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Wkißmtz-Milg. Verantwortlicher Redacteur:, Päul Jehne in Dippoldiswalde. Nr. 151. Sonnabend, den 21. Dezember 1889. 55. Jahrgang. Jnjerate, welche bei da bedeutenden Auflage bei Blattes eine sehr wirk sam« Verbreitung sinven, werden mit 10 Psa. di« Spaltenjeile oder »er«» Raum berechnet, -. ta bellarische und complieirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — SÄlgo- sandt, rm revaltionellen Theil«, die Spaltetcheil» MPfg. Dl« „Weifieritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 86 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- Italien, Postboten, sowie die Agniten nehmen Be stellungen an. Amtsblatt für die Königliche KmtshaupLmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und di- Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Parlamkutansche Weihnachten. Der deutsche Reichstag hat am vorigen Freitag seine Weihnachtsferien angetreten, welche bis zum 7. Januar des nächsten Jahres währen und somit liegt die erste Hälfte leiner am 22. Oktober eröffneten Wintersession nun hinter ihm. In dieser Vorsesston war die parlamentarische Hauptarbeit dem Neichshaus- haltsetat gewidmet, aber trotzdem daß dcr Reichstag hieraus namentlich in den letzten Wochen fast Tag für Tag verwandte, ist es nicht gelungen, wenigstens die Spezialberathung des Etats vor Weihnachten zu Ende zu führen, vielmehr stehen da die wichtigsten Einzeletats des Reichsheeres und der Marine noch aus und werden dieselben also erst im zweiten Ab schnitte der tzession Erledigung finden können. Der Grund für dieses verhältnißmäßig langsame Vor wärtsschreiten der Etatsberathung lag zum Theil an der wiederholt zu konstatiren gewesenen Beschlußun- sähigkeit des Hauses, theils aber auch darin, daß die Verhandlungen über eine Reihe von Etatsposilionen sich ungewöhnlich weitschweifig gestalteten und erforderte z. B. allein der Etat des Neichsamtes des Inneren sechs volle Sitzungen. Daher vermochte das Parla ment auch seine anderen Aufgaben nicht in dem Maße zu fördern, wie wohl zu Beginne der Tagung er wartet worden war und namentlich gilt dies von der Hauptvorlage der ganzen Session, dem Sozialistenge setze, oas noch immer der zweiten Lesung im Plenum harrt. Ebenso steht die definitive Entscheidung über das neue Militärgesetz (Bildung zweier weiteren Ar meekorps) noch aus, obwohl an der Annahme desselben nicht im Geringsten gezweifelt werden kann, und die Vorlage über die zu errichtende Reichspostdampfer- Linie nach Ostasrika ist noch nicht einmal zur ersten Lesung gelangt. Endgültig angenommen hat der Reichstag das Bankgesetz und außerdem sind von ihm eine erhebliche Anzahl von Initiativanträgen aus dem Hause berathen und erledigt worden. Das Parlament hat demnach im bevorstehenden zweiten Abschnitte der Session noch wichtige Entscheidungen zu treffen und darf man deshalb nach Neujahr besonders bewegten Debatten entgegensetzen. Solche fehlten schon in dem jetzt beendigten Sesfionstheile nicht, denn es kam bei verschiedenen Gelegenheiten zu wiederholten großan- gelegten und lebhaften Erörterungen über die Zoll- und Steuerpolitik des Reiches und die hiermit zu sammenhängenden finanz- und wirthschastspolitischen Tagesfragen, ferner über die sozialen Probleme, über die deutsche Colonialpolitik u. s. w. und die betreffenden Debatten machten mitunter den Eindruck, als ob sie bereits durch die herannahenden Reichstagsneuwahlen beeinflußt worden wären. Dies dürste in dem Ses sionsabschnitte nach Neujahr in noch stärkerem Grade hervortreten, denn obwohl bis zum Zeitpunkte der Neuwahlen noch einige Monate vergehen dürften, ist die Wahlbewegung doch schon derartig in Fluß ge kommen, daß sich ihre Wirkungen auch schon im Par lamente bemerklich machen und hier gewissermaßen Vorpostengefechte zwischen den einzelnen Parteien ver anlassen. Vor Allem wird es sich im neuen Jahre um die endgültige Entscheidung des Reichstages über das Sozialistengesetz handeln und je ungewisser