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Mchmtz -Mm- „Weißerlh-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal : Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Lk Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1» Pfg. — Alle Postau- stalten, Postboten, sowie di« Aaentm nehmen B«- Inserate, welch« bei d«r bedeutenden Auflage d«S Blattes eine sehr wirk same Verbreitungfinden, ««den mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder oeren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mü entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile SO Pfg. Amtsblatt für die Löniqliche Umlshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte md die Atadtrüthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Paul Irhne in Dippoldiswalde. Sonnabend, den 14. September 1889. Nr. 109. 55. Jahrgang. Die deutschen Kaisermanöver. Zu den hervorragendsten militärischen Traditionen, welche Kaiser Wilhelm ll. aus ven Zeiten seines unver geßlichen kaiserlichen Großvaters mit in die eigene Re gierungsperiode herübergenommen hat, gehört unstreitig die Abhaltung der alljährlichen großen Herbstübungen bald dieses bald jenes deutschen Armeekorps unter den Augen des obersten kaiserlichen Kriegsherrn und im Beisein sowohl deutscher als auch ausländischer Fürst lichkeiten wie zahlreicher sremdherrlicher Offiziere. Das Gardekorps und das dritte (brandenburgische) Armee korps hatten im vorigen Jahre die Ehre, die Reihe der Kaisermanöver unter Wilhelm II. zu eröffnen und ihnen folgen Heuer das zwölfte (königlich sächsische) Armeekorps, siebente (westfälische) und zehnte (hanno versche) Armeekorps. Das sächsische Heer ist in diesen Tagen eben von Kaiser Wilhelm eingehend besichtigt worden, bei der Parade sowohl als bei den sich an schließenden Manöver» und es darf stolz auf das un eingeschränkte Lob sein, welches ihm aus kaiserlichem Munde ob seiner Leistungen wiederholt gespendet wor den ist. Von Sachsen aus hat sich nun Kaiser Wil helm nach dem Westen des Reiches begeben, um hier, von einer besonders glänzenden Korona von Fürstlich keiten und von fremdherrlichen Offizieren umgeben, bei Minden über die westfälischen, bei Springe und Hannover über die hannoverschen Regimenter Muste rung zu halten und gewiß werden auch die Kaiser manöver in Westdeutschland von der Tüchtigkeit des deutschen Heeres und seinen steten Fortschritten neues erhebendes Zeugniß ablegen. Sicher wird man nach äußerlichen glänzenden Schaustellungen allein den inne ren Werth eines Heeres nicht beurtheilen dürfen, aber die deutschen Kaiserparaden und Kaisermanöver gehen über einen solchen Rahmen auch weit hinaus, denn sie bieten gleichsam die Quintessenz dessen dar, was inner halb eines Jahres in ernster Arbeit zu fortwährender Vervollkommnung und Ausbildung des vaterländischen Heereswesens geschehen ist. Bereits unter dem ruhm vollen Begründer des neuen Deutschen Reiches dienten die großen Herbstparaden und -Uebungen diesem Haupt zweck, während die militärische Glanzentfaltung nur Nebensache war und auch der kaiserliche Enkel Wil helms des Siegreichen bemüht sich, in diesem Sinne fortzuwirken und die deutschen Manöver auf ihrer Höhe zu erhalten, auf welcher sie geradezu mustergiltig für die auswärtigen großen Militärmächte geworden find. Unter diesem Gesichtspunkte betrachtet, erscheint es auch bedeutungsvoll, daß nach wie vor die militä rischen Vertreter der Fremdmächte den Waffenübungen der deutschen Truppen beiwohnen dürfen. Denn Frankreich wie Rußland haben geradezu ein Absperr system für die Militärattaches der auswärtigen Regie rungen bei den Herbstübungen ihrer Truppen beliebt und selbst Oesterreich-Ungarn schließt sich diesem System in gewisser Beziehung an, obwohl es klar genug ist, weshalb zu den galizischen Manöver» lediglich die Militärattaches Deutschlands und Italiens eingeladen wurden. Im Gegensätze zu dieser Haltung auswär tiger Mächte haben in Deutschland auch zu den heu rigen großen Manöver» zahlreiche sremdherrliche Offi ziere Einladungen erhalten und es ist dies nur zu billigen, denn die zu den Kaisermanövern in Sachsen, Westfalen und Hannover entsandten militärischen