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NWntz-MiW. Vellage zu Nr. 112. ' Sonnabend, den 277Sebtember 1889. ^Jahrgang. Eia Dort des AriiWhmii» ix Wemich. Am vorvergangenen Sonntag hat in Karlsbad die diesjährige Hauptversammlung des Deutschen Schul vereins für Oesterreich stattgefunden und das Ereigniß erscheint geeignet, die Aufmerksamkeit wieder einma! den Bestrebungen des genannten Vereins zuzulenken, der eine so hingebende und opferfreudige Thätigkeit im Interesse des gesummten Deutschthums in den öster reichischen Landen entfaltet. Es war am 3. Juli 1880, also ein Jahr nach der Jnstallirung des slavenfreund- lichen Regiments des Grafen Taafse, als in Wien die erste konstituirende Vollversammlung des Deutschen Schulvereins stattfand, besucht von deutschen Männern aus allen Theilen des Kaiserstaates, die den verschie densten Ständen und Berufsarten angehörten. Fast einstimmig wurden die Satzungen des Vereins von der Versammlung gutgeheißen und von diesen war wiederum der grundlegende § 1 der wichtigste, da in ihm der Hauptzweck des Vereins niedergelegt ist. Ass solcher wird die Errichtung oder Erhaltung deutscher Schulen in den sprachlich gemischten Ländern Oester reichs, an den deutschen Sprachgrenzen und auf den Sprachinseln, besonders dort, wo deutsche Schulen nicht auf öffentliche Kosten ins Leben gerufen werden konnten, bezeichnet, während in ß 2 als Mittel zur Erreichung des gedachten Zweckes, hingestelll werden Beiträge an Geld und Bestellung von Lehrmitteln für Schüler und Lehrer. An diesen Grundzügen seines Programms hat der Deutsche Schulverein bis zum heutigen Tage trotz so mancher Anfeindung und Verfolgungen unent wegt sestgehalten und daß er es hierbei vermied, auf das politische Gebiet hinüber zu greisen und seine Be strebungen in den Dienst einer bestimmten politischen Partei zu stellen, welche Versuchung sehr nahe lag, kann seine Verdienste nur erhöhen. Freilich, es ist schmerzlich genug, daß in einem Staatswesen, in wel chem die Deutschen Jahrhunderte hindurch die führende Rolle gespielt haben und dessen Grundlagen selbst heute noch deutscher Natur sind, eine Maßregel, wie die Gründung des Deutschen Schulvereins, sich als voll kommen nöthig und zeitgemäß erweisen konnte. Aber sie ist durch die Verhältnisse, wie sich dieselben in Oesterreich allmälig zugespitzl haben, leider nur zu sehr gerechtfertigt und da die Deutsch-Oesterreicher gegen über der immer stärker andrängenden slavischen Hoch- fluth an der Regierung nicht nur keinen Rückhalt fanden, sondern sie vielfach sogar die Gegner unter stützen sahen, so blieb den Deutschen nur die Selbst hilfe übrig. Daß sie hierbei die Verlheidigung und Stärkung der deutschen Schule als den geeignetsten Boden für die nationale Sclbsthülfe wählten, war ein höchst glücklicher Gedanke und in der That hat der Deutsche Schulverein auf dieser Basis in seiner nun neunjährigen Thätigkeit ganz außerordentliche Erfolge erzielt. Während er zur Zeit seiner Gründung nur 1350 Mitglieder mit noch nicht 100 Ortsgruppen zählte, beläuft sich heute die Zahl seiner Mitglieder auf ca. 130,000 mit mehreren tausend Ortsgruppen, die ein Netz über die ganze österreichische Monarchie bilden. Nahezu fünfzig eigene Gebäude für Schul zwecke und Kindergartenzwecke, meist an Punkten des deutschen Sprachgebietes, die am meisten von der Ueber- fluthung mit fremdsprachigen Elementen bedroht sind, konnten aus den Mitteln des Vereins errichtet werden und insgesammt verdanken demselben etwa hundert Schulen und Kindergärten ihr Dasein. Der Deutsche Schulverein hat hiermit der Selbsthilfe kleiner deutscher Minoritäten, für welchen Staat und Kommune mit ihren Mitteln nicht eintreten können oder wollen, den erforderlichen Vorschub geleistet, daß sie ihre Kinder deutsch unterrichten lassen und dieselben also der Nationalität erhalten können, welcher die Eltern an gehören. Hiermit ist schon jetzt ein kräftiger Damm gegenüber den slavischen Ueberfluthungsbestrebungen gezogen worden und daß derselbe in Zukunst sich noch mehr befestigen wird, dafür bürgen die stets wachsen den thatkräftigen Sympathien, deren sich der Deutsche Schulverein nicht nur in Oesterreich selbst, sondern auch im Deutschen Reiche in reichstem Maße erfreut. Wie sehr man aber selbst in den österreichischen Re gierungskreisen die Thätigkeit des Deutschen