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räumen der I. R. Herzog'schen Buchbinderei die Aus zahlung der vom verstorbenen I. R. Herzog seinen früheren Arbeitern und Arbeiterinnen ausgesetzten Legate. Nach dem zur Verlesung gelangten Testa ment belaufen sich alle Zuwendungen auf 114 500 M. Die Faktors wurden besonders bedacht, es erhielt der erste 10000, der zweite und dritte je 3000 M. und der HauS- und Feuermann S00 M. Alle Ar beiter — ca. 100 an der Zahl — welche länger als ein Jahr dem Geschäft angehört haben, erhielten je nach der Länge ihrer Mitarbeiterschaft Beträge von 62 M. bis zu 850 M., insgesammt 40000 M. Der älteste Arbeiter war 1861, die älteste Arbeiterin 1862 in das Geschäft getreten. Aus dem freude strahlenden Mienen der Beschenkten war zu ersehen, wie angenehm sie durch dieses Weihnachtsgeschenk überrascht waren. Tagesgeschichle. Berlin. Die beträchtlichen Veränderungen, wel chen die Formation der Feldartillerie am 1. April 1890 entgegengeht, werden dadurch noch vergröbert, daß in der Vertheilung der Batterien hohen Etats nicht unbedeutende Modifikationen nöthig werden. Am I. April d. I. war die Zahl der Batterien hohen Etats wesentlich vermehrt worden (von 29 fahrenden, 5 reitenden im preußischen Kontingent auf 180 fahrende, 19 reitende) und dabei wurden auch zahlreiche Bat terien der Regimenter im Innern des Reichs auf den hohen Etat gebracht. Diese kommen zum Theil wieder auf den niederen Etat, da die vermehrten Bespan nungen benutzt werden müssen, um sämmtlichen in die Grenzdistükte zu verlegenden Batterien den Uebergang auf den hohen Etat, soweit sie solchen noch nicht haben, zu ermöglichen. — Der Reichstag erledigte in seinen beiden letzten Sitzungen vor Weihnachten, am Donnerstag und Freitag, noch verschiedene Anträge. In der Donnerstagssitzung beschäftigte sich das Haus zunächst mit dem Anträge des Abg. v. Huene (Centrum), welcher in seinem Kernpunkte die Zurückstellung der militärpflichtigen Theologiestudirenden bis zum siebenden Militärdienstpflichtjahre, beziehungsweise die Ueber- weisung derselben in die Landwehr fördert. Der An tragsteller führte zur Begründung aus, daß sein An trag die Beseitigung einer beruflichen Störung für die militärpflichtigen Theologen, aber keineswegs eine Verletzung des Prinzips der allgemeinen Wehrpflicht bezwecke; auch solle ja die Zurückstellung nur auf An trag des Betreffenden erfolgen. Conservativerseits erklärte sich Abg. v. Kleist-Retzow gegen den Antrag Huene, dessen allgemeine Tendenz Herr v. Kleist-Retzow zwar billigte, gegen welchen er aber vom evangelischen Standtpunkte aus gewisse Bedenken erhob und wies er namentlich darauf hin, daß in der vorliegenden Frage auch die Kirchenbehörden gehört werden müßten. Die Darlegungen des konservativen Redners wider legte der Centrumsabgeordnete Reichensperger, während Abg. vr. Delbrück von der Neichspartei aussührte, daß in dieser Frage eine gleichmäßige Behandlung der katholischen und der evangelischen Geistlichen nicht möglich sei, da letztere das Bedürfniß einer Militär dienstbefreiung für ihre Berufsgenoffen leugneten. Von den Nationalliberalen sprach sich Abg. Kulemann gegen den Antrag Huene aus, für welchen um so entschiedener Abg. vr. Windthorst eintrat. Die sich sofort anschließende zweite Berathung des Huene'schen Antrages erstreckte sich auch auf die inzwischen einge gangenen Anträge Delbrück, den Antrag Huene auf die katholischen Theologen zu beschränken und Kleist- Retzow, dahingehend, daß Theologen die zweite Hälfte ihres militärischen Dienstjahres als Lazarethgehilfen dienen sollen. Die Diskussion, welche neue Gesichts punkte nicht zu Tage förderte, endete damit, daß das Haus den Antrag Huene in namentlicher Abstimmung mit 127 gegen 111 Stimmen genehmigte; die er wähnten Abänderungsanträge wurden zurückgezogen. ES folgte alsdann die erste und zweite Berathung deS Antrages Windthorst, betr. die Aufhebung des soge nannten Expatriirungsgesetzes, welcher, da sich Redner sämmtlicher Parteien für denselben aussprachen, fast einstimmig angenommen wurde. Den Rest derDonnerS« tagssitzung füllte die ziemlich ausgedehnte Berathung