der Ausgang dieser die ganze Session beherrschenden Frage noch immer ist, mit um so'größerer Spannung sieht man alseitig den weiteren Plenarverhandlungen hier über entgegen und sicherlich werden dieselben den Höhepunkt der Session bilden. Vorerst jedoch bedeutet die eingetretene Weihnachtspause eine Pause in der Behandlung all' der vom Reichstage noch zum Aus trage zu bringenden Fragen und somit auch der An gelegenheit des Sozialistengesetzes und wenn Nach ächten aus den parlamentarischen Kreisen der Reichs hauptstadt wissen wollen, eS würde die weihnachlliche Ferienpause zum Versuche der Herbeiführung einer Verständigung hinsichtlich des Sozialistengesetzes be nutzt werden, so entbehrt diese Meldung noch der Bestätigung. Ist doch gerade die Zeit des herrlichen Weihnachtsfestes am wenigsten geeignet, zu derartigen außerparlamentarischen Verhandlungen, der ganze Charakter des Festes widerspricht einer solchen ununter brochenen Fortführung der politischen und sonstigen Tagessragen und vermuthlich wird sich darum an die Weihnachtsvertagung des Reichstages auch bald eine größere Ruhepause in unserem gesammten inner politischen Getriebe anschließen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 20. Dezember. Nach einem Tage, — vorigen Montag — der eigentlich gar kein Tag, höchstens eine Dämmerung war, haben wir jetzt ausnehmend Helles und mildes Wetter gehabt, so daß sich nur gegen Abend die Fluren in graue Nebel hüllten. Zu einem ordentlichen Schneefall, wie ihn die Phantasie nun einmal mit einem richtigen deutschen Weihnachtsfeste verbindet, scheint es Heuer kaum kommen zu wollen; aus der meteorologischen Station von Ha- paranda sind Beobachtungen gemeldet worden, die auf einen ausnehmend milden Dezemberschluß hindeuten. Na, wir werden ja sehen; die Herren Meteorologen sammt Falb, dem Propheten kritischer Tage, sind nicht unfehlbar, und so kann sich's noch ganz anders schicken. Wie sich's aber draußen auch gestalten möge: im Innern, im Herzen möge das Weihnachtsfest, das Fest der Liebe, die Hellen Kerzen der Freude anzünden und auch in die Hütten der Noth und des Kummers seinen Lichtblick senden. — Um irrigen Meinungen zu begegnen, wollen wir bemerken, daß an hiesiger Stadtschule die Weih nachtsferien erst nächsten Montag beginnen, an diesem Tage also noch Schule gehalten wird. — Am l. Weihnachtsfeiertage, an dem Feste, da gegenseitige Anhänglichkeit und Dankbarkeit in sinniger Weife zum Ausdruck kommen, glaubt auch der hiesige Kirchenchor seinem Herbergsvater, Herrn Stephan, dem Besitzer des Gasthofs zum „golvenen Stern", gewisser maßen eine Freude bereiten zu dürfen. Ec wird in dieser Absicht unter der Leitung des Herrn Kantor Hellriegel, unterstützt von anderen geschätzten musika lischen Kräften, laut Anzeige in der heutigen Nummer am l. Feiertage in dem neuvorgerichteten Saale, der ihm seit 15 Jahren zu seinen häufigen Proben in höchst uneigennütziger Weise offen steht, eine Abend unterhaltung veranstalten, deren Programm dem Weihnachtssest angepaßt ist und deren Reinertrag zu einer Christbescheerung verwendet werden soll. Freunde des Kirchenchors und des genannten Gasthossbesitzers, der keine Mühe scheut, um seine Räume den Gästen angenehm zu machen, werden auch hierdurch auf er wähnte Veranstaltung aufmerksam gemacht. — An Hellen Morgen bietet sich uns jetzt ein herrliches Naturschauspiel dar. Wer '/«9 Uhr, bei Sonnenaufgang, vom Niederthorplatz aus nach dem Aussichtsthurme blickt, kann denselben in wunderbarer Pracht leuchten sehen. Diese Erscheinung beginnt be- greiflichermaßen am oberen Theile, zieht sich mit dem Höhersteigen der Sonne nach unter und währt unge fähr 15 Minuten. — Wie uns mitgethcilt wird, gedenkt der zum 9. ständigen Lehrer an hiesiger Stadtschule gewählte Herr Unger, derzeit in Bernbruch bei Kamenz, mit dem I. Februar sein Amt hier anzutreten. Während des Januar tritt deshalb bei den belr. Klaffen ein ver änderter Stundenplan in Kraft, da die Vakanz durch die andern Lehrer