Schul vereins schätzt, das beweisen die Aeußerungen des offiziösen Wiener „Fremdenbattes" — ein Blatt, das reilich nicht den kurzsichtigen Ideen deS Ministerpräsi denten Grasen Taaffe dient — die einen Artikel des Wiener Regierungsblattes über den Deutschen Schul verein schließen: „Das Nationalgefühl, als eines jener Gefühle, welche Menschen aneinander fesseln und sie zu selbstlosem Wirken erheben, zu edelen Handlungen aneifern, wird, so lange es die Grenzen, die ihm das Staatswohl gebieterisch setzt, nicht überschreitet, m Oesterreich allezeit und bei jedem Stamme geachtet werden. Innerhalb dieser Grenzen ist es eine wohl- thätige, nicht nur dem engeren Kreise der durch Sprache und Abstammung Zusammengehörigen, sondern auch der Gesammtheit förderliche Kraft. Indem jeder einzelne Stamm die Kultur bei sich selber pflegt, macht er sich auch um das Ganze verdient. Diese friedliche, niemals in den Bereich politischer Parteizwecke übergreifende Thätigkeit übt der Deutsche Schulverein seit seinem Bestehen, und darum verdient er es, daß man mit warmer Theilnahme seinen Arbeiten folge und daß er immer zahlreichere Unterstützer finde, seinen Wirkungs kreis immer weiter ausdehnen könne." Wasserleitung und Wiesenbewässerung. Aus der Vergangenheit von Dippoldiswalde. In alter Zeit war von Röbrenleitungen und da durch bewirkter Zuführung von Wasser nach den Städten nicht die Rede. Man behalf sich mit Brun nen oder, wo solche nicht möglich waren, mit Gruben oder Gefäßen, in denen man das Regenwasser sam melte, oder schöpfte, wo thunlich, aus einem Bache. Einer jener alten Brunnen in Dippoldiswalde ist der „Bittelsborn", der bereits 1525 erwähnt wird. Als dann die Städte mit Mauern umschlossen wurden, was in Dippoldiswalde 1363 geschehen sein soll, stellte sich die künstliche Zuführung von Brauchwasser als noth- wendig heraus. Dies geschah in offenen, meist stei nernen Gerinnen. In Freiberg führte diese alte Leitung durch die Rinnengasse, kurzweg die „Ruine" genannt, wo noch vor zwei Jahren bei Gelegenheit eines Haus baues Theile jener uralten Leitung ausgefunden wur den. In Dippoldiswalde ging der alte Wasserlauf durch die Wassergasse, deren am 29. September 1419 die erste Erwähnung geschieht. Bei verschiedenen Tief bauten sind auch Reste jener Leitung, wie alte Leute erzählten, aufgefunden, aber achttos beseitigt worden. Ihren Eintritt hatte die Leitung östlich vom Oberthor, nahm ihren Austritt westlich vom Niederthor in den Stadtgraben und floß von dort nach den Teichen unterhalb der Stadt. Das Wasser kam von den Kreuzbachwiesen am Wege nach Reinholdshain, daher noch heute: Reinholdshainer Leitung. Das Wiesen wasser mochte aber bei Gewittergüssen recht trübe sein, bei Trockenheit ganz ausbleiben und wurde nachweis lich auch von den Wiesenbesitzern selbst zur Wässerung beansprucht. Daher erwarb der Rath 1525 von dem Bürger Jakob Findeisen das Recht, das Wasser aus den Stollen des Sonnenberges über des Genannten Grund und Boden zu führen und gewährte ihm dafür einen Fischkasten am „Bittelsborn". Auf die Rein holdshainer Leitung bezieht sich jedenfalls auch die Nachricht, nach welcher Sonntag nach Simonis Judä (1. November) 1537 der Rath dem Bürger Baumgart ein Stück Grund und Boden hinter der Ziegelscheune gegen Verwilligung eines steinernen Gerinnes, das über dessen Wiesengrund geführt werden soll, überläßt. Wegen Berührung der Vorwerksfelder durch die in Rede stehende Leitung kam bei deren Erneuerung 1643 die Stadt mit dem Vorwerksverwalter Dörner in Streit, ward aber durch Befehl vom 10. Mai 1643 in ihren Rechten geschützt. Wann der Brauchwasser lauf überdeckt oder in eine Röhrenleitung verwandelt worden ist, das ist nicht gelungen zu bestimmen. Nur soviel steht fest, daß das Wasser bis in die neueste Zeit aus den Stollen des Sonnenberges entnommen wurde, wie vor Zeiten. Bei Feuersgefahr wurde in die Rösche ein Staubrett eingefügt und das sich an sammelnde Wasser ausgeschöpft und zum Löschen be nutzt. Jünger als die Brauchwasser- ist die Trinkwasser leitung. Die älteste in den Felsen gehauene Jahrzahl an der Quelle ist 1530. Die Quelle selber, von er staunlicher Mächtigkeit, Güte und Reinheit, wurde von jeher außerordentlich geschätzt, daß es gewiß erscheint, sie sei schon vor 1530 gefaßt worden. Da die Quelle ziemlich entfernt von der Stadt liegt, war an der