Ver treter des Auslandes werden ihren Regierungen nur aufs Neue über den in der deutschen Armee waltenden trefflichen Geist und über die allzeit kriegerische Bereit schaft derselben berichten können und die Ueberzeugung von der fortwährenden Schlagfertigkeit Deutschlands dürfte darum die kriegerischen Gelüste der friedens störerischen Elemente im Westen und im Osten unseres Welttheiles auch fernerhin dämpfen. Wenn bei den Kaisermanövern naturgemäß die militärische Seite des Schauspiels vorwiegend in die Erscheinung tritt, so weisen sie trotzdem noch ein anderes beachtenSwertheS Moment auf. Denn die Anwesenheit des obersten kaiserlichen Kriegsherrn zu den Truppenübungen if nicht nur für die betreffende Gegend, nein, auch weit darüber hinaus, für die ganze Provinz, für das ganze Land ein freudiges Ereigniß, welches immer Tausenden und Abertausenden willkommene Gelegenheit giebt, dem Schirmherr» des Reiches jubelnd zu huldigen und hierdurch ihre Treue für Kaiser und Reich aufs Neue zu bestätigen. Erst soeben wieder haben dies die Kaisertage in Sachsen gezeigt und der begeisterte Em pfang, welcher dem Kaiser und seiner erlauchten Ge mahlin hierbei allerorten zu Theil geworden, zeigte, wie lebendig der Reichsgedanke gerade in der sächsischen Bevölkerung lebt. Und auch die nun herangenahten Kaisertage in Westfalen und Hannover werden sicher neue erhebende Huldigungen für den kaiserlichen Herrn zeitigen, er wird an den Usern der Weser und Leine nicht minder herzlich begrüßt werden, wie in den ge segneten Gauen des Sachsenlandes und so tragen auch die heurigen Kaisermanöver dazu bei, die gemeinsame Liebe und Treue der deutschen Stämme zu ihrem Kaiser aufs Neue in das hellste Licht zu setzen. -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, ll. September. Daß Kinder frühzeitig zur Arbeit angehalten werden, insoweit oie- selbe ihren Kräften angemessen ist und sie weder in körperlicher, noch in sittlicher Hinsicht gefährdet ukd schädigt, wird jeder Verständige gerechtfertigt finden, selbst dann, wenn der Ertrag der Arbeit nicht un mittelbar zum Unterhalte Verwendung findet. Denn „Müßiggang lehrt viel Böses". Vorausgesetzt bleibt dabei natürlich unter allen Umständen, daß den Kin dern, die sich in der Entwickelung befinden, ein größeres Maß von Freiheit zu Erholung und Spiel gewährt werde, als es selbst der erwachsene Arbeiter haben muß, wenn er seine Kräfte nicht vor der Zeit ab nutzen und selbst zur Maschine herabsinken soll. Zeitig genug wird der moderne Mensch in das drückende Pflichtjoch eingespannt, als daß man es der Jugend nicht gönnen sollte, in den wenigen Lenzjahren des Lebens sich dem Genüsse der Freiheit sorglos hingeben zu können. Giebt es doch in jeder Familie Veran lassung genug, selbst jüngere Kinder bisweilen mit Arbeiten zu beschäftigen, um sie daran zu gewöhnen, ihre körperlichen Kräfte einigermaßen gebrauchen und anstrengen zu lernen. Und ist die Familie unbemittelt und auf den frühen Verdienst der Kinder selbst an gewiesen, so findet sich durch Beeren-, Pilz-, Kräuter suchen, Flechten, Aufwartungen und dergleichen wohl auch dazu Gelegenheit. Vor Einem nur möchten wir warnen: das ist das frühe Vermielhen schulpflichtiger Kinder nach auswärts. Gerade in jetziger Jahreszeit geschieht es nicht selten, daß Eltern, denen irgend ein Anerbieten in dieser Hinsicht gemacht wird, ohne Be denken und sorgfältige Erkundigung ihre Kinder hinaus - geben in irgend eine unbekannte Wirthschaft, nicht immer zum leiblichen und sittlichen Vortheile derselben. Das Schulgesetz von 1835 hatte dem Vermielhen schul pflichtiger Kinder eine Schranke gesetzt, indem die Er laubnis dazu einzuholen und seitens der Obrigkeit nach vorheriger Begutachtung durch den Schulvorstand uur wegen großer Armuth und in anderen dringenden Nothfällen zu gewähren war. Durch das Schulgesetz vom 26. April 1873 ist diese heilsame Beschränkung gefallen, und man säumt denn nu» auch nicht, von der gebotenen Freiheit ausgiebigen Gebrauch zu machen. Je fühlbarer der Dienstbotenmangel ist, je höhere Löhne bereits halbwüchsigen Burschen und Mädchen gezahlt werden, um so lieber wird natürlich die Gelegenheit