die wechselnden politischen Gewalten. Herr Braun von Wiesbaden will einfach beschlossen haben: daß eS nur ein Recht giebl und Staatsrecht u. Privatrccht nur verschiedene Seite» desselben sind, daß der Richter im gegebenen Falle das Prüfungsrecht für G-ietz« u. Verordnungen hat. Kam- mergerichtsrath Plathner aus Berlin gegen die Hiersemenzel - sehen Anträge, spricht für die Bildung eine» Eassationshose». Der Antrag auf Schluß der Debatte wird gestellt. Präsident Schnei der aus Dresden dagegen, um auch die Gründe gegen da» Prü- fung»recht entwickeln zu können. Der Schluß der Debatte wird verworfen. Schneider: Da« vorgrschlagene Mittel sei unzureichend, weil der Richter nur im einzelnen Falle entscheide; überdies werde dir Regierung dabei nicht gehört Mn unabhängiger Staattge- richtshvs sei das nothwendige Ersorderniß. Planck au» Göttin gen für dm Brann schm Vorschlag. Pros. Jhering gegen da» Prüfung-recht der Richter. Ministerialrath v. Frepdors au» Karlsruhe: Bei provisorischen Gesetzen habe sich da» Prüsung»- recht nicht auf die Dringlichkeit solcher Gesetzt zu erstrecken. Die» müsse noch besonder» ausgeschlossen werden k>r. Berger au» Wien will zwischen Gesetz n. Bervrdnungen unterschieden wissen. Die Frage beziehe sich nicht blo» aus den Richter, sondern auf jeden Beamten, ob er die verfassungsmäßig« Entstehung von Ge setzen zu prüfen bab«. Da« Prüsuna»rechi der Richter in jedem gegebenen Falle führe zu Widersprüchen. E« müsse zur techni schen «u»führuna der Sache ein »Lhender G«icht»hof geschaffen werden. Gneist gegen Jhering. Hr. Hiersemenzel zieht hieraus seinen Antrag zu Gunsten de« Braun'schen Antrag« zurück. Geh. Rath v Wächter desnaM «chGhiftmischen Anführungen Jhe- rmg'4 und meint, man muffe die Fragen .cäher präciftren, al» Hierlemenzel uud Braun gethan. Gegen Gneist hab«.er nicht scharfe Pfeile genug in seinem Köcher, um ihm zu antworten. Man muffe di« Frage ck« lege las» und cka leg« k«r«n<i» tren nen unb von der Gegenwart wie von der Zukunft sprechen. Jetzt sei der Richter nach deutschem Recht befugt, die Verfassungsmä ßigkeit der Gesetze zu prüfen. Er halte aber auch die Herstellung »lner RechlSeinhett ffkr die Zukunft erforderlich durch einen un abhängigen EassationShvf, worunter er nicht da» preußische Ober tribunal meine, und auch durch ein dereinstige« Reichsgericht. ES wird nunmehr zur Abstimmung verschritten: der Braun'sche Antrag: „Der Richter bat im gegebenen Falle zu prüfen, ob ein Gesetz auf verfassungsmäßige Weise zu Stande gekommen", wird mit geringer Mehrheit an genommen. Paris, 25. August. (K. Z.) Vorgestern hat der Kai ser im Lager von Chalon», wie der „Moniteur" mel det, der militärischen Messe beigewohnt. Heute wird er in St. Cloud zurückerwartet. — Gestern ist in allen De partements die Session der General räthe eröffnet worden. Der Weisung des Minister- des Innern gemäß hat kein Präsident sich über politische Fragen vernehmen lassen.— Graf Montholon, Frankreichs Gcneralcon- sul in New-Bork, wird laut der „France" nicht auf seinen Posten zurückkehren, sondern am 15. Oktober nach Vera cruz abgehen, um als französischer Gesandter in Mexico zu fungiren und den Grafen Dubois de Salignv abzu lösen, der nach Frankreich zurückberufen ist. Bern, 22. August. (Wes.-Z.) Vorgestern Nacht ist die eidgenössische Post, welche seit dem neuen Postvertrage mit Italien bis nach dem italienischen Städtchen Colvoo führt, in der Nähe von Riva von einer aus S Mann bestehenden Räuberbande angefallen worden und einer Geldsumme von 9000 FrS. beraubt worden. Wie es scheint, hatten die Räuber auf eine größere Beute gehofft, doch sollen sie den mitfahrenden Passagieren, von denen einer sich zur Wehre setzte und verwundet ward, außer dem noch eine ziemliche Summe abgcnommen haben. Laut einem osficiellen Telegramm an den BundeSruh scheint der Conducteur im Verdacht des Einverständnisse» mit den Räubern zu stehen; wenigstens ist er zur gericht lichen Verantwortung gezogen und der Kreispostdircctor von Chlrr an Ort und Stelle gesandt worden, um den Vorfall näher zu untersuchen. Palermo, 