des weiteren Antrages Windthorst aus, in das Gesetz über die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutz gebieten die Bestimmung der Congo-Akte aufzunehmen, welche freie Ausübung aller Culte und unbehinderte Zulassung aller Missionen in Afrika ausspricht. Na tionalliberalerseits sprach Abg. Wörmann und von den konservativen Parteien erklärten sich die Abgeordneten Hahn, Nobbe und Stöcker gegen diesen Antrag, hauptsächlich unter der Begründung, daß derselbe dem Islam ein bedenkliches Privilegium verleihen würde, doch wurde er schließlich mit 116 gegen 109 Stimmen angenommen. Am Freitag erledigte das HauS in zweiter Lesung die konservativerseits gestellten Anträge, betr. den Befähigungsnachweis, durch Annahme der selben und vertagte sich sodann bis zum 8. Januar 1890. — Zum I. Januar 1890 wird bei jeder Ober- Postdirektion für die Bearbeitung der Angelegen heiten, welche sich auf die der Post obliegende Aus zahlung von Renten und sonstigen Entschädigungen für Rechnung der BerufSgenoffenschaften und Aus- führungsbehörden, sowie auf deren Wiedereinziehung von den letzteren beziehen, eine besondere Geschäftsstelle unter der Bezeichnung „Renten - Geschäftsstelle der Kaiserlichen Ober-Postdirektion" eingerichtet werden. Berlin. Kaiser Wilhelm ist am 14. Dezember von einem Jagdausfluge nach Hannover zurückgekehrt. Die Gesammtstrecke in Springe betrug 235 Stück Schwarzwild, 29 Stück Nothwild und 21 Stück Dam wild. — Am 15. Dezember ist der kaiserliche Hof von Potsdam nach dem Berliner Schlosse übergesiedelt. — Unter der Influenza hat besonders die Ber liner Feuerwehr stark zu leiden, da über 150 Mann derselben an der Krankheit darniederliegen. Bereits hat ein Dampsspritzenzug wegen Mangel an Mann schaften außer Thätigkeit gesetzt werden müssen. Stadtsulza. Die Feier des diesjährigen Sätz festes mit Einweihung der neu aufgefundenen Salz quelle fand am vorvergangenen Sonntag statt. Die neuentdeckte Salzquelle ist die zweitstärkste und tiefste, welche die Saline jetzt besitzt. Die Bohrung wurde vor 3 Jahren begonnen. Die Quelle liegt 2400 Fuß unter der Erde und liefert in der Minute 56 Liter 18-grädige Soole. Die neue Kunstgrabenquelle ist 1530 Fuß, die Herlitzbergquelle 1440 Fuß, die Karl- Alexander-Sophienquelle ist 1188 Fuß, die Mühl brunnenquelle und die Leopoldquelle je 800 Fuß tief. Essen. Die am gestrigen Sonntag hier abge haltene Bergarbeiter-Versammlung hat beschlossen, mit Rücksicht auf die Unterstützung, welche die Staats regierung den Bergarbeitern entgegengebracht hat, ferner mit Rücksicht darauf, daß zunächst abgewartel werden muß, ob die den Arbeitern gegebenen Ver sprechungen erfüllt und gehalten werden, zur Zeit von einem Ausstand abzusehen und eine friedliche Haltung zu bewahren. Ratibor. Infolge des Berstens einer Stahl- gußsorm verunglückten in der Genz'schen Eisengießerei 20 Arbeiter, indem sie mit glühender Masse beschüttet wurden. Fünf davon befinden sich in hoffnungslosen. Zustande. Ungarn. Das Blatt „Nemzet" erklärt bestimmt, daß im ungarischen Finanzministerium weder bei den Grundentlastungsobligationen noch anderen in der Konversion einbezogenen Titres von Fälschungen oder anderen Mißbräuchen irgend etwas bekannt sei. England. Ein Telegramm der „Times" aus Zanzibar meldet eine Reihe Kämpfe des portugiesischen Majors LeSpa Painto mit dsn MakaloloS. Der An griff erfolgte nach der Kriegserklärung der MakaloloS. LeSpa Painto brachte den Gegnern mit den Gattling- Geschützen große, nach Hunderten zählende Verluste bei und erbeutete zwei, angeblich den MakaloloS jüngst von dem englischen Konsul geschenkte Fahnen. Er sprach die Absicht aus, das ganze Land bis zum Nyaffa- See für Portugal erobern zu wollen. England. Die in London schon län gst gährenhe Streikbewegung der Gasarbeiter der großen South« Metropolitan-Gesellschaft ist durch Einstellung der Ar beit seitens der Gasarbeiter zum Ausbruche gelangt. Vorerst tragen die Direktoren genannter Gesellschaft eine sehr zuversichtliche Haltung zur Schau und er klären, sie hätten genügenden Ersatz für die Streikenden, aber da mit Letzteren die Londoner Kohlenlader sym- pathisiren, ist