benutzt, schulpflichtige, Halbwegs brauchbare Kinder auf einige Zeit zu miethen, um in der Ernte- und Aus treibzeit billige Arbeitskräfte zu gewinnen. Eltern, die auf einige Zeit einen Esser los sein wollen, finden sich immer. Könnte man stets überzeugt sein, daß die betr. Kinder ihren Kräften gemäß beschäftigt, ordent lich ernährt und in hausväterlicher Zucht und Aufsicht genommen würden, so ließe sich ja, falls der häusliche Nothstand eine Vermielhung nothwendig machte, gegen eine solche nur das Bedenken geltend machen, das in der Entfremdung von Haus, Familie und bisherigem Schulunterrichte begründet ist. Es wiegt daS aller dings schwer genug, wenn man aber erfährt, wie solche vermiethete Kinder über ihre Kräfte angestrengt und ausgenutzt, wie ihnen Dienstleistungen abverlangt werden, die man nur Erwachsenen zumuthen kann ; wie dieselben vom Verkehre mit dem erwachsenen Ge sinde nicht abgesondert gehalten und überhaupt nicht als Kinder behandelt werden, so muß ernsthaft Protest gegen das immermehr überhand nehmende Vermielhen schulpflichtiger Kinder erhoben werden. Möchten doch Eltern, die nicht selten nur einem befreundeten Land- wirthe durch Ueberlaffen eines Kindes „einen Ge fallen" thun wollen, ohne nothwendig des Verdienstes zu bedürfen, bedenken, welchen leiblichen Nachtheil, welchen sittlichen Schaden ihre Kinder davon tragen können, wenn sie vor der gehörigen Zeit der Obhut des Hauses entrissen und unter Fremde gegeben werden,' die kein Herz für sie haben und nur die billige Arbeits kraft ausnutzen wollen. — 13. Sept. Die entschieden herbstliche Färbung der Laubhölzer und das Abfallen der Blätter ist auf die außerordentliche Trockenheit zurückzuführen, die sich auch im Wassermangel fühlbar macht, der die Müller zu wesentlicher Einschränkung ihrer Thätigkeit zwingt, insoweit sie nicht über Dampfkraft gebieten. Ein aus giebiger Landregen wäre eine von allen Seiten er sehnte Wohlthat. — Die diesjährige Diözesanversammlung soll, wie aus dem zur Ausgabe gelangten Programm hervor geht, Mittwoch, den 9. Oktober, Vormittags von 10 Uhr an, im Rathhaussaale stattfinden. Die Tages ordnung weist außer einer Ansprache des Pfarrers vr. Müller, Liebenau, Thesen des Vorsitzenden, Super intendent Opitz auf, die sich auf Abwehr des Sekten wesens, auf Gesichtspunkte zum Verständniß und zur Belebung des Gottesdienstes und auf das Ver- hältniß des Christen zum staatsbürgerlichen Leben be ziehen unter Zugrundelegung der beiden Wahlsprüche: Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist und: Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen. — Der Herbst hält seinen Einzug, nicht im Triumph wie der holde Lenz, welcher in diesem Jahre über Nacht die Erde in ihr duftiges Kleid gehüllt und seine Gaben mit verschwenderischer Hand ausgetheilt hatte, sondern ganz allmählich, nicht Blüthen mehr, nur Früchte spen dend. Jeder Spaziergang ins Freie zeigt uns, wie die Natur sich immer mehr und mehr ihres sommer lichen Gewandes entkleidet, das Laub nimmt seine dunklere und manigfachere Färbung an und der Wind treibt die Blätter von den Bäumen und weht sie zu unseren Füßen. — Unsere Sommergäste, die Schwalben und andere Vögel, rüsten sich zur Heimkehr in wärmere Gegenden. In zahllosen Schaaren sammeln sie sich, um nochmals vorher die Flugkraft zu proben und dann geht es auf die große Reise. Es erweckt in des Men schen Brust ein trauriges Empfinden, daß des Sommers wonnige Lust sein Ende nehmen soll! Zwar blaut über den herbstlichen Fluren ein Himmel, wie ihn so klar und durchsichtig nur die jetzige Jahreszeit zu eigen hat und auch die MittagS-Temperatur ist so mild, wie man sie sich im September nicht besser wünschen kann, aber die kühlen Abende und Nächte erinnern uns an den Eintritt der vorwinterlichen Zeit. So nimmt der Kreislauf der Welt und Natur seinen Fortgang und nur die Hoffnung tröstet uns, daß nach so langem und kaltem Winter auch der Frühling wieder seinen Ein zug hält. — Mit dem 15. September erreichen die Gerichts erien ihr Ende und es werden vom 16. d. M. ab >ie Geschäfte wieder in der regelmäßigen Weise expedirt. Die für dir Dauer der Ferien bei dem Reichsgericht