übertragen werden muß. Postverkehr. Am Sonntag, den 22. Dezbr., werden die Dienststunden für den Verkehr mit dem Publikum an den Postschaltern wie an Wochentagen, jedoch mit der Beschränkung abgehalten, daß während der Dauer deS Vormittagsgottesdienstes — früh von 9-11 Uhr — die Schalter geschloffen sind. Am 25. Dezember — 1. Feiertag — wird der Dienst wie an jedem anderen gesetzlichen Feiertage wahrgenommen; die Landbestellung ruht an diesem Tage gänzlich; da gegen findet am 26. Dezember die Bestellung fämmt- licher Ortschaften und Abbauten einmal statt. Die Orts-Packetbestellung wird am 22. und 25. Dezember wie Wochentags ausgesührt. — Den Hausfrauen wird die Mittheilung will kommen sein, daß die Preise für Schweinefleisch doch wieder bedeutend heruntergehen. In den letzten Tagen kaufte man den Zentner lebendes Gewicht schon mit 43, 44 und 45 M. und rechnet darauf, daß in 8 Tagen der Zentner nur noch 40 M. kostet. Dieses rasche Fallen der Preise schreibt man der Einfuhr von geschlachteten russischen Schweinen zu, die jetzt in Massen in Dresden ankommen und verkauft werden. — Zu Weihnachten gelten im Lokaloerkehr der sächsischen Staatsbahnen die am 24. und 25. Dezember gelösten Rückfahrkarten zur Rückfahrt bis mit 28. Dezember. Im Verkehr zwischen sächsischen Stationen einerseits und denen der DirectionS-Bezirke Magde burg, Berlin, Breslau, Erfurt, der thüringischen Privatbahnen und der Dahme-Uckroer Bahn anderer seits gelten die dreitägigen Rückfahrkarten, welche am 24. Dezember gelöst werden, zur Rückfahrt bis mit 27. Dezember. — Wie aus der diesbezüglichen Bekanntmachung des hiesigen Kirchenvorstandes hervorgeht, wird die Ergänzungswahl desselben am 6. Januar nächsten Jahres stattfinden. Stimmfähig sind nur solche, welche sich in die Wahllisten haben eintragen lassen. — Der Familienabend des hiesigen Erzgebirgs vereins, zu welchem die hiesigen Vereine eingeladen werden sollen, ist für den 17. Januar 1890 in Aus sicht genommen. Das Programm verspricht ein sehr reichhaltiges und abwechslungsvolles und daher der Abend ein ganz genußreicher zu werden. HauSdorf. In der Nacht vom Mittwoch -um Donnerstag ist in das Schulhaus zu HauSdorf eln- gebrochen worden. Der Dieb hat das vorgefundene baare Geld und viele Bücher deS Lehrers Hantsch im ungefähren Werthe von 40 M. mitgenommen. S Glashütte, den 17. Dezember. Gestern Nach mittag gegen '/> 3 Uhr wurde die Stille der Stadt durch einige Feuerrufe unterbrochen. Es fand wieder einmal ein Effenbrand in der Jünker'schen Holzwaaren- Fabrik statt. Man ließ die Esse ausbrennen, da dieser Brand sonst keinen Schaden anrichten konnte. — Wie schon berichtet, wurde am vergangenen Sonntag im Gasthof „zum goldenen GlaS" von ca. 200 hiesigen Schulkindern das „Weihnachtsfest" von Jul. Otto aufgeführt. Nahe von 500 Personen standen dichtgedrängt im Saale, um den Kindergesängen und Deklamationen zu lauschen. Mit wachsendem Jnter- esse wurden die gut einstudirten und gut vorge tragenen Chöre und die verschiedenen Scenen verfolgt, so besonders die köstliche Scene mit „Knecht Rupp recht, gen. St. Nicolaus", die NachtwächterscenS rc. bis die ganze Vorführung ihren Höhepunkt in der Beschcerungsscene erreichte. Die Menge der ange zündeten, mit schneebedeckten, flimmernden Weihnachts bäume, die reiche Ausstattung derselben und ringsum die Menge der kleinen fröhlichen Kindergesichter, wahr lich, ein lieblicheres Bild konnte man sich nicht denken. — Alle die kleinen Solisten rc. machten ihre Sache vortrefflich und manch' reizendes Kinderstimmchen be kam man zu hören. Die ganze Aufführung war eine überaus wohlgelungene und hatte die Erwar tungen, die man an die meist aus 7-8-, 10- und 12- jährigen Kindern bestehende Schaar stellte, übertroffen. Den Herren Lehrern, besonders den Gesangslehrem Cantor Müller und Lehrer Hansch, gebührt für ihre vielen Münen der beste Dank. Trotz des geringen Eintrittsgeldes von 30 Pf. und trotz des hohen Regie- auswandS ist immer noch ein Reinertrag von gegen