es nicht unwahrscheinlich, daß die Direk toren schließlich doch nachgeben müssen. Zwar ist ein allgemeiner Ausstand der Kohlenlader infolge freund schaftlichem Uebereinkommen mtt den Kohlenhändlern ausgeschlossen, aber erstere haben erklärt, nichts für die South-Metropolitan-Gesellschaft arbeiten zu wollen, so lange sie die Forderungen der Gasarbeiter nicht bewilligt, und dieser „Boykottirung" dürfte die Ge sellschaft bald zur Nachgiebigkeit zwingen. — Die streikenden Kasarbeiter jn London sind allem Anschein uach geschlagen. Die Polizei, die in imposanter Stärke aufgeboten ist und alle Zu gänge zu den Gaswerken und diese selbst besetzt hält, ermöglichte es, die frisch angeworbenen Arbeiter in die Gaswerke einzuführen, wo für Logis Und Be köstigung gesorgt ist. Die Arbeiterzahl ist damit ver vollständigt unv die Gefahr einer GaSnoth abgewendet. Die Streikenden sind infolgedessen sehr erbittert. Jn Rotherhithe kam es bereits zu schlimmen Ausschrei tungen und die Haltung der - Streikenden erscheint äußerst drohend; die Polizei ist aber vollständig Herrin der Verhältnisse und hat in diesem Falle die Sympa thien des Publikums auf ihrer Seite. Brasilien. Von Leuten, die mit den Verhält nissen in Brasilien vertraut sind, wird die Ansicht ausgesprochen, daß das gegenwärtige Provisorium noch eine Dauer von mindestens neun Monaten haben dürfte. Erst nach Ablauf dieser Zeit wird die jetzige Diktatur durch eine gesetzlich gewählte Regierung, welche aus Wahlen in allen Provinzen Brasiliens hervorgegangen ist, ersetzt werden können. Egypten. Die Regierung hat beschlossen, in ganz Egypten die Frohnarbeit abzuschaffen und die Kosten der bisher durch Frohndienste geleisteten Arbeit durch eine Grundsteuer zu decken. Außerdem hat aber die Regierung gleichzeitig das französische Cabinet da von verständigt, daß, wenn dasselbe in die Converfion der egypiischen privilegirten Schuld einwilligte, sie die Abschaffung der Frohnarbeit ohne Erhöhung der Grundsteuer vornehmen wolle, da die Kosten der Ab schaffung durch die Ersparnisse gedeckt würden, welche durch die Conversion zu erzielen wären. Die Ab schaffung der Frohndienste wird der Landbevölkerung große Erleichterungen gewähren. Man hofft daher, daß Frankreich in die Conversion einwilligen werde. Telegraphische Depesche. Waldenburg, 16. Dezember. Die gestrige Bergarbeiter.Versammlung beschloß, eine Kom mission zu wählen, welche bei den Verwaltungen vorstellig werden solle, die 8stündige Schichtdamr durchzusetzen; sollte dies nicht bewilligt werden, so soll sich eine besondere Deputation an den Kaiser wenden. Im Laufe der Versammlung warnten verschiedene Redner vor Ausschreitungen und sozialistischen Einflüsterungen. Ein Aus stand steht vorläufig nicht in Aussicht. Amtlicher Theil. Zwangs - Versteigerung. Das im Grunvbuche auf den Namen des Gastwirths Oswald Otto Ullrich eingetragene Hausgrundstück Folium 2 des Grundbuchs für Gombsen, Nr. 1L des Branvkatasters, Nr. 69 und 112b des Flurbuchs für denselben Ort, nach dem Flurbuche 16,» ar groß, mit 52,«o Sieuereinheiten belegt und auf 6000 M. — Pf. geschätzt, soll an hiesiger Amtsstelle zwangsweise versteigert wer den und ist -er 2«. Januar 1880, Vormittags 10 Uhr, als Anmeldetermin, ferner der S. Februar 189«, Vormittags 11 Uhr, als BerfteigerungStermin, sowie -er ly. Februar 189«, Vormittag- 10 Uhr, als Termin zu Verkündung deS BertheilnngSplanS anberaumt worden. Die Realberechtigten werden aufgefordert, die auf dem Grundstücke lastenden Rückstände an wiederkehrenden Leistungen, sowie Kostenforderungen, spätestens im Anmeldetermine anzumelden. ? Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann nach dem Anmelderermine in der Gerichtsschreiberei des unterzeichneten Amtsgerichts eingesehen werden. Dippoldiswalde, am 10. Dezember 1889. Königliches Amtsgericht. Geuder. Konkursverfahren. In dem Konkurse über das Vermögen des Mühlenbesitzers Earl Gott« fried Tennert in Dippoldiswalde wird das Verfahren auf Antrag deS Ge meinschuldners nach Zustimmung sämmtlicher Gläubiger eingestellt. Dippoldiswalde, am 16. Dezember 1889. Königliches Amtsgericht. Leonhardt, Ass., H.-R.