Leitung fortwährende Schadhaftigkeit zu bemerken. Ende Juli 1540 entstand nun, nachdem schon lange große Trockenheit geherrscht hatte, der gewaltige Stadt brand, wobei die Leitung jedenfalls versagte. Denn im nächsten Monat, Mittwoch nach Bartholomäi (25. August) 1540 hat sich ein erbarer Rath, als Blasius Weife Bürgermeister war, mit Hans Richtern wegen des Schadens, so man ihm mit Hereinführung des Steinborns auf seinen Aeckern gethan, dahin verglichen, daß der Rath Hans Richtern den Weg vor seinem Hause pflastern lassen solle, wofür der Letztere für sich und seine Nachbesitzer alle Ausbesserung ohne Widerspruch geschehen lassen wolle. Das Abfallwasser der Steinbornleitung scheint Kur fürst August zur Speisung seiner durch den Oberland fischmeister Benno Thaler in den unteren Räumen des Schlosses 1572 erbauten steinernen Fischhälter benutzt zu haben. Zur Lieferung des Trinkwaflers im Schlosse wurden zwei daselbst befindliche Brunnen benutzt, welche jedoch in den heißen Sommern 1630 und 1631 gänz lich austrockneten. Der Oderlandbaumeister von Schmal bach, welcher mit seiner Familie dort wohnte, war ge- nölhigt, sein Wasser aus dem Städtlein zu holen. Am 10. Juli 1631 berichtete darüber der Schösser Jakob Hanitzsch und machte besonders auf die Bedenklichkeit des Wassermangels bei Feuersgefahr aufmerksam, wies darauf hin, daß der Steinborn stets beständig bleibe und noch Wasser in Armesstärke weglaufe. Er fügt einen Kostenanschlag des genannten Obersten Schmal bach bei und bat um Anweisung des zu verwendenden Holzes, sowie um Eclaubniß, die Kosten den Amtsein- künflen entnehmen zu dürfen. Die ernsten Kriegszeiten drängten augenscheinlich die Angelegenheit in den Hin tergrund. Bei Ueberfällen und Belagerungen von Släoten zerstörte der Feind zunächst die Wasserleitungen, damit die Bewohnerschaft durch den Wassermangel ge ängstigt werde und verhindert sei, die entstehenden Brände zu unterdrücken. Thatsächlich ist dies auch beim Ueberfalle der Stadt im Jahre 1632 geschehen. Elend und Armuth verhinderten die Widerherstellung lange Zeit und nach einem Zeugniß von 1655 war die Lei tung vollständig verfault. 1654 dachte der Rath endlich an eine neue Leitung. Der Kurfürst, welcher durch den Schösser (Amtmann) von dem Vorhaben hörte, befahl, dafür zu sorgen, daß dem Schlosse ein Theil Tnnkwasser zukomme (24 Okt. 1654). Die Verhand lungen zogen sich hin bis zum nächsten Jahre und noch länger. Es fehlte an den nölhigen Geldmitteln und am 9. Mai 1655 ordnete Kursürst Johann Georg an, 150 Gulden von der Land- und Tranksteuer zu nehmen und sie gegen Quittung dem Rathe von Dip poldiswalde zu übergeben. Man begann nun den Bau und im Juli 1656 war die Steinbornleitung wieder hergestellt und das lang entbehrte klare Wasser floß wieder in den Bütten, wie solche noch bis 1867 hier in Gebrauch waren. Am 9. Juli 1656 verpflichtete sich der Rath, ein Viertel des Wassers an der obersten Marktbütte abzuzweigen und ins Schloß unweigerlich abzuführen. Dec Vertrag wurde doppelt für Rath und Amt ausgeferligt und unterzeichnet. Trotz der Dürre des Sommers von 1727 blieb der Steinbrunnen be- tändig, desgleichen 1779. Der bauliche Aufwand zur Unterhaltung der Röhrenlage war kein unbedeutender und betrug von 1823—1833 durchschnittlich 118 Thaler 14 Gr. Jährlich mußten etwa 150 Stück Röhren ein gewechselt werden. Am 25. Nov. 1836 wurde durch einen König!. Kommissar die Stärke des Steinbrun nens am Niederthor gemessen und der Auslauf von drei Minuten aus 264 Dresdener Kannen, durchschnittlich also die Minute auf 88 Dresdener Kannen — 82'/, Liter festgestellt. Der Ausfluß im Schloß betrug, eben falls aus die Minute bestimmt, 10,^Dresdener Kannen, also nicht, wie 1656 festgesetzt, ein Viertel, sondern ein Achtel der Wassermasse. In der darauf fußenden Unterhandlung des Rathes mit dem Amtshauptmann von Watzdorf wurde der vom Amte zu zahlende jähr liche Wasserzins für den achten Theil auf 15 Thaler angegeben (25. Febr. 1837). 1842 mußte während der großen Dürre das Gießen der Gärten von beiden Leitungen aus untersagt und vielfach das Wasser gar aus dem Mühlgraben geholt werden. Ganz dasselbe wiederholte sich 1846. Eine aus dem Oberthorplatze zur Abhilfe häufigen Wassermangels erbaute Pumpe versagt« ebenfalls sehr ost und die 1865 während deS heißen Sommers von den Bewohnern des OberthorS