14. August. (A. Z.) Was die öffent liche Sicherheit betrifft, so ist dieselbe noch immer in der traurigsten Verfassung. Vorgestern verließ der Verwalter des Hauses Baucina mit seiner Frau und einem Bauer Montemaggiore; er war zu Pferd und hatte über 2000 Lire bei sich, die -r hierher bringen wollte. Zwei Meilen von seiner Wohnung wurde er plötzlich ge wahr, daß er einen Brief vergessen habe, weshalb er schnell zurückritt, den Brief holte und wieder umkehrte; er hatte aber noch nicht eine halbe Meile zurückgclegt, als er aus einem Hinterhalt in die Seite geschossen wurde und vom Pferde fiel. Die Uebelthäter bemächtigten sich nun des Geldes und eilten schnell von dannen. Vor gestern wurde hart vor unsern Thoren eine andere Mord- that begangen: ein junger Mann stieß nämlich einem andern Mann, der seinen Vater geschlagen hatte, den Dolch in die Brust. Im Palast des Barons Riso wurde ein Diebstahl von etwa 3000 Lire im Werth begangen, der Dieb konnte bis jetzt nicht ermittelt werden. Am 13. wurde bet Palermo, an derselben Stelle, wo General Corrao gctödtet ward, sein Wächter und Aufseher bei dem Wasser deS Gutes erschossen. Der Thäter ist nicht bekannt. London, 24. August. Neben dem ritterlichen Sn James Outram ruht jetzt in der Westminsterabtei sein würdiger Freund und Waffengefährte Lord Clyde. Sein Lcichenbegängniß fand, wie der bescheidene Krieger es gewünscht hatte, mit Vermeidung aller Entfaltung von Pomp und Schaugepränge statt; aber das Geleitr einer großen Menge von Trauernden, die Anhäufung von Zuschauern in den vom Leichenzuge passirten Stra ßen waren Beweise von Theilnahme, die sich nicht zu rückdrängen ließen. Die Zipfel des Sarges trugen der Herzog von Wellington, der Generalmajor Ehre, der Enl de Grey and Ripon, General Forster, Sir Richard Aim, Lord Langfort, Lord W. Paulet und Sir Richard Hi- milton. Der Earl von Ellenborough, der Generalin: jor Beresford, der Neffe dcs Verstorbenen Mr. Peter Stuart M'Liver und drei Sergeanten, alte Kriegege- »offen deS Hingeschiedenen Feldmarschalls, warteten de» Trauerzuges in der Abtei. An derselben Stelle, wo der Sarg dem Grabe überantwortet wurde, hatte Lord Clyde vor einigen Wochen gestanden, als er in tiefer Trauer seinen vorausgegangenen Freund, Sir James Outram, zur letzten Ruhe geleitete. Der Sarg trägt die einfach- Inschrift: „Fcldmarschall Lord Clyde, gestorben den 1t. August 1863, 70 Jahre alt." St. Petersburg, 26. August (N.-A.). Der Kai ser ist in der vergangenen Nacht nach Aarskoje-Selo zurückgekommen. — Die Absendung der Gortschakoff'- schen Antwortsnoten dürfte nun nicht mehr auf sich warten lassen. Bukarest, 25. August. (K. Bl.) Milkowski und die unter seinem Commando stehenden Polen sind in Kon stantinopel angekommen. In einem an den Fürsten Kusa gerichteten Schreiben dankt der Oberst demselben für die bewiesene Großmuth. Ostindien U. China. In Triest ist am 25. August die Ueberlandpost mit dem Lloyddampfer „Pluton" ein gelangt mit Nachrichten auS Kalkutta vom 22. Juli, auS Singapur vom 21. Juli, Batavia vom 15. Juli und Hongkong vom II. Juli. Die Japanesen zahl ten die Entschädigung an die britische Regierung erst dann, als der Admiral gedroht hatte, die Feindseligkei ten binnen 8 Tagen zu eröffnen. Die Bestrafung der Mörder und die Entschädigung an die Mißhandelten will der Admiral vom Fürsten Jatzuma selbst erzwin gen. Bezüglich der vom Mikado befohlenen Austrei bung der Fremden und Schließung der Häfen wollten dir Beamten deS TeikunS Unterhandlungen auknüpfln und machten den Vorschlag, die Fremden sollten ihre Niederlassungen militärisch beseht halten. Die Gesandten erwiderten, sie würden an ihre Regierungen berichten. Ein japanesischrS RrgirrungSschiff feuerte auf einen ame rikanischen Dampfer. — Nach Peking ist eine hollän dische Gesandtschaft auf dem Wege. Der völkische Aufstand. Kalisch, 24. August. (Vr, Z.) Heute Nachmittag zwischen 6 und 7 Uhr kehrt« daS russische Militär, welches Fkeitag von hier auSmarschirte und an mehrern Treffen gegen die Polen Theil genomowa halt«, in unsre
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